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LAG Mün­chen, Ur­teil vom 03.03.2011, 3 Sa 764/10

   
Schlagworte: Kündigung
   
Gericht: Landesarbeitsgericht München
Aktenzeichen: 3 Sa 764/10
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 03.03.2011
   
Leitsätze: Eine ordentliche Kündigung wegen qualitativer Minderleistung setzt grundsätzlich voraus, dass die "Durchschnittsleistung" vergleichbarer Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum dargestellt wird, damit festgestellt werden kann, ob die durchschnittliche Fehlerhäufigkeit beim gekündigten Arbeitnehmer über längere Zeit hinweg erheblich überschritten wird. Liegt eine solche Überschreitung vor, kann dies je nach Fehlerzahl, Art, Schwere und Folgen der fehlerhaften Arbeitsleistung ein Anhaltspunkt dafür sein, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitspflicht vorwerfbar verletzt (im Anschluss an BAG 17.01.2008 - 2 AZR 536/06).
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Augsburg, Urteil vom 8.04.2010, 3 Ca 2556/09
   

3 Sa 764/10

3 Ca 2556/09 (ArbG Augs­burg) 

 

Verkündet am: 03.03.2011

Kübler

Ur­kunds­be­am­ter 

der Geschäfts­stel­le

 

Lan­des­ar­beits­ge­richt München

Im Na­men des Vol­kes

UR­TEIL

In dem Rechts­streit

 

- Kläge­rin und Be­ru­fungs­be­klag­te -

Pro­zess­be­vollmäch­tig­ter:

ge­gen

Fa. D. GmbH & Co. KG

- Be­klag­te und Be­ru­fungskläge­rin -

Pro­zess­be­vollmäch­tig­te:

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hat die 3. Kam­mer des Lan­des­ar­beits­ge­richts München auf Grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 3. März 2011 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Lan­des­ar­beits­ge­richt Dr. Ro­sen­fel­der und die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Römelt und He­gedüsch

für Recht er­kannt:

1. Die Be­ru­fung der Be­klag­ten ge­gen das En­dur­teil des Ar­beits­ge­richts Augs­burg vom 08.04.2010 - 3 Ca 2556/09 - wird kos­ten­pflich­tig zurück­ge­wie­sen.

2. Die Re­vi­si­on wird nicht zu­ge­las­sen.

Tat­be­stand:

Die Par­tei­en strei­ten über die Wirk­sam­keit ei­ner or­dent­li­chen, ver­hal­tens­be­ding­ten Ar­beit­ge­berkündi­gung.

Die Kläge­rin ist seit 01.08.1999 bei der Be­klag­ten als kaufmänni­sche An­ge­stell­te in Teil­zeit zu ei­nem durch­schnitt­li­chen Brut­to­mo­nats­ge­halt in Höhe von 1.041,00 € beschäftigt. Sie wur­de als so­ge­nann­te Da­ten­er­fas­se­rin ein­ge­setzt, ver­ein­zelt in der so­ge­nann­ten Vor­er­fas­sung, ganz über­wie­gend je­doch in der End­er­fas­sung bzw. Ergänzungs­er­fas­sung.

Da­bei war sie für die Er­fas­sung na­tio­na­ler und in­ter­na­tio­na­ler Fracht­da­ten zuständig. Die Vor­er­fas­sung be­steht dar­in, dass die Fracht­brie­fe ins Büro ge­bracht und dort in ei­nem ers­ten Schritt kur­so­risch er­fasst wer­den. Da­bei wird die Post­leit­zahl des Empfängers auf­ge­nom­men so­wie der Bar­code ge­scannt, der sich auf je­dem Fracht­brief be­fin­det. Die End­er­fas­sung be­steht dar­in, die ge­nau­en Da­ten des ein­zel­nen Fracht­briefs zu er­fas­sen und auf Plau­si­bi­lität zu über­prüfen - z. B. dar­auf, ob die an­ge­ge­be­ne Post­leit­zahl zum Empfänger­ort passt, ob die Straße oder der Empfänger­ort rich­tig ist, ob Be­son­der­hei­ten für Stück­gut oder Ex­press­gut be­ste­hen usw. Bei Auffällig­kei­ten hat der be­tref­fen­de Mitar-

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bei­ter in der Vor­er­fas­sung auf dem Fracht­brief mit Leucht­stift Mar­kie­run­gen an­zu­brin­gen, die dann im Rah­men der End­er­fas­sung be­son­ders zu berück­sich­ti­gen sind.

