Update Arbeitsrecht 07|2025 vom 31.07.2025
Leitsatzreport
Hessisches LAG: Bahnkunden können Streiks nicht gerichtlich verbieten lassen
Hessisches Landesarbeitsgericht, Beschluss vom 14.07.2025, 10 Ta 500/25
§§ 1004, 823 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB); § 17a Gerichtsverfassungsgesetz (GVG); §§ 567, 571, 572 Zivilprozessordnung (ZPO); §§ 11, 62 Abs.2, 78 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG)
Leitsätze des Gerichts:
1. Einem einzelnen Bahnkunden steht kein quasinegatorischer Anspruch gegen eine Gewerkschaft gerichtet auf Unterlassung bestimmter Streikmaßnahmen im Bahnverkehr zu.
2. Wird ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ohne mündliche Verhandlung im Beschlussweg zurückgewiesen, gilt für die Einlegung der hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde der Postulationszwang aus § 11 Abs.4 ArbGG nicht.
3. Wird erst nach Zurückweisung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung im Beschlussweg eine Rechtswegrüge erhoben, ist auch das Arbeitsgericht nach § 17a Abs.5 GVG an einer erneuten Prüfung der Rechtswegfrage im Abhilfeverfahren nach § 572 ZPO gehindert.
Hintergrund:
Ein Bahnkunde hatte am 15.11.2023 beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main im arbeitsgerichtlichen Eilverfahren beantragt, verschiedenen Mitgliedern der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) einen damals geplanten GDL-Streik auf bestimmten S-Bahnlinien untersagen zu lassen. Außerdem wollte er Bahnunternehmen verpflichten lassen, einen Ersatzverkehr einzurichten bzw. den Fernverkehr aufrechtzuerhalten. Das Arbeitsgericht wies den Antrag am nächsten Tag zurück, und zwar ohne mündliche Verhandlung und daher durch Beschluss und nicht durch Urteil (Beschluss vom 16.11.2023, 12 Ga 108/2). Dagegen legte der Antragssteller sofortige Beschwerde ein, und beanstandete nunmehr erstmals die Rechtswegzuständigkeit des Arbeitsgerichts (obwohl er selbst seinen Eilantrag beim Arbeitsgericht eingereicht hatte). Das Arbeitsgericht half der sofortigen Beschwerde nicht ab, so dass das Hessische Landesarbeitsgericht (LAG) über den Fall entscheiden musste. Wenig überraschend wies das LAG die sofortige Beschwerde zurück. Neben verfahrensrechtlichen Fragen erörterte das LAG knapp die Frage eines möglichen Unterlassungsanspruchs. Er bestand nicht. Denn dabei kommt es auf die sog. Wiederholungsgefahr an, die zum Zeitpunkt der LAG-Entscheidung nicht vorlag, denn die GDL plante im Juli 2025 keine Streiks. Außerdem sind Bahnkunden von Eisenbahnerstreiks nur mittelbar betroffen, d.h. sie werden nicht in eigenen Rechten verletzt. Die Möglichkeit der Nutzung von Bahndienstleistungen ist kein „sonstiges Recht“ im Sinne von § 823 Abs.1 oder Abs.2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), auf das ein Anspruch auf Unterlassung gestützt werden könnte. Bahnstreiks wirken sich auf Kunden nur als rechtlicher „Reflex“ aus.
Hessisches Landesarbeitsgericht, Beschluss vom 14.07.2025, 10 Ta 500/25
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