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BAG, Ur­teil vom 03.12.1982, 7 AZR 622/80

   
Schlagworte: Befristung, Zeitvertrag, Befristung: Sachgrund
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 7 AZR 622/80
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 03.12.1982
   
Leitsätze: Die Befristung des Arbeitsvertrages mit einem Arbeitnehmer, der dem Arbeitgeber im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM) nach §§ 91ff AFG zugewiesen worden ist, entbehrt jedenfalls dann nicht des sachlichen Grundes, wenn die Dauer der Befristung mit der Dauer der Zuweisung übereinstimmt.
Vorinstanzen: ArbG Osnabrück LArbG Hannover
   

7 AZR 622/80

6 Sa 46/80 Nie­der­sach­sen

Verkündet am

3. De­zem­ber 1982

Im Na­men des Vol­kes!

Zeu­ner,

Amts­in­spek­tor

als Ur­kunds­be­am­ter

der Geschäfts­stel­le

Ur­teil

In Sa­chen

pp.


hat der Sieb­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 3. De­zem­ber 1982 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter Bich­ler, die Rich­ter Ro­eper und Dr. Steck­han so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Im­d­ahl und Dr. Bla­e­ser für Recht er­kannt:

Die Re­vi­si­on des Klägers ge­gen das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Nie­der­sach­sen vom 17. Ju­li 1980 - 6 Sa 46/80 - wird zurück­ge­wie­sen.

Der Kläger trägt die Kos­ten der Re­vi­si­on.

Von Rechts we­gen !



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Tat­be­stand:


Der Kläger wur­de vom be­klag­ten Land im Rah­men ei­ner erst­mals in der Zeit vom 1. Mai 1977 bis zum 30. April 1978 bei der Fach­hoch­schu­le 0 durch­geführ­ten "All­ge­mei­nen Maßnah­me zur Ar­beits­be­schaf­fung" (ABM) als In­ge­nieur un­ter Ein­grup­pie­rung in die Vergütungs­grup­pe V b BAT auf der Grund­la­ge ei­nes vom 17. Ja­nu­ar 1978 bis zum 30. April 1978 be­fris­te­ten Ar­beits­ver­tra­ges ein­ge­stellt. Auf­grund von in die­sem Zeit­raum ent­stan­de­nen Fehl­zei­ten wur­de der Ver­trag bis zum 23. Ju­ni 1978 verlängert. Ab 24. Ju­ni 1978 wur­de der Kläger wie­der­um im Rah­men ei­nes ABM-Pro­gramms un­ter Ein­grup­pie­rung in die Vergütungs­grup­pe IV b BAT zunächst bis zum 23. De­zem­ber 1978 und nach Ab­schluß ei­nes wei­te­ren Ver­trags bis zum 23. Ju­ni 1979 an der Fach­hoch­schu­le 0 beschäftigt. Ab 1. Au­gust 1979 be­wil­lig­te das Ar­beits­amt er­neut ein ABM-Pro­gramm an der Fach­hoch­schu­le 0 ; der Kläger wur­de zu den bis­he­ri­gen Be­din­gun­gen be­fris­tet bis zum 31. Ja­nu­ar 1980 ein­ge­stellt. Ab 1. Fe­bru­ar 1980 wies das Ar­beits­amt der Fach­hoch­schu­le 0 an­stel­le des Klägers ei­nen an­de­ren In­ge­nieur zu. Die dem Kläger ge­zahl­te Vergütung er­stat­te­te die Ar­beits­ver­wal­tung dem be­klag­ten Land in vol­lem Um­fang. Ab 1. Ju­ni 1979 wur­de der Fach­hoch­schu­le ei­ne Plan­stel­le der Vergütungs­grup­pe IV a BAT zu­ge­wie­sen, um die sich der Kläger be­warb. Die­se Stel­le wur­de mit ei­nem an­de­ren Be­wer­ber be­setzt, der sei­ne Ar­beit am 1. Ja­nu­ar 1980 auf­nahm.


