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BAG, Ur­teil vom 17.03.2010, 7 AZR 640/08

   
Schlagworte: Befristung: Sachgrundlos, Befristung: Vorübergehender Bedarf
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 7 AZR 640/08
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 17.03.2010
   
Leitsätze: Ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrags wegen eines nur vorübergehenden Bedarfs an der Arbeitsleistung gem. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG liegt nicht vor, wenn dem Arbeitnehmer Daueraufgaben übertragen werden, die von dem in der Dienststelle beschäftigten Stammpersonal wegen einer von vornherein unzureichenden Personalausstattung nicht erledigt werden können.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Dresden, Urteil vom 12.09.2007, 6 Ca 3984/06
Sächsisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 24.06.2008, 7 Sa 710/07
   


BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT


7 AZR 640/08
7 Sa 710/07

Säch­si­sches
Lan­des­ar­beits­ge­richt

 

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am

17. März 2010

UR­TEIL

Schie­ge, Ur­kunds­be­am­ter

der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Kläge­rin, Be­ru­fungs­be­klag­te und Re­vi­si­onskläge­rin,

pp.

Be­klag­te, Be­ru­fungskläge­rin und Re­vi­si­ons­be­klag­te,

hat der Sieb­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 9. De­zem­ber 2009 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Lin­sen­mai­er, die Rich­te­rin am Bun­des­ar­beits­ge­richt Gräfl,
 


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den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Dr. Kiel so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Kley und Busch für Recht er­kannt:

Auf die Re­vi­si­on der Kläge­rin wird das Ur­teil des Säch­si­schen Lan­des­ar­beits­ge­richts vom 24. Ju­ni 2008 - 7 Sa 710/07 - auf­ge­ho­ben.
Die Sa­che wird zur neu­en Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das Lan­des­ar­beits­ge­richt zurück­ver­wie­sen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten darüber, ob ihr Ar­beits­verhält­nis auf­grund Be­fris­tung am 30. Sep­tem­ber 2006 ge­en­det hat.

Die Kläge­rin war vom 1. Ju­li 2001 bis zum 31. De­zem­ber 2002 als Sach­be­ar­bei­te­rin bei der Be­klag­ten im Ar­beits­amt D beschäftigt. Mit Ar­beits­ver­trag vom 12. Au­gust 2005 wur­de sie für die Zeit vom 15. Au­gust 2005 bis zum 31. De­zem­ber 2005 nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Tz­B­fG be­fris­tet als Sach­be­ar­bei­te­rin in der Be­ar­bei­tungs­stel­le SGG der Be­klag­ten in D ein­ge­stellt. Am 30. De­zem­ber 2005 schlos­sen die Par­tei­en ei­ne Ände­rungs­ver­ein­ba­rung. Da­nach wur­de die Kläge­rin nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Tz­B­fG be­fris­tet bis zum 30. Sep­tem­ber 2006 wei­ter­beschäftigt. In ei­nem von der Kläge­rin und ei­nem Ver­tre­ter der Be­klag­ten un­ter­zeich­ne­ten Ver­merk vom 30. De­zem­ber 2005 heißt es ua.:


„...

Frau Z wur­de für die Zeit vom 15.08.2005 bis zum 31.12.2005 ne­ben sechs wei­te­ren zusätz­li­chen Mit­ar­bei­tern und Mit­ar­bei­te­rin­nen be­fris­tet ein­ge­stellt mit dem Ziel, die zum Stand 31. Ju­li 2005 be­ste­hen­den Be­ar­bei­tungsrückstände (5.387 un­er­le­dig­te Wi­dersprüche bzw. 14,6 Mo­na­te Be­ar­bei­tungsrück­stand) in der Be­ar­bei­tungs­stel­le für An­ge­le­gen­hei­ten nach dem So­zi­al­ge­richts­ge­setz auf die Hälf­te zu re­du­zie­ren. Im Be-
 


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fris­tungs­zeit­raum konn­ten 4.857 Wi­dersprüche (durch­schnitt­lich 670 Wi­dersprüche pro Sach­be­ar­bei­ter/-in zum Stand 30. No­vem­ber 2005) er­le­digt wer­den. Die ursprüng­li­che Ziel­stel­lung wur­de je­doch nicht er­reicht. Zum Stand 30.11.2005 lag der Be­ar­bei­tungsrück­stand in der Be­ar­bei­tungs­stel­le für An­ge­le­gen­hei­ten nach dem So­zi­al­ge­richts­ge­setz bei 10,2 Mo­na­ten (4.524 un­er­le­dig­te Wi­dersprüche). Geschäfts­po­li­ti­sche Ziel­stel­lung ist es, die Be­ar­bei­tungsrückstände in der Wi­der­spruchs­stel­le bis 30.09.2006 deut­lich un­ter drei Mo­na­te zu re­du­zie­ren. Aus­ge­hend von der er­ho­be­nen Zahl der Rückstände ist die­ses Ziel mit der vor­han­de­nen Per­so­nal­ka­pa­zität von 7,25 Sach­be­ar­bei­ter/-in­nen nicht zu er­rei­chen. Viel­mehr er­gibt sich ein zusätz­li­cher vorüber­ge­hen­der Per­so­nal­be­darf von 75,4 Mo­nats­kräften. Dafür wer­den der Agen­tur für Ar­beit D im Per­so­nal­haus­halt zusätz­li­che Mit­tel be­reit­ge­stellt un­ter der Vor­aus­set­zung, dass die Be­ar­bei­tungsrückstände bei Un­ter­stel­lung gleich­blei­ben­der Be­las­tungs­verhält­nis­se in der Wi­der­spruchs­stel­le und un­ter der Prämis­se, dass die Zu­satz­kräfte durch­schnitt­lich drei Wi­dersprüche pro Tag be­ar­bei­ten, bis zum En­de der Be­fris­tungs­dau­er na­he­zu auf­ge­ar­bei­tet sind.

