HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

EuGH, Ur­teil vom 04.07.2006, C-212/04

   
Schlagworte: Befristung: Europarecht, Befristung: Sachgrund, Befristung, Europarecht
   
Gericht: Europäischer Gerichtshof
Aktenzeichen: C-212/04
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 04.07.2006
   
Leitsätze:
Vorinstanzen:
   

UR­TEIL DES GERICH­TSHO­FES (Große Kam­mer)

4. Ju­li 2006*

 

In der Rechts­sa­che C-212/04

 

be­tref­fend ein Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chen nach Ar­ti­kel 234 EG, ein­ge­reicht vom Mo­nome­les Pro­to­dik­eio Thes­sa­lo­ni­ki (Grie­chen­land) mit Ent­schei­dung vom 8. April 2004, beim Ge­richts­hof ein­ge­gan­gen am 17. Mai 2004, in dem Ver­fah­ren

 

Kon­stan­ti­nos Aden­eler,

Pan­do­ra Ko­sa-Val­dir­ka,

Ni­ko­la­os Mark­ou,

Aga­pi Pan­tel­i­dou,

Chris­ti­na To­pa­l­i­dou,

Apos­to­los Alexo­pou­los,

Kon­stan­ti­nos Va­si­nio­tis,

*Ver­fah­rens­spra­che: Grie­chisch.

I - 6091

 

Va­si­li­ki Ka­ra­gi­an­ni,

Apos­to­los Tsit­sio­nis,

Aris­tei­dis An­d­reou,

Evan­ge­lia Va­si­la,

Kal­lio­pi Pe­ris­te­ri,

Spy­ri­don Sk­li­va­ni­tis,

Di­mosthe­nis Tse­le­fis,

The­o­pis­ti Patsidou,

Di­mi­tri­os Vo­gi­at­sis,

Rou­sas Vos­ka­kis,

Va­si­lei­os Gi­ata­kis

ge­gen

El­li­ni­kos Or­ga­nis­mos Ga­lak­tos (FLOG)

I - 6092

 

erlässt

 

DER GERICH­TSHOF (Große Kam­mer)

 

un­ter Mit­wir­kung des Präsi­den­ten V. Skou­ris, der Kam­mer­präsi­den­ten P. Jann, C. W. A. Tim­mer­m­ans, A. Ro­sas und J. Ma­le­n­ovs­kY, der Rich­ter J.-P. Puis­so­chet und R. Sch­int­gen (Be­richt­er­stat­ter), der Rich­te­rin N. Col­ne­ric so­wie der Rich­ter J. Klu&a, U. Löhmus und E. Le­vits,

 

Ge­ne­ral­anwältin: J. Ko­kott,

Kanz­ler: L. Hew­lett, Haupt­ver­wal­tungsrätin,

 

auf­grund des schrift­li­chen Ver­fah­rens und auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 13. Sep­tem­ber 2005,

 

un­ter Berück­sich­ti­gung der Erklärun­gen

 

— von Herrn Aden­eler und der 17 wei­te­ren Kläger des Aus­gangs­ver­fah­rens, ver­tre­ten durch V. Chris­tia­nos, A. Kazakos und C. Ni­ko­lout­so­pou­los, di­ki­go­ri,

 

— des El­li­ni­kos Or­ga­nis­mos Ga­lak­tos (ELOG), ver­tre­ten durch K. Ma­me­lis, P. Tse­le­pi­dis und I. Tsi­tou­ridis, di­ki­go­ri,

 

— der grie­chi­schen Re­gie­rung, ver­tre­ten durch A. Sa­mo­ni-Ran­tou und E.-M. Ma­mou­na so­wie durch I. Ba­ko­pou­los und V. Ky­ria­zo­pou­los als Be­voll­mäch­tig­te,

I - 6093

 

— der Kom­mis­si­on der Eu­ropäischen Ge­mein­schaf­ten, ver­tre­ten durch M. Pa­ta­kia und N. Yer­rell als Be­vollmäch­tig­te,

 

nach Anhörung der Schluss­anträge der Ge­ne­ral­anwältin in der Sit­zung vom 27. Ok­to­ber 2005

 

fol­gen­des

 

Ur­teil

 

1

Das Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chen be­trifft die Aus­le­gung der Pa­ra­gra­fen 1 und 5 der Rah­men­ver­ein­ba­rung vom 18. März 1999 über be­fris­te­te Ar­beits­verträge (im Fol­gen­den: Rah­men­ver­ein­ba­rung), die im An­hang der Richt­li­nie 1999/70/EG des Ra­tes vom 28. Ju­ni 1999 zu der EGB-UN­ICE-CEEP-Rah­men­ver­ein­ba­rung über be­fris­te­te Ar­beits­verträge (ABI. L 175, S. 43) ent­hal­ten ist, und der Reich­wei­te der Ver­pflich­tung zur ge­mein­schafts­rechts­kon­for­men Aus­le­gung, die den Ge­rich­ten der Mit­glied­staa­ten ob­liegt.