Mit sei­ner am 12. Ok­to­ber 1979 beim Ar­beits­ge­richt ein-ge­gan­ge­nen Kla­ge hat der Kläger die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die von ihm mit dem be­klag­ten Land ab­ge­schlos­se­nen Ar­beits­verträge sei­en un­zulässi­ge Ket­ten­verträge, da ein sach­li­cher Grund für die wie­der­hol­te Be­fris­tung nicht vor­ge­le­gen ha­be. Vor al­lem die Be­fris­tung in dem letz­ten Ar­beits­ver­trag vom 30. Ju­li 1979 sei un­wirk­sam, da durch die Be­wil­li­gung ei­ner Plan­stel­le für den von ihm aus­geübten Auf­ga­ben­be­reich die Be­rech­ti­gung zum Ab­schluß ei­nes be­fris­te­ten Ver­tra­ges ent­fal­len sei. Das be­klag­te Land de­cke sei­nen Stel­len­be­darf an Fach­hoch­schu­len rechts­mißbräuch­lich über das ABM-Pro­gramm.
 


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Die Durchführung ei­nes ABM-Pro­gramms stel­le kei­nen sach­li­chen Grund für die Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses dar, denn hierfür sei­en die zeit­lich be­grenz­te Gewährung ei­nes Zu­schus­ses zur Vergütung sei­tens des Ar­beits­amts und haus­halts­recht­li­che Erwägun­gen nicht aus­rei­chend.

Der Kläger hat be­an­tragt fest­zu­stel­len, daß das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis über den 31. Ja­nu­ar 1980 hin­aus auf un­be­stimm­te Zeit fort­be­steht.

Das be­klag­te Land hat be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen. Es hat vor­ge­tra­gen, der Kläger sei noch vor Ab­schluß des letz­ten Ver­trags aus­drück­lich darüber un­ter­rich­tet wor­den, daß die mit ihm er­neut be­ab­sich­tig­te Förde­rungs­maßnah­me und die Be­set­zung der aus­ge­schrie­be­nen Plan­stel­le zwei völlig ver­schie­de­ne Din­ge sei­en. Auch sei der Kläger hin­sicht­lich der Be­set­zung der Plan­stel­le, bei der es sich um ei­nen an­de­ren als den vom Kläger im Rah­men des ABM-Pro­gramms be­setz­ten Ar­beits­platz ge­han­delt ha­be, dar­auf hin­ge­wie­sen wor­den, daß er kaum ei­ne Chan­ce ha­be. Das Ar­beits­amt hätte auch das ABM-Pro­gramm ab 1. Au­gust 1979 nicht durchführen können, wenn sich die Auf­ga­ben der Plan­stel­le mit den geförder­ten Ar­bei­ten ge­deckt hätten. Zu die­sem Zeit­punkt sei zu­dem das Be­wer­bungs­ver­fah­ren hin­sicht­lich der Plan­stel­le noch nicht ab­ge­schlos­sen ge­we­se­sen. Über­dies sei­en feh­len­de Haus­halts­mit­tel ein sach­li­cher Grund für die Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses. Der Kläger ha­be auch selbst das Ar­beits­amt be­drängt, ihn in dem ABM-Pro­gramm wei­ter­zu­beschäfti­gen, so daß er sich nun­mehr nicht auf un­zulässi­ge Ket­ten­ar­beits­verträge be­ru­fen könne.

Das Ar­beits­ge­richt hat der Kla­ge statt­ge­ge­ben und sei­ne Ent­schei­dung im we­sent­li­chen wie folgt be­gründet: Spätes­tens mit der Be­wil­li­gung der Plan­stel­le ha­be noch vor Ab­schluß des letz­ten Ar­beits­ver­tra­ges fest­ge­stan­den, daß die Vergütung für den Ar­beits­platz "In­ge­nieur im Fach­be­reich Elek­tro­tech­nik der Fach­hoch­schu­le 0 " ge­si­chert ge­we­sen sei. Da­mit sei die Be­rech­ti­gung für ei­ne Be­fris­tung des Ar­beits­ver­trags ent­fal­len, weil sonst dem
 


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Kläger der ihm zu­ste­hen­de Kündi­gungs­schutz ent­zo­gen wer­den würde. Es könne da­her da­hin­ste­hen, ob haus­halts­recht­li­che Erwägun­gen bzw. al­lein die Beschäfti­gung im Rah­men ei­nes ABM-Pro­gramms ei­ne Be­fris­tung recht­fer­ti­gen könn­ten.

