HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

Hes­si­sches LAG, Ur­teil vom 05.12.2013, 9 Sa 592/13

   
Schlagworte: Betriebliche Altersversorgung, Betriebsrente, Betriebsrente: Anpassung
   
Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 9 Sa 592/13
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 05.12.2013
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 25.03.2013, 9 Ca 5558/12
   

Te­nor:

Die Be­ru­fun­gen der Kläge­rin­nen ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Frank­furt am Main vom 25. März 2013 – 9 Ca 5558/12 – wer­den zurück­ge­wie­sen.

Die Kos­ten der Be­ru­fun­gen tra­gen die Kläge­rin zu 1) zu 42 %, die Kläge­rin zu 2) zu 1,5 % und die Kläge­rin zu 3) zu 56,5 %.

Die Re­vi­si­on wird für die Kläge­rin­nen zu­ge­las­sen.

Tat­be­stand:

Die Par­tei­en strei­ten um Scha­dens­er­satz­ansprüche auf­grund von der be­klag­ten Ge­werk­schaft im Fe­bru­ar 2012 teils durch­geführ­ter und teils nur an­gekündig­ter Ar­beits­kampf­maßnah­men.

Die Kläge­rin­nen zu 1) und 2) sind Flug­ge­sell­schaf­ten. Die Kläge­rin zu 3), de­ren An­tei­le zu mehr als 50 % von öffent­li­chen Eig­nern ge­hal­ten wer­den, be­treibt den Flug­ha­fen A. Sie beschäftigt dort ca. 12.000 Mit­ar­bei­ter, da­von rund 200 Mit­ar­bei­ter im Be­reich der Vor­feld­kon­trol­le, Vor­feld­auf­sicht und Ver­kehrs­zen­tra­le. Die ins­ge­samt 86 Vor­feld­kon­trol­leu­re neh­men die Steue­rung und Über­wa­chung des sog. „rol­len­den“ Ver­kehrs von Luft­fahr­zeu­gen auf dem Vor­feld wahr. Die ins­ge­samt 90 Mit­ar­bei­ter der Vor­feld­auf­sicht lei­ten die Luft­fahr­zeu­ge am Bo­den zu den Park­sta­tio­nen. Die 29 Mit­ar­bei­ter in der Ver­kehrs­zen­tra­le be­ar­bei­ten u. a. die ope­ra­ti­ven Flug­planda­ten. Zu­dem gehört zu de­ren Auf­ga­ben die Ro­ta­ti­ons­be­ar­bei­tung bei Flügen des planmäßigen Ver­kehrs, die Be­nach­rich­ti­gung und In­for­ma­ti­on der Kun­den bei Be­schränkun­gen im Luft­be­trieb so­wie die ope­ra­ti­ve Dis­po­si­ti­on der Park­po­si­ti­on von Luft­fahr­zeu­gen und das Ein­lei­ten von Schlepp­vorgängen.

Die ursprüng­li­che Kläge­rin zu 4) nimmt bun­des­weit die ope­ra­ti­ven Flug­si­che­rungs­auf­ga­ben für den ge­sam­ten deut­schen Luft­raum und an den deut­schen in­ter­na­tio­na­len Flughäfen wahr, so auch in A.

Der Be­klag­te ist ei­ne Ge­werk­schaft, de­ren Or­ga­ni­sa­ti­ons­be­reich sich im We­sent­li­chen auf die Flug­si­che­rung be­zieht. Auf sei­ne Sat­zung (An­la­ge K 1 im An­la­gen­ord­ner zur Kla­ge­schrift) wird Be­zug ge­nom­men.

Un­ter dem Da­tum des 20. Sep­tem­ber 2007 schlos­sen die Kläge­rin zu 3), der Kom­mu­na­le Ar­beit­ge­ber­ver­band Hes­sen e.V. (im Fol­gen­den: KAV Hes­sen) und der Be­klag­te den Lan­des­be­zirks­ta­rif­ver­trag Nr. 32/2007. Die­ser Ta­rif­ver­trag enthält u. a. die fol­gen­den Re­ge­lun­gen:

㤠1
Gel­tungs­be­reich, Zuständig­keit
(1) Die vor­lie­gen­de Ver­ein­ba­rung gilt für al­le ope­ra­ti­ven Beschäftig­ten der B AG, die im Be­reich „Zen­tra­le Vor­feld­kon­trol­le und Ver­kehrs­zen­tra­le“ (der­zeit FBA-AF41) ein­ge­setzt wer­den.
(2) Über den in Ab­satz 1 ge­nann­ten Per­so­nen­kreis hin­aus be­an­sprucht die C kei­ne Zuständig­keit für an­de­re Beschäftig­te der B AG und strebt ei­ne sol­che auch im Fal­le ei­ner Sat­zungsände­rung nicht an.
(3) [...]
§ 7
Be­las­tungs­aus­gleich
(1) Die Beschäftig­ten neh­men ab 01. Ja­nu­ar 2008 ein­mal jähr­lich auf Kos­ten des Ar­beit­ge­bers an ei­nem Ge­sund­heits-Check bei der ar­beits­me­di­zi­ni­schen Ab­tei­lung des Un­ter­neh­mens teil.
(2) Beschäftig­te, die in der Funk­ti­on „Apron Con­trol“ ein­ge­setzt wer­den, ha­ben ab 01. Ja­nu­ar 2008 in ei­nem fünfjähri­gen Tur­nus An­spruch auf ei­ne
Re­ge­ne­ra­ti­ons­kur von 30 Ka­len­der­ta­gen. Für Beschäftig­te, die min­des­tens 15 Jah­re in der Funk­ti­on „Apron Con­trol“ ein­ge­setzt wa­ren, verkürzt sich der Tur­nus nach Satz 1 auf vier Jah­re.
(3) Erst­ma­lig ent­steht der An­spruch der Beschäftig­ten nach 10 Tätig­keits­jah­ren in der Funk­ti­on „Apron Con­trol.“
(4) Der Ar­beit­ge­ber legt mit ei­nem Jahr Vor­lauf fest, in wel­chem Zeit­raum und an wel­chem Ort die Kur statt­fin­den soll. Nach Möglich­keit sind die In­ter­es­sen und Be­lan­ge der Beschäftig­ten hier zu berück­sich­ti­gen.
(5) Die Re­ge­ne­ra­ti­ons­ku­ren die­nen so­wohl der Er­ho­lung als auch der Präven­ti­on ge­gen Herz- Kreis­lauf­er­kran­kun­gen und / oder psy­chi­sche Er­kran­kun­gen. Die Kos­ten des Kur­auf­ent­hal­tes trägt der Ar­beit­ge­ber. Die Kur gilt als Ar­beits­zeit un­ter Fort­zah­lung der Vergütung.
(6) [...]
Pro­to­koll­no­tiz: Die Ver­trags­par­tei­en wer­den sich über in Be­tracht kom­men­de Kur­or­te und –ein­rich­tun­gen verständi­gen.
§ 8
Beschäfti­gungs­si­che­rung
Beschäftig­ten, die nach Fest­stel­lung der Ar­beits­me­di­zin aus ge­sund­heit­li­chen Gründen nicht mehr in der Funk­ti­on „Apron Con­trol“ ein­ge­setzt wer­den können, soll ein möglichst gleich­wer­ti­ger Ar­beits­platz in­ner­halb des Be­reichs Avia­ti­on an­ge­bo­ten wer­den. Soll­te ein der­ar­ti­ger Ar­beits­platz nicht vor­han­den sein, kommt auch ein an­de­rer zu­mut­ba­rer Ar­beits­platz im Un­ter­neh­men in Fra­ge. Die Dif­fe­renz zwi­schen den bis­he­ri­gen und künf­ti­gen in Mo­nats­beträgen fest­ge­leg­ten Ent­gelt­be­stand­tei­len (Stamm­bezügen) wird (so­weit er­for­der­lich) ge­staf­felt nach Tätig­keits­jah­ren in der Funk­ti­on „Apron Con­trol“ wie folgt ab­ge­si­chert:
- ab 28 Jah­ren zu 100 % un­be­grenzt;
- ab 23 Jah­ren gleichmäßige Ab­sen­kung auf 90 % in­ner­halb von acht Jah­ren;
- ab 18 Jah­ren gleichmäßige Ab­sen­kung in­ner­halb von fünf Jah­ren.
[...]
§ 12
In­kraft­tre­ten, Lauf­zeit, Kündi­gung
(1) Die­se Ver­ein­ba­rung tritt mit Wir­kung vom 01. Au­gust 2007 in Kraft.
(2) Die Re­ge­lun­gen in § 5 bis § 8 sind mit ei­ner Frist von sechs Mo­na­ten zum Quar­tals­en­de, erst­ma­lig zum 31. De­zem­ber 2017, künd­bar. Im Übri­gen ist die­se Ver­ein­ba­rung mit ei­ner Frist von sechs Mo­na­ten zum Quar­tals­en­de, erst­mals zum 31. De­zem­ber 2011, künd­bar.
(3) Die Par­tei­en sind sich darüber ei­nig, dass die in die­ser Ver­ein­ba­rung auf­geführ­ten Re­ge­lun­gen für die ge­nann­ten Zeiträume ab­sch­ließend sind. Sach­ver­hal­te außer­halb der in der Ver­ein­ba­rung be­han­del­ten Re­ge­lungs­in­hal­te wer­den von der Frie­dens­pflicht der Ver­ein­ba­rung er­fasst.“

Der Lan­des­be­zirks­ta­rif­ver­trag Nr. 32/2007 wur­de durch die Lan­des­be­zirks­ta­rif­verträge Nr. 22/2008, Nr. 1/2009 und Nr. 19/2010 geändert. We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des Lan­des­be­zirks­ta­rif­ver­tra­ges Nr. 32/2007 wird auf die An­la­ge K 2 im An­la­gen­ord­ner zur Kla­ge­schrift Be­zug ge­nom­men und we­gen der Ein­zel­hei­ten der vor­ge­nann­ten Ände­rungs­ta­rif­verträge auf das An­la­gen­kon­vo­lut K 3 im An­la­gen­ord­ner zur Kla­ge­schrift.

Mit den Schrei­ben vom 29. Ju­ni 2011 (An­la­gen K 4 im An­la­gen­ord­ner zur Kla­ge­schrift und B 1 im An­la­gen­band ) kündig­te der Be­klag­te ge­genüber der Kläge­rin zu 3) und dem KAV Hes­sen den Lan­des­be­zirks­ta­rif­ver­trag Nr. 32/2007 in der Fas­sung vom 4. Ju­ni 2010 mit Aus­nah­me der Re­ge­lun­gen in den §§ 5 bis 8 zum 31. De­zem­ber 2011. Die­ses Kündi­gungs­schrei­ben ging der Kläge­rin zu 3) im Ori­gi­nal am 1. Ju­li 2011 zu. Be­reits am 29. Ju­ni 2011 er­hielt aber die Kläge­rin zu 3) und KAV Hes­sen das Kündi­gungs­schrei­ben so­wohl per Fax als auch als PDF-Do­ku­ment per E-Mail.

Ab dem 19. Ok­to­ber 2011 be­gan­nen der Be­klag­te und die Kläge­rin zu 3) Ta­rif­ver­hand­lun­gen zu führen. Da die­se er­folg­los blie­ben, führ­ten sie im Zeit­raum vom 13. Ja­nu­ar 2012 bis zum 1. Fe­bru­ar 2012 ein Sch­lich­tungs­ver­fah­ren durch. Die­ses Sch­lich­tungs­ver­fah­ren en­de­te mit ei­ner Sch­lich­tungs­emp­feh­lung, die aus­zugs­wei­se wie folgt lau­tet:

Im Lau­fe der Ver­hand­lun­gen konn­te über di­ver­se Punk­te Ei­ni­gung er­zielt wer­den. Die­se Punk­te sind zu­sam­men­ge­fasst in der den Par­tei­en vor­lie­gen­den „Syn­op­se der Ver­hand­lun­gen Don­ners­tag, 26. Ja­nu­ar 2012“, wel­che mit ei­ner grünen Mar­kie­rung ver­se­hen sind. Der Sch­lich­ter macht sich die­se Ei­ni­gung zu Ei­gen und emp­fiehlt ei­nen Ver­trags­ab­schluss in die­sen Punk­ten auf die­ser Grund­la­ge.
Glei­ches gilt für Ei­ni­gun­gen, die sich the­ma­tisch aus der am 31. Ja­nu­ar 2012 über­ge­be­nen Syn­op­se und die zum Zeit­punkt der Er­stel­lung noch strit­ti­gen Punk­te er­ge­ben, nämlich
- der Be­reich „Zu­la­gen“,
- der Be­reich „Ak­ti­en­pro­gramm“,
- der Be­reich „Zeit­zu­schläge“, mit Aus­nah­me der Über­stun­den­re­ge­lung und
- dem Be­reich „Ur­laubs- / Weih­nachts­geld“, wo­bei hier ein ein­heit­li­ches Ur­laubs- / Weih­nachts­geld von 100 Pro­zent der Bezüge ver­ein­bart wur­de.
Die­se Syn­op­se liegt den Par­tei­en eben­falls vor.
Bis zum En­de strit­tig wa­ren so­mit die Punk­te:
- Gel­tungs­be­reich,
- Lauf­zeit,
- Ent­gel­te,
- Be­rech­nung des Nacht­zeit­raums,
- Vergütung der Über­stun­den,
- Re­ge­lung der Ruf­be­reit­schaft und
- die Über­lei­tungs­vor­schrif­ten.
Zu die­sen Punk­ten er­folgt die Sch­lich­tungs­emp­feh­lung.
[...].“
In der die­ser Sch­lich­tungs­emp­feh­lung bei­gefügten Syn­op­se fin­den sich u. a. fol­gen­de Re­ge­lun­gen:
„§ 18 – So­zi­al­leis­tun­gen
[...]
(8) Sind Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter in Fol­ge ei­nes Ar­beits­un­falls, den sie in Fol­ge ih­rer Ar­beit oh­ne Vor­satz oder gro­be Fahrlässig­keit er­lit­ten ha­ben, nicht mehr voll­leis­tungsfähig und wer­den sie des­halb in ei­ner nied­ri­ge­ren Vergütungs­grup­pe wei­ter­beschäftigt, so er­hal­ten sie ei­ne Aus­gleichs­zu­la­ge in Höhe der je­wei­li­gen Dif­fe­renz zwi­schen ih­rer bis­he­ri­gen und der nied­ri­ge­ren Vergütung. Zur Über­brückung be­son­de­rer wirt­schaft­li­cher Not­la­gen kann der Mit­ar­bei­te­rin bzw. dem Mit­ar­bei­ter auf An­trag ein zins­begüns­tig­tes Dar­le­hen gewährt wer­den.
(9) ...
(10) ...
§ 49 Ent­las­tung älte­rer Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter
Apron-Con­trol­ler, die 25 Jah­re im Wech­sel­schicht­dienst ge­ar­bei­tet ha­ben, ha­ben ei­nen An­spruch auf ei­nen Wech­sel aus dem Wech­sel­schicht­dienst in den Schicht­dienst. Un­abhängig da­von kann im Ein­zel­fall ein Wech­sel in den Schicht­dienst aus persönli­chen Gründen je­der­zeit ver­ein­bart wer­den.
Der An­trag muss min­des­tens sechs Mo­na­te vor dem be­ab­sich­tig­ten Zeit­punkt der Re­du­zie­rung ge­stellt wer­den. Über die­sen An­trag ist in­ner­halb von acht Wo­chen zu ent­schei­den.
[...].“

We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten der Sch­lich­tungs­emp­feh­lung und der die­ser Sch­lich­tungs­emp­feh­lung bei­gefügten Syn­op­se wird – un­ter Hin­weis dar­auf, dass die in grüner Schrift­far­be ge­hal­te­nen Pas­sa­gen die­je­ni­gen sind, über die kein Streit herrsch­te – auf An­la­ge K 5 im An­la­gen­ord­ner zur Kla­ge­schrift Be­zug ge­nom­men.

Nach er­folg­lo­sem Ab­schluss des Sch­lich­tungs­ver­fah­rens be­schloss der Bun­des­vor­stand des Be­klag­ten am 15. Fe­bru­ar 2012 die Durchführung von Streik­maßnah­men bei der Kläge­rin zu 3). Mit Schrei­ben vom glei­chen Ta­ge (An­la­ge K 6 im An­la­gen­ord­ner zur Kla­ge­schrift) kündig­te der Be­klag­te ge­genüber der Kläge­rin zu 3) an, in den Ab­tei­lun­gen Vor­feld­kon­trol­le, Ver­kehrs­zen­tra­le und Vor­feld­auf­sicht ei­nen be­fris­te­ten Streik am 16. Fe­bru­ar 2012 für die Zeit von 15.00 Uhr bis 22.00 Uhr durch­zuführen. In die­sem Schrei­ben heißt es aus­zugs­wei­se:
„Der Ar­beits­kampf dient der Durch­set­zung der von Herrn D den Ta­rif­par­tei­en vor­ge­leg­ten Sch­lich­tungs­emp­feh­lung mit fol­gen­den An­pas­sun­gen:
- Gel­tungs­be­reich ei­nes Ta­rif­ver­tra­ges aus­sch­ließlich für die B AG;
- Verkürzung der Lauf­zeit auf 24 Mo­na­te;
- Um­set­zung der Ent­gelt­ta­bel­len zu 100 % ab Be­ginn der Lauf­zeit so­wie
- Be­ginn der Nacht­ar­beit um 20.00 Uhr ab Be­ginn der Lauf­zeit.“

Mit ei­nem wei­te­ren Schrei­ben vom 15. Fe­bru­ar 2012 (An­la­ge B 3 im An­la­gen­band) wies der Be­klag­te die Kläge­rin zu 3) dar­auf hin, dass sich die For­de­rung zur Lauf­zeit des Ta­rif­ab­schlus­ses nicht auf die­je­ni­gen Re­ge­lun­gen be­zie­hen, die im Sch­lich­ter­spruch aus rein tech­ni­schen Gründen aus den wei­ter­hin un­gekündig­ten Ta­rif­verträgen zwi­schen den Par­tei­en über­nom­men wur­den und dass es im Hin­blick auf die­se Re­ge­lun­gen bei der­je­ni­gen Lauf­zeit, die sich aus den un­gekündig­ten Ta­rif­verträgen ergäben, ver­blei­be. Hin­sicht­lich des An­ge­bots von Not­dien­st­ar­bei­ten wird auf das als An­la­ge B 4 vor­ge­leg­te Schrei­ben des Be­klag­ten vom 14. Fe­bru­ar 2012 im An­la­gen­band Be­zug ge­nom­men.

Die vom Be­klag­ten ge­genüber der Kläge­rin zu 3) an­gekündig­ten Streik­maßnah­men (im Fol­gen­den: Haupt­streik) wur­den am 16. Fe­bru­ar 2012 um 15:00 Uhr be­gon­nen und – mit ei­ner Un­ter­bre­chung am Wo­chen­en­de – mehr­fach verlängert. Sie soll­ten bis zum 24. Fe­bru­ar 2012 um 23:00 Uhr an­dau­ern, wur­den aber we­gen der Wie­der­auf­nah­me der Ta­rif­ver­hand­lun­gen am 23. Fe­bru­ar 2012 um 23:00 Uhr ab­ge­bro­chen.

Während der Durchführung die­ser Streik­maßnah­me erklärte der da­ma­li­ge Vor­stand Ta­rif/Recht des Be­klag­ten in ei­nem Spie­gel-On­line In­ter­view auf den Vor­halt, dass klar sei, dass das Droh­po­ten­ti­al des Be­klag­ten schrump­fe:

„Na­ja, es läuft mehr Ver­kehr, als wir er­war­tet ha­ben. Aber der Streik ist trotz­dem ein Er­folg. Es geht doch um mehr als an­nul­lier­te Flüge. Da­zu kom­men die Ver­spätun­gen und noch wich­ti­ger: Die Bu­chungs­zah­len bei den Air­lines sind ein­ge­bro­chen.“

Nach­dem am 24. Fe­bru­ar 2012 wei­te­re Ta­rif­ver­hand­lun­gen zwi­schen dem Be­klag­ten und der Kläge­rin zu 3) er­folg­los ab­ge­bro­chen wor­den wa­ren, kündig­te der Be­klag­te ge­genüber der Kläge­rin zu 3) mit Schrei­ben vom 25. Fe­bru­ar 2012 (An­la­ge K 7 im An­la­gen­ord­ner zur Kla­ge­schrift) wei­te­re be­fris­te­te Streik­maßnah­men in den Ab­tei­lun­gen Vor­feld­kon­trol­le, Ver­kehrs­zen­tra­le und Vor­feld­auf­sicht im Zeit­raum vom 26. Fe­bru­ar 2012 um 21:00 Uhr bis zum 01. März 2012 um 5:00 Uhr an.

Während der Durchführung die­ser wei­te­ren be­fris­te­ten Streik­maßnah­me bei der Kläge­rin zu 3) kündig­te der Be­klag­te mit Schrei­ben vom 28. Fe­bru­ar 2012 (An­la­ge K 8 im An­la­gen­band) ge­genüber der ursprüng­li­chen Kläge­rin zu 4) an, dass er sei­ne Mit­glie­der bei die­ser im Geschäfts­be­reich Tower am Tower A am 29. Fe­bru­ar 2012 für die Zeit von 5:00 Uhr bis 11:00 Uhr zu ei­nem be­fris­te­ten So­li­da­ritäts­streik zur Un­terstützung des Ar­beits­kamp­fes ih­rer Mit­glie­der in der Vor­feld­kon­trol­le, der Ver­kehrs­zen­tra­le und der Vor­feld­auf­sicht bei der Kläge­rin zu 3) (im Fol­gen­den: Un­terstützungs­streik) auf­ru­fen wer­de.

Nach der Ankündi­gung des Un­terstützungs­streiks be­an­trag­ten die Kläge­rin zu 1), die Kläge­rin zu 3) und die ursprüng­li­che Kläge­rin zu 4) beim Ar­beits­ge­richt Frank­furt am Main ei­ne ge­gen den Un­terstützungs­streik ge­rich­te­te einst­wei­li­ge Un­ter­las­sungs­verfügung. Zu­dem be­an­trag­ten die Kläge­rin­nen zu 1) und zu 3) am sel­ben Tag ei­ne ge­gen den vom Be­klag­ten geführ­ten Haupt­streik ge­rich­te­te einst­wei­li­ge Un­ter­las­sungs­verfügung.