 

2

Die­ses Er­su­chen er­geht im Rah­men ei­nes Rechts­streits zwi­schen Herrn Aden­eler so­wie 17 wei­te­ren Ar­beit­neh­mern und ih­rem Ar­beit­ge­ber El­li­ni­kos Or­ga­nis­mos Ga­lak­tos (Grie­chi­scher Milch­ver­band, im Fol­gen­den: ELOG) über die Nicht­verlänge­rung der be­fris­te­ten Ar­beits­verträge, die sie mit ELOG ge­schlos­sen hat­ten.

I - 6094

 

Recht­li­cher Rah­men

 

Ge­mein­schafts­recht

 

3

Mit der auf Ar­ti­kel 139 Ab­satz 2 EG gestütz­ten Richt­li­nie 1999/70 soll gemäß ih­rem Ar­ti­kel 1 „die zwi­schen den all­ge­mei­nen bran­chenüberg­rei­fen­den Or­ga­ni­sa­tio­nen (EGB, UN­ICE und CEEP) ge­schlos­se­ne Rah­men­ver­ein­ba­rung ..., die im An­hang ent­hal­ten ist, durch­geführt wer­den".

 

4

Aus der drit­ten, der sechs­ten, der sieb­ten, der drei­zehn­ten bis fünf­zehn­ten und der sieb­zehn­ten Be­gründungs­erwägung die­ser Richt­li­nie so­wie aus den ers­ten drei Absätzen der Präam­bel und den Num­mern 3, 5 bis 8 und 10 der All­ge­mei­nen Erwägun­gen der Rah­men­ver­ein­ba­rung er­gibt sich:

 

  • Die Ver­wirk­li­chung des Bin­nen­mark­tes muss zu ei­ner Ver­bes­se­rung der Le­bens- und Ar­beits­be­din­gun­gen der Ar­beit­neh­mer in der Eu­ropäischen Ge­mein­schaft führen, und zwar durch ei­ne An­glei­chung die­ser Be­din­gun­gen auf dem We­ge des Fort­schritts, na­ment­lich in Be­zug auf an­de­re Ar­beits­for­men als das un­be­fris­te­te Ar­beits­verhält­nis, um ein bes­se­res Gleich­ge­wicht zwi­schen der Fle­xi­bi­lität der Ar­beits­zeit und der Si­cher­heit der Ar­beit­neh­mer zu er­rei­chen.

 

  • Die­se Zie­le können auf der Ebe­ne der Mit­glied­staa­ten nicht aus­rei­chend er­reicht wer­den, so dass es an­ge­mes­sen er­schien, auf ei­ne ge­setz­lich bin­den­de Ge­mein­schafts­maßnah­me zurück­zu­grei­fen, die in en­ger Zu­sam­men­ar­beit mit den re­präsen­ta­ti­ven So­zi­al­part­nern er­ar­bei­tet wor­den ist.

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  • Die Un­ter­zeich­ner­par­tei­en der Rah­men­ver­ein­ba­rung er­ken­nen an, dass un­be­fris­te­te Ar­beits­verträge die übli­che Form des Beschäfti­gungs­verhält­nis­ses dar­stel­len und wei­ter dar­stel­len wer­den, da sie zur Le­bens­qua­lität der be­tref­fen­den Ar­beit­neh­mer und zur Ver­bes­se­rung ih­rer Leis­tungsfähig­keit bei­tra­gen, dass je­doch be­fris­te­te Beschäfti­gungs­verträge un­ter be­stimm­ten Umständen den Bedürf­nis­sen von Ar­beit­ge­bern und Ar­beit­neh­mern ent­sp­re­chen.

 

  • Die Rah­men­ver­ein­ba­rung legt die all­ge­mei­nen Grundsätze und Min­dest­vor­schrif­ten für be­fris­te­te Ar­beits­verträge nie­der und schafft da­mit vor al­lem ei­nen all­ge­mei­nen Rah­men, der durch den Schutz vor Dis­kri­mi­nie­rung die Gleich­be­hand­lung von Ar­beit­neh­mern in be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis­sen si­chern und den Miss­brauch durch auf­ein­an­der fol­gen­de be­fris­te­te Ar­beits­verträge oder Beschäfti­gungs­verhält­nis­se ver­hin­dern soll, wo­bei es den Mit­glied­staa­ten und den So­zi­al­part­nern über­las­sen bleibt, die An­wen­dungs­mo­da­litäten die­ser Grundsätze und Vor­schrif­ten im Ein­zel­nen zu de­fi­nie­ren, um so den be­son­de­ren Ge­ge­ben­hei­ten der je­wei­li­gen na­tio­na­len, sek­to­ra­len und sai­so­na­len Si­tua­ti­on Rech­nung zu tra­gen.

 

  • Des­halb ist nach An­sicht des Ra­tes der Eu­ropäischen Uni­on der ge­eig­ne­te Rechts­akt zur Durchführung die­ser Rah­men­ver­ein­ba­rung ei­ne Richt­li­nie, da sie für die Mit­glied­staa­ten hin­sicht­lich des zu er­rei­chen­den Zie­les ver­bind­lich ist, ih­nen je­doch die Wahl der Form und der Mit­tel überlässt.

