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ARBEITSRECHT
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ENTSCHEIDUNGSREPORT FÜR DIE BETRIEBLICHE PRAXIS 25|2022

Update Arbeitsrecht 25|2022 vom 14.12.2022

Leitsatzreport

Arbeitsgericht Bonn: Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Einführung agiler Arbeitsformen

Arbeitsgericht Bonn, Beschluss vom 06.10.2022, 3 BV 116/22

§ 87 Abs.1 Nr.13 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)

Leitsätze des Gerichts:

Bei der Überprüfung, ob die Durchführung von agilem Arbeiten in einem Unternehmen der Mitbestimmung des Betriebsrats unterfällt, ist auf die konkreten Arbeitsweisen der einzelnen Gruppen abzustellen.

Ein Antrag, der allgemein die Unterlassung von agilem Arbeiten ohne Mitbestimmung des Betriebsrats begehrt, ist als Globalantrag unbegründet.

Agiles Arbeiten kann in Form von (teil-)autonomer Gruppenarbeit i.S.v. § 87 Abs.1 Nr.13 BetrVG erfolgen. Agiles Arbeiten ist im Regelfall durch autark handlungsfähige und selbstorganisierte Teams geprägt.

Dabei kommt es aber maßgeblich auf die konkrete Ausgestaltung und deren Subsumtion unter die anerkannten Merkmale der Gruppenarbeit nach § 87 Abs. Nr. 13 BetrVG im Einzelfall an.

Nach der Ausschöpfung des Untersuchungsgrundsatzes überprüft das Gericht den erfolgten und als „rudimentär“ gewerteten Sachvortrag aufgrund einer abgestuften Darlegungslast anhand der typischen Prägung der agilen Arbeit. Hat der Betriebsrat tatsächliche Umstände für ein Bestehen eines Mitbestimmungsrechts vorgetragen, muss der Arbeitgeber dem durch eigenen Sachvortrag entgegentreten. Unsubstantiiertes Bestreiten und eigene Wertungen erfüllen diese Darlegungslast nicht.

Hintergrund:

Der Gesamtbetriebsrat eines Großunternehmens stritt sich mit dem Arbeitgeber über die Frage, ob die im Unternehmen seit 2019 durchgeführte Projektarbeit in Form agiler Scrum-Teams der Mitbestimmung gemäß § 87 Abs.1 Nr.13 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) unterliegt. Nach § 87 Abs.1 Nr.13 BetrVG sind die Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit mitbestimmungspflichtig. Dabei liegt Gruppenarbeit vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt. Nachdem die Beteiligten für Januar 2019 bis Juli 2021 eine Pilot-Gesamtbetriebsvereinbarung zur Einführung und Anwendung agiler Arbeitsmethoden geschlossen bzw. mehrfach verlängert hatten, blieben Verhandlungen über den Abschluss einer neuen Gesamtbetriebsvereinbarung erfolglos. Da die Projektarbeit in Form agiler Scrum-Teams im Unternehmen über den Juli 2021 hinaus fortgeführt wurde, zog der Gesamtbetriebsrat vor Gericht und beantragte mit einer Vielzahl von Anträgen, die jeweils verschiedene Teams betrafen, es dem Arbeitgeber aufzugeben, die weitere „Durchführung von agiler Gruppenarbeit“ in den jeweils bezeichneten Teams zu unterlassen. Dabei beschrieb der Gesamtbetriebsrat genauer als der Arbeitgeber die Eigenarten der im Unternehmen durchgeführten agilen Teamarbeit. Daher ging das Verfahren im Wesentlichen zu seinen Gunsten aus.

Arbeitsgericht Bonn, Beschluss vom 06.10.2022, 3 BV 116/22

 

Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsrat

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