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ARBEITSRECHT
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ENTSCHEIDUNGSREPORT FÜR DIE BETRIEBLICHE PRAXIS 07|2021

Update Arbeitsrecht 07|2021 vom 07.04.2021

Leitsatzreport

LAG Baden-Württemberg: Der Koch eines evangelischen Kindergartens ist nicht verkündungsnah tätig

Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 10.02.2021, 4 Sa 27/20

§ 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB); Art.3, 4 Grundgesetz (GG); § 9 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG); Art.4 Abs.2 Richtlinie 2000/78/EG vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (Richtlinie 2000/78/EG)

Leitsätze der Redaktion:

1. Dass ein Koch, der bei einer evangelischen Gesamtkirchengemeinde angestellt ist und für diese in einer konfessionell gebundenen Kindertagesstätte arbeitet, der evangelischen Kirche angehört, ist weder nach der Art der Tätigkeiten noch nach den Umständen ihrer Ausübung eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts des Ethos der evangelischen Gesamtkirchengemeinde im Sinne von Art.4 Abs.2 Richtlinie 2000/78/EG.

2. Die Zugehörigkeit eines Kindertagesstätten-Kochs zur evangelischen Kirche stellt keine gerechtfertigte berufliche Anforderung im Sinne von § 9 Abs.1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) dar.

3. Die außerordentliche fristlose Kündigung eines Kindertagesstätten-Kochs wegen des Austritts aus der evangelischen Kirche durch die evangelische Gesamtkirchengemeinde als Arbeitgeber ist nicht durch einen wichtigen Grund im Sinne von § 626 Abs.1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gerechtfertigt. Eine solche Kündigung wäre im Übrigen auch dann, wenn sie wegen des Kirchenaustritts an sich durch einen wichtigen Grund gerechtfertigt wäre, im Hinblick auf ihre Fristlosigkeit unverhältnismäßig.

Hintergrund:

Ein seit 1995 beschäftigter Koch einer evangelischen Kindertagesstätte, die von einer evangelischen Gesamtkirchengemeinde betrieben wurde, trat im Juni 2019 aus der evangelischen Kirche aus. Aufgrund seiner langen Beschäftigung war er nach den Regelungen der Kirchlichen Anstellungsordnung, auf die im Arbeitsvertrag verwiesen wurde, ordentlich unkündbar. Der Arbeitgeber bewertete den Kirchenaustritt als bewusste Abkehr von der christlichen Dienstgemeinschaft und als einen groben Vertragsverstoß. Daher sprach er eine außerordentliche und fristlose Kündigung aus, gegen die sich der Koch mit Erfolg vor dem Arbeitsgericht Stuttgart mit einer Kündigungsschutzklage zur Wehr setzte (Arbeitsgericht Stuttgart, Urteil vom 12.03.2020, 22 Ca 5625/19). Auch das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg bewertete die Kündigung als unwirksam, wobei es sich auf die einschlägige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Bundesarbeitsgerichts (BAG) berief (EuGH, Urteil vom Urteil vom 11.09.2018, C-68/17 - Chefarzt; BAG, Urteil vom 20.02.2019, 2 AZR 746/14 - Chefarzt).

Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 10.02.2021, 4 Sa 27/20

 

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