...“


In dem vom Vor­stand der Be­klag­ten am 26. Ok­to­ber 2005 und vom Ver­wal­tungs­rat am 11. No­vem­ber 2005 auf­ge­stell­ten Haus­halts­plan für das Jahr 2006 sind in Ka­pi­tel 5/Ti­tel 425 02 „Vergütun­gen der Kräfte mit be­fris­te­tem Ar­beits­ver­trag“ Mit­tel in Höhe von 14,9 Mio. Eu­ro aus­ge­wie­sen. In der An­la­ge 2 zum Haus­halts­plan ist un­ter der Über­schrift „Ermäch­ti­gun­gen für Kräfte mit be­fris­te­tem Ar­beits­ver­trag und Ar­bei­ter“ für die Dienst­stel­len „RD, AA, bes. DSt.“ zu Ti­tel 425 02 für das Jahr 2006 die Zahl 538 an­ge­ge­ben.

Mit der am 13. Ok­to­ber 2006 beim Ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen Kla­ge hat sich die Kläge­rin ge­gen die Be­en­di­gung ih­res Ar­beits­verhält­nis­ses auf­grund der Be­fris­tung zum 30. Sep­tem­ber 2006 ge­wandt und ih­re Wei­ter­beschäfti­gung für die Dau­er des Rechts­streits ver­langt. Sie hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die Be­fris­tung sei nicht nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Tz­B­fG ge­recht­fer­tigt. Der Be­darf an ih­rer Ar­beits­leis­tung ha­be nicht nur vorüber­ge­hend, son­dern dau­er­haft be­stan­den. Das übli­cher­wei­se in der Be­ar­bei­tungs­stel­le an­fal­len­de Ar­beits­pen­sum könne mit den planmäßig Beschäftig­ten nicht bewältigt wer­den.

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Des­halb sei­en im­mer wie­der Ar­beit­neh­mer be­fris­tet ein­ge­stellt wor­den. Außer­dem ha­be die Be­klag­te ih­re Pro­gno­se zum Ab­bau der un­be­ar­bei­te­ten Wi­dersprüche feh­ler­haft er­stellt. Auf § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 Tz­B­fG könne sich die Be­klag­te zur Recht­fer­ti­gung der Be­fris­tung nicht be­ru­fen. Die Vor­aus­set­zun­gen für ei­ne Be­fris­tung nach die­ser Vor­schrift lägen nicht vor.

Die Kläge­rin hat be­an­tragt, 


1. fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en nicht durch die Be­fris­tung zum 30. Sep­tem­ber 2006 be­en­det wur­de,

2. die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, die Kläge­rin über den Ab­lauf des 30. Sep­tem­ber 2006 hin­aus zu un­geänder­ten Be­din­gun­gen als Sach­be­ar­bei­te­rin SGG ent­spre­chend der maßgeb­li­chen Ent­wick­lungs­stu­fe der Tätig­keits­ebe­ne IV des Ta­rif­ver­tra­ges-BA mit ei­ner re­gelmäßigen wöchent­li­chen Ar­beits­zeit von 30 St­un­den bis zum rechts­kräfti­gen Ab­schluss des Ver­fah­rens wei­ter zu beschäfti­gen.

Die Be­klag­te hat Kla­ge­ab­wei­sung be­an­tragt und ge­meint, die Be­fris­tung sei so­wohl we­gen ei­nes nur vorüber­ge­hen­den Be­darfs an der Ar­beits­leis­tung der Kläge­rin als auch aus haus­halts­recht­li­chen Gründen ge­recht­fer­tigt.


Das Ar­beits­ge­richt hat der Kla­ge statt­ge­ge­ben. Auf die Be­ru­fung der Be­klag­ten hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Mit der Re­vi­si­on be­gehrt die Kläge­rin die Wie­der­her­stel­lung der erst­in­stanz­li­chen Ent­schei­dung. Die Be­klag­te be­an­tragt die Zurück­wei­sung der Re­vi­si­on.


Ent­schei­dungs­gründe

Die Re­vi­si­on ist be­gründet. Sie führt zur Auf­he­bung des Be­ru­fungs­ur­teils und zur Zurück­ver­wei­sung des Rechts­streits an das Lan­des­ar­beits­ge­richt (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 ZPO). Mit der vom Lan­des­ar­beits­ge­richt ge­ge­be­nen Be­gründung kann die Kla­ge nicht ab­ge­wie­sen wer­den. Dem Se­nat ist ei­ne ab­sch­ließen­de Sach­ent­schei­dung darüber, ob die in der Ände­rungs­ver­ein­ba­rung vom 30. De­zem­ber 2005 ver­ein­bar­te Be­fris­tung zum 30. Sep­tem­ber
 


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2006 we­gen ei­nes vorüber­ge­hen­den Be­darfs an der Ar­beits­leis­tung der Kläge­rin nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Tz­B­fG ge­recht­fer­tigt ist, nicht möglich. Da­zu be­darf es wei­te­rer Tat­sa­chen­fest­stel­lun­gen sei­tens des Lan­des­ar­beits­ge­richts. Die an­ge­foch­te­ne Ent­schei­dung er­weist sich nicht aus an­de­ren Gründen als zu­tref­fend. Der Wei­ter­beschäfti­gungs­an­trag ist dem Se­nat nicht zur Ent­schei­dung an­ge­fal­len.