Am späten Abend des 28. Fe­bru­ar 2012 er­ließ das Ar­beits­ge­richt Frank­furt am Main zu Guns­ten der Verfügungskläge­rin­nen nach münd­li­cher Ver­hand­lung ei­ne einst­wei­li­ge Verfügung, mit der die Durchführung des Un­terstützungs­streiks un­ter­sagt wur­de (- 9 Ga 25/12 – An­la­ge K 9 im An­la­gen­ord­ner zur Kla­ge­schrift).

Am 29. Fe­bru­ar 2012 er­ließ das Ar­beits­ge­richt Frank­furt am Main nach münd­li­cher Ver­hand­lung zu Guns­ten der Verfügungskläge­rin­nen ei­ne wei­te­re einst­wei­li­ge Verfügung, mit der auch die Fortführung des Haupt­streiks un­ter­sagt wur­de (- 9 Ga 24/12 – An­la­ge K 11 im An­la­gen­ord­ner zur Kla­ge­schrift). In der münd­li­chen Ver­hand­lung erklärte der Bun­des­vor­sit­zen­de des Verfügungs­be­klag­ten zu Pro­to­koll, dass der Verfügungs­be­klag­te die §§ 18 Abs. 8 und 49 des Sch­lich­tungs­vor­schla­ges als Streik­for­de­run­gen nicht wei­ter auf­recht er­hal­te (An­la­ge K 10 im An­la­gen­ord­ner zur Kla­ge­schrift).

Auf­grund die­ser ge­richt­li­chen Ent­schei­dung brach der Be­klag­te den durch­geführ­ten Haupt­streik am 29. Fe­bru­ar 2012 ab. Zur Durchführung des Un­terstützungs­streiks kam es nicht.

In­fol­ge des durch­geführ­ten Haupt­streiks kam es zu Ausfällen und Verzöge­run­gen von Flügen, wo­bei es der Kläge­rin zu 3) durch kurz­fris­ti­ge Schu­lung von Mit­ar­bei­tern ge­lang, ei­nen Großteil der durch die Ar­beits­nie­der­le­gung in den Ab­tei­lun­gen Vor­feld­kon­trol­le, Ver­kehrs­zen­tra­le und Vor­feld­auf­sicht weg­ge­fal­le­nen Ar­beits­kraft zu kom­pen­sie­ren und da­mit auch ei­nen ganz über­wie­gen­den Teil der Flug­be­we­gun­gen auf­recht­zu­er­hal­ten.

Die Kläge­rin­nen sind der Auf­fas­sung ge­we­sen, der Be­klag­te ha­be die in­fol­ge des durch­geführ­ten Haupt­streiks und des an­gekündig­ten Un­terstützungs­streiks ent­stan­de­nen Schäden zu er­set­zen. Zu­dem ha­be die Kläge­rin zu 2) ei­nen An­spruch auf Er­satz der ih­rer Toch­ter­ge­sell­schaft E GmbH ent­stan­de­nen Schäden aus ab­ge­tre­te­nem Recht. We­gen der von den Kläge­rin­nen be­haup­te­ten Aus­wir­kun­gen des Ar­beits­kamp­fes wird auf Bl. 25 – 34 d. A. und die An­la­gen K 12 – 42 und we­gen der Scha­dens­dar­le­gung auf Bl. 36 – 58 d. A. so­wie die An­la­gen K 43 – 59 im An­la­gen­band Be­zug ge­nom­men. Grund­la­ge die­ser Scha­dens­er­satz­ansprüche sei­en § 831 BGB bzw. § 823 Abs. 1 i.V.m. § 31 BGB , da der Be­klag­te mit den durch­geführ­ten bzw. an­gekündig­ten Ar­beits­kampf­maßnah­men rechts­wid­rig und schuld­haft in die ein­ge­rich­te­ten und aus­geübten Ge­wer­be­be­trie­be der Kläge­rin­nen so­wie der E GmbH ein­ge­grif­fen und da­durch Schäden ver­ur­sacht ha­be. Die­se Ein­grif­fe sei­en so­wohl nach der Wil­lens­rich­tung des Be­klag­ten als auch nach der ob­jek­ti­ven Stoßrich­tung der Ar­beits­kampf­maßnah­men nicht nur un­mit­tel­bar ge­gen den Be­trieb der Kläge­rin zu 3), son­dern auch un­mit­tel­bar ge­gen die Be­trie­be der Kläge­rin­nen zu 1) und 2) so­wie der E GmbH ge­rich­tet und da­mit be­triebs­be­zo­gen ge­we­sen. Ziel des Be­klag­ten sei es ge­we­sen, dass es in­fol­ge der Streik­maßnah­men zu Flug­ausfällen kom­me, da nur so wirt­schaft­li­che Schäden bei der Kläge­rin zu 3) hätten ent­ste­hen können. We­gen der star­ken funk­tio­nel­len Abhängig­keit der Flug­ge­sell­schaf­ten von den Leis­tun­gen der Kläge­rin zu 3) tref­fe je­de streik­be­ding­te Ar­beits­ver­wei­ge­rung der Mit­ar­bei­ter der Kläge­rin zu 3), die sich auf die Be­rei­che Vor­feld­kon­trol­le, Ver­kehrs­zen­tra­le und Vor­feld­auf­sicht aus­wir­ke, un­mit­tel­bar auch die Flug­ge­sell­schaf­ten. Ih­nen wer­de es er­schwert oder unmöglich ge­macht, den Flug­be­trieb auf­recht­zu­er­hal­ten. Streiks in den Be­rei­chen Vor­feld­kon­trol­le, Ver­kehrs­zen­tra­le und Vor­feld­auf­sicht bei der Kläge­rin zu 3) gli­chen ei­ner par­ti­el­len Be­triebs­blo­cka­de. Erst recht gel­te dies für Ar­beits­nie­der­le­gun­gen bei der ursprüng­li­chen Kläge­rin zu 4). Es sei ein we­sent­li­ches Ziel des Be­klag­ten ge­we­sen, den Flug­be­trieb zu stören und da­mit die Flug­ge­sell­schaf­ten in ih­rer be­trieb­li­chen Abhängig­keit von der Kläge­rin zu 3) und der ursprüng­li­chen Kläge­rin zu 4) zu be­ein­träch­ti­gen, was ins­be­son­de­re auch das Spie­gel-On­line In­ter­view mit dem da­ma­li­gen Vor­stand Ta­rif/Recht des Be­klag­ten be­le­ge.

Die Ar­beits­kampf­maßnah­men sei­en rechts­wid­rig ge­we­sen, da er die sich aus dem im Zeit­punkt der Ar­beits­kampf­maßnah­men nicht gekündig­ten Lan­des­be­zirks­ta­rif­ver­trag Nr. 32/2007 er­ge­ben­de Frie­dens­pflicht, den Grund­satz der Ar­beits­kampf­pa­rität und den Grund­satz der Verhält­nismäßig­keit ver­letzt hätte.

Der Lan­des­be­zirks­ta­rif­ver­trag Nr. 32/2007 sei im Zeit­punkt der streit­ge­genständ­li­chen Ar­beits­kampf­maßnah­men des­halb noch nicht gekündigt ge­we­sen, weil der Be­klag­te die für die Kündi­gung ei­nes Ta­rif­ver­tra­ges er­for­der­li­che Schrift­form nicht ge­wahrt ha­be – je­den­falls nicht zu ei­nem Zeit­punkt, in dem die (Teil) Kündi­gung hätte frist­wah­rend zum 31. De­zem­ber 2011 aus­ge­spro­chen wer­den können. Über­dies sei ei­ne Teilkündi­gung recht­lich nicht zulässig ge­we­sen, da Ta­rif­verträge grundsätz­lich nur im Gan­zen gekündigt wer­den könn­ten. Ei­ne Aus­nah­me sei nur dort zulässig, wo die Teilkündi­gungsmöglich­keit hin­rei­chend klar und ein­deu­tig ver­ein­bart wor­den sei. Dies sei vor­lie­gend aber nicht der Fall, da nicht klar sei, was ei­ne Kündi­gung „im Übri­gen“ nach § 12 Abs. 1 S. 3 des Lan­des­be­zirks­ta­rif­ver­tra­ges Nr. 32/2007 sei. Je­den­falls könne es kei­ne vollständi­ge Kündi­gung „im Übri­gen“ sein, da dann auch der Gel­tungs­be­reich und auch § 12 des Ta­rif­ver­tra­ges selbst gekündigt sei­en und es kei­nen Ta­rif­ver­trag oh­ne Gel­tungs­be­reich ge­ben könne. So­mit ha­be der Be­klag­te so­wohl die in dem Lan­des­be­zirks­ta­rif­ver­trag ver­ein­bar­te er­wei­ter­te Frie­dens­pflicht als auch die re­la­ti­ve Frie­dens­pflicht ver­letzt. Letz­te­res fol­ge – selbst bei un­ter­stell­ter Wirk­sam­keit der Teilkündi­gung zum 31. De­zem­ber 2011 – dar­aus, dass der Be­klag­te mit den §§ 18 Abs. 8 und 49 des zu erkämp­fen­den Ta­rif­ver­tra­ges Re­ge­lun­gen ha­be erkämp­fen wol­len, die in ei­nem sach­li­chen, in­ne­ren Zu­sam­men­hang mit be­reits in den – in je­dem Fal­le un­gekündig­ten – §§ 7 und 8 des Lan­des­be­zirks­ta­rif­ver­tra­ges Nr. 32/2007 stünden. Über­dies ha­be er mit § 35 Abs. 6 a der Streik­for­de­rung ei­ne Pro­to­koll­no­tiz zu § 5 Abs. 6 die­ses Lan­des­be­zirks­ta­rif­ver­tra­ges in der durch den Lan­des­be­zirks­ta­rif­ver­trag Nr. 19/2010 geänder­ten Fas­sung zu ei­ner Ta­rif­norm er­he­ben wol­len.

Zu­dem ha­be der Be­klag­te auch den Grund­satz der Ar­beits­kampf­pa­rität ver­letzt, weil die Kläge­rin zu 3) – und erst recht die Kläge­rin­nen zu 1) und 2) – den Ar­beits­kampf­maßnah­men des Be­klag­ten kei­ne adäqua­ten Kampf­mit­tel hätten ent­ge­gen­set­zen können. Ins­be­son­de­re sei ei­ne Aus­sper­rung – we­der als sus­pen­die­ren­de noch als lösen­de Aus­sper­rung – ein taug­li­ches Ge­gen­mit­tel ge­we­sen. Ei­ne sus­pen­die­ren­de Aus­sper­rung der ar­beits­wil­li­gen Ar­beit­neh­mer hätte zu ei­ner Selbstschädi­gung geführt. Ei­ne lösen­de Aus­sper­rung sei bei Streiks von Funk­ti­ons­eli­ten des­halb nicht möglich, weil man die strei­ken­den Ar­beit­neh­mer nach dem Streik un­verzüglich wie­der benöti­ge. Sch­ließlich sei im Rah­men der Ar­beits­kampf­pa­rität auch zu be­ach­ten, dass es im Luft­ver­kehr we­gen der ho­hen Si­cher­heits­an­for­de­run­gen und der en­gen Ver­zah­nung der ein­zel­nen Leis­tun­gen ei­ne große Störanfällig­keit gäbe. Der Kläge­rin zu 3) stünden nach der Auf­ga­be des Grund­sat­zes der Ta­rif­ein­heit als po­ten­ti­el­le Ar­beits­kampf­geg­ner vie­le Funk­ti­ons­eli­ten (wie auch die bei der be­klag­ten Ge­werk­schaft or­ga­ni­sier­ten Ar­beit­neh­mer) ge­genüber, die durch die Ent­zie­hung ein­zel­ner wich­ti­ger Leis­tun­gen mit we­nig Ei­gen­ri­si­ko große Schäden ver­ur­sa­chen könn­ten.

Sch­ließlich sei­en der Haupt­streik und auch die Ankündi­gung des Un­terstützungs­streiks un­verhält­nismäßig ge­we­sen. Be­reits die An­zahl der bei dem Be­klag­ten or­ga­ni­sier­ten Mit­glie­der, zu de­ren Guns­ten hier ein Ta­rif­ver­trag erstrit­ten wer­den soll­te, ste­he in kei­nem Verhält­nis zu den ver­ur­sach­ten Schäden. Ins­be­son­de­re sei­en auch Ge­mein­wohl­be­lan­ge durch den Ar­beits­kampf be­trof­fen ge­we­sen, da der Luft­ver­kehr dem Be­reich der Da­seins­vor­sor­ge zu­zu­ord­nen sei. So könn­ten durch ei­nen Streik Geschäfts­rei­sen­de ih­re Ter­mi­ne na­he­zu un­vor­be­rei­tet nicht wahr­neh­men, lan­ge ge­buch­te und ge­plan­te Ur­laubs­rei­sen fie­len aus und vor al­lem könn­ten wich­ti­ge Güter­trans­por­te (z.B. Arz­nei- oder Le­bens­mit­tel­trans­por­te) verzögert oder ver­hin­dert wer­den. Der an­gekündig­te Un­terstützungs­streik sei nicht nur we­gen der Rechts­wid­rig­keit des Haupt­streiks un­verhält­nismäßig, son­dern über­dies auch des­halb, weil der Haupt­streik ge­genüber dem an­gekündig­ten Un­terstützungs­streik völlig zurück­ge­tre­ten wäre und der Un­terstützungs­streik da­mit nicht mehr le­dig­lich un­terstützen­de Wir­kung ge­habt hätte. Auch sei­en die vom BAG für die Verhält­nismäßig­keit auf­ge­stell­ten Kri­te­ri­en der wirt­schaft­li­chen Ver­floch­ten­heit und der feh­len­den Neu­tra­lität des mit dem Un­terstützungs­streik über­zo­ge­nen Ar­beit­ge­bers nicht ge­ge­ben.

Ne­ben de­lik­ti­schen Scha­dens­er­satz­ansprüchen ergäben sich zu Guns­ten der Kläge­rin­nen auch Scha­dens­er­satz­ansprüche aus § 280 Abs. 1 BGB , da der Be­klag­te mit den Ar­beits­kampf­maßnah­men ge­gen die sich aus dem Lan­des­be­zirks­ta­rif­ver­trag Nr. 32/2007 re­sul­tie­ren­de Frie­dens­pflicht ver­s­toßen ha­be und die­se Frie­dens­pflicht nicht nur ge­genüber der Kläge­rin zu 3) be­ste­he, son­dern über­dies zu Guns­ten der Kläge­rin­nen zu 1) und zu 2) wir­ke, da es sich hier um ei­nen Ver­trag mit Schutz­wir­kung zu Guns­ten Drit­ter hand­le. Das von der Recht­spre­chung ge­for­der­te Kri­te­ri­um der Leis­tungsnähe sei erfüllt, da die Flug­ge­sell­schaf­ten we­gen der en­gen funk­tio­na­len Ver­knüpfung mit der Kläge­rin zu 3) den Ge­fah­ren ei­ner Frie­dens­pflicht­ver­let­zung in glei­cher Wei­se aus­ge­setzt sei­en wie die Kläge­rin zu 3). Die­se ha­be auch ein für den Be­klag­ten er­kenn­ba­res In­ter­es­se an der Ein­be­zie­hung der Flug­ge­sell­schaf­ten in den Schutz­be­reich des Lan­des­be­zirks­ta­rif­ver­tra­ges Nr. 32/2007 ge­habt, was sich wie­der­um aus der funk­tio­nel­len Un­trenn­bar­keit und Ver­floch­ten­heit ih­rer Leis­tun­gen und de­nen der Flug­ge­sell­schaf­ten ergäbe.

Hin­sicht­lich der durch den Haupt­ar­beits­kampf und durch den an­gekündig­ten Un­terstützungs­ar­beits­kampf ver­ur­sach­ten Be­ein­träch­ti­gun­gen bzw. Schäden sei ei­ne Dif­fe­ren­zie­rung we­gen der zeit­li­chen Über­schnei­dung die­ser Ar­beits­kampf­maßnah­men nicht möglich, aber auch nicht not­wen­dig, da sämt­li­che Ar­beits­kampf­maßnah­men rechts­wid­rig sei­en und da­mit auch sämt­li­che Schäden zu er­set­zen sei­en.

Bei den Kla­ge­anträgen zu 4) und 5) hand­le es sich um Zwi­schen­fest­stel­lungs­kla­gen. Die Fra­ge, ob der Be­klag­te ver­pflich­tet war, die Ar­beits­kampf­maßnah­men zu un­ter­las­sen, sei vor­greif­lich für die Ent­schei­dung über die Scha­dens­er­satz­pflicht.

Nach Kla­gerück­nah­me durch die Kläge­rin zu 4) ha­ben die Kläge­rin­nen zu 1) bis 3) be­an­tragt,

1. a) den Be­klag­ten zu ver­ur­tei­len, an die Kläge­rin zu 1) 3.885.890,23 Eu­ro nebst Zin­sen in Höhe von fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit Rechtshängig­keit zu zah­len;

b) den Be­klag­ten zu ver­ur­tei­len, an die Kläge­rin zu 2) 131.144,23 Eu­ro nebst Zin­sen in Höhe von fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit Rechtshängig­keit zu zah­len;

c) den Be­klag­ten zu ver­ur­tei­len, an die Kläge­rin zu 3) 5.170.800,00 Eu­ro nebst Zin­sen in Höhe von fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit Rechtshängig­keit zu zah­len;´

2. fest­zu­stel­len, dass der Be­klag­te ver­pflich­tet ist, den Kläge­rin­nen zu 1) bis 3) sämt­li­che wei­te­ren ma­te­ri­el­len Schäden zu er­set­zen, die ih­nen in­fol­ge der Streiks in den Ab­tei­lun­gen Vor­feld­kon­trol­le, Ver­kehrs­zen­tra­le und Vor­feld­auf­sicht der Kläge­rin zu 3) vom 16. Fe­bru­ar 2012 bis zum 22. Fe­bru­ar 2012 so­wie vom 26. Fe­bru­ar 2012 bis zum 29. Fe­bru­ar 2012 ent­stan­den sind und / oder zukünf­tig noch ent­ste­hen wer­den;

3. fest­zu­stel­len, dass der Be­klag­te ver­pflich­tet ist, den Kläge­rin­nen zu 1) bis 3) sämt­li­che wei­te­ren ma­te­ri­el­len Schäden zu er­set­zen, die ih­nen in­fol­ge des Auf­rufs des Be­klag­ten vom 28. Fe­bru­ar 2012 zum Un­terstützungs­streik der bei der Kläge­rin zu 4) beschäftig­ten Tower-Lot­sen ent­stan­den sind und / oder zukünf­tig noch ent­ste­hen wer­den;

4. fest­zu­stel­len, dass der Be­klag­te ver­pflich­tet war, die Streiks in den Ab­tei­lun­gen Vor­feld­kon­trol­le, Ver­kehrs­zen­tra­le und Vor­feld­auf­sicht der Kläge­rin zu 3) vom 16. Fe­bru­ar 2012 bis zum 22. Fe­bru­ar 2012 so­wie vom 26. Fe­bru­ar 2012 bis zum 29. Fe­bru­ar 2012 zu un­ter­las­sen;

5. fest­zu­stel­len, dass der Be­klag­te ver­pflich­tet war, den Auf­ruf vom 28. Fe­bru­ar 2012 der bei der Kläge­rin zu 4) beschäftig­ten Tower-Lot­sen zum Un­terstützungs­streik zu un­ter­las­sen.

Der Be­klag­te hat be­an­tragt,

die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Der Be­klag­te ist der Auf­fas­sung ge­we­sen, er sei nicht zum Scha­dens­er­satz ge­genüber den Kläge­rin­nen ver­pflich­tet. Die Fest­stel­lungs­anträge der Kläge­rin­nen sei­en un­zulässig, je­den­falls aber un­be­gründet. Es feh­le schon an ei­nem un­mit­tel­ba­ren Ein­griff in den ein­ge­rich­te­ten und aus­geübten Ge­wer­be­be­trieb der von dem Streik eben nur mit­tel­bar be­trof­fe­nen Flug­ge­sell­schaf­ten. Die ob­jek­ti­ve Stoßrich­tung der Ar­beits­kampf­maßnah­men rich­te sich nicht ge­gen die Flug­ge­sell­schaf­ten, son­dern ge­gen die Kläge­rin zu 3). Ein­zig in de­ren ein­ge­rich­te­ten und aus­geübten Ge­wer­be­be­trieb ha­be er mit dem Haupt­streik un­mit­tel­bar ein­ge­grif­fen. Al­ler­dings könne sich die Kläge­rin zu 3) gemäß der Ent­schei­dung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts vom 22. Ja­nu­ar 2011 (1 BVR 699/06) nicht auf ihr Grund­recht aus Art. 14 GG be­ru­fen und da­mit auch nicht auf das Recht am ein­ge­rich­te­ten und aus­geübten Ge­wer­be­be­trieb. Der Un­terstützungs­streik, der – un­strei­tig – le­dig­lich an­gekündigt und nicht durch­geführt wur­de, ha­be nicht zu wei­te­ren, al­so über die vom Haupt­streik aus­ge­hen­den Be­ein­träch­ti­gun­gen des Flug­ver­kehrs geführt. Da­mit feh­le es hin­sicht­lich des Un­terstützungs­streiks be­reits an der haf­tungs­be­gründen­den Kau­sa­lität.