Auf die vom be­klag­ten Land ein­ge­leg­te Be­ru­fung hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts ab­geändert und die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Mit sei­ner Re­vi­si­on er­strebt der Kläger die Wie­der­her­stel­lung des erst­in­stanz­li­chen Ur­teils, das be­klag­te Land bit­tet, die Re­vi­si­on zurück­zu­wei­sen.

Ent­schei­dungs­gründe:

A. Die Re­vi­si­on ist zulässig.

Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des be­klag­ten Lan­des hat der Kläger die Re­vi­si­on form­ge­recht ein­ge­legt. Die Re­vi­si­ons­schrift enthält zwar nicht die la­dungsfähi­ge An­schrift der Be­klag­ten und ih­rer Pro­zeßbe­vollmäch­tig­ten; eben­so feh­len ein­deu­ti­ge An­ga­ben, für und ge­gen wel­che Pro­zeßpar­tei das Rechts­mit­tel ein­ge­legt wor­den ist. Die­se un­vollständi­gen An­ga­ben sind je­doch im Ent­schei­dungs­fal­le unschädlich. Nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts reicht es aus, wenn die feh­len­den oder un­vollständi­gen An­ga­ben in der Rechts­mit­tel­schrift sich aus den Be­gleit­umständen, ins­be­son­de­re ei­ner bei­ge­leg­ten Ab­schrift des an­ge­foch­te­nen Ur­teils oder den übri­gen Ge­richts­ak­ten, ent­neh­men las­sen (vgl. z.B. BAG 21, 193, 195 f., m.w.N.; BAG Be­schluß vom 16. Fe­bru­ar 1981 - 3 AZB 21/80 - AP Nr. 44 zu § 518 ZPO; Se­nats­ur­teil vom 28. April 1982 - 7 AUR 1125/79 - zur Veröffent­li­chung vor­ge­se­hen). Die­se Vor­aus­set­zun­gen sind im Streit­fal­le ge­ge­ben, da der Kläger der Re­vi­si­ons­schrift ei­ne Fo­to­ko­pie des an­ge­foch­te­nen Ur­teils bei­ge­legt hat­te, des­sen Ru­brum die la­dungsfähi­ge An­schrift des be­klag­ten Lan­des und ih­rer Pro­zeßbe­vollmäch­tig­ten so­wie ei­ne Be­zeich­nung der Par­tei­rol­len ent­hielt.

B. Die Re­vi­si­on ist je­doch un­be­gründet, denn das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat je­den­falls im Er­geb­nis zu Recht an­ge­nom-

 

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men, daß das Ar­beits­verhält­nis auf­grund recht­wirk­sa­mer Be­fris­tung mit dem 31. Ja­nu­ar 1980 ge­en­det hat.

I. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat zur Be­gründung im we­sent­li­chen aus­geführt, ein sach­li­cher Grund für die Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses sei ge­ge­ben, wenn der öffent­li­che Ar­beit­ge­ber als Träger zu­sam­men mit dem Ar­beits­amt ein ABM-Pro­gramm durchführe, al­so ei­nen Ar­beits­lo­sen ein­stel­le, des­sen Vergütung vom Ar­beits­amt er­stat­tet wer­de. Da­bei han­de­le es sich stets um ei­nen Ar­beits­platz, für den kei­ne Plan­stel­le vor­han­den sei. Es sei auch sach­ge­recht, den Ar­beits­ver­trag auf die Dau­er der Zu­wei­sung zu be­fris­ten, da ein Behörden­lei­ter nicht be­fugt sei, ei­nen un­be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trag zu schließen, wenn man­gels Plan­stel­le im Lan­des­haus­halt kei­ne Mit­tel zur Verfügung stünden. Da­durch und durch das Sub­ven­ti­ons­recht des ABM-Pro­gramms, das sich in zeit­lich be­grenz­ten An­er­ken­nungs- und Ergänzungs­be­schei­den äußere, wer­de das Kündi­gungs­schutz­ge­setz nicht um­gan­gen. Die Be­fris­tung des am 30. Ju­li 1979 zwi­schen den Par­tei­en ab­ge­schlos­se­nen Ver­trags sei sach­ge­recht ge­we­sen. Bei der aus­ge­schrie­be­nen Plan­stel­le ha­be es sich recht­lich wie tat-sächlich nicht um den vom Kläger seit dem 17. Ja­nu­ar 1978 be­setz­ten Ar­beits­platz ge­han­delt. Zu­dem hätten seit dem 1. Ja­nu­ar 1980 bei­de Ar­beitsplätze ne­ben­ein­an­der be­stan­den. Die Fach­hoch­schu­le 0 ha­be zwar ei­nen Be­darf für zwei In­ge­nieu­re im Fach­be­reich Elek­tro­tech­nik, könne aber aus bin­den­den haus­halts­recht­li­chen Gründen nur über die Plan­stel­le mit ei­nem un­be­fris­te­ten Ver­trag verfügen, während der ABM-Ar­beits­platz nur be­fris­tet be­setzt wer­den könne, so­lan­ge ihr die Vergütung vom Ar­beits­amts er­stat­tet wer­de. An­ge­sichts des Be­darfs zur Be­set­zung von zwei Ar­beitsplätzen sei die Be­klag­te auch nicht ver­pflich­tet ge­we­sen, vor Be­en­di­gung der Aus­schrei­bung mit dem Kläger ei­nen Ver­trag auf un­be­stimm­te Zeit ab­zu­sch­ließen. Das be­klag­te Land han­de­le auch nicht rechts­mißbräuch­lich, wenn an­stel­le neu­er Haus­halts­plan­stel­len Ar­beitsplätze über das ABM-Pro­gramm gefördert würden.
 


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II. Die­se Würdi­gung des Lan­des­ar­beits­ge­richts ist im Er­geb­nis re­vi­si­ons­recht­lich nicht zu be­an­stan­den.

1. Die zu­grun­de­lie­gen­den tatsächli­chen Fest­stel­lun­gen bin­den das Re­vi­si­ons­ge­richt. Sie sind we­der durch Tat­be­stands­be­rich­ti­gungs­anträge noch in der Re­vi­si­ons­in­stanz durch Ver­fah­rensrügen an­ge­grif­fen wor­den (§ 561 Abs. 2 ZPO).

2. Hin­sicht­lich der Zulässig­keit be­fris­te­ter Ar­beits­verträge ist das Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­tref­fend von der ständi­gen Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts aus­ge­gan­gen (vgl. BAG GS 10, 65, 70 ff. = AP Nr. 16 zu § 620 BGB Be­fris­te­ter Ar­beits­ver­trag; Ur­tei­le vom 16. Ju­ni 1976 - 2 AZR 630/74 -, 25. Ja­nu­ar 1980 - 7AZR 69/78 - und 7. März 1980 - 7 AZR 177/78 - AP Nr. 40, 52 und 54 zu 620 BGB Be­fris­te­ter Ar­beits­ver­trag; vgl. wei­ter BAG 36, 171, 178, 227 und 234 = AP Nr. 60, 59, 61 und 62 zu 620 BGB Be­fris­te­ter Ar­beits­ver­trag; Ur­teil vom 30. Sep­tem­ber 1981 - 7 AZR 602/79 - AP Nr. 63 zu § 620 BGB Be­fris­te­ter Ar­beits­ver­trag; Ur­teil des Zwei­ten Se­nats vom 14. Ja­nu­ar 1982 - 2 AZR 245/80 - zur Veröffent­li­chung vor­ge­se­hen). Da­nach ist im Grund­satz die Ver­ein­ba­rung be­fris­te­ter Ar­beits­verhält­nis­se un­ter dem Ge­sichts­punkt der Ver­trags­frei­heit und gemäß § 620 BGB zulässig. Ein schutz­wer­tes In­ter­es­se für ei­ne sol­che Ver­trags­ge­stal­tung entfällt nur dann, wenn die Be­fris­tung nicht durch sach­li­che Gründe ge­recht­fer­tigt ist. Die Be­fris­tung ist un­zulässig, wenn sie als recht­li­che Ge­stal­tungsmöglich­keit ob­jek­tiv funk­ti­ons­wid­rig ver­wen­det wird. Dies ist dann an­zu­neh­men, wenn der durch die Kündi­gungs­schutz­be­stim­mun­gen gewähr­leis­te­te Be­stands­schutz des Ar­beits­verhält­nis­ses ver­ei­telt wird und dafür kein sach­li­cher Grund vor­liegt. Die be­fris­te­ten Verträge müssen al­so ih­re sach­li­che Recht­fer­ti­gung so in sich tra­gen, daß sie die Kündi­gungs­schutz­vor­schrif­ten nicht be­ein­träch­ti­gen.