Die Kläge­rin er­hielt mit Schrei­ben vom 26.08.2008 ei­ne Ab­mah­nung we­gen pri­va­ter Te­le­fo­na­te während der Ar­beits­zeit vom Dienst­ort aus nach Bra­si­li­en. In ei­ner wei­te­ren Ab­mah­nung mit Schrei­ben vom 03.06.2009 wur­de be­an­stan­det, dass die Kläge­rin am 28.04.2009 und am 25.05.2009 fal­sche Da­ten in das Sys­tem Do­mi­no ein­ge­ge­ben ha­be.

Mit Schrei­ben vom 06.07.2009 kündig­te die Be­klag­te das Ar­beits­verhält­nis or­dent­lich zum 31.10.2009.

Die Kläge­rin be­strei­tet die ihr ge­genüber er­ho­be­nen Vorwürfe. Ins­be­son­de­re sei es nicht ih­re Tak­tik ge­we­sen, Feh­ler zu ver­tu­schen. Auch hätten die - be­strit­te­nen - Feh­ler nicht zu ei­nem Scha­den der Be­klag­ten geführt. Im Übri­gen ha­be es nicht, wie ihr vor­ge­wor­fen wer­de, im­mer wie­der Pro­ble­me durch Feh­ler der Kläge­rin ge­ge­ben. Die von der Be­klag­ten im ein­zel­nen dar­ge­leg­ten Fehl­leis­tun­gen wer­den von der Kläge­rin durch­weg be­strit­ten.

Die Be­klag­te trägt vor, die Kläge­rin ma­che trotz zehnjähri­ger Tätig­keit im­mer wie­der die­sel­ben sach­li­chen Feh­ler. Sie er­ken­ne die Feh­ler von Kol­le­gen in der Vor­er­fas­sung, kor­ri­gie­re die­se aber nicht. So ha­be sie ei­ne Sen­dung nach San Ma­ri­no nicht als Zoll­gut er­fasst und die­sen Feh­ler später - ei­genmäch­tig, aber feh­ler­haft - kor­ri­giert. Bei ei­nem an­de­ren Kun­den ha­be sie die Lie­fer­schei­ne nicht, wie es ge­bo­ten ge­we­sen wäre, nach Lie­fer­or­ten in Deutsch­land und im Aus­land ge­trennt. Mit­hin ha­be sie ei­nen be­reits in der Vor­er­fas­sung ge­mach­ten Feh­ler nicht kor­ri­giert. Des wei­te­ren ha­be sie bei der Er­fas­sung ei­ner Sen­dung nach Ir­land nicht das kor­rek­te Länder­kenn­zei­chen „IRL“ ver­wen­det, son­dern fälsch­li­cher­wei­se das Kenn­zei­chen „IR“ für Iran. Sch­ließlich ha­be sie bei ei­nem Trans­port­auf­trag ei­nes wei­te­ren Kun­den als Ver­pa­ckungs­mit­tel „fünf Eu­ro-Pa­let­ten“ er­fasst, ob­wohl im Auf­trag klar von „fünf Sperr­holz­kis­ten“ die Re­de ge­we­sen sei. Die Kläge­rin ha­be bis zur Um­or­ga­ni­sa­ti­on in der Nie­der­las­sung im Jahr 2007 ih­re da­ma­li­ge Ar­beit gut ge­macht. Dies zei­ge, dass es der Kläge­rin nicht an Fach­wis­sen feh­le. Sie sei in den letz­ten Jah­ren nur nicht mehr be­reit ge­we­sen, die­ses Fach­wis­sen ent­spre­chend ein­zu­set­zen.

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Das Ar­beits­ge­richt Augs­burg hat mit En­dur­teil vom 08.04.2010 - 3 Ca 2556/09 -, auf das hin­sicht­lich des erst­in­stanz­li­chen Vor­trags der Par­tei­en, der im ers­ten Rechts­zug ge­stell­ten Anträge so­wie der recht­li­chen Erwägun­gen des Erst­ge­richts ver­wie­sen wird, fest­ge­stellt, dass die or­dent­li­che Kündi­gung vom 06.07.2009 un­wirk­sam ist, und der Be­klag­ten die Kos­ten des Rechts­streits auf­er­legt.