Auch sei­en die Ar­beits­kampf­maßnah­men nicht rechts­wid­rig ge­we­sen. Ins­be­son­de­re lie­ge kein Ver­s­toß ge­gen die sich aus dem Lan­des­be­zirks­ta­rif­ver­trag 32/2007 er­ge­ben­de Frie­dens­pflicht vor. Die­ser Ta­rif­ver­trag sei – ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Kläge­rin­nen – wirk­sam zum 31. De­zem­ber 2011 gekündigt wor­den. Nach herr­schen­der Mei­nung sei man­gels ei­ner ge­setz­li­chen Vor­schrift kei­ne schrift­li­che Form für die Kündi­gung er­for­der­lich. Auch sei hier ei­ne Teilkündi­gung aus­nahms­wei­se zulässig ge­we­sen, da die­se Teilkündi­gungsmöglich­keit mit aus­rei­chen­der Klar­heit im Lan­des­be­zirks­ta­rif­ver­trag ver­ein­bart wor­den sei. Der Gel­tungs­be­reich und die Kündi­gungs­frist für die fort­gel­ten­den §§ 5 bis 8 des Lan­des­be­zirks­ta­rif­ver­tra­ges Nr. 32/2007 sei­en durch Aus­le­gung oh­ne wei­te­res er­mit­tel­bar. Die in der Streik­for­de­rung ent­hal­te­nen §§ 18 Abs. 8, 35 Abs. 6 a und 49 der Syn­op­se ver­stießen nicht ge­gen die noch fort­gel­ten­den §§ 5 bis 8 des Lan­des­be­zirks­ta­rif­ver­tra­ges Nr. 32/2007, da kein aus­rei­chen­der in­ne­rer, sach­li­cher Zu­sam­men­hang ge­ge­ben sei. Selbst wenn die­se For­de­run­gen ge­gen die re­la­ti­ve Frie­dens­pflicht ver­s­toßen hätten, so sei be­reits im Rah­men der Rechts­wid­rig­keit zu berück­sich­ti­gen, dass die­se For­de­run­gen gänz­lich un­ter­ge­ord­ne­te Ne­ben­for­de­run­gen ge­we­sen sei­en und da­mit nicht zur Rechts­wid­rig­keit des ge­sam­ten Ar­beits­kamp­fes geführt hätten. Auch sei­en we­der der Haupt­streik noch der Un­terstützungs­streik aus an­de­ren Gründen rechts­wid­rig ge­we­sen. Ins­be­son­de­re hätten die Streik­maßnah­men nicht den Grund­satz der Ar­beits­kampf­pa­rität ver­letzt und sei­en auch sonst nicht un­verhält­nismäßig ge­we­sen. Die von den Kläge­rin­nen ver­tre­te­ne Auf­fas­sung führe da­zu, dass man dem Be­klag­ten ein Streik­recht gänz­lich abspräche.

Der Be­klag­te ist zu­dem der Auf­fas­sung ge­we­sen, dass, selbst wenn die Streik­for­de­run­gen – wie von den Kläge­rin­nen an­ge­nom­men – ge­gen die re­la­ti­ve Frie­dens­pflicht aus dem Lan­des­be­zirks­ta­rif­ver­trag 32/2007 ver­stießen, ihm die Be­ein­träch­ti­gung des Flug­ver­kehrs bzw. die ent­stan­de­nen Schäden nicht zu­zu­rech­nen sei­en. Er könne sich nämlich auf den Ein­wand des rechtmäßigen Al­ter­na­tiv­ver­hal­tens be­ru­fen. Denn selbst wenn er die ver­meint­lich frie­dens­pflicht­ver­let­zen­den For­de­run­gen, bei de­nen es sich le­dig­lich um un­ter­ge­ord­ne­te Ne­ben­for­de­run­gen ge­han­delt ha­be, von An­fang an nicht auf­ge­stellt hätte, so wäre das Streik­ge­sche­hen nicht an­ders ver­lau­fen. Die Ar­beits­kampf­maßnah­men hätten zur sel­ben Zeit, am sel­ben Ort und im sel­ben Um­fang statt­ge­fun­den. Dafür spräche – ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Kläge­rin­nen, die die­sen Be­haup­tun­gen nur ent­ge­gen­hal­ten, dass es sich um Mut­maßun­gen hand­le – der ge­sam­te un­strei­ti­ge Ver­hand­lungs­ver­lauf. Denn – auch dies ist zwi­schen den Par­tei­en un­strei­tig – die in der Syn­op­se der Sch­lich­tungs­emp­feh­lung ent­hal­te­nen §§ 8 Abs. 8 und 49 sei­en un­strei­ti­ge Punk­te ge­we­sen und den § 18 Abs. 8 hätte die Kläge­rin zu 3) be­reits vor der Sch­lich­tung ak­zep­tiert ge­habt. § 35 Abs. 6 a sei – eben­falls un­strei­tig – so­gar auf Initia­ti­ve der Kläge­rin zu 3) zum Ge­gen­stand der Sch­lich­tungs­emp­feh­lung ge­macht wor­den.

We­gen des Vor­brin­gens der Kläge­rin­nen zu den Aus­wir­kun­gen der durch­geführ­ten oder an­gekündig­ten Ar­beitskämp­fe und zu ih­ren wirt­schaft­li­chen Schäden wird auf Sei­te 25 bis 59 der Kla­ge­schrift (zu VII. und VIII.) nebst An­la­gen K 12 bis K 51 und Sei­te 85 bis 125 des Schrift­sat­zes vom 4. Febr. 2013 (Bl. 366 ff. d. A.) nebst An­la­gen K 53 bis K 59 ver­wie­sen. Zum Nach­weis der haf­tungs­ausfüllen­den Kau­sa­lität und der Scha­denshöhe kom­me § 287 ZPO zur An­wen­dung, mit der Fol­ge, dass zur Dar­le­gung und Be­weisführung ein ein­ge­schränk­tes Maß an Sub­stan­ti­ie­rung genüge.

We­gen des Wei­te­ren erst­in­stanz­li­chen Vor­brin­gens der Par­tei­en, des vom Ar­beits­ge­richt fest­ge­stell­ten Sach­ver­halts und des ar­beits­ge­richt­li­chen Ver­fah­rens wird auf den Tat­be­stand der an­ge­foch­te­nen Ent­schei­dung Be­zug ge­nom­men.

Das Ar­beits­ge­richt Frank­furt am Main hat die Kla­ge durch Ur­teil vom 25. März 2013 - 9 Ca 5558/12 - ab­ge­wie­sen. Zur Be­gründung hat es aus­geführt, die auf Scha­dens­er­satz ge­rich­te­ten Leis­tungs­anträge der Kläge­rin­nen zu 1) bis 3) sei­en un­be­gründet. Bezüglich des von den Kläge­rin­nen zu 1) und 2) be­haup­te­ten Ein­griffs in de­ren ein­ge­rich­te­te und aus­geübte Ge­wer­be­be­trie­be feh­le es an ei­nem un­mit­tel­ba­ren, be­triebs­be­zo­ge­nen Ein­griff. Es könne nicht da­von aus­ge­gan­gen wer­den, dass sich der Haupt­streik ge­ra­de (auch) un­mit­tel­bar ge­gen den Be­trieb der Flug­ge­sell­schaf­ten ge­rich­tet ha­be. Viel­mehr ha­be sich der Haupt­streik nach sei­ner ob­jek­ti­ven Stoßrich­tung, al­so der­je­ni­gen Rich­tung, in die ei­ne Maßnah­me ob­jek­tiv zie­le, al­lein ge­gen die Kläge­rin zu 3) ge­rich­tet. Ei­ne Ein­schränkung des Flug­be­trie­bes ha­be zwar auch zu ei­ner Be­ein­träch­ti­gung der Kläge­rin­nen zu 1) und 2) geführt. Die­se Fol­gen, die wohl auch vom Be­klag­ten ge­wollt und be­ab­sich­tigt ge­we­sen sei­en, sei­en nur mit­tel­ba­re Fol­gen der Ar­beits­nie­der­le­gung ge­we­sen, die zu­dem von außen vor­ge­ge­be­nen Me­cha­nis­men und vom Be­klag­ten nicht ge­schaf­fe­nen In­ter­de­pen­den­zen ge­folgt sei­en. Dort wo Drit­te von den Fol­gen ei­nes Streiks be­trof­fen sei­en und es an ei­nem steu­ern­den Ein­fluss der Ge­werk­schaft auf die­se Fern­wir­kung feh­le, sei auch die Wil­lens­rich­tung der strei­ken­den Ge­werk­schaft kein taug­li­ches Mit­tel, um ei­nen mit­tel­ba­ren von ei­nem un­mit­tel­ba­ren, be­triebs­be­zo­ge­nen Ein­griff ab­zu­gren­zen. Es sei nicht er­sicht­lich, wes­halb ein Streik, der bei Drit­ten zu vom Schädi­ger nicht wei­ter be­ein­fluss­ba­ren Fol­gen führe, dann ei­nen be­triebs­be­zo­ge­nen Ein­griff dar­stel­le, wenn der Schädi­ger die Fol­gen ken­ne und be­ab­sich­ti­ge, aber kei­nen be­triebs­be­zo­ge­nen Ein­griff dar­stel­le, wenn er die­se Fol­gen nicht über­bli­cke oder zwar er­ken­ne, die­se aber un­erwünscht sei­en, je­doch bil­li­gend in Kauf ge­nom­men würden. Viel­mehr han­de­le es sich da­bei um ei­ne Fra­ge (des Gra­des) des Ver­schul­dens und nicht des Rechts­guts­ein­griffs. Auch aus dem von den Kläge­rin­nen zi­tier­ten Spie­gel-On­line In­ter­view könne nicht ge­schlos­sen wer­den, dass es dem Be­klag­ten vor­nehm­lich um die Schädi­gung der Flug­ge­sell­schaf­ten ge­gan­gen sei. Zwar ha­be der da­ma­li­ge Vor­stand Ta­rif/Recht des Be­klag­ten, der aus­weis­lich der Ankündi­gungs­schrei­ben vom 15. und 25. Fe­bru­ar 2012 auch ei­ner der Streik­lei­ter ge­we­sen sei, in die­sem In­ter­view den Er­folg des Streiks u.a. an der Zahl der an­nul­lier­ten Flüge ge­mes­sen und darüber hin­aus zum Aus­druck ge­bracht, dass es dem Be­klag­ten auch um Ver­spätun­gen ge­he und „noch wich­ti­ger“ dar­um, dass die Bu­chungs­zah­len bei den Air­lines ein­ge­bro­chen sei­en. Je­doch dürf­te sich der Blick des Be­klag­ten ne­ben den Flug­ausfällen des­halb auch auf die Bu­chungsrückgänge ge­rich­tet ha­ben, weil die­se Bu­chungsrückgänge ge­ra­de auch fi­nan­zi­el­le Nach­tei­le für die Kläge­rin zu 3) be­deu­te­ten. Denn der wirt­schaft­li­che Ge­winn der Kläge­rin zu 3) sei nicht al­lein abhängig von der An­zahl der star­ten­den und lan­den­den Flug­zeu­ge, son­dern auch von der An­zahl der der beförder­ten Pas­sa­gie­re.

Der Be­klag­te ha­be al­ler­dings durch den durch­geführ­ten Haupt­streik rechts­wid­rig in das Recht der Kläge­rin zu 3) an de­ren ein­ge­rich­te­ten und aus­geübten Ge­wer­be­be­trieb ein­ge­grif­fen. Je­doch könn­ten ihm die da­durch ver­ur­sach­ten Schäden nicht zu­ge­rech­net wer­den, da er sich mit Er­folg auf den Ein­wand des rechtmäßigen Al­ter­na­tiv­ver­hal­tens be­ru­fen könne. Hin­sicht­lich des an­gekündig­ten Un­terstützungs­streiks feh­le es so­wohl an der haf­tungs­be­gründen­den als auch an der haf­tungs­ausfüllen­den Kau­sa­lität, da nicht dar­ge­legt sei, dass es ge­ra­de in­fol­ge der Ankündi­gung des Un­terstützungs­streiks zu Be­ein­träch­ti­gun­gen des Flug­ha­fen­be­trie­bes bzw. Schäden ge­kom­men sei. Die Kläge­rin zu 3) könne sich auf ihr Recht am ein­ge­rich­te­ten und aus­geübten Ge­wer­be­be­trieb als Aus­fluss aus Art. 12 Abs. 1 und 14 GG ge­genüber Pri­vat­rechts­sub­jek­ten be­ru­fen. Die öffent­li­che Hand wer­de durch ih­re un­mit­tel­ba­re Grund­rechts­bin­dung nicht grundsätz­lich dar­an ge­hin­dert, in adäqua­ter und weit­hin gleich­be­rech­tig­ter Wei­se wie Pri­va­te die Hand­lungs­in­stru­men­te des Zi­vil­rechts für ih­re Auf­ga­ben­wahr­neh­mung zu nut­zen und auch sonst am pri­va­ten Wirt­schafts­ver­kehr teil­zu­neh­men (vgl. BVerfG vom 22. Fe­bru­ar 2011 – 1 BvR 699/06 – NJW 2011, 1201). Auch die öffent­li­che Hand bzw. von ihr be­herrsch­te Un­ter­neh­men könn­ten so­mit durch­aus zi­vil­recht­li­che Ei­gentümer­be­fug­nis­se nut­zen und den zi­vil­recht­li­chen Schutz des Rech­tes am ein­ge­rich­te­ten und aus­geübten Ge­wer­be­be­trieb in An­spruch neh­men.

Der Ein­griff in den ein­ge­rich­te­ten und aus­geübten Ge­wer­be­be­trieb der Kläge­rin zu 3) sei rechts­wid­rig, da er im Hin­blick auf §§ 7 und 8 des Lan­des­be­zirks­ta­rif­ver­tra­ges Nr. 32/2007 die sich aus die­sem er­ge­ben­de (re­la­ti­ve) Frie­dens­pflicht ver­letzt ha­be. Der Be­klag­te ha­be mit dem Streik mit §§ 18 Abs. 8 und 49 des Sch­lich­tungs­vor­schlags un­ter an­de­rem Ta­rif­zie­le durch­zu­set­zen ver­sucht, die in ei­nem sach­li­chen, in­ne­ren Zu­sam­men­hang mit Re­ge­lun­gen stünden, die be­reits in dem Lan­des­be­zirks­ta­rif­ver­trag Nr. 32/2007 ab­sch­ließend zwi­schen den Ta­rif­par­tei­en ge­re­gelt ge­we­sen sei­en. Aus § 12 Abs. 2 S. 1 des Lan­des­be­zirks­ta­rif­ver­tra­ges er­ge­be sich der er­kenn­ba­re Wil­le der Ta­rif­ver­trags­par­tei­en da­hin­ge­hend, dass die je­wei­li­gen Re­ge­lun­gen bzw. Re­ge­lungs­kom­ple­xe bis zu ei­ner wirk­sa­men Kündi­gung ab­sch­ließend sein sol­len. Der Rechts­wid­rig­keit des Haupt­streiks ste­he nicht ent­ge­gen, dass der Bun­des­vor­sit­zen­de des Be­klag­ten im Ter­min zur münd­li­chen Ver­hand­lung in dem Ver­fah­ren 9 Ga 24/12 am 29. Fe­bru­ar 2012 zu Pro­to­koll erklärt ha­be, dass an den o.g. Ta­rif­for­de­run­gen nicht mehr fest­ge­hal­ten wer­de. Dies las­se die Rechts­wid­rig­keit des Haupt­streiks nicht rück­wir­kend ent­fal­len.

Der Be­klag­te haf­te gleich­wohl nicht für die durch den Haupt­streik ver­ur­sach­ten Schäden, da er sich mit Er­folg auf den Ein­wand des rechtmäßigen Al­ter­na­tiv­ver­hal­tens be­ru­fen könne. Es ste­he zur Über­zeu­gung der Kam­mer fest, dass der Streik kei­nen an­de­ren Ver­lauf ge­nom­men hätte und die Streik­fol­gen iden­tisch ge­we­sen wären, wenn der Be­klag­te die §§ 18 Abs. 8, 35 Abs. 6a und 49 der der Sch­lich­tungs­emp­feh­lung bei­gefügten Syn­op­se von An­fang an nicht in die Streik­for­de­rung auf­ge­nom­men hätte. Der Schutz­zweck der Frie­dens­pflicht ste­he ei­ner Be­ru­fung des Be­klag­ten auf den Ein­wand des rechtmäßigen Al­ter­na­tiv­ver­hal­tens nicht ent­ge­gen. Der Streik hätte auch oh­ne die o.g. Ta­rif­for­de­run­gen zur sel­ben Zeit, am sel­ben Ort und auf die­sel­be Art und Wei­se statt­ge­fun­den, denn am En­de der Sch­lich­tung hätte aus­weis­lich der Sch­lich­tungs­emp­feh­lung vom 3. Fe­bru­ar 2012 noch Streit zwi­schen den Ver­hand­lungs­part­nern über den Gel­tungs­be­reich, die Lauf­zeit, die Ent­gel­te, die Be­rech­nung des Nacht­zeit­rau­mes, die Vergütung der Über­stun­den, die Re­ge­lung der Ruf­be­reit­schaft und die Über­lei­tungs­vor­schrif­ten ge­herrscht. Im Zen­trum der Aus­ein­an­der­set­zung hätten nach den un­strei­ti­gen Be­haup­tun­gen des Be­klag­ten des­sen Ent­gelt­for­de­run­gen für die Beschäftig­ten und die Ein­be­zie­hung der Vor­feld­auf­sicht in den Gel­tungs­be­reich des an­ge­streb­ten Ta­rif­ver­trags ge­stan­den. Der Haupt­streik ha­be nicht den Grund­satz der Ar­beits­kampf­pa­rität ver­letzt und sei nicht un­verhält­nismäßig ge­we­sen. Der Be­klag­te haf­te auch nicht für den an­gekündig­ten Un­terstützungs­streik, ob­wohl auch die­ser rechts­wid­rig ge­we­sen sei. Es sei je­doch nicht er­sicht­lich, wel­che Be­ein­träch­ti­gun­gen bzw. Schäden ge­ra­de auf die Ankündi­gung des Un­terstützungs­streiks zurück­zuführen sei­en. Auch oh­ne die Ankündi­gung des Un­terstützungs­streiks hätte der lau­fen­de Haupt­streik zur Be­ein­träch­ti­gung des Flug­ver­kehrs geführt. Den Kläge­rin­nen stünden auch kei­ne Scha­dens­er­satz­ansprüche aus § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 31 oder § 278 BGB zu. Die Fest­stel­lungs­anträge zu 4) bis 5) sei­en un­zulässig. We­gen wei­te­rer Ein­zel­hei­ten der Be­gründung wird auf die ar­beits­ge­richt­li­chen Ent­schei­dungs­gründe ver­wie­sen.

Ge­gen das ih­nen am 9. April 2013 zu­ge­stell­te Ur­teil ha­ben die Kläge­rin­nen am 10. Mai 2013 (Tag nach Him­mel­fahrt) per Te­le­fax Be­ru­fung ein­ge­legt und die­se nach recht­zei­tig be­an­trag­ter Verlänge­rung der Be­ru­fungs­be­gründungs­frist bis zum 9. Ju­li 2013 an die­sem Tag eben­falls per Te­le­fax be­gründet.

Die Kläge­rin­nen sind der Auf­fas­sung, das Ar­beits­ge­richt ha­be Ansprüche aus §§ 823 , 831 , 823 Abs. 1 in Ver­bin­dung mit § 31 BGB und aus § 280 Abs. 1 BGB rechts­feh­ler­haft ver­neint. Der Be­klag­te ha­be durch die rechts­wid­ri­gen Streik­maßnah­men und den an­gekündig­ten Un­terstützungs­streik in ih­re ein­ge­rich­te­ten und aus­geübten Ge­wer­be­be­trie­be ein­ge­grif­fen. Dies sei auch des­sen we­sent­li­ches sub­jek­ti­ves Ziel ge­we­sen. Das Ar­beits­ge­richt ha­be die Be­deu­tung der Wil­lens­rich­tung des Schädi­gers nach der höchst­rich­ter­li­chen Recht­spre­chung ver­kannt. Da­nach genüge für die Be­triebs­be­zo­gen­heit ei­nes Ein­griffs des­sen Ziel­ge­richtet­heit und die Wil­lens­rich­tung des Schädi­gers, wo­bei so­gar ein do­lus even­tua­lis für die Be­ja­hung der Un­mit­tel­bar­keit des Ein­griffs als aus­rei­chend an­ge­se­hen wor­den sei, auch wenn der Ein­griff nur ein not­wen­di­ges Zwi­schen­ziel für ein an­de­res fi­na­les Ziel ge­we­sen sei. Die Vor­in­stanz ha­be ei­nen ziel­ge­rich­tet han­deln­den Schädi­ger pri­vi­le­giert. Oh­ne Aus­fall der Flug­be­we­gun­gen hätte der Be­klag­te kei­nen Druck auf die F GmbH ausüben können. Die Schädi­gungs­ab­sicht des Be­klag­ten er­ge­be sich auch aus der zi­tier­ten Äußerung des da­ma­li­gen Vor­stands Ta­rif / Recht. Aber auch nach der ob­jek­ti­ven Stoßrich­tung und dem Grad der Be­ein­träch­ti­gung sei ein un­mit­tel­ba­rer be­triebs­be­zo­ge­ner Ein­griff ins­be­son­de­re an­ge­sichts der Mo­no­pol­stel­lun­gen der Kläge­rin zu 3) und der F GmbH zu be­ja­hen. Die en­gen Ver­flech­tun­gen der Flug­ge­sell­schaf­ten mit der Vor­feld­kon­trol­le und der Flug­si­che­rung, auf die sie zwin­gend an­ge­wie­sen sei­en und die im ge­sam­ten deut­schen Wirt­schafts­sys­tem ein­zig­ar­tig sei­en, gin­gen über die „nor­ma­le“ Dritt­be­trof­fen­heit im Rah­men von Streik­maßnah­men wie et­wa der von Au­to­mo­bil­her­stel­lern bei be­streik­ten Zu­lie­fe­rern hin­aus. Die aus­ge­fal­le­nen Flüge sei­en an­ders als et­wa Ausfälle bei Pro­duk­ti­ons­be­trie­ben, de­ren Zu­lie­fe­rer be­streikt würden, nicht nach­hol­bar. Es sei ver­fehlt, hier von so­zi­alübli­cher Be­hin­de­rung zu spre­chen. Ein we­sent­li­cher Un­ter­schied zu den vom Be­klag­ten an­geführ­ten Bei­spie­len der Ab­fall­ent­sor­gung und Kin­der­be­treu­ungs­ein­rich­tun­gen bestünde dar­in, dass die F GmbH ei­ne Mo­no­pol­stel­lung hätte, die Kläge­rin­nen sich nicht selbst in die Abhängig­keit von die­sen be­ge­ben hätten und für sie kei­ne Aus­weichmöglich­kei­ten bestünden. Der Be­klag­te ha­be in Schädi­gungs­ab­sicht ge­han­delt, denn er ha­be es nicht nur hin­ge­nom­men, dass ne­ben der F GmbH wei­te­re Un­ter­neh­men – die Kläge­rin­nen – un­ver­meid­ba­re Schäden er­lit­ten hätten, son­dern es sei zwangsläufig sein ge­ziel­ter Wil­le ge­we­sen, die Kläge­rin­nen in ih­rer be­trieb­li­chen Abhängig­keit zu be­ein­träch­ti­gen. Der Schutz­zweck der Norm ge­bie­te kei­ne Be­schränkung der de­lik­ti­schen Haf­tung.