Die sach­li­che Be­rech­ti­gung der Be­fris­tung muß darüber hin­aus auch hin­sicht­lich der Dau­er ge­ge­ben sein (BAG, aa0, AP Nr. 40, Nr. 52, zu 2 der Gründe, Nr. 54, zu I 4 der

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Gründe, und BAG 33, 26 = AP Nr. 56 zu § 620 BGB Be­fris­te­ter Ar­beits­ver­trag; BAG 32, 85 = AP Nr. 50 zu § 620 BGB Be­fris­te­ter Ar­beits­ver­trag; BAG 36, 227 und 234 = AP Nr. 61 und 62 zu § 620 BGB Be­fris­te­ter Ar­beits­ver­trag; BAG Ur­teil vom 30. Sep­tem­ber 1981 - 7 AZR 602/79 - AP Nr. 63 zu § 620 BGB Be­fris­te­ter Ar­beits­ver­trag). Die von den Par­tei­en ver­ein­bar­te Dau­er ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses ist da­bei an den Sach­gründen für die Be­fris­tung zu ori­en­tie­ren. Es muß al­so im kon­kre­ten Ein­zel­fall be­reits bei Ab­schluß des je­wei­li­gen Ver­tra­ges er­sicht­lich sein, daß auch die gewähl­te Zeit­dau­er des Ver­tra­ges sach­lich ge­recht­fer­tigt ist. Lie­gen die ent­schei­de­nen Umstände in der Zu­kunft, so ist die Fra­ge, wel­che Zeit­dau­er bei ei­nem der­ar­ti­gen Ar­beits­ver­trag zu wählen ist, von der ge­richt­lich nach­prüfba­ren Pro­gno­se des Ar­beit­ge­bers abhängig (vgl. BAG, aa0, AP Nr. 50, Bl. 4 R, Nr. 54, zu I 4 der Gründe, und Nr. 56, zu IV 2 d der Gründe, zu § 620 BGB Be­fris­te­ter Ar­beits­ver­trag; BAG 36, 227 und 234 = AP Nr. 61 und 62 zu § 620 BGB Be­fris­te­ter Ar­beits­ver­trag; BAG Ur­teil vom 30. Sep­tem­ber 1981 - 7 AZR 602/79 - AP Nr. 63 zu § 620 BGB Be­fris­te­ter Ar­beits­ver­trag; Ur­teil des Zwei­ten Se­nats vom 14. Ja­nu­ar 1982 - 2 AZR 245/80 -, zur Veröffent­li­chung vor­ge­se­hen).

Da­mit wird klar­ge­stellt, daß die Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses nur dann zulässig ist, wenn nach den ob­wal­ten­den Umständen aus der Sicht verständi­ger Ver­trags­part­ner ein ar­beits­recht­lich be­acht­li­cher Sach­ver­halt als sach­li­cher Grund für ei­ne der­ar­ti­ge Ver­ein­ba­rung be­steht. Als sach­li­cher Grund kom­men nur sol­che ar­beits­recht­lich re­le­van­ten Umstände in Be­tracht, die im Zeit­punkt des Ab­schlus­ses des be­fris­te­ten Ar­beits­ver­tra­ges vor­lie­gen (BAG Ur­teil vom 31. Ok­to­ber 1974 - 2 AZR 483/73 - AP Nr. 39, zu I 2 a der Gründe, BAG, aa0, AP Nr. 50, Bl. 3 R, Nr. 52, zu 2 der Gründe, Nr. 54, zu I 4 der Gründe, und Nr. 56, al­le zu § 620 BGB Be­fris­te­ter Ar­beits­ver­trag; BAG 36, 171, 178, 227 und 234 = AP, aa0).