Es hat zur Be­gründung aus­geführt, der Sach­vor­trag der Be­klag­ten be­le­ge zwar Feh­ler der Kläge­rin, auch er­schei­ne der ab­wei­chen­de Sach­vor­trag der Kläge­rin in vie­len Fällen nicht nach­voll­zieh­bar, teil­wei­se geküns­telt und tatsächlich im­mer dar­auf an­ge­legt, den Feh­ler an­de­ren Mit­ar­bei­tern an­zu­las­ten. Je­doch vermöge der Sach­vor­trag der Be­klag­ten nicht zu be­le­gen, dass die Kläge­rin da­bei die von ihr zu er­war­ten­de Nor­mal­leis­tung un­ter­schrit­ten ha­be. Die Be­klag­te lis­te ins­ge­samt vier Feh­ler der Kläge­rin auf, wel­che zwar ei­ne qua­li­ta­ti­ve Min­der­leis­tung er­ken­nen ließen. Es han­de­le sich je­doch aus Sicht der Kam­mer um ge­ringfügi­ge Fehl­leis­tun­gen, aus de­nen nicht der Schluss ge­zo­gen wer­den könne, dass die Kläge­rin die zur er­war­ten­de Nor­mal­leis­tung be­wusst - bzw. schuld­haft - un­ter­schrit­ten ha­be.

Die Be­klag­te hat ge­gen das ihr am 02.07.2010 zu­ge­stell­te En­dur­teil vom 08.04.2010 mit ei­nem am 30.07.2010 beim Be­ru­fungs­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen Schrift­satz Be­ru­fung ein­ge­legt und die­se mit ei­nem am 02.09.2010 ein­ge­gan­ge­nen Schrift­satz be­gründet.

Sie wie­der­holt ih­ren erst­in­stanz­li­chen Vor­trag und be­tont, die Kläge­rin ma­che Feh­ler, die an­de­re Ar­beit­neh­mer nicht mach­ten. Sie han­de­le prak­tisch vorsätz­lich. Die Schluss­fol­ge­rung des Ar­beits­ge­richts, die Kläge­rin könne es eben nicht bes­ser, sei der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts und des Lan­des­ar­beits­ge­richts München nicht zu ent­neh­men. Es gehöre zu ei­nem durch­schnitt­li­chen Leis­tungs­vermögen, dass man z. B. Länder nicht ver­wech­se­le. Die Kläge­rin sei of­fen­bar der Auf­fas­sung, sie könne ih­re Leis­tungs­pflicht willkürlich be­stim­men. Sie sei ab­so­lut ab­mah­nungs­re­sis­tent. Auch die In­ter­es­sen­abwägung ge­he zu Las­ten der Kläge­rin.

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Die Be­klag­te be­an­tragt:

1. Das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Augs­burg vom 08.04.2010 wird auf­ge­ho­ben.

2. Die Kla­ge wird ab­ge­wie­sen.

3. Die Kläge­rin trägt die Kos­ten des Rechts­streits.

Die Kläge­rin be­an­tragt, die Be­ru­fung der Be­klag­ten zurück­zu­wei­sen.

Sie trägt vor, die Er­fas­sung der Post­leit­zahl sei nicht Ge­gen­stand der End­er­fas­sung, son­dern - wie der Empfänger­ort - be­reits in der Vor­er­fas­sung zu be­ar­bei­ten. Sie be­strei­tet nach wie vor die ihr ge­genüber er­ho­be­nen Vorwürfe und trägt vor, Ände­run­gen oder Ma­ni­pu­la­tio­nen sei­en auch durch an­de­re Mit­ar­bei­ter möglich, da die EDV im Grun­de je­dem Mit­ar­bei­ter zugäng­lich sei. Sie meint, die Be­klag­te wol­le glau­ben ma­chen, dass an­de­re Mit­ar­bei­ter feh­ler­frei sind. Auch stell­ten die von der Be­klag­ten ge­schil­der­ten Vorfälle Ba­ga­tel­len dar. Auffällig sei die star­ke zeit­li­che Kon­zen­tra­ti­on, die si­cher­lich mit der be­son­de­ren fa­mi­liären und psy­chi­schen Si­tua­ti­on der Kläge­rin zu erklären sei, die sich in­zwi­schen im We­sent­li­chen kon­so­li­diert ha­be.

Hin­sicht­lich des sons­ti­gen Vor­trags der Par­tei­en im zwei­ten Rechts­zug wird auf die Schriftsätze der Be­klag­ten vom 01.09.2010 und der Kläge­rin vom 27.09.2010 so­wie 19.10.2010 ver­wie­sen, fer­ner auf die Sit­zungs­nie­der­schrift vom 03.03.2011.

