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ARBEITSRECHT
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ENTSCHEIDUNGSREPORT FÜR DIE BETRIEBLICHE PRAXIS 02|2024

Update Arbeitsrecht 02|2024 vom 24.01.2024

Leitsatzreport

BAG: Vorstellungsgespräch mit Schwerbehinderten bei Terminproblemen, Genderstern in Stellenanzeige

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.11.2023, 8 AZR 164/22

§§ 2 Abs.2; 151 Abs.1; 165 Satz 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX); §§ 1, 2, 3, 7, 11, 15, 22 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

Leitsatz des Gerichts:

Die Pflicht des öffentlichen Arbeitgebers zur Einladung schwerbehinderter Menschen zu einem Vorstellungsgespräch nach § 165 Satz 3 SGB IX beinhaltet auch das Erfordernis einen Ersatztermin anzubieten, wenn der sich bewerbende schwerbehinderte Mensch seine Verhinderung vor der Durchführung des vorgesehenen Termins unter Angabe eines hinreichend gewichtigen Grundes mitteilt und dem Arbeitgeber die Durchführung eines Ersatztermins zumutbar ist.

Hintergrund:

Eine zweigeschlechtliche schwerbehinderte Person bewarb sich - unter Hinweis auf die bestehende Schwerbehinderung und die Zweigeschlechtlichkeit - auf die Stellenausschreibung einer Hessischen Gemeinde, mit der diese für ihre Ausländerbehörde „Fallmanager*innen im Aufenthaltsrecht“ suchte. Nachdem das Bewerbungsverfahren ohne Erfolg geblieben war, erhob die schwerbehinderte Person Klage auf Entschädigung gemäß § 15 Abs.2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wegen einer angeblichen Diskriminierung wegen der Behinderung und des Geschlechts. Denn die Stadt hatte sie zwar zum Vorstellungsgespräch im November 2019 eingeladen, wozu sie gemäß § 165 Satz 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) verpflichtet war, doch lehnte die klagende Partei diesen Termin ab mit der Begründung, sie habe an diesem Tag „schon einen anderen Termin in Brandenburg“. Daraufhin bot die Stadt, auch wegen der Vielzahl der durchzuführenden Bewerbungsgespräche, keinen Ersatztermin an. Den Vorwurf der geschlechtsbedingten Diskriminierung stützte die klagende Partei auf die Verwendung des Gendersternchens in der Stellenannonce. Denn damit würden zwei- oder zwischengeschlechtliche Personen ausgegrenzt. Die Klage hatte weder vor dem Arbeitsgericht Gießen (Urteil vom 19.05.2020, 9 Ca 8/20) noch vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht (LAG) Erfolg (Hessisches LAG, Urteil vom 05.11.2021, 3 Sa 840/20). Auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied den Fall zugunsten der beklagten Stadt. Denn da die klagende Partei keinen Grund für die Terminkollision genannt hatte, war die Stadt nicht zu einem ersatzweisen Vorstellungstermin verpflichtet, so das BAG. Und die Verwendung des Gendersterns bei der Stellenausschreibung ist kein Indiz für eine geschlechtsbedingte Diskriminierung zweigeschlechtlicher Bewerber im Auswahlverfahren.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.11.2023, 8 AZR 164/22

 

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