Die Kläge­rin­nen se­hen den Haupt­streik we­gen Ver­let­zung der Frie­dens­pflicht wei­ter­hin als rechts­wid­rig an, hal­ten die Teilkündi­gung des Be­klag­ten nach wie vor für un­wirk­sam, se­hen durch den Haupt­streik ins­be­son­de­re man­gels ef­fek­ti­ver Ab­wehrmöglich­kei­ten die Ar­beits­kampf­pa­rität und an­ge­sichts des Miss­verhält­nis­ses zwi­schen der An­zahl der begüns­tig­ten Ar­beit­neh­mer und ent­stan­de­nen Schäden den Grund­satz der Verhält­nismäßig­keit als ver­letzt an. Die sich mit der Ta­riffähig­keit ei­ner Ge­werk­schaft be­fas­sen­de Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts vom 14. Dez. 2004 (- 1 ABR 51/03 -) sei in­so­weit nicht ein­schlägig. Spar­ten­ge­werk­schaf­ten sei es auf­grund der Auf­ga­be des Grund­sat­zes der Ta­rif­ein­heit möglich, ei­nen Ar­beit­ge­ber noch viel stärker un­ter Druck zu set­zen als bis­her. Die Kläge­rin­nen sei­en an­dau­ernd mit Ta­rif­ver­hand­lun­gen und Ar­beitskämp­fen von Spar­ten­ge­werk­schaf­ten kon­fron­tiert. Ge­ra­de im Luft­ver­kehr ge­be es ei­ne gan­ze Rei­he von Funk­ti­ons­eli­ten, die durch Streiks we­ni­ger Per­so­nen den ge­sam­ten Luft­ver­kehr lahm­le­gen könn­ten. Die Kläge­rin zu 3) ha­be kei­ne ef­fek­ti­ven Mit­tel zur Ab­wehr der Streiks ge­habt. Der Ein­satz von Er­satz­per­so­nal könne aus­sch­ließlich als Mit­tel zur Scha­dens­min­de­rung ver­stan­den wer­den. We­gen des Miss­verhält­nis­ses der An­zahl begüns­tig­ter Ar­beit­neh­mer und der ent­ste­hen­den Schäden sei zu­dem der Grund­satz der Verhält­nismäßig­keit ver­letzt. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Ar­beits­ge­richts sei auch das Ge­mein­wohl be­ein­träch­tigt ge­we­sen. Denn im Rah­men des Luft­ver­kehrs sei ein Aus­wei­chen auf an­de­re Ver­kehrs­mit­tel bei rea­lis­ti­scher Be­trach­tung nicht möglich. Der Ar­beits­kampf im Luft­fahrt­be­reich be­las­te in be­son­de­rer Wei­se die All­ge­mein­heit.

Die Kläge­rin­nen be­haup­ten, die Kläge­rin zu 3) hätte erst ei­ni­ge Ta­ge nach Streik­be­ginn den Auf­trag zur Prüfung der Rechtmäßig­keit der Streik­zie­le er­teilt, nach­dem es die­ser im­mer schwe­rer ge­fal­len sei, die Streik­fol­gen an­der­wei­tig ab­zu­wen­den, und sei in die­sem Zu­sam­men­hang auf de­ren Rechts­wid­rig­keit auf­merk­sam ge­macht wor­den.

Die Kläge­rin­nen sind der Auf­fas­sung, das Ar­beits­ge­richt sei zu Un­recht zu dem Er­geb­nis ge­kom­men, der Be­klag­te könne sich er­folg­reich auf den Ein­wand des rechtmäßigen Al­ter­na­tiv­ver­hal­tens be­ru­fen. Dies wi­der­spre­che ins­be­son­de­re dem Schutz­zweck der Frie­dens­pflicht, wo­bei die bloße Möglich­keit des Scha­den­s­ein­tritts bei pflicht­gemäßem Ver­hal­ten nicht aus­rei­chend sei. An­de­ren­falls blie­be ei­ne Ver­let­zung der Frie­dens­pflicht weit­ge­hend sank­ti­ons­los und man käme zu ei­ner gra­vie­ren­den Ver­schie­bung der Ar­beits­kampf­pa­rität zu Las­ten der Ar­beit­ge­ber­sei­te.

Sch­ließlich müss­ten an­ge­sichts von Leis­tungsnähe und Ein­be­zie­hungs­in­ter­es­se auch Scha­dens­er­satz­ansprüche un­ter dem Ge­sichts­punkt der Frie­dens­pflicht als Ver­trag mit Schutz­wir­kung für Drit­te be­jaht wer­den.

Die Kläge­rin­nen be­haup­ten, auch durch den an­gekündig­ten Un­terstützungs­streik sei­en ih­nen er­heb­li­che Schäden ent­stan­den, in­dem be­reits ge­buch­te Flüge stor­niert oder von ge­plan­ten Bu­chun­gen Ab­stand ge­nom­men wor­den sei­en. In den meis­ten Fällen könn­ten die Flüge ter­min­be­dingt nicht nach­ge­holt wer­den. Zum ergänzen­den Vor­brin­gen der Kläge­rin­nen zu ih­ren streik­be­ding­ten Schäden wird auf S. 45 ff. ih­res Schrift­sat­zes vom 27. Nov. 2013 (Bl. 837 ff., 840 ff d. A.) ver­wie­sen. Sie be­haup­ten, be­reits Strei­kankündi­gun­gen wirk­ten auf ak­tu­el­le oder po­ten­ti­el­le Kun­den ab­schre­ckend. In­so­weit müsse man von ei­ner Dop­pel­k­au­sa­lität aus­ge­hen.

1. Die Kläge­rin zu 1) be­an­tragt,

a) un­ter Abände­rung des Ur­teils des Ar­beits­ge­richts Frank­furt am Main vom 25. März 2013 – 9 Ca 5558/12 -

b) den Be­klag­ten zu ver­ur­tei­len, an sie € 3.885.890,23 nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 21. Aug. 2012 zu zah­len;

c) fest­zu­stel­len, dass der Be­klag­te ver­pflich­tet war, die Streiks in den Ab­tei­lun­gen Vor­feld­kon­trol­le, Ver­kehrs­zen­tra­le und Vor­feld­auf­sicht der Kläge­rin zu 3) vom 16. Febr. 2012 bis zum 22. Febr. 2012 so­wie vom 26. Febr. 2012 bis zum 29. Febr. 2012 zu un­ter­las­sen,

d) fest­zu­stel­len, dass der Be­klag­te ver­pflich­tet war, den Auf­ruf vom 28. Febr. 2012 der bei der F GmbH beschäftig­ten Tower-Lot­sen zum Un­terstützungs­streik zu un­ter­las­sen.

2. Die Kläge­rin zu 2) be­an­tragt,

a) un­ter Abwägung des Ur­teils des Ar­beits­ge­richts Frank­furt am main vom 25. März 2013 - 9 Ca 5558/12 -

b) den Be­klag­ten zu ver­ur­tei­len, an sie € 131.144,23 nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 21. Aug. 2012 zu zah­len;

c) fest­zu­stel­len, dass der Be­klag­te ver­pflich­tet war, die Streiks in den Ab­tei­lun­gen Vor­feld­kon­trol­le, Ver­kehrs­zen­tra­le und Vor­feld­auf­sicht der Kläge­rin zu 3) vom 16. Febr. 2012 bis zum 22. Febr. 2012 so­wie vom 26. Febr. 2012 bis zum 29. Febr. 2012 zu un­ter­las­sen,

d) fest­zu­stel­len, dass der Be­klag­te ver­pflich­tet war, den Auf­ruf vom 28. Febr. 2012 der bei der F GmbH beschäftig­ten Tower-Lot­sen zum Un­terstützungs­streik zu un­ter­las­sen.

3. Die Kläge­rin zu 3) be­an­tragt,

a) un­ter Abände­rung des Ur­teils des Ar­beits­ge­richts Frank­furt am Main vom 25. März 2013 – 9 Ca 5558/12 -

b) den Be­klag­ten zu ver­ur­tei­len, an sie € 5.170.800,- nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 21. Aug. 2012 zu zah­len;

c) fest­zu­stel­len, dass der Be­klag­te ver­pflich­tet war, die Streiks in den Ab­tei­lun­gen Vor­feld­kon­trol­le, Ver­kehrs­zen­tra­le und Vor­feld­auf­sicht der Kläge­rin zu 3) vom 16. Febr. 2012 bis zum 22. Febr. 2012 so­wie vom 26. Febr. 2012 bis zum 29. Febr. 2012 zu un­ter­las­sen,

d) fest­zu­stel­len, dass der Be­klag­te ver­pflich­tet war, den Auf­ruf vom 28. Febr. 2012 der bei der F GmbH beschäftig­ten Tower-Lot­sen zum Un­terstützungs­streik zu un­ter­las­sen.

Der Be­klag­te be­an­tragt,

die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

Der Be­klag­te ver­tei­digt das an­ge­foch­te­ne Ur­teil und ist wei­ter­hin der Auf­fas­sung, die Fest­stel­lungs­anträge sei­en un­zulässig. Er ist un­ter Ver­tie­fung sei­nes erst­in­stanz­li­chen Vor­brin­gens der An­sicht, das Ar­beits­ge­richt ha­be ei­nen Ein­griff in das Recht am ein­ge­rich­te­ten und aus­geübten Ge­wer­be­be­trieb zu­tref­fend ver­neint. Bei der Nut­zung des Luft­raums und der Flughäfen han­de­le es sich um ei­ne Nut­zung im Rah­men des Ge­mein­ge­brauchs. Die ver­ge­be­nen Slots sei­en Teil­ha­be­rech­te, die die Er­laub­nis zur Nut­zung des All­ge­mein­gu­tes eröff­ne­ten. Die Nut­zungsmöglich­keit ei­nes Flug­plat­zes und des Luft­raums be­tref­fe vom Ge­wer­be­be­trieb der Luft­fahrt­un­ter­neh­men oh­ne wei­te­res ablösba­re Rech­te. Da­ge­gen hätten sich die Ar­beits­kampf­maßnah­men un­mit­tel­bar ge­gen die F GmbH ge­rich­tet. Die Be­trof­fen­heit der Kläge­rin­nen sei le­dig­lich ei­ne mit­tel­ba­re und all­ge­mei­ne Be­ein­träch­ti­gung. Sie sei­en eben­so be­trof­fen wie an­de­re Luft­fahrt­un­ter­neh­men auch. Ob­jek­ti­ve Stoßrich­tung und Wil­lens­rich­tung des Be­klag­ten sei es ge­we­sen, im Hin­blick auf den Ar­beits­kampf Druck auf den Ta­rif­geg­ner aus­zuüben. Die­se Stoßrich­tung ände­re sich nicht da­durch, dass dem Be­klag­ten be­wusst ge­we­sen sein mag, dass ein Ar­beits­kampf ge­gen die F GmbH Aus­wir­kun­gen auf die Durchführ­bar­keit des Flug­be­triebs der Flug­ge­sell­schaf­ten ha­ben wer­de. Das müsse erst recht für die bloße Ankündi­gung ei­nes Ar­beits­kamp­fes gel­ten. Die Flug­lot­sen­ent­schei­dun­gen des BGH aus den Jah­ren 1977 und 1980 sei­en nicht ein­schlägig, weil es sich dort nicht um ei­nen ge­werk­schaft­li­chen Streik, son­dern um in­di­vi­du­el­le Dienst­pflicht­ver­let­zun­gen von Be­am­ten in ei­ner öffent­lich-recht­lich ver­fass­ten Bun­des­an­stalt ge­han­delt ha­be. Die un­mit­tel­ba­re Be­triebs­be­zo­gen­heit des Ein­griffs er­ge­be sich auch nicht aus ei­ner be­son­de­ren wirt­schaft­li­chen Ver­flech­tung und Abhängig­keit der Kläge­rin­nen zur F GmbH. In dem schwer ab­grenz­ba­ren und schil­lern­den Be­reich der Da­seins­vor­sor­ge sei In­ten­ti­on der Strei­ken­den mehr der po­li­ti­sche und ge­sell­schaft­li­che Druck auf das be­streik­te Un­ter­neh­men als fi­nan­zi­el­le Schäden bei dem be­streik­ten Un­ter­neh­men oder Drit­ten, z.B. bei der Ab­fall­ent­sor­gung oder Kin­der­be­treu­ungs­ein­rich­tun­gen. Außer­dem könn­ten zahl­rei­che Geschäfts- und pri­va­te Rei­sen nach­ge­holt wer­den. Zum Vor­brin­gen des Be­klag­ten zur Rechtmäßig­keit der Streik­for­de­run­gen wird auf Sei­te 29 ff. der Be­ru­fungs­er­wi­de­rung (Bl. 693 ff. d. A.) ver­wie­sen. Je­den­falls lie­ge kein Ver­schul­den des Be­klag­ten vor.

Von an­dau­ern­den Ar­beitskämp­fen von Spar­ten­ge­werk­schaf­ten bei der Kläge­rin zu 3) sei ihm nichts be­kannt. Ab­ge­se­hen da­von könne ei­ne In­dus­trie- oder Spar­ten­ge­werk­schaft nicht für das Auf­tre­ten wei­te­rer Ge­werk­schaf­ten und die da­mit ein­her­ge­hen­den Fol­gen ver­ant­wort­lich ge­macht wer­den. Das Kampf­mit­tel der lösen­den Aus­sper­rung hätte der Kläge­rin zu 3) – auch wenn die Hürden hoch sei­en – zur Verfügung ge­stan­den. Auch den Ein­satz der sog. Ma­nage­ment-Lot­sen, d.h. von Ver­wal­tungs­mit­ar­bei­tern, die auf­grund ih­rer frühe­ren Tätig­keit die er­for­der­li­chen Er­laub­nis­se und Be­rech­ti­gun­gen noch be­ses­sen hätten, und den Ein­satz kurz­fris­tig ent­lie­he­ner und ge­schul­ter Mit­ar­bei­ter müsse man als Mit­tel des Ar­beits­kamp­fes se­hen. Im Rah­men der Verhält­nismäßig­keit würde ge­gen das Ver­bot der Ta­rif­zen­sur ver­s­toßen, wenn die Größe des Ta­rif­ge­bie­tes und das Zah­len­verhält­nis als Prüfungs­fak­tor her­an­ge­zo­gen würden.

Bezüglich des Ein­wands des rechtmäßigen Al­ter­na­tiv­ver­hal­tens be­haup­tet der Be­klag­te, an­ge­sichts der Umstände des Ein­zel­fal­les sei es si­cher, dass Haupt- und Un­terstützungs­ar­beits­kampf auch oh­ne die be­an­stan­de­ten Ta­rif­for­de­run­gen zur glei­chen Zeit, im glei­chen Um­fang und mit den glei­chen Fol­gen statt­ge­fun­den hätte.

We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des Be­ru­fungs­vor­brin­gens wird auf den vor­ge­tra­ge­nen In­halt der Be­ru­fungs­schriftsätze und den In­halt der Sit­zungs­nie­der­schrift vom 5. Dez. 2013 ver­wie­sen.

Ent­schei­dungs­gründe

Die Be­ru­fun­gen der Kläge­rin­nen sind statt­haft, §§ 8 Abs.2 ArbGG , 511 Abs. 1 ZPO , 64 Abs. 2 b)
ArbGG , und auch form- und frist­ge­recht ein­ge­legt und be­gründet wor­den, §§ 66 Abs.1 ArbGG , 517 , 519 , 520 ZPO , und da­mit ins­ge­samt zulässig.

Die Be­ru­fun­gen der Kläge­rin­nen sind je­doch nicht be­gründet. Die Kla­gen der Kläge­rin­nen sind hin­sicht­lich der Fest­stel­lungs­anträge un­zulässig, we­gen der Zah­lungs­anträge un­be­gründet.

I. Das Ar­beits­ge­richt hat die Fest­stel­lungs­anträge der Kläge­rin­nen zu Recht und mit zu­tref­fen­der Be­gründung als un­zulässig an­ge­se­hen. Die Fest­stel­lungs­anträge zu 1 c) und d), 2 c) und d) so­wie 3 c) und d) recht­fer­ti­gen sich nicht als Zwi­schen­fest­stel­lungs­kla­gen gemäß § 256 Abs. 2 ZPO , weil das Ur­teil über die Haupt­kla­ge­anträge zu 1 b), 2 b) und 3 b) die Rechts­be­zie­hun­gen der Par­tei­en erschöpfend re­gelt. Das Be­ru­fungs­ge­richt macht sich die Ausführun­gen des Ar­beits­ge­richts un­ter II 4 a) und b) der Ent­schei­dungs­gründe voll­in­halt­lich zu Ei­gen. Die Be­ru­fun­gen der Kläge­rin­nen führen nicht zu ei­ner an­de­ren Be­ur­tei­lung. Das zu klären­de Rechts­verhält­nis hat kei­ne über den ge­genwärti­gen Streit­stand hin­aus­ge­hen­de Be­deu­tung. Der Un­ter­las­sungs­an­spruch ist zeit­lich über­holt ( BAG Ur­teil vom 12. Sept. 1984 – 1 AZR 342/83 – BA­GE 46, 322 = AP Nr. 81 zu Art. 9 GG Ar­beits­kampf). Es ist nicht Auf­ga­be der Ge­rich­te, Rechts­gut­ach­ten zu – noch da­zu ver­gan­ge­nen – Er­eig­nis­sen zu ver­fas­sen, um die Fra­ge der Un­ter­las­sungs­pflicht für zukünf­ti­ge Strei­tig­kei­ten zu klären.

II. Die auf Zah­lung von Scha­dens­er­satz ge­rich­te­ten Zah­lungs­anträge der Kläge­rin­nen zu 1) und 2) sind un­be­gründet. Scha­dens­er­satz­ansprüche der Kläge­rin­nen zu 1) und 2) be­ste­hen un­ter kei­nem recht­li­chen oder tatsächli­chen Ge­sichts­punkt.

1 a. Auf ei­ne Ei­gen­tums­ver­let­zung im Sin­ne des § 823 Abs. 1 BGB in­fol­ge der Streiks und des an­gekündig­ten Un­terstützungs­streiks (da­zu Ur­teil des Hess. LAG vom 25. April 2013 - 9 Sa 561/12 – Ju­ris; eben­so Czer­ny / Frie­ling Anm. zu LA­GE Art. 9 GG Ar­beits­kampf Nr. 92 a, S. 28, 29) be­ru­fen sich die Kläge­rin­nen nicht. Hin­sicht­lich des an­gekündig­ten Un­terstützungs­ar­beits­kamp­fes ge­gen die F GmbH schei­det Ei­gen­tums­ver­let­zung der Kläge­rin­nen zu 1) und 2) schon des­halb aus, weil ei­ne die Ei­gentümer­be­fug­nis­se be­tref­fen­de tatsächli­che Ein­wir­kung auf die Flug­zeu­ge nicht er­folgt ist. Die Flug­zeu­ge der Kläge­rin­nen zu 1) und 2) ha­ben al­lein durch den an­gekündig­ten Un­terstützungs­ar­beits­kampf ih­re Be­we­gungsmöglich­keit nicht ver­lo­ren und sind ih­rem be­stim­mungs­gemäßen Ge­brauch nicht ent­zo­gen wor­den. Aber auch we­gen des durch­geführ­ten Streiks ge­gen die Kläge­rin zu 3) ma­chen die Kläge­rin­nen ei­ne Ei­gen­tums­ver­let­zung nicht gel­tend.

b. Ein An­spruch aus § 823 Abs. 1 BGB we­gen Ver­let­zung ei­nes sons­ti­gen Rechts – das Recht am ein­ge­rich­te­ten und aus­geübten Ge­wer­be­be­trieb - ge­gen den Be­klag­ten steht den Kläge­rin­nen zu 1) und 2) nicht zu. Dies hat be­reits das Ar­beits­ge­richt, des­sen Be­gründung sich das Be­ru­fungs­ge­richt ergänzend zu Ei­gen macht, zu­tref­fend er­kannt. Im Hin­blick auf die durch­geführ­ten Ar­beits­kampf­maßnah­men ge­gen die Kläge­rin zu 3) und den an­gekündig­ten Un­terstützungs­streik ge­gen die F GmbH sind die Kläge­rin­nen zu 1) und 2) Dritt­be­trof­fe­ne. Es ist durch die Strei­kankündi­gun­gen kei­ne un­mit­tel­ba­re be­triebs­be­zo­ge­ne Be­ein­träch­ti­gung des ge­werb­li­chen Tätig­keits­krei­ses der Kläge­rin­nen zu 1) und 2) ge­ge­ben. Ei­ne sach­ge­rech­te Ein­gren­zung des Haf­tungs­tat­be­stan­des führt zum Er­for­der­nis des un­mit­tel­ba­ren Ein­griffs in den Ge­wer­be­be­trieb, der Ein­griff muss be­triebs­be­zo­gen sein. Der Ein­griff muss sei­ner ob­jek­ti­ven Stoßrich­tung nach ge­gen den be­trieb­li­chen Or­ga­nis­mus oder die un­ter­neh­me­ri­sche Ent­schei­dungs­frei­heit ge­rich­tet sein ( BAG Ur­teil vom 22. Sept. 2009 – 1 AZR 972/08 – BA­GE 132, 140 = AP Nr. 174 zu Art. 9 GG Ar­beits­kampf; BAG Ur­teil vom 20. Jan. 2009 – 1 AZR 515/08 – AP Nr. 137 zu Art. 9 GG = EzA Art. 9 GG Nr. 96 = Ju­ris; Hess. LAG Ur­teil vom 27. Ju­ni 2013 – 9 Sa 1387/12 – Ju­ris, Re­vi­si­on ein­ge­legt un­ter dem Az. 1 AZR 875/13; Hess. LAG Ur­teil vom 25. April 2013 - 9 Sa 561/12 – Ju­ris, Re­vi­si­on ein­ge­legt un­ter dem Az. 1 AZR 754/13). Ihm muss ei­ne Scha­dens­ge­fahr ei­gen sein, die über ei­ne so­zi­alübli­che Be­hin­de­rung hin­aus geht (BAG a.a.O.). Es han­delt sich – so das BAG (a.a.O.) - um ei­nen of­fe­nen Tat­be­stand, des­sen In­halt und Gren­zen sich erst aus ei­ner In­ter­es­sen- und Güter­abwägung mit der im Ein­zel­fall kol­li­die­ren­den In­ter­es­sensphäre er­ge­ben. Der Bun­des­ge­richts­hof be­tont in ständi­ger Recht­spre­chung ( Ur­teil vom 10. Dez. 2002 – VI ZR 171/02 – NJW 2003, 1040 = Ju­ris; BGH Ur­teil vom 11. Jan. 2005 – VI ZR 34/04 – NJW-RR 2005, 673 = Ju­ris - Ober­lei­tungs­scha­den), der von der Recht­spre­chung er­ar­bei­te­te De­liktsschutz des ein­ge­rich­te­ten und aus­geübten Ge­wer­be­be­trie­bes dürfe nicht in ei­nen all­ge­mei­nen Vermögens­schutz für Ge­wer­be­trei­ben­de aus­ufern, der dem deut­schen Rechts­sys­tem der in ka­su­is­ti­scher Art ge­re­gel­ten De­likt­stat­bestände zu­wi­der lau­fen würde. Auch in sog. Flashmob-Ak­tio­nen hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt ( BAG Ur­teil vom 22. Sept. 2009 – 1 AZR 972/08 – BA­GE 132, 140 = AP Nr. 174 zu Art. 9 GG Ar­beits­kampf) kei­nen rechts­wid­ri­gen Ein­griff in das Recht des Be­triebs­in­ha­bers am ein­ge­rich­te­ten und aus­geübten Ge­wer­be­be­trieb ge­se­hen, weil die streik­be­glei­ten­den Flashmob-Ak­tio­nen ei­ne ko­ali­ti­ons­spe­zi­fi­sche Betäti­gung sei­en. Das BAG (a.a.O.) hat aus­geführt, es gehöre zur ver­fas­sungs­recht­lich geschütz­ten Frei­heit der Ko­ali­tio­nen, ih­re Kampf­mit­tel an die sich wan­deln­den Umstände an­zu­pas­sen. Für die Aus­ge­stal­tung des Ar­beits­kampf­rechts stel­le die Funk­ti­onsfähig­keit der Ta­rif­au­to­no­mie so­wohl die Recht­fer­ti­gung als auch die Gren­ze dar.