Ent­schei­dungs­gründe:

Die Be­ru­fung ist un­be­gründet. Zwar er­ge­ben sich aus dem Vor­trag der Be­klag­ten tatsächlich er­heb­li­che qua­li­ta­ti­ve Feh­ler der Kläge­rin, al­so ei­ne qua­li­ta­ti­ve Min­der­leis­tung. Auch hat die Be­klag­te die Kläge­rin mit Schrei­ben vom 03.06.2009 ein­schlägig und un­ter Be­ach­tung der von der Recht­spre­chung ent­wi­ckel­ten Grundsätze ab­ge­mahnt. Sch­ließlich hat

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auch die Be­ru­fungs­kam­mer - eben­so wie das Ar­beits­ge­richt - den Ein­druck, dass die Kläge­rin da­zu neigt, Feh­ler an­de­ren Mit­ar­bei­tern an­zu­las­ten.

Gleich­wohl ist das Ar­beits­ge­richt auf der Grund­la­ge der zu­tref­fend wie­der­ge­ge­be­nen Recht­spre­chungs­grundsätze zur so­zia­len Recht­fer­ti­gung ei­ner ver­hal­tens­be­ding­ten or­dent­li­chen Kündi­gung - ins­be­son­de­re ei­ner sol­chen we­gen qua­li­ta­ti­ver Min­der­leis­tung - zu dem zu­tref­fen­den Er­geb­nis ge­langt, dass die Kündi­gung vom 06.07.2009 rechts­un­wirk­sam gemäß § 1 Abs. 1, 2 KSchG ist.

Die­ses Er­geb­nis ist letz­ten En­des dar­auf zurück­zuführen, dass es für ei­ne Kündi­gung we­gen qua­li­ta­ti­ver Min­der­leis­tung nicht genügt, ei­ne Rei­he ob­jek­ti­ver Fehl­leis­tun­gen der Mit­ar­bei­te­rin oder des Mit­ar­bei­ters auf­zu­zei­gen - auch nicht, wenn es sich um gra­vie­ren­de Feh­ler han­delt -, die zu er­heb­li­chen be­trieb­li­chen Störun­gen bzw. Schäden führen können. Viel­mehr kommt es dar­auf an, dass ei­ne Kündi­gung we­gen Min­der­leis­tung nur ge­recht­fer­tigt ist, wenn der Ar­beit­neh­mer bzw. die Ar­beit­neh­me­rin nicht das­je­ni­ge tut, was er bzw. sie soll, und zwar so gut, wie er bzw. sie es kann. Die Leis­tungs­pflicht ist nicht starr, son­dern dy­na­misch, und ori­en­tiert sich an der Leis­tungsfähig­keit des Ar­beit­neh­mers; ein ob­jek­ti­ver Maßstab ist nicht an­zu­set­zen (BAG 21.05.1992 - 2 AZR 551/91). Wenn ei­ne Ar­beit­neh­me­rin oder ein Ar­beit­neh­mer nicht die „ob­jek­ti­ve Nor­mal­leis­tung“ er­bringt, kann das be­deu­ten, dass er oder sie sei­ne bzw. ih­re Leis­tungsfähig­keit nicht in der Wei­se an­spannt, wie es ihm oder ihr ob­jek­tiv möglich wäre. Dass Ar­beit­neh­mer hin­ter ih­rer in­di­vi­du­el­len Leis­tungsfähig­keit zurück­blei­ben, kann im Fal­le ob­jek­ti­ver Min­der­leis­tung ge­ge­ben sein, muss es aber nicht zwangsläufig.

Der Be­klag­ten ist durch­aus dar­in zu fol­gen, dass der Ar­beit­neh­mer sei­ne Ar­beits­pflicht nicht selbst willkürlich be­stim­men kann und es ihm nicht ge­stat­tet ist, das Verhält­nis von Leis­tung und Ge­gen­leis­tung ein­sei­tig nach sei­nem Be­lie­ben zu be­stim­men. Viel­mehr muss er un­ter an­ge­mes­se­ner Ausschöpfung sei­ner persönli­chen Leis­tungsfähig­keit ar­bei­ten. Ob der Ar­beit­neh­mer die­ser Ver­pflich­tung nach­kommt, ist für den Ar­beit­ge­ber je­doch nicht im­mer an­hand ob­jek­ti­vier­ba­rer Kri­te­ri­en er­kenn­bar. Der Um­stand, dass der Ar­beit­neh­mer un­ter­durch­schnitt­li­che Leis­tun­gen er­bringt, muss nicht zwangsläufig be­deu­ten, dass er sei­ne persönli­che Leis­tungsfähig­keit nicht ausschöpft (vgl. BAG 17.01.2008 - 2 AZR 536/06 - Rn. 16; BAG 11.12.2003 - 2 AZR 667/02 - Rn. 90). In ei­ner Ver­gleichs-

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grup­pe ist stets ein An­gehöri­ger der Grup­pe das „Schluss­licht“ (BAG 17.01.2008 - 2 AZR 536/06 - Rn. 16). Al­ler­dings kann die länger­fris­ti­ge deut­li­che Über­schrei­tung der durch­schnitt­li­chen Feh­ler­quo­te je nach tatsäch­li­cher Feh­ler­zahl, Art, Schwe­re und Fol­gen der feh­ler­haf­ten Ar­beits­leis­tung ein An­halts­punkt dafür sein, dass der Ar­beit­neh­mer vor­werf­bar sei­ne ver­trag­li­chen Pflich­ten ver­letzt (BAG 17.01.2008 - 2 AZR 536/06 - Leit­satz 3 und Rn. 16).

