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Psychische Belastungen bei der Arbeit

04.08.2012. Psychische Erkrankungen und Störungen haben im letzten Jahrzehnt statistisch gesehen erheblich zugenommen.
Dafür gibt es verschiedene Gründe. Neben verbesserten diagnostischen Verfahren setzt sich bei vielen Menschen die Einsicht durch, dass psychische Probleme keine Schande sind, die man verbergen müsste.
Darüber hinaus können die Zusammenhänge zwischen Belastungen in der Arbeitswelt und psychischen Gesundheitsproblemen immer besser belegt werden können. Daher wird verstärkt darüber diskutiert, wie psychische Gefährdungen durch die Arbeit vermindert werden können.
Vor diesem Hintergrund hat sich die Industriegewerkschaft Metall (IGM) am 27.06.2012 zu Wort gemeldet und eine „Rechtsverordnung zum Schutz vor Gefährdungen durch arbeitsbedingte psychische Belastungen“ vorgeschlagen.
- Psychische Gesundheitsprobleme auf dem Vormarsch
- Gründe für eine Anti-Stress-Verordnung
- Grenzen einer Anti-Stress-Verordnung
- Alternativen zu einer Rechtsverordnung
- Fazit
Psychische Gesundheitsprobleme auf dem Vormarsch 
Der gesellschaftliche Wandel hin zu einer Wissens- und Informationsgesellschaft findet zu einem erheblichen Teil im Arbeitsleben statt. Der Preis ständiger digitaler „Verbesserungen“ von Arbeitsabläufen sind verstärkte Flexibilitätszumutungen für Arbeitnehmer: Immer neue Weiterbildungsanforderungen, hoher Termindruck und zunehmende Komplexität von Arbeitsabläufen lassen die Grenzen wischen Privatleben und Beruf verschwimmen.
Burnout ist daher alles andere als ein bloßes Modethema (wir berichteten zuletzt in Arbeitsrecht aktuell: 12/222 Arbeitsunfähigkeit wegen psychischer Leiden steigt weiter). Doch nicht nur Überbelastung, sondern auch Unterforderung und zu geringe Kontrolle über die Ergebnisse der eigenen Arbeit sind stressauslösende Faktoren (Stressoren), die langfristig der psychischen Gesundheit schaden können. Im Ergebnis kommt „Frust“ auf, der irgendwann in permanenter Erschöpfung und im schlimmsten Fall im Burnout mündet.
Diese Zusammenhänge werden in letzter Zeit verstärkt diskutiert. Hierzu trägt auch die „Anti-Stress-Initiative“ der IG Metall bei. Nach Ansicht der IG Metall besteht eine rechtliche Regelungslücke, die mit einer „Rechtsverordnung zum Schutz vor Gefährdungen durch arbeitsbedingte psychische Belastungen“ geschlossen werden sollte. Die IG Metall hat daher Ende Juni den Entwurf einer Anti-Stress-Verordnung vorgelegt und in einer lesenswerten Broschüre veröffentlicht.
Gründe für eine Anti-Stress-Verordnung 
Der Vorschlag der IG Metall ist arbeitsschutzrechtlich systemkonform, denn der Schutz der psychischen Gesundheit ist unbestritten Teil des Arbeitsschutzes. Dieser ist in dem allgemein gehaltenen Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) enthalten sowie in sieben auf der Grundlage des ArbSchG ergangenen Verordnungen. Details finden sich schließlich in ergänzenden technischen Regeln. Hier setzt der Vorschlag der IG Metall an, indem er die bestehenden Arbeitsschutzverordnungen um eine weiter ergänzen will.
Das komplizierte Normengeflecht des bestehenden Arbeitsschutzrechts regelt zwar detailliert, dass und Gesundheitsgefahren am Arbeitsplatz beurteilt und ggf. korrigiert werden müssen. Traditionell geht es dabei aber in erster Linie um die körperliche Gesundheit von Arbeitnehmern, also z.B. um zulässige Geräuschpegel, um die ausreichende Belüftung von Betriebsräumen, um Temperaturgrenzen und um Ausrüstungen zum Schutz vor chemischen oder physikalischen Einwirkungen.