c. Der Schutz des Ge­wer­be­be­triebs durch § 823 Abs. 1 BGB be­schränkt sich nach all­dem auf un­mit­tel­ba­re, be­triebs­be­zo­ge­ne Ein­grif­fe. Der Bun­des­ge­richts­hof ( Ur­teil vom 10. Dez. 2002 – VI ZR 171/02 – NJW 2003, 1040 = Ju­ris) ver­langt zu Recht ei­ne sach­ge­rech­te Ein­gren­zung die­ses Haf­tungs­tat­be­stan­des, nämlich, dass der Ein­griff sich ir­gend­wie ge­gen den Be­trieb als sol­chen rich­te, al­so be­triebs­be­zo­gen sei, und nicht vom Ge­wer­be­be­trieb ablösba­re Rech­te be­tref­fe. Durch die Ein­gren­zung soll ei­ne Bes­ser­stel­lung der In­ha­ber von Ge­wer­be­be­trie­ben ge­genüber an­de­ren Bürgern aus­ge­schlos­sen wer­den. Es han­delt sich um ein Wer­tungs­kri­te­ri­um, das da­zu dient, die­je­ni­gen den Ge­wer­be­be­trieb be­ein­träch­ti­gen­den Ver­hal­tens­wei­sen nor­ma­tiv aus­zu­gren­zen, ge­genüber de­nen der Funk­ti­ons­be­reich des Un­ter­neh­mens als „or­ga­ni­sches Mehr sei­ner Ein­zel­fak­to­ren zusätz­li­chen Haf­tungs­schutz ver­dient“ ( BAG Ur­teil vom 21. Ju­ni 1988 – 1 AZR 653/86 – EzA Art. 9 GG Ar­beits­kampf Nr. 76 = Ju­ris). Nach sei­ner ob­jek­ti­ven Stoßrich­tung führ­ten der Streik ge­gen die Kläge­rin zu 3) und der an­gekündig­te Un­terstützungs­streik ge­gen die F GmbH un­mit­tel­bar nur da­zu, dass die strei­ken­den Ar­beit­neh­mer ih­re Auf­ga­ben in den Be­rei­chen Vor­feld­kon­trol­le, Vor­feld­auf­sicht und Ver­kehrs­zen­tra­le nicht erfüllt ha­ben und die Flug­lot­sen ih­re Flug­si­che­rungs­auf­ga­ben nicht erfüllt hätten. Nur ge­gen die­se hat der Be­klag­te zum Streik auf­ge­ru­fen. Die Be­nutz­bar­keit des Vor­fel­des, der Start- und Lan­de­bah­nen gehört wie auch die Nut­zung des Luft­rau­mes nicht, wie der BGH im Fleet-Fall für ei­ne Was­ser­s­traße ent­schie­den hat (Ur­teil vom 21. Dez. 1970 a.a.O.), zum Ge­wer­be­be­trieb ei­ner Flug­ge­sell­schaft. An­de­ren­falls würde der Ge­mein­ge­brauch am Luft­raum als sons­ti­ges Recht im Sin­ne des § 823 Abs. 1 BGB an­er­kannt.

Eben­so hat der BGH dies für die Be­fahr­bar­keit von Glei­sen hin­sicht­lich des Ge­wer­be­be­triebs ei­nes Ei­sen­bahn­ver­kehrs­be­trie­bes be­ur­teilt ( BGH Ur­teil vom 11. Jan. 2005 – VI ZR 34/04 - NJW-RR 2005, 673 = Ju­ris).

d. Ein un­mit­tel­ba­rer be­triebs­be­zo­ge­ner Ein­griff er­gibt sich vor­lie­gend auch nicht aus des­sen sub­jek­ti­ver Ziel­rich­tung. Die not­wen­di­ge un­mit­tel­ba­re Ver­bin­dung des Ver­hal­tens des Be­klag­ten zu den Aus­wir­kun­gen für die kläge­ri­schen Flug­be­trie­be wird nicht durch die bloße Kennt­nis des Be­klag­ten her­ge­stellt, dass die Kläge­rin­nen zu 1) und 2) zum Star­ten und Lan­den auf die Durchführung der Vor­feld­kon­trol­le, Vor­feld­auf­sicht und Ver­kehrs­zen­tra­le an­ge­wie­sen sind (vgl. BGH Ur­teil vom 8. Jan. 1981 a.a.O.; Hess. LAG Ur­teil vom 27. Ju­ni 2013 – 9 Sa 1387/12 – Re­vi­si­on ein­ge­legt un­ter dem Az. 1 AZR 875/13; Hess. LAG Ur­teil vom 25. April 2013 - 9 Sa 561/12 – Re­vi­si­on ein­ge­legt un­ter dem Az. 1 AZR 754/13). Mehr kann hier nicht fest­ge­stellt wer­den. Das Bun­des­ar­beits­ge­richt ( Ur­teil vom 21. Ju­ni 1988 – 1 AZR 653/86 – a.a.O.) hat in­des­sen ei­nen ziel­ge­rich­te­ten An­griff ver­langt. Nach dem Sinn­ge­halt und der tatsächli­chen Be­deu­tung der Ar­beits­kampf­maßnah­me so­wie der Wil­lens­rich­tung des Be­klag­ten wa­ren die durch­geführ­ten und an­gekündig­ten Streik­maßnah­men nicht dar­auf ge­rich­tet, auf den Ge­wer­be­be­trieb der Kläge­rin­nen zu 1) und 2) ein­zu­wir­ken (vgl. BGH Ur­teil vom 8. Jan. 1981 – III ZR 125/79 – NJW 1981 2416 = Ju­ris zum Ein­lei­ten von Was­ser in die ge­meind­li­che Ka­na­li­sa­ti­on). In der Flug­lot­sen­ent­schei­dung vom 16. Ju­ni 1975 (– III ZR 179/75 – NJW 1977, 1875 = Ju­ris) hat der BGH an­ge­nom­men, die Be­zo­gen­heit zum Ge­wer­be­be­trieb könne sich aus der Ten­denz des Ein­griffs er­ge­ben, et­wa wenn es in der Wil­lens­rich­tung des Ver­let­zers lie­ge, durch be­stimm­te Maßnah­men den Be­trieb zu be­ein­träch­ti­gen. Die Kläge­rin­nen zu 1) und 2) ha­ben in der Äußerung des da­ma­li­gen Vor­stands des Be­klag­ten für Ta­rif / Recht in ei­nem Spie­gel-On­line In­ter­view auf den Vor­halt, dass klar sei, dass das
Droh­po­ten­ti­al des Be­klag­ten schrump­fe:

„Na­ja, es läuft mehr Ver­kehr, als wir er­war­tet ha­ben. Aber der Streik ist trotz­dem ein Er­folg. Es geht doch um mehr als an­nul­lier­te Flüge. Da­zu kom­men die Ver­spätun­gen und noch wich­ti­ger: Die Bu­chungs­zah­len bei den Air­lines sind ein­ge­bro­chen.“

den Be­leg für die­se Ziel­rich­tung se­hen. Das ist nicht mehr als ei­ne Be­schrei­bung der Streik­fol­gen für die dritt­be­trof­fe­nen Flug­ge­sell­schaf­ten. Die Sach­la­ge ist nicht mit dem vom OLG Dres­den (Ur­teil vom 16. Nov. 2010 – 9 U 765/10 – ) ver­gleich­bar, in dem es um die Blo­cka­de ei­nes Werks­geländes durch Milch­bau­ern mit dem Ziel ging, die An- und Aus­lie­fe­rung unmöglich zu ma­chen und auf die­se Wei­se den Geschäfts­be­trieb zeit­wei­se ein­zu­schränken. Es wur­den dort Milch­bau­ern zum Scha­dens­er­satz ver­ur­teilt, weil sie es hin­ge­nom­men hat­ten, dass wei­te­re Un­ter­neh­men an der Her­stel­lung ih­rer Pro­duk­te ge­hin­dert wa­ren. Auch die Un­ter­bre­chung ei­ner Strom­ver­sor­gung für ei­ne Dis­ko­thek mit dem Ziel, de­ren Be­trieb zu stören oder zu be­hin­dern ( OLG Ros­tock Ur­teil vom 25. Ju­ni 2007 – 3 U 70/07 – Ju­ris), trifft den vor­lie­gen­den Fall nicht. Die Sach­la­ge ist bei ei­nem Ar­beits­kampf schon im Aus­gangs­punkt völlig an­ders. Die Ge­werk­schaf­ten wer­den es im­mer auch hin­neh­men und in Kauf neh­men, dass der Streik Aus­wir­kun­gen auch auf Drit­te, ins­be­son­de­re die Öffent­lich­keit, Kun­den, Zu­lie­fe­rer usw. hat. Es gehört zum We­sen des Streiks, dass hier­von auch Drit­te, nämlich die­je­ni­gen, die Leis­tun­gen des be­streik­ten Un­ter­neh­mens ab­neh­men, mit­tel­bar be­trof­fen sein können. Im ver­floch­te­nen und wech­sel­sei­tig abhängi­gen Wirt­schafts­sys­tem berühren Ar­beitskämp­fe nicht nur die am Ar­beits­kampf un­mit­tel­bar Be­tei­lig­ten, son­dern auch Nicht­strei­ken­de und sons­ti­ge Drit­te so­wie die All­ge­mein­heit viel­fach nach­hal­tig (BAG Großer Se­nat Be­schluss vom 21. April 1971 - GS 1/68 -EzA Art 9 GG Nr. 6 = Ju­ris). Dies stellt kei­ne Be­son­der­heit im Be­trieb der Kläge­rin zu 3) und der F GmbH dar ( Hess. LAG Ur­teil vom 27. Ju­ni 2013 – 9 Sa 1387/12 – Re­vi­si­on ein­ge­legt un­ter dem Az. 1 AZR 875/13; Hess. LAG Ur­teil vom 25. April 2013 - 9 Sa 561/12 – Re­vi­si­on ein­ge­legt un­ter dem Az. 1 AZR 754/13). Ob­wohl Streiks re­gelmäßig auf Tei­le ei­nes Un­ter­neh­mens be­schränkt wer­den, führen sie zwangsläufig zu Störun­gen auch bei sol­chen Un­ter­neh­men, die nicht un­mit­tel­bar vom Ar­beits­kampf be­trof­fen sind, aber mit sol­chen kampf­be­trof­fe­nen Un­ter­neh­men eng zu­sam­men­ar­bei­ten ( BAG Ur­teil vom 22. Dez. 1980 – 1 ABR 2/79 – BA­GE 34, 331 = AP Nr. 70 zu Art. 9 GG Ar­beits­kampf). Das Bun­des­ar­beits­ge­richt sieht im Ur­teil vom 19. Ju­ni 2007 (– 1 AZR 396/06 – Ju­ris Rz. 38) die Be­trof­fen­heit von Drit­ten le­dig­lich als ei­ne mehr oder we­ni­ger be­ab­sich­tig­te Fol­ge des Ar­beits­kampfs an und führt aus, dass von Ar­beitskämp­fen häufig auch Drit­te - wie et­wa Kun­den von Dienst­leis­tungs­un­ter­neh­men, Fahrgäste, Flug­pas­sa­gie­re, Pa­ti­en­ten, Zu­lie­fe­rer, Ab­neh­mer etc. – be­trof­fen sind. Dass auch der ge­gen die Kläge­rin zu 3) geführ­te und der ge­gen die F GmbH be­ab­sich­tig­te Streik die­se Aus­wir­kun­gen hat­ten und ha­ben würden, kann nicht über­ra­schend sein. Der Be­klag­te hat dies in sein Kalkül ein­be­zo­gen. Dies ist kei­ne Be­son­der­heit ei­nes Streiks ge­gen die Kläge­rin zu 3) oder ge­gen die F GmbH. Auch der Streik ge­gen an­de­re Trans­port- und Beförde­rungs­un­ter­neh­men hat in der Re­gel der­ar­ti­ge Aus­wir­kun­gen: Wer­den die Bahn­ver­kehrs­ge­sell­schaf­ten oder Spe­di­tio­nen be­streikt, sind auch Ge­wer­be­be­trie­be durch aus­ge­fal­le­ne Beförde­rungs­leis­tun­gen be­trof­fen. Ent­spre­chen­de Kon­stel­la­tio­nen sind an­zu­tref­fen, wenn eng an den Her­stel­ler an­ge­bun­de­ne Zu­lie­fer­fir­men im Rah­men ei­ner Just-in-ti­me-Pro­duk­ti­on be­streikt wer­den (eben­so Hess. LAG Ur­teil vom 27. Ju­ni 2013 – 9 Sa 1387/12 – Re­vi­si­on ein­ge­legt un­ter dem Az. 1 AZR 875/13; Hess. LAG Ur­teil vom 25. April 2013 - 9 Sa 561/12 – Re­vi­si­on ein­ge­legt un­ter dem Az. 1 AZR 754/13 - Ju­ris). Be­triebs­not­wen­di­ge Ma­te­ria­len oder Halb­fer­tig­pro­duk­te können aus­blei­ben oder der Ab­satz in ei­nem so star­ken Maße sto­cken, dass die Pro­duk­ti­on unmöglich oder sinn­los wird. Die­se Aus­wir­kun­gen im Zu­sam­men­hang mit ei­nem Ar­beits­kampf sind so­zi­al­adäquat. Der Streik­auf­ruf be­trifft „ty­pi­scher­wei­se“ die ge­sam­te oder we­sent­li­che Tei­le der ge­sam­ten Tätig­keit des Luft­ver­kehrs­un­ter­neh­mens ( BGH Ur­teil vom 21. Aug. 2012 – X ZR 138/11 – Ju­ris). Es gibt in der Re­gel Dritt­be­trof­fe­ne, die kei­nen Ein­fluss auf das Streik­ge­sche­hen ha­ben. Dass in dem von den Kläge­rin­nen zu 1) und 2) bemühten Bei­spiel des Auf­stel­lens von Tier­schutz­wer­be­ta­feln im Hin­blick auf Chin­chil­las und Ner­ze ( OLG Frank­furt am Main Ur­teil vom 29. Jan. 1987 – 16 U 132/85 – Ju­ris) die­se Maßnah­men sich un­mit­tel­bar ge­gen den Ge­wer­be­be­trieb von Pelzhänd­lern rich­tet, liegt auf der Hand, denn es ging bei die­ser Ak­ti­on nur dar­um, den Ab­satz der Züch­ter und Pelzhänd­ler zu tref­fen. Die Sach­la­ge stellt sich nicht an­ders dar als in den sonst ent­schie­de­nen Ver­sor­gungsfällen, z. B. die Strom­ka­b­elfälle (vgl. BGH Ur­teil vom 9. Dez. 1958 – VI ZR 199/57 – Ju­ris). Die F GmbH hat nun ein­mal nur die Flug­ge­sell­schaf­ten, die Luft­ver­kehr über Deutsch­land durchführen, als Kun­den. Wird sie be­streikt, sind aus­nahms­los al­le be­trof­fen, die Luft­ver­kehr be­trei­ben oder nut­zen, Pas­sa­gier- und Fracht­flug­ge­sell­schaf­ten und außer­dem de­ren zum Teil eben­falls ge­werb­li­che Kun­den. Der Be­klag­te hat das in Art. 9 Abs. 3 GG ver­fas­sungs­recht­lich verbürg­te Recht, Streiks um die Ver­bes­se­rung von Ar­beits­be­din­gun­gen zu führen. In den von ihm be­streik­ten Be­rei­chen wer­den auf­grund sei­ner Mit­glie­der­struk­tur zwangsläufig Flug­ge­sell­schaf­ten be­trof­fen sein, es sei denn der Streik würde auf flug­freie Zei­ten oder Räume be­schränkt. Aus die­ser Tat­sa­che ei­ne sub­jek­ti­ve und ob­jek­ti­ve Stoßrich­tung oder ab­sicht­li­che Schädi­gung der Kläge­rin­nen zu 1) und 2) ab­zu­lei­ten, ist selbst dann nicht ge­recht­fer­tigt, wenn dem Be­klag­ten der da­durch ent­ste­hen­de ge­sell­schaft­li­che oder po­li­ti­sche Druck will­kom­men ist. Hin­zu kommt fol­gen­des: Be­deu­te­te ein Ar­beits­kampf ge­gen die F GmbH im­mer auch ei­nen un­mit­tel­ba­ren be­triebs­be­zo­ge­nen Ein­griff in de­ren Ge­wer­be­be­trieb, würde je­de ge­rings­te Fahrlässig­keit ei­ner Ge­werk­schaft - das Führen von Ar­beitskämp­fen ist bei meh­re­ren kom­ple­xen Re­ge­lungs­wer­ken in ei­ner Bran­che oh­ne­hin ge­fah­ren­ge­neigt – zum exis­ten­zi­el­len En­de die­ser Ge­werk­schaft führen und ei­ne Gefähr­dung der Funk­ti­onsfähig­keit der Ta­rif­au­to­no­mie dar­stel­len (Hess. LAG Ur­teil vom 27. Ju­ni 2013 – 9 Sa 1387/13 – Ju­ris; Re­vi­si­on ein­ge­legt un­ter dem Az. 1 AZR 875/13; Hess. LAG Ur­teil vom 25. April 2013 - 9 Sa 561/12 – Re­vi­si­on ein­ge­legt un­ter dem Az. 1 AZR 754/13). Kei­ne Aus­wir­kun­gen hätte die Be­streikung der Flug­lot­sen­ar­beitsplätze nur dann, wenn kein Flug­ver­kehr herrsch­te, z.B. zeit­wei­se bei Un­wet­tern oder orts­be­zo­gen bei Vul­kan­aus­brüchen. Die Ausführun­gen des Bun­des­ar­beits­ge­richts ( Ur­teil vom 19. Ju­ni 2007 – 1 AZR 396/06 – Ju­ris) zum Un­terstützungs­ar­beits­kampf sind hier nicht ein­schlägig, denn bei die­sem wird ge­zielt zum Streik im Be­trieb des vom Haupt­ar­beits­kampf nicht un­mit­tel­bar be­trof­fe­nen Ar­beit­ge­bers auf­ge­ru­fen, was ei­nen un­mit­tel­ba­ren Ein­griff in des­sen Ge­wer­be­be­trieb dar­stellt.