Der Be­klag­ten ist es al­ler­dings hier nicht ge­lun­gen, ei­ne länger­fris­ti­ge deut­li­che Über­schrei­tung der durch­schnitt­li­chen Feh­ler­quo­te in die­ser Wei­se dar­zu­le­gen. Es fehlt die Ver­gleichsmöglich­keit mit der „Ver­gleichs­grup­pe“. Da­zu wäre es Sa­che der Be­klag­ten ge­we­sen, nicht nur zu den Leis­tungsmängeln der Kläge­rin vor­zu­tra­gen - was hier hin­rei­chend sub­stan­ti­iert ge­sche­hen ist -, son­dern darüber hin­aus Tat­sa­chen dar­zu­le­gen, aus de­nen er­sicht­lich wäre, dass die Leis­tun­gen der Kläge­rin deut­lich hin­ter de­nen ver­gleich­ba­rer Ar­beit­neh­mer er­heb­lich zurück­ge­blie­ben sind, al­so die Durch­schnitts­leis­tung er­heb­lich - und vor al­lem auch länger­fris­tig - un­ter­schrit­ten ha­ben. Erst dann wäre ein In­diz dafür ge­ge­ben, dass die Kläge­rin vor­werf­bar ih­re ver­trag­li­chen Pflich­ten ver­letzt hat.

We­der im ers­ten Rechts­zug noch im Be­ru­fungs­ver­fah­ren hat die Be­klag­te je­doch zur Leis­tung ver­gleich­ba­rer Ar­beit­neh­mer - nach dem Vor­trag der Be­klag­ten hat die Kläge­rin ih­re Auf­ga­ben in ei­nem Team von drei Mit­ar­bei­tern er­le­digt - in ei­nem de­fi­nier­ten Zeit­raum kon­kret vor­ge­tra­gen. Die durch­schnitt­li­che Leis­tung bzw. durch­schnitt­li­che Feh­ler­quo­te ist so­mit nicht nach­voll­zieh­bar dar­ge­legt. Da­mit kann auch nicht fest­ge­stellt wer­den, in­wie­fern die Kläge­rin die durch­schnitt­li­che Feh­ler­quo­te länger­fris­tig deut­lich über­schrit­ten hat. Die von der Be­klag­ten auf­ge­lis­te­ten Feh­ler der Kläge­rin im Ju­ni und Ju­li 2009, al­so nach der Ab­mah­nung vom 03.06.2009, sind für sich ge­nom­men „ein­drucks­voll“. Sie las­sen je­doch nicht er­ken­nen, in­wie­fern die­se Feh­ler über das Maß der Feh­ler ver­gleich­ba­rer Ar­beit­neh­mer deut­lich hin­aus­gin­gen, und vor al­lem nicht, dass sich die­se ne­ga­ti­ven Ab­wei­chun­gen bei der Kläge­rin über ei­nen länge­ren Zeit­raum hin­weg er­streckt hätten.

Zu ei­nem ent­spre­chen­den Vor­trag der Be­klag­ten hätte auch des­halb al­ler An­lass be­stan­den, weil das Ar­beits­ge­richt aus­drück­lich auf die­ses Pro­blem hin­ge­wie­sen hat.

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Nach­dem sich aus dem Vor­trag der Be­klag­ten - als wahr un­ter­stellt - schon kein aus­rei­chen­der so­zi­al recht­fer­ti­gen­der Grund für ei­ne ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung er­gibt, kann die Fra­ge der In­ter­es­sen­abwägung da­hin­ste­hen.

Die Be­klag­te hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kos­ten ih­res er­folg­lo­sen Rechts­mit­tels zu tra­gen.

Für die Zu­las­sung der Re­vi­si­on be­steht kein An­lass. Auf die Möglich­keit, Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de zum Bun­des­ar­beits­ge­richt zu er­he­ben, wird hin­ge­wie­sen.

 

Dr. Ro­sen­fel­der

Römelt 

He­gedüsch

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