3. Wei­ter­hin hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt zu Recht an­ge­nom­men, daß die Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­ver­tra­ges dann
 


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sach­lich ge­recht­fer­tigt und da­mit wirk­sam ist, wenn der be­tref­fen­de Ar­beit­neh­mer dem Ar­beit­ge­ber im Rah­men ei­ner Ar­beits­be­schaf­fungs­maßnah­me gemäß §§ 91 ff. AFG zu­ge­wie­sen wor­den ist und die Dau­er der Be­fris­tung mit der Zu­wei­sung kor­re­spon­diert (im Er­geb­nis eben­so LAG Frank­furt am Main vom 27. Ju­ni 1978 - 9 Sa 1331/77 - BB 1979, 46; KR-Hil­le-brecht, § 620 BGB Rz 150; a.A. Rohl­fing/Re­wol­le/Ba­der, KSchG - Stand Sep­tem­ber 1982 -, An­hang 1, § 620 BGB, Anm. 7; of­fen ge­las­sen im Ur­teil des Zwei­ten Se­nats des Bun­des­ar­beits­ge­richts vom 12. Fe­bru­ar 1981 - 2 AZR 1108/78 zur Veröffent­li­chung in der Fach­pres­se vor­ge­se­hen).

Der er­ken­nen­de Se­nat geht da­von aus, daß zwar nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts haus­halts­recht­li­che Erwägun­gen für• den auf den ver­schie­de­nen ar­beits­recht­li­chen Ge­set­zen be­ru­hen­den Ar­beit­neh­mer­schutz im all­ge­mei­nen kei­ne Rol­le spie­len (vgl. BAG 1, 85, 91 = AP Nr. 1 zu § 3 TOA; BAG Ur­teil vom 2. De­zem­ber 1955 - 2 AZR 59/54 - AP Nr. 8 zu § 3 TOA, zu 2 d der Gründe) und im be­son­de­ren kei­nen sach­li­chen Grund für die Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses ab­ge­ben (vgl. BAG 1, 128, 135 = AP Nr. 7 zu § 1 KSchG, zu 4 der Gründe; Ur­teil vom 26. No­vem­ber 1955 - 2 AZR 516/54 - AP Nr. 14 zu § 1 KSchG; vgl. auch Neu­mann, Haus­halt und Be­fris­tung im öffent­li­chen Dienst, in Fest­schrift für Her­schel zum 85. Ge­burts­tag, S. 321 ff.). Dies gilt ins­be­son­de­re, wenn die haus­halts­recht­li­chen Erwägun­gen auf ei­ne Be­gren­zung des Haus­hal­tes durch das Haus­halts­jahr ab­he­ben, wenn ei­ne all­ge­mei­ne Mit­telkürzung zu er­war­ten ist oder wenn le­dig­lich all­ge­mei­ne Ein­spa­run­gen haus­halts­recht­lich an­ge­ord­net wer­den (vgl. Se­nats­ur­teil vom 25. Ja­nu­ar 1980 - 7 AZR 69/78 - AP Nr. 52 zu § 620 BGB Be­fris­te­ter Ar­beits­ver­trag, zu 3 der Gründe, im An­schluß an das Ur­teil des Vier­ten Se­nats BAG 32, 85 = AP Nr. 50 zu § 620 BGB Be­fris­te­ter Ar­beits­ver­trag). Dies gilt fer­ner bei der Un­ge­wißheit, ob der kom­men­de Haus­halts­plan Mit­tel für ei­ne Stel­le vor­sieht (vgl. BAG Ur­teil vom 5. Mai 1961 - 1 AZR 65/56 - AP Nr.
 


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17 zu § 620 BGB Be­fris­te­ter Ar­beits­ver­trag, zu II 2 der Gründe; BAG 32, 85 = AP Nr. 50 zu § 620 BGB Be­fris­te­ter Ar­beits­ver­trag).

