Update Arbeitsrecht 05|2025 vom 31.05.2025
Leitsatzreport
LAG Berlin-Brandenburg: Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Einstellung einer örtlich nicht anwesenden Vorgesetzten
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16.12.2024, 10 TaBV 1088/23
§§ 99, 101 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)
Leitsatz des Gerichts:
Es kommt für eine Eingliederung in den Betrieb nicht darauf an, ob die Matrix-Manager dem disziplinarischen Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegen.
Hintergrund:
Der Betriebsrat eines in Hennigsdorf bei Berlin gelegenen Betriebs mit 230 bis 270 Arbeitnehmern stritt mit der Betriebsleitung u.a. über die Frage, ob eine Führungskraft, Frau Dr. A., die auf der Grundlage eines österreichischen Arbeitsvertrags mit Arbeitssitz in Österreich bei einer anderen konzernzugehörigen Gesellschaft angestellt war, aufgrund ihrer Führungsverantwortung gegenüber fünf Arbeitnehmern des Hennigsdorfer Betriebs dort im Sinne von § 99 Abs.1 Satz 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) eingestellt worden war. Unstreitig war zwischen den Betriebsparteien, dass Frau Dr. A. das fachliche Weisungsrecht gegenüber den fünf Hennigsdorfer Mitarbeitern hatte, ob auch das disziplinarische Weisungsrecht, war zwischen den Parteien streitig. Im Sommer 2022 verlangte der Betriebsrat von der Geschäftsleitung, die Beteiligung gemäß § 99 Abs.1 Satz 1 BetrVG bzgl. der „Einstellung“ u.a. von Frau Dr. A nachzuholen, d.h. den Betriebsrat zu informieren und um Zustimmung zu bitten. Nachdem die Geschäftsleitung dies abgelehnt hatte, zog der Betriebsrat vor Gericht mit dem Antrag, dem Arbeitgeber gemäß § 101 Satz 1 BetrVG aufzugeben, die streitige Maßnahme aufzuheben (d.h. Frau Dr. A. vorerst nicht mehr „in Hennigsdorf“ einzusetzen). Das Arbeitsgericht Neuruppin wies den Antrag zurück, da es meinte, hier läge keine „Einstellung“ vor (Beschluss vom 22.08.2023, 2 BV 18/22). Das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg dagegen gab der Beschwerde des Betriebsrats statt und verpflichtete den Arbeitgeber, die Einstellung von Frau Dr. A im Hennigsdorfer Betrieb aufzuheben, solange die Zustimmung zu ihrer Einstellung nicht vom Betriebsrat erteilt oder im Fall der Zustimmungsverweigerung arbeitsgerichtlich ersetzt wurde. Entscheidend war für das LAG, dass die fachliche und (zumindest teilweise gegebene) disziplinarische Führungstätigkeit von Frau Dr. A keine anderen Aspekte beinhaltete als die der vor Ort ansässigen Führungskräfte, die unstreitig in den Hennigsdorfer Betrieb eingegliedert waren. Ob Frau Dr. A. ihrerseits durch einen in Hennigsdorf tätigen Vorgesetzten angeleitet wurde oder nicht, spielte für das LAG keine Rolle (tatsächlich berichtete Frau Dr. A. an einen in Großbritannien tätigen Vorgesetzten). Das LAG hat die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht (BAG) zugelassen, wo der Fall inzwischen liegt (Aktenzeichen des BAG: 1 ABR 18/25). Das BAG wird die Entscheidung des LAG voraussichtlich bestätigen, da es bereits vor einigen Jahren in diesem Sinne entschieden hat (BAG, Beschluss vom 12.06.2019, 1 ABR 5/18, s. dazu Update Arbeitsrecht 01|2019).
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16.12.2024, 10 TaBV 1088/23
Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 12.06.2019, 1 ABR 5/18
Handbuch Arbeitsrecht: Leitender Angestellter
Handbuch Arbeitsrecht: Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten
Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:
![]() |
Dr. Martin Hensche Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hensche@hensche.de |
![]() |
Christoph Hildebrandt Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hildebrandt@hensche.de |
![]() |
Nina Wesemann Rechtsanwältin Fachanwältin für Arbeitsrecht Kontakt: 040 / 69 20 68 04 wesemann@hensche.de |