Daher muss man schon genauer hinschauen, um darauf zu kommen, dass z.B. in § 3 Abs.1, § 4 Nr.1 ArbSchG mit „Gesundheit“ auch die psychische Gesundheit gemeint ist und dass diese Dimension von Gesundheit ein Aspekt des Ziels einer „menschengerechten Gestaltung der Arbeit“ (vgl. § 2 Abs.1 ArbSchG) ist. Deutlicher ist immerhin § 3 Bildschirmarbeitsverordnung, der ausdrücklich verlangt, dass auch „psychische Belastungen“ infolge von Bildschirmarbeit ermittelt werden müssen.
Das Schattendasein des Schutzes der psychischen Gesundheit spiegelt sich in der betrieblichen Praxis wider. Bereits der Schutz der körperlichen Gesundheit kommt oft zu kurz. Bestehende Vorschriften werden schlicht nicht angewendet. Das ist nicht verwunderlich, da die für die Überwachung zuständigen Ämter wegen Personalmangels nur hin und wieder Kontrollen in den Betrieben durchführen (können). Häufig fehlt es auch einfach das Problembewusstsein.
Beim Thema psychische Gesundheitsgefahren sind die Defizite noch größer. Wenn überhaupt Gefährdungsbeurteilungen durchgeführt werden, spielen psychische Aspekte kaum eine Rolle, ganz zu schweigen von der weiteren Frage, ob und wie Gefährdungen der psychischen Gesundheit korrigiert werden könnten.
Grenzen einer Anti-Stress-Verordnung 
Obwohl es daher eigentlich Grund genug für eine „speziell“ auf psychische Gesundheitsgefahren zugeschnittene Arbeitsschutzverordnung gibt, zeigt der Vorschlag der IG Metall, dass eine solche Verordnung leichter zu fordern als zu realisieren ist. Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Die Anti-Stress-Verordnung bleibt in allen einzelnen Bestimmungen so allgemein, dass sie letztlich keinen praktischen Wert hätte.
So soll der Arbeitgeber zwar zur Vermeidung von Gefahren für die psychische Gesundheit verpflichtet werden und zu einer darauf bezogenen Gefährdungsbeurteilung, doch macht die Verordnung dazu keine klaren Vorgaben. Denn als „Beurteilungskriterien“ für die Ausgestaltung von Arbeitsaufgaben werden einerseits Vermeidung von „Unterforderung“, anderseits aber auch die Vermeidung „von qualitativer und quantitativer Überforderung“ genannt.
Weiterhin soll ein „übermäßige emotionale Inanspruchnahme“ vermieden werden, den Beschäftigten aber auch „zeitlicher und inhaltlicher Tätigkeitsspielraum“ verbleiben. Gefordert wird auch eine „rechtzeitige und ausreichend Information“ der Arbeitnehmer.
Diese Regelungsversuche wirken hilflos. Sie zeigen, dass nach wie vor eine große Unsicherheit darüber besteht, wie psychische Gefährdungen am Arbeitsplatz praxistauglich festgestellt und begrenzt werden können. Die damit verbundenen sachlichen Schwierigkeiten kann auch die Anti-Stress-Verordnung der IG Metall nicht lösen. Die Gewerkschaft räumt dementsprechend selbst ein, dass ihr Verordnungsvorschlag wegen der Vielfalt von Arbeitsplatz-Situationen sehr abstrakt bleiben muss.