Ein sach­li­cher Grund für ei­ne Be­fris­tung des Ar­beits­ver­tra­ges ist je­doch an­zu­er­ken­nen, wenn ei­ne Haus­halts­stel­le von vorn­her­ein nur für ei­ne ge­nau be­stimm­te Zeit­dau­er be­wil­ligt ist und sie an­sch­ließend fortfällt. Dann nämlich ist da­von aus­zu­ge­hen, daß der Haus­halts­ge­setz­ge­ber sich selbst mit den Verhält­nis­sen ge­ra­de die­ser Stel­le be­faßt und aus sach­li­chen Erwägun­gen fest­ge­legt hat, daß die­ser kon­kre­te Ar­beits­platz nicht mehr be­ste­hen soll (vgl. BAG 32, 85 = AP Nr. 50 zu § 620 BGB Be­fris­te­ter Ar­beits­ver­trag). Glei­ches gilt für den Be­reich der sog. Dritt­mit­tel­fi­nan­zie­rung. Hier­zu hat der Se­nat im Ur­teil vom 25. Ja­nu­ar 1980 - 7 AZR 69/78 - (AP Nr. 52 zu § 620 BGB Be­fris­te­ter Ar­beits­ver­trag) für den Hoch­schul­be­reich aus­geführt, daß in­so­weit nicht die Un­ge­wißheit über die künf­ti­ge Fi­nan­zie­rung ent­schei­dend sei. We­sent­lich sei viel­mehr, daß so­wohl der Dritt­mit­tel­ge­ber als auch die Uni­ver­sität durch ih­ren Vor­schlag sich ge­ra­de mit den Verhält­nis­sen die­ser Stel­le be­faßt und ih­re Ent­schei­dung über den späte­ren Weg­fall des kon­kre­ten Ar­beits­plat­zes aus sach­li­chen Erwägun­gen ge­trof­fen hätten, daß mit­hin auf­grund der ge­ge­be­nen und hin­zu­neh­men­den haus­halts­recht­li­chen Ent­schei­dung die vorüber­ge­hen­de Beschäfti­gung sach­lich ge­recht­fer­tigt sei.

Da­mit ist an­er­kannt, daß die be­grenz­te sach­li­che Ziel­set­zung, die der Dritt­mit­tel­ge­ber mit der zeit­lich be­grenz­ten Fi­nan­zie­rung ei­nes Ar­beits­plat­zes ver­folgt, auch für das Verhält­nis zwi­schen Ar­beit­neh­mer und dem Ar­beit­ge­ber als dem Dritt­mit­t­el­empfänger er­heb­lich wird und da­mit ge­eig­net ist, ei­ne ent­spre­chen­de Be­fris­tung sach­lich zu recht­fer­ti­gen. Ei­ne ent­spre­chen­de Si­tua­ti­on liegt im Be­reich der hier in Fra­ge ste­hen­den Ar­beits­be­schaf­fungs­maßnah­me vor. Der Träger der Maßnah­me als der Dritt­mit­t­el­empfänger wie auch das zuständi­ge Lan­des­ar­beits­amt ha­ben sich kon­kret mit der Beschäfti­gung der be­tref­fen­den Ar-


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beit­neh­mer und der Dau­er ih­rer Tätig­keit im Rah­men der Maßnah­me be­faßt und se­hen den Ein­satz der be­tref­fen­den Ar­beit­neh­mer als nur auf Zeit er­for­der­lich an. Da­hin­ter steht sei­tens des Lan­des­ar­beits­am­tes die Rea­li­sie­rung der ge­setz­ge­be­ri­schen Ziel­vor­stel­lun­gen, die sich in den §§ 91 ff. AFG aus­drücken. Es spielt da­bei kei­ne Rol­le, daß § 91 Abs. 3 AFG ein Bündel von Zie­len nennt, die al­le Ar­beits­be­schaf­fungs­maßnah­men recht­fer­ti­gen sol­len, und daß im Ein­zel­fall je­weils un­ter­schied­li­che Zie­le ver­folgt wer­den können. Ent­schei­dend ist, daß das zuständi­ge Lan­des­ar­beits­amt zur Durch­set­zung sei­ner zeit­lich und sach­lich be­grenz­ten Ziel­vor­stel­lun­gen - mögen die­se im Ein­zel­fall et­wa mehr auf die Per­son des Ar­beit­neh­mers (§ 91 Abs. 3 Nr. 3 AFG) oder mehr auf die struk­tur­po­li­ti­sche Kom­po­nen­te der Maßnah­me (§ 91 Abs. 3 Nr. 2 und 4 AFG) ab­stel­len dem Ar­beit­ge­ber als dem Dritt­mit­t­el­empfänger nur auf Zeit fi­nan­zi­el­le Mit­tel zur (über­wie­gen­den) Fi­nan­zie­rung des Ar­beits­plat­zes zur Verfügung stellt (a.A. Rohl­fing/Re­wol­le/ Ba­der, aa0; kri­tisch zu ei­ner der­ar­ti­gen Be­trach­tung auch Haug, AuR 1981, 74 ff., 80, und Hoh­mann/Krüger/Wey­rich, WSI-Mit­tei­lun­gen 1982, 423 ff.).

