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ARBEITSRECHT
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ENTSCHEIDUNGSREPORT FÜR DIE BETRIEBLICHE PRAXIS 02|2020

Update Arbeitsrecht 02|2020 vom 22.01.2020

Leitsatzreport

Arbeitsgericht Bonn: Missbräuchliche Klage eines Scheinbewerbers auf Entschädigung wegen vermeintlicher Diskriminierung

Arbeitsgericht Bonn, Urteil vom 23.10.2019, 5 Ca 1201/19

§§ 1, 3 Abs.1, 6 Abs.1, 7, 15, 22 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG); § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

Leitsätze des Gerichts:

1. Ein Bewerber, der Ansprüche wegen einer behaupteten Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes geltend macht, muss zumindest Indizien vortragen, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt ist (Anschluss an BAG 16. Mai 2019 - 8 AZR 315/18 - Rn. 15).

2. Das Entschädigungsverlangen eines Bewerbers ist rechtsmissbräuchlich, wenn er sich nicht beworben hat, um die ausgeschriebene Stelle zu erhalten, sondern zu dem Zweck, den Status eines Bewerbers iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG zu erlangen mit dem ausschließlichen Ziel, eine Entschädigung geltend zu machen (Anschluss an BAG 25. Oktober 2018 - 8 AZR 562/16 - Rn. 45).

3. Einzelfall zu einer durch die Gestaltung und den Inhalt des Bewerbungsschreibens provozierten Absage.

Hintergrund:

Ein 73-jähriger Rentner bewarb sich im Mai 2019 auf eine Stelle als „Ausbilder / Anleiter (Koch/Köchin)“. Die auf zwei Jahre befristete Stelle hatte eine öffentlich-rechtliche Qualifizierungseinrichtung ausgeschrieben, die in Trägerschaft der örtlichen Industrie- und Handelskammer und der Handwerkskammer tätig ist. Laut Ausschreibung wurden Fachanleiter aus den Bereichen Küche / Hauswirtschaft / Nähen gesucht. In dem Bewerbungsschreiben hieß es: „Mein Status Regel-Altersrentner, ich bitte um ein Gehaltsangebot auf Vollzeitbasis, auch ist mir eine Tätigkeit auf Honorarbasis möglich. Der Ausbildungsbereich Nähen kann von mir nicht erbracht werden. Wegen der Befristung benötige ich durch den Arbeitgeber ein Appartement in nächster Betriebsnähe.“ Nachdem der Bewerber nicht in die engere Auswahl genommen worden war, verlangte er eine Geldentschädigung gemäß § 15 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) von gut 11.000,00 EUR, und zwar mit der Begründung, er sei wegen seines (hohen) Alters abgewiesen worden. Das Arbeitsgericht wies seine Klage ab, denn es gab hier keine Diskriminierungsindizien im Sinne von § 22 AGG. Außerdem bewertete das Gericht die Klage als rechtsmissbräuchlich. Denn aus dem Bewerbungsschreiben ergaben sich ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger die Bewerbung nur verfasst hatte, um den formalen Status eines Bewerbers zu erlangen. In dem Bewerbungsschreiben fanden sich nämlich keine Hinweise auf die Qualifikation des Klägers. Stattdessen wurden in fordernden Ton unangemessene Forderungen erhoben, insbesondere nach der Stellung eines Appartements durch den Arbeitgeber.

Arbeitsgericht Bonn, Urteil vom 23.10.2019, 5 Ca 1201/19

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