A. Der Se­nat ver­mag nicht ab­sch­ließend zu ent­schei­den, ob die Be­fris­tungs­kon­troll­kla­ge be­gründet ist. Die bis­he­ri­gen Fest­stel­lun­gen tra­gen die Ent­schei­dung des Lan­des­ar­beits­ge­richts, die in der Ände­rungs­ver­ein­ba­rung vom 30. De­zem­ber 2005 ver­ein­bar­te Be­fris­tung sei we­gen ei­nes nur vorüber­ge­hen­den Be­darfs an der Ar­beits­leis­tung der Kläge­rin nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Tz­B­fG ge­recht­fer­tigt, nicht. Die Be­fris­tung ist auch nicht aus haus­halts­recht­li­chen Gründen nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 Tz­B­fG ge­recht­fer­tigt.

I. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Tz­B­fG ist die Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­ver­trags zulässig, wenn sie durch ei­nen sach­li­chen Grund ge­recht­fer­tigt ist. Ein sach­li­cher Grund liegt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Tz­B­fG vor, wenn der be­trieb­li­che Be­darf an der Ar­beits­leis­tung nur vorüber­ge­hend be­steht.


1. Der vorüber­ge­hen­de be­trieb­li­che Be­darf an der Ar­beits­leis­tung kann auf un­ter­schied­li­chen Sach­ver­hal­ten be­ru­hen. Er kann sich zB aus dem Um­stand er­ge­ben, dass für ei­nen be­grenz­ten Zeit­raum in dem Be­trieb oder der Dienst­stel­le zusätz­li­che Ar­bei­ten an­fal­len, die mit dem Stamm­per­so­nal al­lein nicht er­le­digt wer­den können, oder dar­aus, dass sich der Ar­beits­kräfte­be­darf künf­tig ver­rin­gern wird - et­wa we­gen der In­be­trieb­nah­me ei­ner neu­en tech­ni­schen An­la­ge (vgl. hier­zu BT-Drucks. 14/4374 S. 19). Der vorüber­ge­hen­de Be­darf an der Ar­beits­leis­tung kann auf ei­ner zeit­wei­se über­nom­me­nen Son­der­auf­ga­be be­ru­hen oder auf ei­ner im Be­reich der Dau­er­auf­ga­ben des Ar­beit­ge­bers vorüber­ge­hend an­ge­stie­ge­nen Ar­beits­men­ge, für de­ren Er­le­di­gung das vor­han­de­ne Stamm­per­so­nal nicht aus­reicht (BAG 20. Fe­bru­ar 2008 - 7 AZR 950/06 - Rn. 13, AP Tz­B­fG § 14 Nr. 45). Die Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­ver­trags kann da­ge­gen nicht auf § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Tz­B­fG gestützt wer­den, wenn der vom Ar­beit­ge­ber zur Be­gründung an­geführ­te Be­darf an der Ar­beits­leis­tung


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tatsächlich nicht nur vorüber­ge­hend, son­dern ob­jek­tiv dau­er­haft be­steht. Dies er­gibt sich nicht nur aus dem Wort­laut der Vor­schrift, son­dern auch aus den ge­mein­schafts­recht­li­chen Vor­ga­ben der Richt­li­nie 1999/70/EG des Ra­tes vom 28. Ju­ni 1999 und der in­kor­po­rier­ten EGB-UN­ICE-CEEP-Rah­men­ver­ein­ba­rung über be­fris­te­te Ar­beits­verträge vom 18. März 1999, de­ren Um­set­zung die be­fris­tungs­recht­li­chen Vor­schrif­ten des Tz­B­fG die­nen. § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rah­men­ver­ein­ba­rung steht der An­wen­dung ei­ner Re­ge­lung na­tio­na­len Rechts, die den Ab­schluss auf­ein­an­der­fol­gen­der be­fris­te­ter Ar­beits­verträge zur De­ckung ei­nes zeit­wei­li­gen Be­darfs ge­stat­tet, ent­ge­gen, wenn der Be­darf nicht nur zeit­wei­lig, son­dern ständig und auf Dau­er be­steht (EuGH 23. April 2009 - C-378/07 bis C-380/07 - [An­gel­i­da­ki] Rn. 103).

2. Ei­ne Be­fris­tung we­gen ei­nes nur vorüber­ge­hen­den be­trieb­li­chen Be­darfs an der Ar­beits­leis­tung setzt vor­aus, dass im Zeit­punkt des Ver­trags­schlus­ses mit hin­rei­chen­der Si­cher­heit zu er­war­ten ist, dass nach dem vor­ge­se­he­nen Ver­trags­en­de für die Beschäfti­gung des be­fris­tet ein­ge­stell­ten Ar­beit­neh­mers in dem Be­trieb kein dau­er­haf­ter Be­darf mehr be­steht (st. Rspr., vgl. et­wa BAG 20. Fe­bru­ar 2008 - 7 AZR 950/06 - Rn. 12 mwN, AP Tz­B­fG § 14 Nr. 45). Hierüber hat der Ar­beit­ge­ber bei Ab­schluss des be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trags ei­ne Pro­gno­se zu er­stel­len, der kon­kre­te An­halts­punk­te zu­grun­de lie­gen müssen. Die Pro­gno­se ist Teil des Sach­grunds für die Be­fris­tung (BAG 3. No­vem­ber 1999 - 7 AZR 846/98 - zu 3 a der Gründe, AP BAT § 2 SR 2y Nr. 19 = EzA BGB § 620 Nr. 166).