e. Et­was an­de­res er­gibt sich auch nicht aus den Ur­tei­len des Bun­des­ge­richts­hofs zum sog. „Flug­lot­sen­streik“ ( BGH Ur­teil vom 28. Febr. 1980 – III ZR 131/77 – BGHZ 76, 387 = Ju­ris; BGH Ur­teil vom 16. Ju­ni 1977 – III ZR 179/75 – AP Nr. 53 zu Art. 9 GG Ar­beits­kampf). Bei die­sem „Streik“, der kein von ei­ner Ge­werk­schaft ge­tra­ge­ner Streik, son­dern ein „go-sick“ oder „go-slow“ von Be­am­ten war, soll­te die Bun­des­re­gie­rung ziel­ge­rich­tet un­ter Druck ge­setzt wer­den, um den For­de­run­gen der Be­am­ten nach­zu­ge­ben. Die Ak­ti­on ist von vorn­her­ein ge­gen Un­be­tei­lig­te geführt wor­den. Der BGH hat aus­geführt, an­ders als bei ei­nem Streik in der Wirt­schaft ha­be sich die streikähn­li­che Ak­ti­on nicht ge­gen ein Be­triebs­po­ten­ti­al des Dienst­herrn, son­dern un­mit­tel­bar ge­gen die wirt­schaft­li­che Or­ga­ni­sa­ti­on ei­nes Drit­ten ge­rich­tet. Der BGH (28. Febr. 1980 a.a.O.) hat hier­in ei­ne ho­heit­li­che Maßnah­me zum Nach­teil von Ge­wer­be­trei­ben­den ge­se­hen. Im vor­lie­gen­den Fall ist je­doch kei­ne an­de­re Art der kol­lek­ti­ven Druck­ausübung wie gehäuf­te Krank­mel­dun­gen und Dienst nach Vor­schrift, al­so kei­ne amts­wid­ri­ge kol­lek­ti­ve Ver­wei­ge­rung ei­ner ge­ord­ne­ten Amtstätig­keit im Rah­men ei­nes ver­ab­re­de­ten Vor­ge­hens, zu be­ur­tei­len, son­dern ein ge­werk­schaft­li­cher Ar­beits­kampf. Die Über­tra­gung der zi­tier­ten BGH-Ent­schei­dun­gen auf Ar­beitskämp­fe in der Pri­vat­wirt­schaft ist in ko­ali­ti­ons­recht­li­cher Hin­sicht sys­tem­wid­rig (so auch aus­drück­lich Kis­sel Ar­beits­kampf­recht § 74 Rn. 9). Kis­sel (a.a.O.) ist zu­tref­fend der Auf­fas­sung, die Er­stre­ckung auf Dritt­be­trof­fe­ne könne aus der zu ent­schei­den­den Fra­ge des Amts­haf­tungs­rechts her­aus be­stimmt sein, für die pri­vat­recht­li­chen Be­zie­hun­gen müsse ei­ne sol­che Er­stre­ckung der Be­triebs­be­zo­gen­heit als sys­tem­wid­rig an­ge­se­hen wer­den, zu­mal die­se zu unüber­seh­ba­ren haf­tungs­recht­li­chen Fol­gen führ­te und ei­nen tie­fen Ein­griff in die Hand­lungs­frei­heit der den Ar­beits­kampf Führen­den dar­stell­te. Wie dar­ge­stellt war vor­lie­gend die Ziel­ge­richtet­heit und Wil­lens­rich­tung des Ar­beits­kamp­fes nicht ge­gen die Kläge­rin­nen zu 1) und 2) ge­rich­tet (auf wel­ches Un­ter­schei­dungs­kri­te­ri­um Czer­ny / Frie­ling Anm. zu LA­GE Art. 9 GG Ar­beits­kampf Nr. 92 a, Sei­te 34, als maßgeb­li­ches Un­ter­schei­dungs­kri­te­ri­um ab­stel­len).

f. Der Auf­fas­sung des Be­klag­ten, im Flug­ver­kehr ge­ge­be­ne Be­son­der­hei­ten und die en­ge funk­tio­na­le Ver­knüpfung be­ding­ten auch die Be­stim­mung der ob­jek­ti­ven Be­triebs­be­zo­gen­heit, kann nur in­so­weit ge­folgt wer­den, als im Luft­ver­kehr ei­ne be­son­de­re Ein­griffs­emp­find­lich­keit be­steht. Es ent­spricht all­ge­mei­ner Auf­fas­sung, dass Ar­beitskämp­fe im Be­reich des Luft­ver­kehrs nicht von vorn­her­ein aus­ge­schlos­sen sind (Hess. LAG Ur­teil vom 27. Ju­ni 2013 – 9 Sa 1387/13 – Ju­ris, Re­vi­si­on ein­ge­legt un­ter dem Az. 1 AZR 875/13; Hess. LAG Ur­teil vom 25. April 2013 - 9 Sa 561/12 – Re­vi­si­on ein­ge­legt un­ter dem Az. 1 AZR 754/13; Hess. LAG Ur­teil vom 22. Ju­li 2004 – 9 Sa­Ga 593/04 –AP Nr. 168 zu Art 9 GG Ar­beits­kampf = Ju­ris; LAG Ba­den-Würt­tem­berg Ur­teil vom 31. März 2009 – 2 Sa­Ga 1/09 – LA­GE Nr. 84 zu Art. 9 Ar­beits­kampf = Ju­ris, Bl. 372 ff. d. A.; ArbG Stutt­gart Be­schluss vom 2.März 2009 – 12 Ga 4/09 – Bl. 359 ff. d. A.; Löwisch, ZfA 1988, 137, Rieb­le, Gut­ach­ten Flug­si­che­rung S. 8). Ob­wohl ei­ne be­son­de­re Ein­griffs­emp­find­lich­keit des Luft­ver­kehrs be­steht (vgl. Hein­ze, FS 50 Jah­re BAG, 493 ff.; Rüthers, ZfA 1987, 1, 39, 42 ff.), hat das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt (BVerfGE 88, 103, 114) an­ge­nom­men, die Ko­ali­ti­ons­frei­heit sei auch den Ar­beit­neh­mern im öffent­li­chen Dienst gewähr­leis­tet, und zwar un­abhängig da­von, ob sie ho­heit­li­che oder an­de­re Auf­ga­ben erfüll­ten. Art. 33 Abs. 4 GG ste­he dem nicht ent­ge­gen. Er si­che­re die Kon­ti­nuität ho­heit­li­cher Funk­tio­nen des Staa­tes, in­dem er als Re­gel vor­se­he, dass ih­re Ausübung Be­am­ten über­tra­gen wer­de, ver­bie­te je­doch nicht ge­ne­rell, dafür auch Ar­beit­neh­mer ein­zu­set­zen. Da die­sen die be­son­de­ren Rech­te der Be­am­ten nicht zustünden, blie­ben sie dar­auf an­ge­wie­sen, ih­re Ar­beits­be­din­gun­gen auf der Ebe­ne von Ta­rif­verträgen aus­zu­han­deln. We­gen ih­rer Un­ter­le­gen­heit sei­en sie da­bei auch auf das Druck­mit­tel des Ar­beits­kamp­fes an­ge­wie­sen. So­weit der Staat von der Möglich­keit Ge­brauch ma­che, Ar­beits­kräfte auf pri­vat­recht­li­cher Ba­sis als Ar­beit­neh­mer zu beschäfti­gen, un­ter­lie­ge er dem Ar­beits­recht, des­sen not­wen­di­ger Be­stand­teil ei­ne kol­lek­ti­ve In­ter­es­sen­wahr­neh­mung sei. Ein po­li­ti­scher Hand­lungs­zwang durch ei­nen streik­be­ding­ten Still­stand des Luft­ver­kehrs ist al­so nicht auf dem Weg über das Ar­beits­kampf­recht zu bewälti­gen, son­dern kann al­len­falls zu ei­ner ge­setz­li­chen Re­ge­lung führen. Streiks in der Luft­fahrt sind we­der un­ter dem Ge­sichts­punkt des Ver­bots des Ver­nich­tungs­streiks noch dem des Ver­bots von Ge­mein­wohlschädi­gun­gen von vorn­her­ein un­verhält­nismäßig (Hess. LAG Ur­teil vom 27. Ju­ni 2013 – 9 Sa 1387/13 – Ju­ris, Re­vi­si­on ein­ge­legt un­ter dem Az. 1 AZR 875/13; Hess. LAG Ur­teil vom 25. April 2013 - 9 Sa 561/12 – Re­vi­si­on ein­ge­legt un­ter dem Az. 1 AZR 754/13; Hess. LAG Ur­teil vom 22. Ju­li 2004 – 9 Sa­Ga 593/04 –AP Nr. 168 zu Art 9 GG Ar­beits­kampf = Ju­ris; Löwisch, ZfA 1988,1, 148, 155). Da­von, dass Ar­beitskämp­fe im Be­reich der Flug­si­che­rung möglich und zulässig sind, ist der Ge­setz­ge­ber im Rah­men der Pri­va­ti­sie­rung der Flug­si­che­rung aus­ge­gan­gen, ob­wohl die F GmbH für den Bund nach § 27 c Abs. 2 Luft­VG die Luft­ver­kehrs­kon­trol­le ausübt und da­bei ho­heit­li­che Auf­ga­ben der Luft­ver­kehrs­ver­wal­tung wahr­nimmt. Dies be­legt be­reits der Um­stand, dass in der Rah­men­ver­ein­ba­rung zwi­schen der Bun­des­re­pu­blik und der Flug­si­che­rung für den Fall von Ar­beitskämp­fen ein Not­dienst vor­ge­schrie­ben ist. Der Ein­griff­s­in­ten­sität hat der Be­klag­te mit der der Kläge­rin zu 3) und der F GmbH mit­ge­teil­ten Be­reit­schaft, Not­dien­st­ar­bei­ten zu leis­ten, und hin­sicht­lich des an­gekündig­ten Un­terstützungs­streiks mit der auf we­ni­ge St­un­den be­fris­te­ten Ar­beits­nie­der­le­gung Rech­nung ge­tra­gen.

g. Es geht bei der Strei­kankündi­gung nicht um ei­ne Be­triebs­blo­cka­de (vgl. BAG Ur­teil vom 8. Nov. 1988 – 1 AZR 471/86 – BA­GE 60, 101 = AP Nr. 111 zu Art. 9 GG Ar­beits­kampf; eben­so Czer­ny / Frie­ling Anm. zu LA­GE Art. 9 GG Ar­beits­kampf Nr. 92 a, Sei­te 35). Der BGH ( Ur­teil vom 4. Nov. 1997 – VI ZR 348/96 – BGHZ 137, 89 = Ju­ris) hat zwar in der zweitägi­gen Blo­cka­de des Ein­sat­zes von Bau­ma­schi­nen durch ei­ne Pro­test­de­mons­tra­ti­on ge­gen Er­sch­ließungs­maßnah­men ei­nen schuld­haf­ten Ein­griff in den be­rech­tig­ten Be­sitz des Bau­un­ter­neh­mens an den Bau­ma­schi­nen ge­se­hen. Blo­cka­den im Sin­ne ei­nes Streik­ex­zes­ses können z.B. die Ab­sper­rung des Be­trie­bes von Ar­beits­wil­li­gen, Zu­lie­fe­rern, Aus­fah­rern und Kun­den sein oder die Blo­cka­de von Be­triebs­mit­teln ( BAG Ur­teil vom 8. Nov. 1988 – 1 AZR 417/86 – BA­GE 60, 101 = AP Nr. 111 zu Art. 9 GG Ar­beits­kampf). Auch in der Blo­cka­de des Kas­sen­be­reichs ei­nes Kauf­hau­ses durch das ko­or­di­nier­te Ein­kau­fen von Ar­ti­keln von ge­rin­gem Wert hat das BAG ( Ur­teil vom 22. Sept. 2009 – 1 AZR 972/08 – BA­GE 132, 140 = AP Nr. 174 zu Art. 9 GG Ar­beits­kampf) kei­ne Be­triebs­blo­cka­de ge­se­hen, weil die Ein­zel­han­dels­fi­lia­len nicht ge­genüber Kun­den und Lie­fe­ran­ten ab­ge­sperrt würden. Die sog. Flashmo­bak­tio­nen sei­en ty­pi­scher­wei­se nicht auf ei­ne nach­hal­ti­ge Ab­sper­rung des ge­sam­ten Be­trie­bes ge­rich­tet ge­we­sen. Ei­ne Be­triebs­blo­cka­de geht über die Ar­beits­ver­wei­ge­rung durch Streik hin­aus und kann schon gar nicht auf­grund ei­ner nicht um­ge­setz­ten Strei­kankündi­gung an­ge­nom­men wer­den.

2. Die Kläge­rin­nen zu 1) und 2) ha­ben – wie das Ar­beits­ge­richt zu­tref­fend er­kannt hat und auf des­sen Be­gründung ergänzend ver­wie­sen wird - kei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch aus § 826 BGB . Der Be­klag­te hat den Kläge­rin­nen zu 1) und 2) nicht in ei­ner ge­gen die gu­ten Sit­ten ver­s­toßen­den Wei­se vorsätz­lich Scha­den zu­gefügt. Vor­aus­set­zung für ei­ne sit­ten­wid­ri­ge vorsätz­li­che Schädi­gung wäre die Über­schrei­tung der Ver­hal­tens­vor­ga­ben ei­nes rechts­ethi­schen Mi­ni­mums. Maßnah­men im Ar­beits­kampf können nur bei Hin­zu­tre­ten be­son­de­rer Umstände sit­ten­wid­rig sein. Nicht je­der rechts­wid­ri­ge Ar­beits­kampf ist sit­ten­wid­rig. Auch wenn der Be­klag­te bei sei­nen Ta­rif­for­de­run­gen in ei­ni­gen we­ni­gen Ta­rif­klau­seln die Frie­dens­pflicht über­se­hen hat, ist dies kei­ne Hand­lung in vorsätz­li­cher und sit­ten­wid­ri­ger Schädi­gungs­ab­sicht. Dafür sind kei­ne An­halts­punk­te er­sicht­lich (vgl. BAG Be­schluss vom 19. Nov. 1985 - 1 ABR 37/83 - AP Nr. 4 zu § 2 TVG Ta­rif­zuständig­keit = Ju­ris; eben­so Czer­ny / Frie­ling Anm. zu LA­GE Art. 9 GG Ar­beits­kampf Nr. 92 a, Sei­te 48). Ein Streik ist auf­grund sei­ner ver­fas­sungs­recht­li­chen Ver­an­ke­rung in Art. 9 Abs. 3 GG nämlich nur sit­ten­wid­rig, wenn er evi­dent un­verhält­nismäßig ist oder Zwe­cke ver­folgt wer­den, die of­fen­kun­dig nicht dem Kom­pe­tenz­be­reich der Ta­rif­ver­trags­par­tei­en un­ter­fal­len ( BAG Ur­teil vom 22. Sept. 2009 - 1 AZR 972/08 - AP Nr. 174 zu Art. 9 GG Ar­beits­kampf = Ju­ris; Hess. LAG Ur­teil vom 27. Ju­ni 2013 – 9 Sa 1387/13 – Ju­ris, Re­vi­si­on ein­ge­legt un­ter dem Az. 1 AZR 875/13; Hess. LAG Ur­teil vom 25. April 2013 - 9 Sa 561/12 – Re­vi­si­on ein­ge­legt un­ter dem Az. 1 AZR 754/13). Die Ar­beits­kampf­maßnah­men sind vor­lie­gend weit da­von ent­fernt, dem Ver­dikt der Sit­ten­wid­rig­keit zu un­ter­lie­gen.

3. Scha­dens­er­satz­ansprüche der Kläge­rin­nen zu 1) und 2) aus § 280 Abs. 1 BGB we­gen Ver­let­zung der Frie­dens­pflicht be­ste­hen – wie das Ar­beits­ge­richt zu­tref­fend ent­schie­den hat und auf des­sen Be­gründung ergänzend ver­wie­sen wird (eben­so Hess. Hess. LAG Ur­teil vom 27. Ju­ni 2013 – 9 Sa 1387/13 – Ju­ris, Re­vi­si­on ein­ge­legt un­ter dem Az. 1 AZR 875/13; LAG Ur­teil vom 25. April 2013 - 9 Sa 561/12 – Re­vi­si­on ein­ge­legt un­ter dem Az. 1 AZR 754/13; Czer­ny / Frie­ling Anm. zu LA­GE Art. 9 GG Ar­beits­kampf Nr. 92 a, Sei­te 48) - schon des­halb nicht, weil die re­la­ti­ve Frie­dens­pflicht vom Schutz­be­reich her nicht die Kläge­rin­nen zu 1) und 2) er­fasst. Der Ta­rif­ver­trag ist ein Ver­trag zu­guns­ten Drit­ter im Sin­ne des § 328 BGB al­lein in An­se­hung der Mit­glie­der der Ta­rif­ver­trags­par­tei­en, nicht zu­guns­ten der Kun­den von Un­ter­neh­men. Die­se sind kei­ne Außen­sei­ter im Sin­ne der Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts vom 29. Nov. 1967 – (GS 1/67 – AP Nr. 13 zu Art. 9 GG). Die Frie­dens­pflicht wird al­lein schuld­recht­lich zwi­schen den ta­rif­ver­trags­sch­ließen­den Par­tei­en ver­mit­telt. Sie ha­ben Fürsor­ge­pflich­ten al­lein ge­genüber ih­ren Mit­glie­dern, nicht aber ge­genüber außen­ste­hen­den Drit­ten. Das lie­fe auf ei­ne Ge­mein­wohl­ver­pflich­tung hin­aus.

III. Die Be­ru­fung der Kläge­rin zu 3) ist eben­falls un­be­gründet, weil ih­re Kla­ge nicht be­gründet ist, dies, ob­wohl der Ein­griff in ih­ren ein­ge­rich­te­ten und aus­geübten Ge­wer­be­be­trieb sei­tens des Be­klag­ten rechts­wid­rig war, da er die sich aus dem Lan­des­be­zirks­ta­rif­ver­trag Nr. 32/2007 er­ge­ben­de (re­la­ti­ve) Frie­dens­pflicht ver­letzt hat.

1 a) Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Kläge­rin­nen war ei­ne Teilkündi­gung, wie sie vom Be­klag­ten mit Schrei­ben vom 29. Ju­ni 2011 (An­la­gen K 4 und B 1-3)) ge­genüber der Kläge­rin zu 3) und dem KAV Hes­sen aus­ge­spro­chen wur­de, zulässig. Ei­ne Teilkündi­gung ei­nes Ta­rif­ver­trags ist recht­lich zulässig, wenn dies im Ta­rif­ver­trag ver­ein­bart ist. Nach Auf­fas­sung des Bun­des­ar­beits­ge­richts ist ei­ne Teilkündi­gung von Ta­rif­verträgen „je­den­falls dann” un­be­denk­lich zulässig, wenn sich ei­ne ent­spre­chen­de Ver­ein­ba­rung in dem be­tref­fen­den Ta­rif­ver­trag be­fin­det und aus ihr mit der ge­bo­te­nen Klar­heit her­vor­geht, auf wel­che kon­kre­ten Be­stim­mun­gen oder Tei­le des je­wei­li­gen Ta­rif­ver­trags sich die Möglich­keit der Teilkündi­gung be­zie­hen soll ( BAG vom 3. De­zem­ber 1985 – 4 ABR 7/85 – EzA § 1 TVG Aus­le­gung Nr. 16 = Ju­ris; BAG vom 16. Au­gust 1990 – 8 AZR 439/89 – EzA § 4 TVG Nach­wir­kung Nr. 9 = Ju­ris). § 12 Abs. 1 des Lan­des­be­zirks­ta­rif­ver­tra­ges Nr. 32/2007 lässt ei­ne Teilkündi­gung aus­drück­lich zu.

Es er­gibt sich bei der für schuld­recht­li­che Be­stim­mun­gen von Ta­rif­verträgen – und um ei­ne sol­che han­delt es sich bei § 12 Abs. 1 des Lan­des­be­zirks­ta­rif­ver­tra­ges Nr. 32/2007 – ge­bo­te­nen Aus­le­gung gemäß §§ 133 , 157 BGB mit hin­rei­chen­der Klar­heit, auf wel­che Tei­le oder kon­kre­ten Be­stim­mun­gen sich die Möglich­keit der Teilkündi­gung be­zieht, nämlich auf die „Ver­ein­ba­rung im Übri­gen“, al­so auf al­le ta­rif­li­chen Nor­men und schuld­recht­li­chen Ver­ein­ba­run­gen außer­halb der ver­blei­ben­den §§ 5 bis 8. Nach dem Wort­laut des § 12 Abs. 1 sol­len die §§ 5 bis 8 des Ta­rif­ver­tra­ges erst­mals zum En­de 2017 künd­bar sein und im Übri­gen soll der Ta­rif­ver­trag be­reits zum En­de 2011 künd­bar sein. Die Möglich­keit zur Teilkündi­gung be­zieht sich nach dem er­kenn­bar ge­woll­ten Sinn und Zweck der Teilkündi­gungs­re­ge­lung, wie ihn die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en in § 12 Abs. 1 zum Aus­druck ge­bracht ha­ben, selbst­re­dend nur auf die ma­te­ri­el­len Ar­beits­be­din­gun­gen in den §§ 3, 4 und 9 und nicht auf die pro­gram­ma­ti­schen Aus­sa­gen in der Präam­bel und die Gel­tungs­be­din­gun­gen, oh­ne die der Ta­rif­ver­trag sonst für die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en nicht mehr sinn­voll an­wend­bar wäre. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Vor­in­stanz ist dies der ge­sam­te § 1 Abs. 1 und 2, denn oh­ne De­fi­ni­ti­on des Gel­tungs­be­reichs kann der Ta­rif­ver­trag in funk­tio­nal-or­ga­ni­sa­to­ri­scher und per­so­nel­ler Hin­sicht nicht mehr an­ge­wen­det wer­den. Es kann bei Aus­le­gung der Kündi­gungs­klau­sel auch nicht da­von aus­ge­gan­gen wer­den, dass die Re­ge­lung in § 2 über die Grund­la­gen der Son­der­re­ge­lung Apron Con­trol künd­bar sein soll­te und der Be­klag­te die­se kündi­gen woll­te, denn da­mit würde dem Ta­rif­ver­trag ins­ge­samt die Grund­la­ge ent­zo­gen. § 10 kann eben­falls nicht gekündigt wer­den, denn die Re­ge­lung ist un­trenn­bar ver­knüpft mit der Lauf­zeit der ta­rif­ver­trag­li­chen Re­ge­lung in §§ 5 bis 8. § 11 ist in­fol­ge Erfüllung er­le­digt. Den­knot­wen­dig kann auch § 12 Abs. 1 nicht von ei­ner Teilkündi­gung er­fasst wer­den, den er re­gelt die Lauf­zeit der nicht zum 31. Dez. 2011 künd­ba­ren Re­ge­lun­gen bis min­des­tens 31. Dez. 2017. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Vor­in­stanz kann § 12 Abs. 2 des Ta­rif­ver­tra­ges durch die zu­ge­las­se­ne Teilkündi­gung nur par­ti­ell in Weg­fall ge­ra­ten, nämlich so­weit die Re­ge­lungs­ge­genstände in den §§ 3, 4 und 9 durch die Teilkündi­gung er­fasst wa­ren. So­weit der Ta­rif­ver­trag in den §§ 5 bis 8 un­gekündig­te Re­ge­lun­gen enthält, ist kein vernünf­ti­ger Grund er­sicht­lich, war­um in­so­weit § 12 Abs. 2 nicht mehr gel­ten soll. Die Re­ge­lun­gen über das Zeit­wert­kon­to in § 5, die Un­terstützung bei vor­ge­zo­ge­nem Ren­ten­ein­tritt in § 6, der Be­las­tungs­aus­gleich in § 7 und die Beschäfti­gungs­si­che­rung in § 8 sind min­des­tens bis zum 31. Dez. 2017 ab­sch­ließend. Wenn es in § 12 Abs. 2 Satz 2 heißt, dass Sach­ver­hal­te außer­halb der im Lan­des­be­zirks­ver­trag Nr. 32/2007 be­han­del­ten Re­ge­lungs­in­hal­te von der Frie­dens­pflicht der Ver­ein­ba­rung er­fasst wer­den, be­zieht sich das selbst­re­dend nur auf die­je­ni­gen Sach­ver­hal­te, die mit den Re­ge­lun­gen in §§ 5 bis 8 in ei­nem in­ne­ren sach­li­chen Zu­sam­men­hang ste­hen und nicht auf je­den Sach­ver­halt außer­halb des Ta­rif­ver­tra­ges, der mit die­sen Re­ge­lun­gen nichts zu tun hat. Die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en woll­ten mit der Re­ge­lung in § 12 Abs. 2 Satz 2 mit Si­cher­heit kei­ne ge­son­der­te ab­so­lu­te Frie­dens­pflicht für al­le Ta­rif­ver­ein­ba­run­gen wie Ge­halts­ta­rif­verträge, Man­tel­ta­rif­verträge usw. schaf­fen, son­dern nur für Re­ge­lun­gen im Be­reich Apron Con­trol für die B AG, d.h. dem Gel­tungs­be­reich in § 1, über ein Zeit­wert­kon­to, die Un­terstützung bei vor­ge­zo­ge­nem Ren­ten­ein­tritt, Be­las­tungs­aus­gleich und die Beschäfti­gungs­si­che­rung bei ge­sund­heit­li­chen Ein­schränkun­gen.

b. Ent­ge­gen der von den Kläge­rin­nen ver­tre­te­nen An­sicht ent­fal­te­te die Teilkündi­gung be­reits mit ih­rem Zu­gang per E-Mail am 30. Ju­ni 2011 Wir­kung zum 31. De­zem­ber 2011, da es ei­ner Schrift­form i.S.d. § 126 BGB nicht be­durf­te. Denn we­gen des ein­deu­ti­gen Wort­lauts von § 1 Abs. 2 TVG , der le­dig­lich für den Ab­schluss ei­nes Ta­rif­ver­tra­ges ein Schrift­form­ge­bot auf­stellt, und man­gels ei­ner ent­spre­chen­den ge­setz­li­chen Re­ge­lung für Kündi­gun­gen be­darf die Kündi­gung vor­be­halt­lich an­de­rer Ab­re­den im Ta­rif­ver­trag selbst, die es vor­lie­gend nicht gibt, nicht der Schrift­form (vgl. Fran­zen in: ErfK § 1 TVG Rn. 32 m.w.N.).

