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ARBEITSRECHT
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ENTSCHEIDUNGSREPORT FÜR DIE BETRIEBLICHE PRAXIS 17|2023

Update Arbeitsrecht 17|2023 vom 23.08.2023

Leitsatzreport

LAG Nürnberg: Keine Einigungsstelle ohne vorherigen Versuch der innerbetrieblichen Einigung

Landesarbeitsgericht Nürnberg, Beschluss vom 17.07.2023, 4 TaBV 10/23

§§ 74 Abs.1 Satz 2; 76; § 87 Abs.1 Nr.7 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG); § 100 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG)

Leitsatz der Redaktion:

Für einen Antrag auf gerichtliche Einsetzung einer Einigungsstelle nach § 100 ArbGG fehlt das Rechtsschutzinteresse, wenn die Betriebsparteien nicht zuvor einen gemäß § 74 Abs.1 Satz 2 BetrVG vorgesehenen Versuch einer gütlichen Einigung unternommen haben, sondern wenn eine Partei sofort einen Antrag gemäß § 100 ArbGG stellt. Zu dem Versuch einer gütlichen Einigung gehört, dass die antragstellende Partei die Kernelemente ihrer Verhandlungsposition gegenüber der anderen Partei darstellt.

Hintergrund:

Am 15.12.2022 beschloss der Betriebsrat eines Betriebs mit 59 Arbeitnehmern, von seinem Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs.1 Nr.7 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) Gebrauch zu machen und den Arbeitgeber unter Hinzuziehung einer Anwältin und einer weiteren externen Sachverständigen zu Verhandlungen aufzufordern. Der Arbeitgeber lehnte die Hinzuziehung ab. In einem Termin am 19.01.2023 sprachen die Beteiligten v.a. über die Erforderlichkeit der Hinzuziehung externen Sachverstandes, ohne eine Einigung zu erzielen. In seiner Sitzung am 03.02.2023 beschloss der Betriebsrat, die Verhandlungen zu einer Betriebsvereinbarung mit den folgenden beiden Themen für gescheitert zu erklären: Aufstellung der Verfahrensreglungen zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen und Aufstellung der Verfahrensreglungen zur Gefährdungsbeurteilung Raumklima. Auf dieser Grundlage beantragte der Betriebsrat beim Arbeitsgericht die Einsetzung einer Einigungsstelle zu diesen Themen, bei drei Beisitzern pro Seite und unter dem Vorsitz eines vom Betriebsrat genannten Vorsitzenden. Das Arbeitsgericht Bayreuth gab dem Antrag statt, setzte die Anzahl der Beisitzer aber auf zwei pro Seite fest (Beschluss vom 18.04.2023, 3 BV 2/23). Auf die Beschwerde des Arbeitgebers hin wies das Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg den Antrag ab (Beschluss vom 17.07.2023, 4 TaBV 10/23). Denn der Betriebsrat hatte vor Einreichung des Antrags auf gerichtliche Einsetzung einer Einigungsstelle die Kernelemente seiner Verhandlungsposition nicht deutlich gemacht. Daher gab es auch vorgerichtlich keinen Versuch einer gütlichen Einigung im Sinne von § 74 Abs.1 Satz 2 BetrVG.

Landesarbeitsgericht Nürnberg, Beschluss vom 17.07.2023, 4 TaBV 10/23

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