Die tatsächli­chen Grund­la­gen für die Pro­gno­se über den nur vorüber­ge­hend be­ste­hen­den Ar­beits­kräfte­be­darf hat der Ar­beit­ge­ber im Pro­zess dar­zu­le­gen (BAG 5. Ju­ni 2002 - 7 AZR 241/01 - zu I 3 a der Gründe, BA­GE 101, 262). Wird die Be­fris­tung auf ei­nen zusätz­li­chen Ar­beits­kräfte­be­darf im Be­reich der Dau­er­auf­ga­ben gestützt, hat der Ar­beit­ge­ber dar­zu­tun, auf­grund wel­cher Umstände bei Ab­schluss des be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trags da­von aus­zu­ge­hen war, dass künf­tig nach Ab­lauf der mit dem be­fris­tet beschäftig­ten Ar­beit­neh­mer ver­ein­bar­ten Ver­trags­lauf­zeit das zu er­war­ten­de Ar­beits­pen­sum mit dem vor­han­de­nen Stamm­per­so­nal würde er­le­digt wer­den können.
 


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Der Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­ver­trags nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Tz­B­fG steht es nicht ent­ge­gen, wenn der pro­gnos­ti­zier­te vorüber­ge­hen­de Be­darf an der Ar­beits­leis­tung noch über das Ver­trags­en­de des mit dem be­fris­tet beschäftig­ten Ar­beit­neh­mer ab­ge­schlos­se­nen Ar­beits­ver­trags hin­aus an­dau­ert. Die vom Ar­beit­ge­ber zu er­stel­len­de Pro­gno­se muss sich le­dig­lich dar­auf er­stre­cken, dass der be­trieb­li­che Be­darf an der Ar­beits­leis­tung des be­fris­tet beschäftig­ten Ar­beit­neh­mers nur zeit­wei­se und nicht dau­er­haft eröff­net ist (BAG 20. Fe­bru­ar 2008 - 7 AZR 950/06 - Rn. 16, AP Tz­B­fG § 14 Nr. 45). Bei der Be­fris­tungs­kon­trol­le geht es nicht um die Zulässig­keit der ver­ein­bar­ten Ver­trags­dau­er, son­dern um das Vor­lie­gen ei­nes sach­li­chen Grun­des dafür, dass statt ei­nes un­be­fris­te­ten nur ein be­fris­te­ter Ar­beits­ver­trag ab­ge­schlos­sen wur­de (BAG 20. Fe­bru­ar 2008 - 7 AZR 950/06 - Rn. 18, aaO). Die ver­ein­bar­te Ver­trags­dau­er er­langt nur Be­deu­tung im Rah­men der Prüfung, ob ein sach­li­cher Grund für die Be­fris­tung iSd. § 14 Abs. 1 Tz­B­fG vor­liegt. Die Ver­trags­dau­er muss sich am Sach­grund der Be­fris­tung ori­en­tie­ren und so mit ihm im Ein­klang ste­hen, dass sie den be­haup­te­ten Sach­grund nicht in Fra­ge stellt. Aus der Ver­trags­lauf­zeit darf sich nicht er­ge­ben, dass der Sach­grund tatsächlich nicht be­steht oder nur vor­ge­scho­ben ist. Das bloße Zurück­blei­ben der ver­ein­bar­ten Ver­trags­dau­er hin­ter der bei Ver­trags­schluss vor­aus­seh­ba­ren Dau­er des vorüber­ge­hen­den Be­darfs ist da­her nicht stets und oh­ne wei­te­res ge­eig­net, den Sach­grund für die Be­fris­tung in Fra­ge zu stel­len. Der Ar­beit­ge­ber kann bei Be­fris­tun­gen, die auf die in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 3 und 7 Tz­B­fG nor­mier­ten Sach­gründe gestützt sind, frei darüber ent­schei­den, ob er den Zeit­raum des von ihm pro­gnos­ti­zier­ten zusätz­li­chen Ar­beits­kräfte­be­darfs ganz oder nur teil­wei­se durch den Ab­schluss von be­fris­te­ten Ar­beits­verträgen ab­deckt. Ein Zurück­blei­ben der Ver­trags­lauf­zeit hin­ter der vor­aus­sicht­li­chen Dau­er des Be­darfs kann das Vor­lie­gen des Sach­grunds für die Be­fris­tung nur in Fra­ge stel­len, wenn ei­ne sinn­vol­le, dem Sach­grund ent­spre­chen­de Mit­ar­beit des Ar­beit­neh­mers nicht mehr möglich er­scheint (BAG 20. Fe­bru­ar 2008 - 7 AZR 950/06 - Rn. 19, aaO; 26. Au­gust 1988 - 7 AZR 101/88 - zu III der Gründe, BA­GE 59, 265).
 


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3. Die Wirk­sam­keit ei­ner Be­fris­tung we­gen ei­nes vorüber­ge­hen­den Be­darfs an der Ar­beits­leis­tung iSd. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Tz­B­fG setzt des Wei­te­ren vor­aus, dass der Ar­beit­neh­mer ge­ra­de zur De­ckung die­ses Mehr­be­darfs ein­ge­stellt wird. Dies er­for­dert je­doch nicht, dass der be­fris­te­te beschäftig­te Ar­beit­neh­mer in dem Be­reich ein­ge­setzt wird, in dem der Mehr­be­darf ent­stan­den ist. Es genügt viel­mehr, wenn zwi­schen dem zeit­wei­lig erhöhten Ar­beits­an­fall und der be­fris­te­ten Ein­stel­lung ein vom Ar­beit­ge­ber dar­zu­le­gen­der ursäch­li­cher Zu­sam­men­hang be­steht. Der Ar­beit­ge­ber ist nicht ge­hin­dert, die vor­han­de­ne Ar­beits­men­ge zu ver­tei­len, sei­ne Ar­beits­or­ga­ni­sa­ti­on zu ändern oder die zusätz­li­chen Ar­bei­ten an­de­ren Ar­beit­neh­mern zu­zu­wei­sen (BAG 8. Ju­li 1998 - 7 AZR 388/97 - zu 2 a der Gründe mwN, RzK I 9 a Nr. 132). Er darf ei­nen zeit­wei­li­gen Mehr­be­darf an Ar­beits­kräften nur nicht zum An­lass neh­men, be­lie­big vie­le Ar­beit­neh­mer ein­zu­stel­len. Viel­mehr muss sich die Zahl der be­fris­tet ein­ge­stell­ten Ar­beit­neh­mer im Rah­men des pro­gnos­ti­zier­ten Mehr­be­darfs hal­ten und darf die­sen nicht über­schrei­ten (BAG 20. Fe­bru­ar 2008 - 7 AZR 950/06 - Rn. 20 mwN, AP Tz­B­fG § 14 Nr. 45).


