Update Arbeitsrecht 10|2025 vom 31.10.2025
Leitsatzreport
LAG Hamm: Geldentschädigung für lang andauernde unzulässige Videoüberwachung der gesamten Betriebsräume
Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 28.05.2025, 18 SLa 959/24
§§ 241 Abs.2, 253 Abs.2, 280 Abs.1, 823 Abs.1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB); § 26 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG); Art.6 Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO)
Leitsatz des Gerichts:
Eine permanente unzulässige Überwachung nahezu der gesamten Betriebsräume und des Arbeitsplatzes über einen Zeitraum von 22 Monaten trotz Widerspruchs des betroffenen Arbeitnehmers stellt eine schwere Verletzung des Persönlichkeitsrechts dar und rechtfertigt die Zuerkennung einer Geldentschädigung in Höhe von 15.000 Euro.
Hintergrund:
Ein gewerblicher Arbeitnehmer hatte seinen Arbeitgeber, ein stahlverarbeitendes Unternehmen, auf Geldentschädigung verklagt, weil das Unternehmen mit einer Vielzahl von Kameras die gesamten Betriebsräume und insbesondere die Produktionshalle und den Arbeitsplatz des Arbeitnehmers von Januar 2023 bis Oktober 2024, d.h. 22 Monate lang, arbeitstäglich durchgehend überwachte. Außerhalb der Pausen-, Umkleide- und Sanitärräume gab es praktisch keinen Raum ohne Kameraüberwachung, in den sich der Arbeitnehmer hätte zurückziehen können. Der Arbeitnehmer wurde bei seiner Arbeit von hinten aufgenommen und beim Verlassen des Arbeitsplatzes von vorn. Es bestand auch die Möglichkeit, das Kamerabild zu zoomen. Zudem war der Zugriff auf die Bilddaten jederzeit durch mehrere Personen möglich. Neben der Möglichkeit, Einsicht in aufgezeichnete Kameradaten durch nachträgliches Abspielen zu nehmen, konnten die Kameraaufzeichnungen auch live betrachtet werden. Das Unternehmen hatte sich zwar in einem zuvor geführten arbeitsgerichtlichen Prozess im November 2023 gegenüber dem Arbeitnehmer zur Auskunft über die betriebenen Kameras verpflichtet und war im Nachgang dazu, im Dezember 2023, von dem Arbeitnehmer auf die Unverhältnismäßigkeit der Überwachung hingewiesen worden, änderte sein Verhalten aber nicht. Unter Berücksichtigung des hohen Anpassungsdrucks infolge der durchgehenden Kameraüberwachung verurteilte das Arbeitsgericht Dortmund das Unternehmen zu einer Entschädigung von 15.000,00 EUR (Urteil vom 13.09.2024, 3 Ca 1093/24). Die Berufung des Unternehmens hatte vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm keinen Erfolg. Als Anspruchsgrundlage stützte sich das LAG auf §§ 241 Abs.2, 253 Abs.2, 280 Abs.1, 823 Abs.1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Denkbare Rechtfertigungsgründe gemäß § 26 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) und Art.6 Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) ließ das LAG nicht gelten.
Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 28.05.2025, 18 SLa 959/24
Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:
![]() |
Dr. Martin Hensche Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hensche@hensche.de |
![]() |
Christoph Hildebrandt Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hildebrandt@hensche.de |
![]() |
Nina Wesemann Rechtsanwältin Fachanwältin für Arbeitsrecht Kontakt: 040 / 69 20 68 04 wesemann@hensche.de |