Alternativen zu einer Rechtsverordnung 
Angesichts dieser Probleme ist die weitere Erforschung der Zusammenhänge von Arbeitsbelastungen und psychischen Erkrankungen derzeit wichtiger als der Versuch einer rechtlichen Regulierung. Einen Schritt in diese Richtung unternimmt die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), die derzeit an einem Handbuch mit dem Namen „Gefährdungsbeurteilung bei psychischer Belastung“ arbeitet. Es soll praktisch anwendbare Methoden der Belastungserfassung zusammenstellen und 2013 erscheinen.
Zu erwähnen sind hier auch die laufenden Arbeiten im Rahmen der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA), einer vom Bund, den Bundesländern und den Unfallversicherungsträgern vereinbarten Initiative zur Stärkung von Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz.
Auch der BKK Bundesverband ist mit 16 Kooperationspartnern aktiv geworden und führt seit 2009 ein Projekt zur Verbesserung des Schutzes der psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz durch. Das Projekt mit dem Namen „psyGA-transfer“ dient in erster Linie der Sensibilisierung von Entscheidungsträgern, dem Sammeln von Informationen und dem Austausch von Erfahrungen.
Neben diesen Projektarbeiten gibt es aber auch konkrete Empfehlungen für eine Beurteilung psychischer Gefährdungen durch die Arbeit, nämlich die Prüfliste Psychische Belastung der Unfallkasse des Bundes. Sie enthält einen allgemein verständlichen Fragebogen, der sich an Arbeitnehmer richtet bzw. von diesen auszufüllen ist und der die Grundlage für eine Gefährdungsbeurteilung ist. Darüber hinaus enthält die „Prüfliste“ aber auch Vorschläge, wie psychische Belastungen abgebaut werden können.
Fazit 
Es ist derzeit nicht damit zu rechnen, dass der von der IG Metallerarbeitete Entwurf einer Anti-Stress-Verordnung umgesetzt werden wird. Die Bundesregierung hat bereits abgewinkt. Aus ihrer Sicht gibt es bereits genügend viele rechtliche Instrumente, die wirkungsvoll gegen psychische Gesundheitsgefahren am Arbeitsplatz eingesetzt werden können.
Trotzdem ist der Vorstoß der IG Metall richtig, denn das Thema psychische Belastungen bei der Arbeit verdient politische Aufmerksamkeit. Daher ist es ärgerlich, wenn die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) den Zusammenhang von Arbeitsbelastungen und psychischen Erkrankungen mit der Behauptung beiseite wischt, die Ursachen psychischer Erkrankungen lägen „meist außerhalb des beruflichen Umfelds“. Denn selbst wenn das so sein sollte, würde es nichts dran ändern, dass auch Belastungen bei der Arbeit zu psychischen Erkrankungen führen können, und dagegen muss man dann eben etwas tun.
Als Vorbild kann der Betriebsrat von VW dienen. Er setzte für etwa 1.100 Mitarbeiter einen E-Mail-Stop außerhalb der Arbeitszeiten durch. Damit wurde zumindest der Stressfaktor „ständige Erreichbarkeit“ eingeschränkt.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- IG Metall, 27.06.2012: Anti-Stress-Verordnung - eine Initiative der IG Metall. Gute Arbeit braucht klare praktikable Regeln
- Pressemitteilung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 04.07.2012: Kein Stress mit dem Stress
- Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage Abgeordneten Krellmann u.a.: Psychische Belastungen am Arbeitsplatz, Drucksache 17/9478 vom 30.04.2012
- Zeit-Online vom 23.12.2011: Volkswagen verringert Handy-Stress
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)
- Handbuch Arbeitsrecht: Krankheit
- Handbuch Arbeitsrecht: Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten
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Letzte Überarbeitung: 29. Juni 2019
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Dr. Martin Hensche Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht HENSCHE Rechtsanwälte, Fachanwälte für Arbeitsrecht Kanzlei Berlin Lützowstraße 32, 10785 Berlin Telefon: 030 - 26 39 62 0 Telefax: 030 - 26 39 62 499 E-Mail: berlin@hensche.de |
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