II. Die­se Grundsätze hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt bei sei­ner Ent­schei­dung nicht aus­rei­chend berück­sich­tigt. Es ist zwar zu­tref­fend da­von aus­ge­gan­gen, dass ein zeit­wei­lig erhöhtes Ar­beits­auf­kom­men im Be­reich der dau­er­haft zu be­ar­bei­ten­den Wi­dersprüche in der Be­ar­bei­tungs­stel­le SGG in D grundsätz­lich ge­eig­net sein kann, ei­nen vorüber­ge­hen­den Be­darf an der Ar­beits­leis­tung iSv. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Tz­B­fG zu be­gründen. Der Be­fris­tung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Tz­B­fG steht auch nicht ent­ge­gen, dass die Kläge­rin nicht oder nicht aus­sch­ließlich mit der Be­ar­bei­tung der rückständi­gen Wi­dersprüche, son­dern auch mit an­de­ren in der Be­ar­bei­tungs­stel­le an­fal­len­den Auf­ga­ben be­fasst war. Die vom Lan­des­ar­beits­ge­richt ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen tra­gen je­doch nicht sei­ne Würdi­gung, an der Beschäfti­gung der Kläge­rin ha­be kein dau­er­haf­ter, son­dern nur ein vorüber­ge­hen­der Be­darf be­stan­den.

1. Die Rügen, mit de­nen die Kläge­rin die Ausführun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts zur Pro­gno­se hin­sicht­lich des Ab­baus der rückständi­gen Wi­der-
 


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sprüche an­greift, vermögen der Re­vi­si­on al­ler­dings nicht zum Er­folg ver­hel­fen. Nach den Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts konn­te die Be­klag­te bei Ab­schluss der Ände­rungs­ver­ein­ba­rung am 30. De­zem­ber 2005 pro­gnos­ti­zie­ren, die in der Be­ar­bei­tungs­stel­le SGG in D un­er­le­digt ge­blie­be­nen 4.524 Wi­dersprüche in­ner­halb von neun Mo­na­ten mit Hil­fe von 75,4 bzw. - mit Per­so­nal­re­ser­ve - 81 zusätz­li­chen Mo­nats­kräften so weit ab­bau­en zu können, dass sich die Be­ar­bei­tungs­dau­er von 10,2 Mo­na­ten auf un­ter drei Mo­na­te ver­rin­ger­te. Die­se Pro­gno­se wur­de nach den Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts durch die tatsächli­che Ent­wick­lung bestätigt, da die Rückstände zum 30. Sep­tem­ber 2006 auf 910 Wi­dersprüche und ei­ne Be­ar­bei­tungs­zeit von 1,4 Mo­na­ten re­du­ziert wur­den. Es kann da­hin­ste­hen, ob das Lan­des­ar­beits­ge­richt hier­bei, wie die Kläge­rin rügt, de­ren Vor­brin­gen un­zu­rei­chend berück­sich­tigt hat. Denn für die Wirk­sam­keit der Be­fris­tung kommt es nicht ent­schei­dend dar­auf an, ob im De­zem­ber 2005 die Pro­gno­se ge­recht­fer­tigt war, dass die un­be­ar­bei­te­ten Wi­dersprüche bis zum 30. Sep­tem­ber 2006 ins­ge­samt oder so­weit ab­ge­baut sein würden, dass sich die Be­ar­bei­tungs­zeit auf we­ni­ger als drei Mo­na­te ver­rin­ger­te. Die mit der Kläge­rin ver­ein­bar­te Ver­trags­lauf­zeit muss­te nicht mit der pro­gnos­ti­zier­ten Dau­er des vorüber­ge­hen­den Mehr­be­darfs übe­rein­stim­men. Die Ver­trags­lauf­zeit konn­te auch kürzer be­mes­sen sein. Des­halb sind die ver­schie­de­nen von den Par­tei­en an­ge­stell­ten und von­ein­an­der ab­wei­chen­den Be­rech­nun­gen zur An­zahl der zum Ab­bau der rückständi­gen Wi­dersprüche bis Sep­tem­ber 2006 er­for­der­li­chen Ar­beit­neh­mer nicht von maßgeb­li­cher Be­deu­tung. Al­len­falls wenn fest­ge­stellt wer­den könn­te, dass die Be­klag­te be­reits bei Ver­trags­schluss mit der Kläge­rin die Ab­sicht ge­habt hätte, die ent­stan­de­nen Rückstände da­zu zu nut­zen, mehr Ar­beit­neh­mer be­fris­tet ein­zu­stel­len als zum Ab­bau der Rückstände nach ih­rer Be­rech­nung benötigt wur­den, könn­te dies das Vor­lie­gen des Sach­grunds für die Be­fris­tung in Fra­ge stel­len. Hier­zu hat je­doch we­der das Lan­des­ar­beits­ge­richt tatsächli­che Fest­stel­lun­gen ge­trof­fen noch hat dies die Kläge­rin be­haup­tet. Die Kläge­rin hat sich le­dig­lich dar­auf be­ru­fen, in der Zeit bis Sep­tem­ber 2006 sei­en tatsächlich mehr Ar­beit­neh­mer be­fris­tet beschäftigt wor­den (87,55 Mo­nats­kräfte) als nach der Dar­stel­lung der Be­klag­ten zum Ab­bau der Rückstände er­for­der­lich ge­we­sen
 


