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ARBEITSRECHT
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ENTSCHEIDUNGSREPORT FÜR DIE BETRIEBLICHE PRAXIS 08|2021

Update Arbeitsrecht 08|2021 vom 21.04.2021

Leitsatzreport

LAG Rheinland-Pfalz: Pflicht zum Hinweis auf Verfall des Zusatzurlaubs Schwerbehinderter nur bei Kenntnis der Schwerbehinderung

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.01.2021, 5 Sa 267/19

§ 7 Abs.3, 4 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG); Art.7 Richtlinie 2003/88/EG; § 208 Abs.1 Satz 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) / § 125 Abs.1 SGB IX alte Fassung (bis 31.12.2017)

Leitsatz des Gerichts:

Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, jeden Arbeitnehmer anlasslos und gleichsam prophylaktisch auf den Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen hinzuweisen. Solange er nicht weiß, dass der Arbeitnehmer ein schwerbehinderter Mensch ist, braucht er einen Zusatzurlaub nicht anzubieten. (Rn.21)

Hintergrund:

Ein schwerbehinderter Arbeitnehmer mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 war von Mitte August 2016 bis Mitte Februar 2019 in einem Unternehmen als Sicherheitskraft beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch Eigenkündigung des Arbeitnehmers. Da der Arbeitgeber es unterlassen hatte, den Arbeitnehmer vorab auf die Gefahr des Untergangs von gesetzlichen Urlaubsansprüchen zum Jahresende gemäß § 7 Abs.3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) hinzuweisen, klagte der Arbeitnehmer nach seinem Ausscheiden auf Urlaubsabgeltung, u.a. für den nicht gewährten fünftägigen Zusatzurlaub pro Jahr, der ihm als schwerbehindertem Menschen gesetzlich zusteht (gemäß § 208 Abs.1 SGB IX bzw. bis zum 31.12.2017 gemäß § 125 Abs.1 SGB IX alte Fassung). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Bundesarbeitsgerichts (BAG) besteht eine solche Hinweispflicht bezüglich der gesetzlichen Urlaubsansprüche (EuGH, Urteil vom 06.11.2018, C-684/16 [Shimizu], Rn.45; BAG, Urteil vom 19.02.2019, 9 AZR 541/15, Rn.30), wozu auch der Schwerbehinderten-Zusatzurlaub gehört. Das Arbeitsgericht Trier gab der Klage auch bzgl. der Abgeltung der Sonderurlaubstage statt. Nach seiner Ansicht sind Arbeitgeber auch dann verpflichtet, schwerbehinderte Arbeitnehmer auf den drohenden Verfall ihres Zusatzurlaubs hinzuweisen, wenn ihnen die Schwerbehinderung nicht bekannt ist (Urteil vom 15.05.2019, 4 Ca 160/19). Hier war das LAG anderer Meinung und wies die Klage ab. Das LAG hat die Revision zum BAG zugelassen, wo der Fall inzwischen liegt (AZ des BAG: 9 AZR 143/21).

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.01.2021, 5 Sa 267/19

 

Handbuch Arbeitsrecht: Schwerbehinderung, schwerbehinderter Mensch

Handbuch Arbeitsrecht: Urlaub, Urlaubsanspruch

Handbuch Arbeitsrecht: Urlaubsabgeltung

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