2 a. Der Be­klag­te hat mit dem Streik un­ter an­de­rem Ta­rif­zie­le durch­zu­set­zen ver­sucht, die in ei­nem sol­chen sach­li­chen, in­ne­ren Zu­sam­men­hang mit Re­ge­lun­gen ste­hen, die be­reits in dem Lan­des­be­zirks­ta­rif­ver­trag Nr. 32/2007 ab­sch­ließend zwi­schen den Ta­rif­par­tei­en ge­re­gelt wa­ren. Die sach­li­che Reich­wei­te der Frie­dens­pflicht ist durch Aus­le­gung der ta­rif­li­chen Re­ge­lun­gen zu er­mit­teln ( BAG vom 10. De­zem­ber 2002 – 1 AZR 96/02 – EzA Art 9 GG Ar­beits­kampf Nr. 134 m.w.N.). Ha­ben die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en ei­ne be­stimm­te Sach­ma­te­rie er­kenn­bar um­fas­send ge­re­gelt, ist da­von aus­zu­ge­hen, dass sie die­sen Be­reich der Frie­dens­pflicht un­ter­wer­fen und für die Lauf­zeit des Ta­rif­ver­trags die kampf­wei­se Durch­set­zung wei­te­rer Re­ge­lun­gen un­ter­bin­den wol­len, die in ei­nem sach­li­chen, in­ne­ren Zu­sam­men­hang mit dem be­frie­de­ten Be­reich ste­hen ( BAG vom 10. De­zem­ber 2002 – 1 AZR 96/02 – NZA 2003, 734 m.w.N.).

b. Der Be­klag­te woll­te mit dem Streik ge­gen die Kläge­rin zu 3) die in dem Sch­lich­tungs­vor­schlag vom 3. Fe­bru­ar 2012 (An­la­ge K 5 im An­la­gen­ord­ner zur Kla­ge­schrift) vor­ge­schla­ge­nen Ta­rif­be­stim­mun­gen durch­set­zen. In die­sem vor­ge­schla­ge­nen Ta­rif­werk fin­den sich nun aber mit den §§ 18 Abs. 8 und 49 auch sol­che Re­ge­lun­gen, die mit den un­gekündig­ten Re­ge­lun­gen aus dem Lan­des­be­zirks­ta­rif­ver­trag in ei­nem sach­li­chen, in­ne­ren Zu­sam­men­hang ste­hen und von die­sem ab­wei­chen.

§ 8 des Lan­des­be­zirks­ta­rif­ver­tra­ges re­gelt – wie das Ar­beits­ge­richt zu­tref­fend aus­geführt hat - den fi­nan­zi­el­len Aus­gleich für sol­che Mit­ar­bei­ter, die aus ge­sund­heit­li­chen Gründen nicht mehr auf ei­nem gleich­wer­ti­gen Ar­beits­platz ein­ge­setzt wer­den können. Die Dif­fe­renz zwi­schen den bis­he­ri­gen Mo­nats­bezügen und den künf­ti­gen soll da­nach ge­staf­felt nach der Be­triebs­zu­gehörig­keit ab­ge­si­chert wer­den. § 18 Abs. 8 des Sch­lich­tungs­vor­schlags enthält eben­falls ei­ne Re­ge­lung über die Beschäfti­gung auf ei­nem nicht gleich­wer­ti­gen Ar­beits­platz und sieht ei­nen nicht nach Beschäfti­gungs­dau­er ge­staf­fel­ten Aus­gleich der Ent­gelt­dif­fe­renz vor. Zwar re­gelt § 18 Abs. 8 le­dig­lich die Fol­gen ei­nes Ar­beits­un­falls, gleich­wohl über­schnei­det sich die­se Re­ge­lung hin­sicht­lich der Adres­sa­ten­krei­se mit der­je­ni­gen in § 8 des Lan­des­be­zirks­ta­rif­ver­tra­ges. Die­se Nor­men die­nen dem glei­chen Zweck, nämlich der so­zia­len Ab­si­che­rung von Mit­ar­bei­tern, die aus ge­sund­heit­li­chen Gründen ei­ne ge­ring­wer­ti­ge­re Tätig­keit ausüben müssen. An­ders als in § 8 des Lan­des­be­zirks­ta­rif­ver­tra­ges erhält ein Ar­beit­neh­mer in der Vor­feld­auf­sicht nach ei­nem Ar­beits­un­fall, in­fol­ge­des­sen er nur noch auf ei­nem ge­ring­wer­ti­ge­ren Ar­beits­platz ein­ge­setzt wer­den kann, die Dif­fe­renz zwi­schen den bis­he­ri­gen und den künf­ti­gen Mo­nats­bezügen in­ner­halb von 5 Jah­ren gleichmäßig ab­ge­senkt auf 80 %. Nach § 18 Abs. 8 des Sch­lich­tungs­vor­schlags er­hiel­te die­ser Ar­beit­neh­mer da­ge­gen ei­nen vollständi­gen und un­be­fris­te­ten Ent­gelt­aus­gleich. Wenn aus ei­ner be­reits ab­sch­ließend ge­re­gel­ten Ma­te­rie ein Teil­be­reich her­aus­ge­nom­men und ei­ner ei­genständi­gen Re­ge­lung un­ter­wor­fen wer­den soll, die zu wirt­schaft­li­chen Mehr­be­las­tun­gen für die Ar­beit­ge­be­rin führen kann, so ist ein aus­rei­chen­der sach­li­cher, in­ne­rer Zu­sam­men­hang in dem o.g. Sinn ge­ge­ben.

Glei­ches gilt für § 7 des Lan­des­be­zirks­ta­rif­ver­tra­ges Nr. 32/2007. Dar­in fin­det sich ei­ne ab­sch­ließen­de Re­ge­lung über ei­nen Be­las­tungs­aus­gleich. Da­nach be­steht für langjährig Beschäftig­te im Be­reich „Apron Con­trol“ als Er­ho­lungs- und auch Präven­ti­ons­maßnah­me ein An­spruch auf Re­ge­ne­ra­ti­ons­ku­ren. Dem­ge­genüber er­gibt sich aus § 49 des von dem Be­klag­ten ge­for­der­ten Ta­rif­werks, dass darüber hin­aus zur „Ent­las­tung älte­rer Mit­ar­bei­ter“ ein An­spruch auf ei­nen Wech­sel aus der Wech­sel­schicht in den Schicht­dienst be­steht, wenn Apron-Con­trol­ler 25 Jah­re im Wech­sel­schicht­dienst ge­ar­bei­tet ha­ben. Bei­de Nor­men die­nen dem Ge­sund­heits­schutz langjähri­ger Mit­ar­bei­ter im Be­reich Apron Con­trol durch Re­du­zie­rung von Be­las­tun­gen und ste­hen da­mit in ei­nem aus­rei­chen­den sach­li­chen, in­ne­ren Zu­sam­men­hang.

c. Der Rechts­wid­rig­keit des Haupt­streiks steht nicht ent­ge­gen, dass der Bun­des­vor­sit­zen­de des Be­klag­ten im Ter­min zur münd­li­chen Ver­hand­lung in dem Ver­fah­ren 9 Ga 24/12 am 29. Fe­bru­ar 2012 zu Pro­to­koll erklärte, dass an den o.g. Ta­rif­for­de­run­gen nicht mehr fest­ge­hal­ten wer­de. Dies lässt die Rechts­wid­rig­keit des Haupt­streiks nach Be­ginn der Streiks nicht rück­wir­kend ent­fal­len. Auf die Ausführun­gen des Ar­beits­ge­richts wird Be­zug ge­nom­men.

d. Der Be­klag­te hätte den Ver­s­toß ge­gen die Frie­dens­pflicht bei An­wen­dung der ihm ab­zu­ver­lan­gen­den Sorg­falt her­vor­se­hen und ver­mei­den können, hat al­so fahrlässig ge­han­delt. Ver­schul­den im Sin­ne von § 823 Abs. 1 BGB setzt ein vorsätz­li­ches oder fahrlässi­ges Ver­hal­ten vor­aus. Zwar ist nicht je­des evtl. rechts­wid­ri­ge Ver­hal­ten ei­ner Ko­ali­ti­on bei der Wah­rung und Förde­rung von Wirt­schafts­be­din­gun­gen im Rah­men des Art. 9 Abs. 3 GG zu­gleich als schuld­haft zu be­wer­ten, weil hier­durch un­zu­mut­ba­re Haf­tungs­ri­si­ken entstünden. Das Bun­des­ar­beits­ge­richt ( Ur­teil vom 21. März 1978 – 1 AZR 11/76 – BA­GE 30, 189 = AP Nr. 62 zu Art. 9 GG Ar­beits­kampf) hat an­ge­nom­men, die Ent­wick­lung des so­zia­len Le­bens im Be­reich der abhängi­gen Ar­beit wäre un­an­ge­mes­sen be­hin­dert und ge­hemmt, woll­te man je­de Ri­si­koüber­nah­me auf die­sem Ge­biet als Schuld wer­ten und da­durch mit er­heb­li­chen Haf­tungs­ri­si­ken be­las­ten. Vor ei­nem Streik mit sei­nen vielfälti­gen Aus­wir­kun­gen hat die Ge­werk­schaft ih­re Streik­zie­le sorgfältig zu prüfen. Bei Zwei­feln über de­ren Rechtmäßig­keit darf sie von ih­rem Streik­recht nur in maßvol­lem Rah­men Ge­brauch ma­chen ( BAG Ur­teil vom 19. Ju­ni 2012 – 1 AZR 775/10 – AP Nr. 177 zu Art. 9 GG Ar­beits­kampf). Al­ler­dings liegt das Ver­schul­den des Be­klag­ten hier im Be­reich leich­tes­ter Fahrlässig­keit. Er hat das Pro­blem er­kannt, aber recht­lich un­rich­tig ver­or­tet. Er hat mit Schrei­ben vom 15. Febr. 2012 an die Kläge­rin zu 3) (An­la­ge B 3 An­la­gen­band) vor Streik­be­ginn ver­sucht, die Lauf­zeit für die Re­ge­lun­gen, die im Sch­lich­ter­spruch „aus rein tech­ni­schen Gründen aus den wei­ter­hin un­gekündig­ten Ta­rif­verträgen zwi­schen den Par­tei­en über­nom­men wur­den“ un­an­ge­tas­tet zu las­sen. Im Hin­blick auf die­se Re­ge­lun­gen soll­te es bei der­je­ni­gen Lauf­zeit blei­ben, die sich aus den un­gekündig­ten Ta­rif­verträgen er­gibt. Ent­ge­gen die­sem Hin­weis hat dann der Be­klag­te mit sei­ner Ta­rif­for­de­rung die­se Re­ge­lun­gen teil­wei­se zu mo­di­fi­zie­ren ver­sucht.

e. Die­ser leich­tes­ten Fahrlässig­keit steht ein er­heb­li­ches Mit­ver­schul­den der Kläge­rin zu 3) ge­genüber. Ei­ne Er­satz­pflicht für rechts­wid­ri­ges Han­deln tritt gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht ein, wenn der Ver­letz­te es vorsätz­lich oder fahrlässig un­ter­las­sen hat, den Scha­den durch den Ge­brauch ei­nes Rechts­be­helfs ge­gen das als rechts­wid­rig be­an­stan­de­te Ver­hal­ten ab­zu­wen­den. Es be­steht in­so­weit kein Recht des Be­trof­fe­nen, frei zu wählen, ob er den Ein­tritt des Scha­dens ver­hin­dert oder ob er den Scha­den zunächst hin­nimmt und dann Scha­dens­er­satz gel­tend macht ( BVerwG Ur­teil vom 18. April 2002 – 2 C 19.01 – NVwZ-RR 2002, 60; OVG Meck­len­burg-Vor­pom­mern Ur­teil vom 27. Nov. 2002 – 2 L 90/01 – NJW 2003, 246 = Ju­ris; VG Köln Ur­teil vom 31. Ju­li 2006 – 19 K 6293/04 - Ju­ris). So ist es im öffent­li­chen Recht an­er­kannt, dass ei­ne Scha­dens­tei­lung in die­sen Fällen nicht in Be­tracht kommt, da der Geschädig­te in so ho­hem Maße zur Scha­dens­ent­ste­hung beiträgt, dass er die ver­meid­ba­ren Nach­tei­le nicht er­setzt ver­lan­gen kann. In An­wen­dung die­ser Rechts­grundsätze kom­men Scha­dens­er­satz­ansprüche für die Zeit bis ein­sch­ließlich 27. Febr. 2012 nicht in Be­tracht. Die Kläge­rin zu 3) hat vom 16. Febr. 2012 an trotz nach ih­rer An­sicht für den Be­klag­ten – al­so den­knot­wen­dig auch für sie - klar er­kenn­ba­rer Rechts­wid­rig­keit und außer­gewöhn­lich ho­her Schäden die Streik­fol­gen durch den Ein­satz von Er­satz­per­so­nal ab­ge­mil­dert und im Übri­gen den Streik „aus­ge­ses­sen“– bei­des wird als Kampf­mit­tel des Ar­beit­ge­bers an­ge­se­hen (et­wa Däubler/Wol­ter, Ar­beits­kampf­recht, 3. Aufl., Kap. 21 Rz. 157; Ot­to Ar­beits­kampf- und Sch­lich­tungs­recht § 1 Rz. 25, 45; ErK-Die­te­rich/Lin­sen­mei­er Art. 9 GG Rz. 213, 215; Kis­sel Ar­beits­kampf­recht § 42 Rz. 117) – und zu­ge­war­tet, bis die be­haup­te­ten Schäden sich bis an die Fünf­mil­lio­nen­eu­ro­gren­ze auf­ge­baut ha­ben, um dann erst am 28. Febr. 2012 ei­ne einst­wei­li­ge Verfügung zu be­an­tra­gen, die sie we­gen des Streiks der Vor­feld­kon­trol­le am nächs­ten Tag be­kom­men hat. Das ist ein vor­her­seh­ba­rer und ver­meid­ba­rer Ver­s­toß ge­gen die Scha­dens­min­de­rungs­pflicht gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB , denn es ist all­ge­mein be­kannt, dass bei dem Ar­beits­ge­richt Frank­furt am Main einst­wei­li­ge Verfügun­gen in Ar­beits­kampf­sa­chen in der Re­gel am sel­ben oder nächs­ten Tag er­ge­hen können und auch schon zwei In­stan­zen an ei­nem Tag be­werk­stel­ligt wor­den sind. Wenn der Kläge­rin zu 3) in­des­sen dar­an ge­le­gen war, ein auskömmli­ches Ver­hand­lungs­kli­ma oh­ne Be­las­tung durch ar­beits­ge­richt­li­che Aus­ein­an­der­set­zun­gen zu pfle­gen, dann nimmt sie auch die durch die verzöger­te In­an­spruch­nah­me von ge­richt­li­chem Rechts­schutz ein­ge­tre­te­nen Schäden in Kauf.

3 a. Un­abhängig da­von kann der Be­klag­te sich mit Er­folg auf den Ein­wand des rechtmäßigen Al­ter­na­tiv­ver­hal­tens be­ru­fen. Die­ser Ein­wand ist be­gründet, wenn das vom Schädi­ger zu ver­ant­wor­ten­de Ver­hal­ten für den Scha­den kau­sal ge­wor­den ist, der auch bei ei­nem rechtmäßigen Ver­hal­ten ein­ge­tre­ten wäre. Die­ses Rechts­in­sti­tut ent­spricht der höchst­rich­ter­li­chen Recht­spre­chung im Zi­vil- und Ar­beits­recht und kann auch bei Scha­dens­er­satz­ansprüchen, die auf die Be­haup­tung ei­nes rechts­wid­ri­gen Ar­beits­kamp­fes gestützt wer­den, zur An­wen­dung kom­men. Der Ein­wand kann für die Zu­rech­nung ei­nes Scha­dens­er­fol­ges be­acht­lich sein, sei­ne Er­heb­lich­keit rich­tet sich nach dem Schutz­zweck der ver­letz­ten Norm ( BGH Ur­teil vom 9. März 2012 – V ZR 156/11 – NJW 2012, 2022 = Ju­ris). Der Ein­wand war Ge­gen­stand der Recht­spre­chung bei­spiels­wei­se im Fal­le der Falsch­be­ra­tung durch ei­nen Steu­er­be­ra­ter ( BGH Ur­teil vom 14. Ju­ni 2012 – IX ZR 199/11 – Ju­ris), der Nich­terfüllung ei­nes Kauf­ver­tra­ges ( BGH Ur­teil vom 9. März 2012 – V ZR 156/11 – NJW 2012, 2022 = Ju­ris), der Arzt­haf­tung bei ärzt­li­chen Kunst­feh­lern ( BGH Ur­teil vom 7. Febr. 2012 – VI ZR 63/11 – NJW 2012, 850 = Ju­ris; BGH Ur­teil vom 5. April 2005 – VI ZR 216/03 – NJW 2005, 2072 = Ju­ris), der Haf­tung für feh­ler­haf­te Aus­schrei­bungs­ver­fah­ren ( BGH Ur­teil vom 25. Nov. 1992 – VIII ZR 170/91 – NJW 1993, 520 = Ju­ris), In­se­rie­rungs­kos­ten des Ar­beit­ge­bers nach ei­ner ver­trags­wid­ri­gen Kündi­gung des Ar­beit­neh­mers, wenn fest­steht, dass der Ar­beit­neh­mer das Ar­beits­verhält­nis in je­dem Fall zum erstmögli­chen Ter­min gekündigt hätte ( BAG Ur­teil vom 14. Nov. 1975 – 5 AZR 534/74 – NJW 1976, 644 = Ju­ris), in frühe­ren Ent­schei­dun­gen des Bun­des­ar­beits­ge­richts auch bei rechts­wid­ri­gen Streiks (BAG Ur­teil vom 31. Okt.1958 – 1 AZR 632/57 – AP Nr. 2 § 1 TVG Frie­dens­pflicht = Ju­ris; BAG Ur­teil vom 8. Febr. 1957 – 1 AZR 169/55 – AP Nr. 1 zu § 1 TVG Frie­dens­pflicht = Ju­ris). Für ei­nen rechts­wid­ri­gen Streik hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt an­ge­nom­men (Ur­teil vom 31. Okt. 1958 a.a.O.), wer un­ter Ver­let­zung ei­ner ta­rif­li­chen Frie­dens­pflicht ei­ne Ar­beits­kampf­maßnah­me er­grei­fe, könne sich nicht dar­auf be­ru­fen, der Ar­beits­kampf wäre auch oh­ne die­se Ver­let­zung auf je­den Fall durch­geführt wor­den, wenn sein Be­ginn viel­leicht auch um ge­rin­ge Zeit hin­aus­gezögert wor­den wäre. An­de­ren­falls wären Ver­ein­ba­run­gen über die Frie­dens­pflicht il­lu­so­risch, wenn man sich zur Berück­sich­ti­gung ei­nes mögli­chen an­de­ren und zwar dann zulässi­gen Streiks als Re­ser­veur­sa­che ein­ließe (ähnl. Wil­lem­sen / Meh­rens NZA 2013, 1400, 1403). Das Bun­des­ar­beits­ge­richt erörtert die Fra­ge, ob der­je­ni­ge, der selbst ei­nen rea­len Haf­tungs­tat­be­stand ge­setzt hat, sich dar­auf be­ru­fen kann, dass er den Scha­den auch le­gal und dann oh­ne Er­satz­pflicht hätte ver­ur­sa­chen können, und es meint, je­den­falls bei Ver­trags­ver­let­zun­gen hätte im In­ter­es­se der Ver­trags­treue, die ein obers­ter Grund­satz un­se­rer Rechts­ord­nung sei, das Prin­zip der zi­vil­recht­li­chen Präven­ti­on (Schutz­funk­ti­on, Sank­ti­ons­funk­ti­on) den Vor­rang. An­de­re sprächen mit Recht vom Ver­ant­wor­tungs­ge­dan­ken, vom Verhütungs­zweck, dem für den Be­stand der Ord­nung des Zu­sam­men­le­bens der Men­schen ent­schei­den­de Be­deu­tung zu­kom­me. Das gel­te auch für die Ver­ein­ba­rung ei­ner Frie­dens­pflicht, die die Funk­ti­on ha­be, Streik und Aus­sper­rung als kol­lek­ti­ve Kampf­maßnah­men an­ge­sichts ih­rer schwer­wie­gen­den Fol­gen für die Ge­samt­heit und die be­tei­lig­ten Krei­se des Ar­beits­le­bens, im Rah­men des Mögli­chen zu ver­mei­den. Der Bruch der Frie­dens­pflicht sei an­ge­sichts ih­rer gar nicht hoch ge­nug ein­zuschätzen­den Be­deu­tung für das Ar­beits­le­ben und das öffent­li­che Le­ben der Ge­mein­schaft über­haupt mit dem schwe­ren Ri­si­ko der Pflicht zum Er­satz des ge­sam­ten aus der Ver­trags­ver­let­zung ent­stan­de­nen Scha­dens ver­bun­den. Im Ar­beits­kampf­recht wäre die Ver­let­zung der Frie­dens­pflicht ent­ge­gen ih­ren von den Par­tei­en mit in Kauf ge­nom­me­nen Fol­gen prak­tisch weit­ge­hend sank­ti­ons­los, wenn man sich zur Berück­sich­ti­gung ei­nes mögli­chen späte­ren, und zwar dann an­geb­lich zulässi­gen Streiks als Re­ser­veur­sa­che her­bei­ließe. Die an­geb­li­che Re­ser­veur­sa­che sei in Fällen die­ser Art ge­ra­de die Hand­lung, die nach dem Ver­trag während ei­ner ge­wis­sen Dau­er un­ter­las­sen wer­den müsse, während sie nach­her wie­der frei­ste­he. Es kom­me noch hin­zu, dass ei­ne hy­po­the­ti­sche Ur­sa­che nur dann über­haupt in Be­tracht ge­zo­gen wer­den könne, wenn sie mit Si­cher­heit oder mit ei­ner an Si­cher­heit gren­zen­den Wahr­schein­lich­keit ein­ge­tre­ten wäre. Es kommt dar­auf an, dass der­sel­be Er­folg ef­fek­tiv her­bei­geführt wor­den wäre. Die bloße Möglich­keit, ihn rechtmäßig her­beiführen zu können, reicht nicht aus ( BGH Ur­teil vom 9. März 2012 – V ZR 156/11 – NJW 2012, 2022 = Ju­ris). Ent­ge­gen den Be­den­ken von Wil­lem­sen / Meh­rens (a.a.O.) kommt es in­so­weit nicht auf die Fra­ge an, ob es sich um we­sent­li­che oder un­we­sent­li­che Ta­rif­for­de­run­gen han­delt oder Ne­ben­for­de­run­gen mit ei­nem ho­hen Mo­bi­li­sie­rungs­ef­fekt, son­dern auf die Si­cher­heit, dass der Ar­beits­kampf auch oh­ne die be­an­stan­de­ten Ta­rif­for­de­run­gen zur glei­chen Zeit, am glei­chen Ort mit den glei­chen Fol­gen geführt wor­den wäre. Die Be­weis­last dafür, dass sich ein hy­po­the­ti­scher Kau­sal­ver­lauf eben­so aus­ge­wirkt hätte wie der tatsächli­che Ge­sche­hens­ab­lauf, liegt auf der Sei­te des Schädi­gers ( BGH Ur­teil vom 25. Nov. 1992 – VIII ZR 170/91 – NJW 1993, 520 = Ju­ris). In­so­fern ist der vor­lie­gen­de Fall vor dem Hin­ter­grund des vor­an­ge­gan­ge­nen Sch­lich­tungs­ver­fah­rens und der Vorklärung im Hin­blick auf „un­strei­ti­ge“ For­de­run­gen vom Sach­ver­halt her ein Aus­nah­me­fall, der den Ein­wand des rechtmäßigen Al­ter­na­tiv­ver­hal­tens recht­fer­tigt und trägt.