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wären (75,4 bzw. - mit Per­so­nal­re­ser­ve - 81 Mo­nats­kräfte). Sie hat aber nicht gel­tend ge­macht, dass dies be­reits bei Ab­schluss der Ände­rungs­ver­ein­ba­rung am 30. De­zem­ber 2005 von der Be­klag­ten be­ab­sich­tigt war.

2. Ent­ge­gen der Würdi­gung des Lan­des­ar­beits­ge­richts recht­fer­tigt aber al­lein der pro­gnos­ti­zier­te Ab­bau der rückständi­gen Wi­dersprüche nicht die An­nah­me ei­nes nur vorüber­ge­hen­den Be­darfs an der Ar­beits­leis­tung der Kläge­rin. Da­von konn­te nur aus­ge­gan­gen wer­den, wenn bei Ab­schluss der Ände­rungs­ver­ein­ba­rung zu er­war­ten war, dass nach dem Ver­trags­en­de am 30. Sep­tem­ber 2006 künf­tig das re­gelmäßig an­fal­len­de Ar­beits­pen­sum in der Be­ar­bei­tungs­stel­le SGG mit dem übli­cher­wei­se vor­han­de­nen Stamm­per­so­nal würde bewältigt wer­den können. Auf der Grund­la­ge der bis­he­ri­gen tatsächli­chen Fest­stel­lun­gen kann dies nicht be­ur­teilt wer­den. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat we­der Fest­stel­lun­gen zu dem in der Be­ar­bei­tungs­stel­le SGG in D re­gelmäßig an­fal­len­den Ar­beits­auf­kom­men ge­trof­fen noch da­zu, ob das in die­ser Dienst­stel­le vor­han­de­ne Stamm­per­so­nal zur Bewälti­gung die­ses Ar­beits­auf­kom­mens übli­cher­wei­se in der La­ge ist. Es ist auch nicht fest­ge­stellt, in wel­chem Zeit­raum und auf­grund wel­cher kon­kre­ten Ge­ge­ben­hei­ten die Be­ar­bei­tungsrückstände ent­stan­den sind. Oh­ne Kennt­nis die­ser Umstände lässt sich nicht be­ur­tei­len, ob die Be­ar­bei­tungsrückstände auf ei­nem vorüber-ge­hend an­ge­stie­ge­nen Ar­beits­auf­kom­men in der Be­ar­bei­tungs­stel­le SGG in D be­ru­hen oder auf ei­ner von vorn­her­ein zu ge­rin­gen Per­so­nal­aus­stat­tung der Dienst­stel­le. Zwar be­steht auch bei ei­ner ge­ne­rel­len per­so­nel­len Un­ter­be­set­zung und da­durch ver­ur­sach­ten Be­ar­bei­tungsrückständen ein Be­darf an der Beschäfti­gung zusätz­li­cher Ar­beits­kräfte zum Ab­bau der un­er­le­digt ge­blie­be­nen Ar­bei­ten. Hier­bei han­delt es sich je­doch um ei­nen ständig auf­tre­ten­den Be­darf an zusätz­li­chen Ar­beits­kräften, da das re­gelmäßig an­fal­len­de Ar­beits­pen­sum mit dem vor­han­de­nen Stamm­per­so­nal dau­er­haft nicht bewältigt wer­den kann und des­halb nach dem Aus­schei­den der zum Ab­bau von Rückständen be­fris­tet beschäftig­ten Ar­beit­neh­mer je­weils neue Be­ar­bei­tungsrückstände ent­ste­hen, zu de­ren Ab­bau er­neut zusätz­li­che Ar­beits­kräfte benötigt wer­den. In ei­nem sol­chen Fall be­steht ein Dau­er­be­darf an der Beschäfti­gung zusätz­li­cher Ar­beit­neh­mer, der die Be­fris­tung von Ar­beits­verträgen nach § 14



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Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Tz­B­fG nicht recht­fer­tigt. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt wird da­her bei der neu­en Ver­hand­lung Fest­stel­lun­gen zu dem re­gelmäßig in der Be­ar­bei­tungs­stel­le SGG in D an­fal­len­den Ar­beits­auf­kom­men so­wie da­zu zu tref­fen ha­ben, ob die­se Ar­beits­men­ge von dem in der Dienst­stel­le beschäftig­ten Stamm­per­so­nal übli­cher­wei­se bewältigt wer­den kann. Außer­dem wird das Lan­des­ar­beits­ge­richt fest­zu­stel­len ha­ben, wo­durch die Rückstände ent­stan­den sind und wes­halb bei Ab­schluss der Ände­rungs­ver­ein­ba­rung am 30. De­zem­ber 2005 die Pro­gno­se ge­recht­fer­tigt war, dass nach dem En­de der mit der Kläge­rin ver­ein­bar­ten Ver­trags­lauf­zeit das Ar­beits­auf­kom­men mit dem in der Dienst­stel­le beschäftig­ten Stamm­per­so­nal würde bewältigt wer­den können.