Auf­grund die­ser Erwägun­gen be­darf es kei­nes Ein­ge­hens auf die Aus­le­gung des § 93 Abs. 2 Satz 1 AFG (da­zu LAG Frank­furt am Main, aa0), die oh­ne­hin für die Fra­ge der Wirk­sam­keit der Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­ver­tra­ges im Hin­blick auf die §§ 91 ff. AFG un­er­gie­big bleibt. Auch ein Zurück­grei­fen auf § 93 Abs. 2 Satz 2 AFG ist nicht er­for­der­lich. Es braucht da­her nicht ge­prüft zu wer­den, ob die­se Be­stim­mung, die dem Ar­beit­ge­ber bei vor­zei­ti­ger Ab­be­ru­fung des Ar­beit­neh­mers ein außer­or­dent­li­ches Kündi­gungs­recht einräumt, für sich ge­eig­net wäre, die Be­fris­tung zu recht­fer­ti­gen (so KR-Hil­le­brecht, aa0, und LAG Frank­furt am Main, aa0; a.A. da­zu Rohl­fing/Re­wol­le/ Ba­der, aa0). Eben­so­we­nig stellt sich die Fra­ge, ob und in­wie­weit die Ge­rich­te für Ar­beits­sa­chen die Be­schei­de der Ar­beits­ver­wal­tung in­halt­lich nach­prüfen können oder müssen.


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Sind die Be­schei­de for­mell be­stands­kräftig, so kann nur ge­prüft wer­den, ob sie et­wa nich­tig sind und da­mit kei­ne Rechts­wir­kung zu ent­fal­ten vermögen. Ist die Fra­ge nach der Nich­tig­keit zu ver­nei­nen, so be­inhal­tet der be­stands­kräfti­ge Ver­wal­tungs­akt über die be­fris­te­te Zu­wei­sung ge­ra­de auch die sach­lich li­mi­tier­te Ziel­set­zung, die mit der Zu­wei­sung ver­bun­den ist.

4. Nach die­sen Grundsätzen er­wei­sen sich die Be­fris­tun­gen des Ar­beits­ver­tra­ges mit dem Kläger als rechts­wirk­sam. Der Kläger wur­de dem be­klag­ten Land je­weils im Rah­men ei­ner Ar­beits­be­schaf­fungs­maßnah­me zu­ge­wie­sen, oh­ne daß fest­ge­stellt wor­den wäre, daß die ent­spre­chen­den Ver­wal­tungs­ak­te nich­tig oder an­ge­foch­ten wor­den wären. Die Dau­er der Be­fris­tun­gen rich­te­te sich je­weils nach der Dau­er der Maßnah­me.

III. An die­sem Er­geb­nis ändert sich auch da­durch nichts, daß der Fach­hoch­schu­le 0 ab 1. Ju­ni 1979 ei­ne Plan­stel­le der Vergütungs­grup­pe IV a BAT zu­ge­wie­sen wor­den ist. Dies schon des­halb, weil die nicht an­ge­grif­fe­ne tatsächli­che Fest­stel­lung des Lan­des­ar­beits­ge­richts, bei der aus­ge­schrie­be­nen Stel­le ha­be es sich nicht um den Ar­beits­platz des Klägers ge­han­delt, den Se­nat bin­det (§ 561 Abs. 2 ZPO). Auch die hier­aus vom Lan­des­ar­beits­ge­richt ge­zo­ge­nen recht­li­chen Fol­ge­run­gen er­wei­sen sich je­den­falls im Er­geb­nis als zu­tref­fend; auch die Re­vi­si­on hat in­so­weit kei­ne Ein­wen­dun­gen er­ho­ben.

C. Die Re­vi­si­on war des­halb mit der Kos­ten­fol­ge aus 97 Abs. 1 ZPO zurück­zu­wei­sen.

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