b. Im vom Bun­des­ar­beits­ge­richt (a.a.O.) ent­schie­de­nen Fall konn­ten sich die Schädi­ger nicht dar­auf be­ru­fen, sie sei­en nach Ab­lauf von fünf Ta­gen oh­ne­hin zur Ein­lei­tung von Ar­beits­kampf­maßnah­men be­rech­tigt ge­we­sen. Das Bun­des­ar­beits­ge­richt (a.a.O.) meint aber nicht den Fall, dass die Schädi­ger nicht mit Recht­fer­ti­gung ge­nau so, d.h. auch zur glei­chen Zeit so hätten han­deln dürfen und ge­han­delt ha­ben. So liegt aber der vor­lie­gen­de Fall. Der Streik hätte kei­nen an­de­ren Ver­lauf ge­nom­men und die Streik­fol­gen wären iden­tisch ge­we­sen, wenn der Be­klag­te die §§ 18 Abs. 8, 35 Abs. 6a und 49 der der Sch­lich­tungs­emp­feh­lung bei­gefügten Syn­op­se von An­fang an nicht in die Streik­for­de­rung auf­ge­nom­men hätte. Der Streik hätte auch oh­ne die­se Ta­rif­for­de­run­gen zur sel­ben Zeit, am sel­ben Ort und auf die­sel­be Art und Wei­se statt­ge­fun­den. Dies be­legt der Um­stand, dass am En­de der Sch­lich­tung aus­weis­lich der Sch­lich­ter­emp­feh­lung vom 3. Febr. 2012 le­dig­lich Streit über den Gel­tungs­be­reich, die Lauf­zeit, die Ent­gel­te, die Be­rech­nung des Nacht­zeit­rau­mes, die Vergütung der Über­stun­den, die Re­ge­lung der Ruf­be­reit­schaft und die Über­lei­tungs­vor­schrif­ten herrsch­te und über die übri­gen Punk­te (die in grüner Schrift ge­hal­te­nen Pas­sa­gen der Syn­op­se) ei­ne Ei­ni­gung er­zielt wer­den konn­te. Die­ser Teil der Ta­rif­for­de­rung hat­te auf den Ar­beits­kampf mit­hin kei­nen Ein­fluss. § 35 Abs. 6 a der Syn­op­se wur­de zu­dem auf Initia­ti­ve der Kläge­rin zu 3) in die Sch­lich­ter­emp­feh­lung auf­ge­nom­men. Den § 18 Abs. 8 hat­te sie schon vor der Sch­lich­tung ak­zep­tiert. Ein wei­te­rer Be­leg dafür, dass die­se For­de­run­gen nicht „streik­be­stim­mend“ wa­ren, ist – wie das Ar­beits­ge­richt zu­tref­fend aus­geführt hat -, dass der Be­klag­te die­se For­de­run­gen in der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 29. Fe­bru­ar 2012 in dem ge­gen den Haupt­streik ge­rich­te­ten Eil­ver­fah­ren vor dem Ar­beits­ge­richt Frank­furt am Main fal­len ließ, oh­ne dass hier­durch so­gleich wei­te­re Ver­hand­lun­gen auf­ge­nom­men wur­den.

c. Das Ar­beits­ge­richt ist auch mit zu­tref­fen­der Be­gründung zu dem rich­ti­gen Er­geb­nis ge­langt, dass oh­ne die ge­gen die Frie­dens­pflicht ver­s­toßen­den For­de­run­gen der Haupt­streik rechtmäßig ge­we­sen wäre, da er we­der den Grund­satz der Ar­beits­kampf­pa­rität noch den der Verhält­nismäßig­keit ver­letz­te.

aa. Der Be­klag­te hat mit sei­nem Ar­beits­kampf ge­gen die Kläge­rin zu 3) den Grund­satz der Kampf­pa­rität nicht ver­letzt. Die Aus­ge­stal­tung des Ar­beits­kampf­rechts hat zu gewähr­leis­ten, dass kei­ne Ta­rif­ver­trags­par­tei der an­de­ren von vorn­her­ein ih­ren Wil­len auf­zwin­gen kann (BAG in st. Rspr., et­wa Ur­teil vom 24. April 2007 - 1 AZR 252/06 - EzA Art 9 GG Ar­beits­kampf Nr. 139 = Ju­ris; BAG Ur­teil vom 12. Sep­tem­ber 1984 - 1 AZR 342/83 - BA­GE 46, 322, zu B II 2 d der Gründe; BAG Ur­teil vom 10. Ju­ni 1980 - 1 AZR 822/79 - BA­GE 33, 140, zu A IV der Gründe). Nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts (a.a.O.) sind in­so­weit die rea­len Kräfte­verhält­nis­se maßge­bend, oh­ne dass al­le Be­son­der­hei­ten des Ar­beits­kampfs berück­sich­tigt wer­den müss­ten. Die Pa­rität der Ta­rif­ver­trags­par­tei­en im Ar­beits­kampf setzt ih­re Ab­wehrfähig­keit vor­aus. Das Be­ru­fungs­ge­richt geht mit dem Ar­beits­ge­richt auch da­von aus, dass die mit der Auf­ga­be des Grund­sat­zes der Ta­rif­ein­heit für die Kläge­rin zu 3) ein­her­ge­hen­de Ge­fahr von Ar­beitskämp­fen ei­ner Viel­zahl schlag­kräfti­ger Spar­ten- und Spe­zi­al­ge­werk­schaf­ten für sich ge­nom­men kein Kräfte­ungleich­ge­wicht zu Las­ten der Kläge­rin zu 3) dar­stellt. Es kann auch mit dem Ar­beits­ge­richt nicht da­von aus­ge­gan­gen wer­den, dass der Kläge­rin zu 3) kei­ne taug­li­chen Ab­wehr­mit­tel zur Verfügung ge­stan­den hätten. Ih­re Ab­wehr­kraft war nicht maßgeb­lich ein­ge­schränkt. Sie war in der La­ge, im ge­sam­ten Zeit­raum vom 16. Fe­bru­ar 2012 bis zum 1. März 2012 et­wa 90 % und an den Streik­ta­gen rund 84% der Flug­be­we­gun­gen durch den Ein­satz ei­ge­nen Per­so­nals kurz­fris­tig ge­schul­ten Er­satz­per­so­nals auf­recht­zu­er­hal­ten. Der Ein­satz von ge­schul­tem Er­satz- und Fremd­per­so­nal, durch den ei­ne kom­plet­te oder re­du­zier­te Dienst­leis­tung auf­recht­er­hal­ten wird und der zum Teil als Streik­bruch be­zeich­net wird (et­wa Däubler/Wol­ter, Ar­beits­kampf­recht, 3. Aufl., Kap. 21 Rz. 157; Ot­to Ar­beits­kampf- und Sch­lich­tungs­recht § 1 Rz. 25, 45), ist als Ar­beits­kampf­mit­tel zu se­hen. Streik­bruch mit oder oh­ne Streik­bruch­prämie wird als zulässi­ges be­trieb­li­ches Streik­bekämp­fungs­mit­tel oder Ar­beits­kampf­mit­tel im wei­tes­ten Sin­ne an­ge­se­hen (Däubler/Wol­ter Ar­beits­kampf­recht 3. Aufl. § 16 Rz. 21; ErK-Die­te­rich/Lin­sen­mei­er Art. 9 GG Rz. 213, 215; Kis­sel Ar­beits­kampf­recht § 42 Rz. 117). Da­von hat die Kläge­rin zu 3) wirk­sam Ge­brauch ma­chen können.

bb. Der Ar­beits­kampf des Be­klag­ten ge­gen die Kläge­rin zu 3) war nicht un­verhält­nismäßig. Ar­beitskämp­fe müssen nach un­se­rem frei­heit­li­chen Ta­rif­ver­trags­sys­tem möglich sein, um In­ter­es­sen­kon­flik­te über Ar­beits- und Wirt­schafts­be­din­gun­gen im äußers­ten Fall aus­tra­gen und aus­glei­chen zu können (BAG Großer Se­nat Be­schluss vom 21. April 1971 - GS 1/68 -EzA Art 9 GG Nr. 6 = Ju­ris). Sie ste­hen we­gen ih­rer mögli­chen tief­grei­fen­den wirt­schaft­li­chen und so­zia­len Fol­gen un­ter dem Ge­bot der Verhält­nismäßig­keit. Da­bei sind die wirt­schaft­li­chen Ge­ge­ben­hei­ten zu berück­sich­ti­gen, und das Ge­mein­wohl darf nicht of­fen­sicht­lich ver­letzt wer­den. Sie dürfen nur in­so­weit ein­ge­lei­tet und durch­geführt wer­den, als sie zur Er­rei­chung rechtmäßiger Kampf­zie­le und des nach­fol­gen­den Ar­beits­frie­dens ge­eig­net und sach­lich er­for­der­lich sind. Die Mit­tel des Ar­beits­kamp­fes dürfen ih­rer Art nach nicht über das hin­aus­ge­hen, was zur Durch­set­zung des er­streb­ten Zie­les je­weils er­for­der­lich ist. Ein Ar­beits­kampf darf nicht auf Ver­nich­tung des Geg­ners ab­stel­len, son­dern er hat den gestörten Ar­beits­frie­den wie­der her­zu­stel­len (BAG Großer Se­nat Be­schluss vom 21. April 1971 - GS 1/68 -EzA Art 9 GG Nr. 6 = Ju­ris).

Das Ar­beits­ge­richt ist zu­tref­fend da­von aus­ge­gan­gen, dass der Haupt­streik nicht un­verhält­nismäßig war. Der Be­klag­te hat mit Aus­nah­me der die Frie­dens­pflicht ver­let­zen­den Teil­for­de­rung ein zulässi­ges Kampf­ziel mit nicht of­fen­sicht­lich un­ge­eig­ne­ten Mit­teln er­strebt, oh­ne dass es der er­grif­fe­nen Kampf­mit­tel zur Er­rei­chung des Ziels of­fen­sicht­lich nicht be­durft hätte. Dass auch ein Ar­beits­kampf im Luft­ver­kehr ge­ne­rell kei­ne un­an­ge­mes­se­ne Be­ein­träch­ti­gung ver­fas­sungs­recht­lich geschütz­ter Rechts­po­si­tio­nen der Kläge­rin zu 3) dar­stellt, weil er auf die Ver­nich­tung des Geg­ners ab­zielt oder de­ren wirt­schaft­li­che Exis­tenz gefähr­det, wur­de be­reits dar­ge­stellt. Dies hat die Kläge­rin zu 3), die auch während des Ar­beits­kamp­fes 84 bis 90 % ih­rer Dienst­leis­tun­gen er­brin­gen konn­te, auch nicht be­haup­tet. Der Ein­satz von ge­schul­tem Er­satz- und Fremd­per­so­nal, durch den ei­ne kom­plet­te oder re­du­zier­te Dienst­leis­tung auf­recht­er­hal­ten wird, wird wie dar­ge­stellt als Ar­beits­kampf­mit­tel an­ge­se­hen (et­wa Däubler/Wol­ter, Ar­beits­kampf­recht, 3. Aufl., Kap. 21 Rz. 157; Ot­to Ar­beits­kampf- und Sch­lich­tungs­recht § 1 Rz. 25, 45). Streik­bruch mit oder oh­ne Streik­bruch­prämie ist ein zulässi­ges be­trieb­li­ches Streik­bekämp­fungs­mit­tel oder Ar­beits­kampf­mit­tel im wei­tes­ten Sin­ne (Däubler/Wol­ter Ar­beits­kampf­recht 3. Aufl. § 16 Rz. 21; ErK-Die­te­rich/Lin­sen­mei­er Art. 9 GG Rz. 213, 215; Kis­sel Ar­beits­kampf­recht § 42 Rz. 117). Das Ar­beits­ge­richt hat des Wei­te­ren rich­tig er­kannt, dass es auf ei­ne un­zulässi­ge ge­richt­li­che Ta­rif­zen­sur hin­aus­lie­fe, wenn man im Rah­men der Verhält­nismäßig­keitsprüfung die ent­stan­de­nen Schäden in Re­la­ti­on zum von dem zu er­strei­ken­den Ta­rif­ver­trag begüns­tig­ten Beschäftig­ten­kreis setz­te. Es kann schließlich mit dem Ar­beits­ge­richt auch nicht fest­ge­stellt wer­den, dass die Art und Wei­se der Ar­beits­kampfführung den Re­geln der fai­ren Kampfführung nicht ent­spro­chen hätte. Der Be­klag­te hat den Streik recht­zei­tig an­gekündigt und auch Not­dien­st­ar­bei­ten an­ge­bo­ten. Sch­ließlich ver­letz­te der Ar­beits­kampf auch nicht of­fen­sicht­lich das Ge­mein­wohl. Der Haupt­streik führ­te we­der zur Ein­stel­lung noch zu ei­ner weit­ge­hen­den, nicht mehr hin­nehm­ba­ren Be­ein­träch­ti­gung des Flug­ver­kehrs. Auch ist nicht er­sicht­lich, dass der Haupt­streik das Le­ben und die Ge­sund­heit der All­ge­mein­heit als die am stärks­ten geschütz­ten Rechtsgüter be­ein­träch­tigt hätte. Wel­che drin­gen­den Trans­por­te in­fol­ge des Haupt­streiks nicht hätten durch­geführt wer­den können oder in­wie­fern es zu Gefähr­dun­gen für Le­ben und die Ge­sund­heit ge­kom­men sei, legt die Kläge­rin zu 3) auch zweit­in­stanz­lich nicht dar. Es ist auch nicht er­sicht­lich, in­wie­fern der­ar­ti­ge Notfälle nicht durch die der Kläge­rin zu 3) und der F GmbH an­ge­bo­te­nen und ab­ge­schlos­se­nen Not­dienst­ver­ein­ba­rung ge­deckt ge­we­sen wären.

4. Sch­ließlich ist hin­sicht­lich des le­dig­lich an­gekündig­ten Un­terstützungs­streiks, nach­dem der dies­bezügli­che Vor­trag der Kläge­rin­nen be­reits der Vor­in­stanz nicht aus­ge­reicht hat­te, auch zweit­in­stanz­lich nicht hin­rei­chend er­kenn­bar ge­wor­den, wel­che kon­kre­ten Be­ein­träch­ti­gun­gen bzw. Schäden der Kläge­rin zu 3) ge­ra­de auf die Ankündi­gung des Un­terstützungs­streiks zurück­zuführen sind. Wenn man – wie die Kläge­rin­nen be­haup­ten - da­von aus­geht, dass be­reits die öffent­li­che Ankündi­gung von mögli­chen Streik­maßnah­men durch ei­ne Ge­werk­schaft auf ak­tu­el­le oder po­ten­ti­el­le Kun­den ab­schre­ckend wirkt und zu Bu­chungsrückgängen führt, kommt es vor­lie­gend dar­auf an, ob die 110 Flug­ge­sell­schaf­ten als Kun­den der Kläge­rin zu 3) vor dem Hin­ter­grund des schon meh­re­re Ta­ge währen­den Haupt­streiks durch die Ankündi­gung des sechsstündi­gen Un­terstützungs­streiks zu Las­ten der Kläge­rin Flug­be­we­gun­gen ge­stri­chen oder um­ge­lei­tet ha­ben und die be­haup­te­ten Erlösausfälle sich da­durch erhöht ha­ben. Be­trach­tet man die erst­in­stanz­lich von den Kläge­rin­nen vor­ge­tra­ge­nen Zah­len, sind am 16. Febr. 2012 streik­be­dingt 137 Flüge mit der Fol­ge von Erlösausfällen von EUR 424.700 aus­ge­fal­len, am 17. Febr. 204 Flüge mit Erlösausfällen von EUR 768.000, am 18. Febr. 14 Flüge mit Erlösausfällen von EUR 43.400, am 20. Febr. 228 Flüge mit Erlösausfällen von EUR 706.800, am 21. Febr. 184 Flüge mit Erlösausfällen von EUR 706.800, am 22. Febr. 129 Flüge mit Erlösausfällen von EUR 449.000, am 23. Febr. 139 Flüge mit Erlösausfällen von EUR 455.700, am 26. Febr. 9 Flüge mit Erlösausfällen von EUR 27.900, am 27. Febr. 148 Flüge mit Erlösausfällen von EUR 458.800, am 28. Febr. 171 Flüge mit Erlösausfällen von EUR 530.100 und am 29. Febr. 228 Flüge mit Erlösausfällen von EUR 706.800. Nach der Ankündi­gung des Un­terstützungs­streiks vom 28. Febr. 2012 für den 29. Febr. von 5 bis 11 Uhr ha­ben sich zwar die be­haup­te­ten Erlösausfälle ge­genüber dem 28. Febr. 2012 erhöht, sie wa­ren aber nicht höher als z.B. am 17. Febr. oder am 20. Febr., als ein Un­terstützungs­streik noch nicht an­gekündigt war. Ei­ne Erhöhung der Erlösausfälle durch den an­gekündig­ten Un­terstützungs­streik lässt sich dar­aus nicht her­lei­ten. Ab­ge­se­hen da­von wäre ein erhöhter Scha­den durch den an­gekündig­ten Un­terstützungs­streik dem Be­klag­ten un­ter dem Ge­sichts­punkt des rechtmäßigen Al­ter­na­tiv­ver­hal­tens nicht zu­zu­rech­nen ge­we­sen, denn er hätte die­sen eben­so wie den Haupt­ar­beits­kampf auch oh­ne die be­an­stan­de­ten Ta­rif­for­de­run­gen geführt. Die für den Haupt­ar­beits­kampf ge­nann­ten In­di­zi­en gel­ten in­so­weit glei­cher­maßen.

IV. Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 100 Abs. 2 ZPO .

Die Re­vi­si­on ist gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG an­ge­sichts der Fra­ge der Scha­dens­er­satz­ansprüche von Dritt­be­trof­fe­nen ei­nes Ar­beits­kamp­fes und zur wei­te­ren recht­li­chen Klärung des Ein­wan­des des rechtmäßigen Al­ter­na­tiv­ver­hal­tens im Ar­beits­kampf we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung der Rechts­sa­che zu­zu­las­sen.

Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:

Dr. Martin Hensche
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hensche@hensche.de
Christoph Hildebrandt
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hildebrandt@hensche.de
Nina Wesemann
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht

Kontakt:
040 / 69 20 68 04
wesemann@hensche.de

Auf Facebook teilen Auf Google+ teilen Ihren XING-Kontakten zeigen Beitrag twittern

 


zur Übersicht 9 Sa 592/13