III. Die Zurück­ver­wei­sung des Rechts­streits an das Be­ru­fungs­ge­richt erübrigt sich nicht des­halb, weil die an­ge­foch­te­ne Ent­schei­dung aus an­de­ren Gründen zu­tref­fend wäre. Die Be­fris­tung zum 30. Sep­tem­ber 2006 ist we­der nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Tz­B­fG we­gen nur vorüber­ge­hend verfügba­rer Haus­halts­mit­tel für die Beschäfti­gung der Kläge­rin noch nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 Tz­B­fG aus haus­halts­recht­li­chen Gründen ge­recht­fer­tigt.


1. Die Be­fris­tung ist nicht we­gen nur vorüber­ge­hend zur Verfügung ste­hen­der Haus­halts­mit­tel für die Beschäfti­gung der Kläge­rin nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Tz­B­fG ge­recht­fer­tigt.


a) Nach der be­reits vor In­kraft­tre­ten des Tz­B­fG ent­wi­ckel­ten Se­nats­recht­spre­chung können im Be­reich des öffent­li­chen Diens­tes haus­halts­recht­li­che Gründe die Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­ver­trags we­gen ei­nes nur vorüber­ge­hen­den be­trieb­li­chen Be­darfs an der Ar­beits­leis­tung recht­fer­ti­gen, wenn der öffent­li­che Ar­beit­ge­ber zum Zeit­punkt des Ver­trags­schlus­ses auf­grund kon­kre­ter Tat­sa­chen die Pro­gno­se er­stel­len kann, dass für die Beschäfti­gung des Ar­beit­neh­mers Haus­halts­mit­tel nur vorüber­ge­hend zur Verfügung ste­hen. Die Un­ge­wiss­heit über die künf­ti­ge haus­halts­recht­li­che Ent­wick­lung genügt hierfür nicht (24. Ja­nu­ar 2001 - 7 AZR 208/99 - zu B II 3 b aa der Gründe mwN, EzA BGB § 620 Nr. 173; 27. Ja­nu­ar 1988 - 7 AZR 292/87 - zu I 3 b aa der Gründe, AP BGB § 620 Be­fris­te­ter Ar­beits­ver­trag Nr. 116 = EzA BGB § 620 Nr. 97). Es ist aber grundsätz­lich aus­rei­chend für die Pro­gno­se des öffent­li­chen Ar­beit-
 


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ge­bers zu ei­nem nur vorüber­ge­hen­den Be­darf an der Ar­beits­leis­tung, wenn der be­fris­tet ein­ge­stell­te Ar­beit­neh­mer aus ei­ner kon­kre­ten Haus­halts­stel­le vergütet wird, die von vorn­her­ein nur für ei­ne be­stimm­te Zeit­dau­er be­wil­ligt wor­den ist und an­sch­ließend fort­fal­len soll (BAG 7. Ju­li 1999 - 7 AZR 609/97 - zu II 1 der Gründe, BA­GE 92, 121). In ei­nem der­ar­ti­gen Fall kann re­gelmäßig da­von aus­ge­gan­gen wer­den, dass sich der Haus­halts­ge­setz­ge­ber mit den Verhält­nis­sen die­ser Stel­le be­fasst und fest­ge­stellt hat, dass für die Beschäfti­gung ei­nes Ar­beit­neh­mers auf die­ser Stel­le nur ein vorüber­ge­hen­der Be­darf be­steht (BAG 22. März 2000 - 7 AZR 758/98 - zu II 3 b der Gründe mwN, BA­GE 94, 130). Die­se Recht­spre­chung be­ruht auf Par­al­lel­wer­tun­gen zur pri­vat­wirt­schaft­li­chen Un­ter­neh­mer­ent­schei­dung darüber, wel­che Ar­beits­leis­tun­gen in wel­chem Zeit­raum und in wel­chem Um­fang durch die Beschäfti­gung von Ar­beit­neh­mern er­bracht wer­den sol­len. Die­se Ent­schei­dung be­stimmt so­wohl beim pri­vat­wirt­schaft­li­chen Un­ter­neh­men als auch bei der öffent­li­chen Hand den Be­darf an Ar­beits­kräften. Während ei­ne sol­che Ent­schei­dung in pri­vat­wirt­schaft­li­chen Un­ter­neh­men in der Re­gel un­mit­tel­bar auf­grund der Fest­stel­lung ei­nes un­ter­neh­me­ri­schen Bedürf­nis­ses an der Ver­rich­tung be­stimm­ter Ar­bei­ten ge­trof­fen wird, voll­zieht sie sich bei der öffent­li­chen Hand we­gen der Bin­dung an das Haus­halts­recht im We­ge der Be­reit­stel­lung der zur Durchführung der Auf­ga­ben er­for­der­li­chen Haus­halts­mit­tel (BAG 16. Ja­nu­ar 1987 - 7 AZR 487/85 - zu II 2 a der Gründe mwN, BA­GE 55, 1).

