Update Arbeitsrecht 05|2025 vom 31.05.2025
Leitsatzreport
LAG Niedersachsen: Einsatzort von Leiharbeitnehmern als Gerichtsstand des gewöhnlichen Arbeitsorts
Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Beschluss vom 08.04.2025, 9 SHa 284/25
§ 48 Abs.1, Abs.1a Satz 1 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG); § 17a Abs.2, Abs.3 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG)
Leitsätze des Gerichts:
1. Für den gewöhnlichen Arbeitsort im Sinne von § 48 Abs. 1a Satz 1 ArbGG ist auf den tatsächlichen Einsatzort abzustellen. Der tatsächliche Einsatzort eines Leiharbeitnehmers ist daher grundsätzlich der Gerichtsstand des gewöhnlichen Arbeitsorts.
2. Zur Durchbrechung der Rechtskraft eines Beschlusses über eine örtliche Unzuständigkeit eines Arbeitsgerichts bei Abweichen vom gesetzlichen Regelungszweck
Hintergrund:
Gemäß § 48 Abs.1a Satz 1 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) ist für die praktisch wichtigsten arbeitsrechtlichen Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis, insbesondere für Lohn- und Kündigungsschutzklagen, auch das Arbeitsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet oder zuletzt gewöhnlich verrichtet hat. Der klagende Arbeitnehmer muss daher nicht unbedingt am Ort des Sitzes oder einer Niederlassung seines Arbeitgebers klagen, wie dies in §§ 12, 17 und 21 Zivilprozessordnung (ZPO) vorgesehen ist, sondern kann auch „bequem“ vor dem Arbeitsgericht klagen, das für seinen gewöhnlichen Arbeitsort örtlich zuständig ist. Im Falle der Kündigungsschutzklage eines zuletzt in seinem Gerichtsbezirk eingesetzten Leiharbeitnehmers hatte das Arbeitsgericht Nienburg die Ansicht vertreten, dass bei Leiharbeitnehmern der Gerichtsstand des gewöhnlichen Arbeitsorts nicht angewandt werden könne. Denn bei Leiharbeitnehmern ließen sich ein inhaltlicher Schwerpunkt und damit ein gewöhnlicher Arbeitsort in einem Gerichtsbezirk nicht feststellen. Außerdem sehe der Arbeitsvertrag des Klägers vor, dass er an verschiedenen Orten arbeiten müsse (Arbeitsgericht Nienburg, Beschluss vom 11.03.2025, 15 Ca 1740/25). Das Arbeitsgericht Frankfurt, an das das Arbeitsgericht Nienburg den Prozess verwiesen hatte, sah das anders und legte dem Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen den Fall zur Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts vor. Obwohl Beschlüsse über die örtliche Zuständigkeit von Arbeitsgerichten gemäß § 17a Abs.2 und 3 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) und § 48 Abs.1 Nr.1 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) eigentlich unanfechtbar sind, hob das LAG den Beschluss des Arbeitsgerichts Nienburg hier ausnahmsweise doch auf, da dieser Beschluss „offensichtlich“ gesetzeswidrig war.
Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Beschluss vom 08.04.2025, 9 SHa 284/25
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