An die­sen Grundsätzen hat der Se­nat auch nach In­kraft­tre­ten des Tz­B­fG zu dem in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Tz­B­fG ge­re­gel­ten Sach­grund fest­ge­hal­ten (2. Sep­tem­ber 2009 - 7 AZR 162/08 - Rn. 19 u. 20, NZA 2009, 1257; 16. Ok­to­ber 2008 - 7 AZR 360/07 - Rn. 19, AP Tz­B­fG § 14 Nr. 56 = EzA Tz­B­fG § 14 Nr. 53). Da­bei han­delt es sich nicht, wie die Be­klag­te meint, um ei­nen sons­ti­gen, in der Aufzählung in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 8 Tz­B­fG nicht ge­nann­ten Sach­grund. Viel­mehr ist der Tat­be­stand dem in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Tz­B­fG ge­re­gel­ten Sach­grund zu­zu­ord­nen.


b) Die­se Vor­aus­set­zun­gen erfüllt die in der Ände­rungs­ver­ein­ba­rung vom 30. De­zem­ber 2005 ver­ein­bar­te Be­fris­tung nicht. Die Kläge­rin wur­de nicht aus
 


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ei­ner kon­kre­ten Haus­halts­stel­le vergütet, die von vorn­her­ein nur für ei­ne be­stimm­te Zeit­dau­er be­wil­ligt wor­den war und an­sch­ließend weg­fal­len soll­te. Die Kläge­rin er­hielt viel­mehr nach der Dar­stel­lung der Be­klag­ten le­dig­lich Vergütung aus Mit­teln, die für die be­fris­te­te Beschäfti­gung be­stimmt wa­ren.


2. Die Be­fris­tung ist nicht nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 Tz­B­fG ge­recht­fer­tigt. Die in der Ände­rungs­ver­ein­ba­rung vom 30. De­zem­ber 2005 ver­ein­bar­te Be­fris­tung erfüllt die Vor­aus­set­zun­gen des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 Tz­B­fG nicht. Da­her kommt es nicht dar­auf an, ob un­ter den Be­griff „Haus­halts­mit­tel“ in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 Tz­B­fG nur in ei­nem Haus­halts­ge­setz aus­ge­wie­se­ne Haus­halts­mit­tel fal­len (zu­letzt of­fen­ge­las­sen in BAG 2. Sep­tem­ber 2009 - 7 AZR 162/08 - Rn. 12, NZA 2009, 1257).


a) Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 Tz­B­fG liegt ein sach­li­cher Grund für die Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­ver­trags vor, wenn der Ar­beit­neh­mer aus Haus­halts­mit­teln vergütet wird, die haus­halts­recht­lich für ei­ne be­fris­te­te Beschäfti­gung be­stimmt sind, und er ent­spre­chend beschäftigt wird. Der Sach­grund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 Tz­B­fG er­for­dert nach der Recht­spre­chung des Se­nats - wie be­reits die wort­glei­che Vor­schrift des § 57b Abs. 2 Nr. 2 HRG in der bis zum 30. De­zem­ber 2004 gel­ten­den Fas­sung - die Vergütung des Ar­beit­neh­mers aus Haus­halts­mit­teln, die mit ei­ner kon­kre­ten Sach­re­ge­lung auf der Grund­la­ge ei­ner nach­voll­zieh­ba­ren Zweck­set­zung ver­se­hen sind. Die für die Vergütung des be­fris­tet ein­ge­stell­ten Ar­beit­neh­mers verfügba­ren Haus­halts­mit­tel müssen für ei­ne Auf­ga­be von nur vorüber­ge­hen­der Dau­er vor­ge­se­hen sein (29. Ju­li 2009 - 7 AZR 907/07 - Rn. 37; 18. Ok­to­ber 2006 - 7 AZR 419/05 - Rn. 11, BA­GE 120, 42). Da­bei müssen die Rechts­vor­schrif­ten, mit de­nen die Haus­halts­mit­tel aus­ge­bracht wer­den, selbst die in­halt­li­chen An­for­de­run­gen für die im Rah­men der be­fris­te­ten Ar­beits­verträge aus­zuüben­den Tätig­kei­ten oder die Be­din­gun­gen, un­ter de­nen sie aus­zuführen sind, ent­hal­ten (29. Ju­li 2009 - 7 AZR 907/07 - aaO; 18. Ok­to­ber 2006 - 7 AZR 419/05 - Rn. 22, aaO). Die Vor­aus­set­zun­gen des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 Tz­B­fG lie­gen nicht vor, wenn Haus­halts­mit­tel le­dig­lich all­ge­mein für die Beschäfti­gung von Ar­beit­neh­mern im
 


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Rah­men von be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis­sen be­reit­ge­stellt wer­den (vgl. da­zu ausführ­lich BAG 18. Ok­to­ber 2006 - 7 AZR 419/05 - Rn. 11 ff., aaO).


b) Die­se Vor­aus­set­zun­gen lie­gen nicht vor. Der Haus­halts­plan der Be­klag­ten für das Jahr 2006 weist für die Dienst­stel­len „RD, AA, bes. DSt“ le­dig­lich 538 Stel­len für „Kräfte mit be­fris­te­tem Ar­beits­ver­trag und Ar­bei­ter“ aus. Es fehlt die er­for­der­li­che kon­kre­te Zweck­be­stim­mung für die Beschäfti­gung mit ei­ner Auf­ga­be von vorüber­ge­hen­der Dau­er.


B. Der auf vorläufi­ge Wei­ter­beschäfti­gung für die Dau­er des Rechts­streits ge­rich­te­te Kla­ge­an­trag zu 2) ist dem Se­nat nicht zur Ent­schei­dung an­ge­fal­len. Der An­trag steht un­ter der in­ner­pro­zes­sua­len Be­din­gung des Ob­sie­gens mit dem Kla­ge­an­trag zu 1). Dem­zu­fol­ge hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt - aus sei­ner Sicht kon­se­quent - über den Wei­ter­beschäfti­gungs­an­trag nicht ent­schie­den, da es die Be­fris­tungs­kon­troll­kla­ge ab­ge­wie­sen hat. Durch die Auf­he­bung die­ser Ent­schei­dung wird der Rechts­streit in die La­ge zurück­ver­setzt, in der er sich nach dem erst­in­stanz­li­chen Ob­sie­gen der Kläge­rin be­fand.

 

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