 

  • Was die Be­grif­fe be­trifft, die in der Rah­men­ver­ein­ba­rung ver­wen­det, dort je­doch nicht ge­nau de­fi­niert wer­den, so überlässt es die Richt­li­nie 1999/70 den Mit­glied­staa­ten, die­se ent­spre­chend ih­rem na­tio­na­len Recht und/oder ih­rer na­tio­na­len Pra­xis zu de­fi­nie­ren, vor­aus­ge­setzt, sie hal­ten sich da­bei an die Rah­men­ver­ein­ba­rung.

 

  • Nach An­sicht der Un­ter­zeich­ner­par­tei­en der Rah­men­ver­ein­ba­rung hilft die aus ob­jek­ti­ven Gründen er­fol­gen­de In­an­spruch­nah­me be­fris­te­ter Ar­beits­verträge, Miss­brauch zu Las­ten der Ar­beit­neh­mer zu ver­mei­den.

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5

Nach ih­rem Pa­ra­graf 1 soll die Rah­men­ver­ein­ba­rung

 

„a) durch An­wen­dung des Grund­sat­zes der Nicht­dis­kri­mi­nie­rung die Qua­lität be­fris­te­ter Ar­beits­verhält­nis­se ver­bes­sern;

 

b) ei­nen Rah­men schaf­fen, der den Miss­brauch durch auf­ein­an­der fol­gen­de be­fris­te­te Ar­beits­verträge oder -verhält­nis­se ver­hin­dert."

 

6

Pa­ra­graf 2 der Rah­men­ver­ein­ba­rung be­stimmt:

„1. Die­se Ver­ein­ba­rung gilt für be­fris­tet beschäftig­te Ar­beit­neh­mer mit ei­nem Ar­beits­ver­trag oder -verhält­nis gemäß der ge­setz­lich, ta­rif­ver­trag­lich oder nach den Ge­pflo­gen­hei­ten in je­dem Mit­glied­staat gel­ten­den De­fi­ni­ti­on.

 

2. Die Mit­glied­staa­ten, nach Anhörung der So­zi­al­part­ner, und/oder die So­zi­al­part­ner können vor­se­hen, dass die­se Ver­ein­ba­rung nicht gilt für:

 

a) Be­rufs­aus­bil­dungs­verhält­nis­se und Aus­zu­bil­den­den­sys­te­me/Lehr­lings­aus­bil­dungs­sys­te­me;

I - 6097

 

b) Ar­beits­verträge und -verhält­nis­se, die im Rah­men ei­nes be­son­de­ren öffent­li­chen oder von der öffent­li­chen Hand un­terstütz­ten be­ruf­li­chen Aus­bil­dungs-, Ein­glie­de­rungs- oder Um­schu­lungs­pro­gramms ab­ge­schlos­sen wur­den."

7

Pa­ra­graf 3 der Rah­men­ver­ein­ba­rung lau­tet:

 

„Im Sin­ne die­ser Ver­ein­ba­rung ist:

 

1. ,be­fris­tet beschäftig­ter Ar­beit­neh­mer' ei­ne Per­son mit ei­nem di­rekt zwi­schen dem Ar­beit­ge­ber und dem Ar­beit­neh­mer ge­schlos­se­nen Ar­beits­ver­trag oder -verhält­nis, des­sen En­de durch ob­jek­ti­ve Be­din­gun­gen wie das Er­rei­chen ei­nes be­stimm­ten Da­tums, die Erfüllung ei­ner be­stimm­ten Auf­ga­be oder das Ein­tre­ten ei­nes be­stimm­ten Er­eig­nis­ses be­stimmt wird.

 

2. ‚ver­gleich­ba­rer Dau­er­beschäftig­ter` ein Ar­beit­neh­mer des­sel­ben Be­triebs mit ei­nem un­be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trag oder -verhält­nis, der in der glei­chen oder ei­ner ähn­li­chen Ar­beit/Beschäfti­gung tätig ist, wo­bei auch die Qua­li­fi­ka­tio­nen/ Fer­tig­kei­ten an­ge­mes­sen zu berück­sich­ti­gen sind.

 

Ist in dem­sel­ben Be­trieb kein ver­gleich­ba­rer Dau­er­beschäftig­ter vor­han­den, er­folgt der Ver­gleich an­hand des an­wend­ba­ren Ta­rif­ver­trags oder in Er­man­ge­lung ei­nes sol­chen gemäß den ein­zel­staat­li­chen ge­setz­li­chen oder ta­rif­ver­trag­li­chen Be­stim­mun­gen oder Ge­pflo­gen­hei­ten."

I - 6098

 

8

Pa­ra­graf 5 der Rah­men­ver­ein­ba­rung sieht vor:

 

„1. Um Miss­brauch durch auf­ein­an­der fol­gen­de be­fris­te­te Ar­beits­verträge oder -verhält­nis­se zu ver­mei­den, er­grei­fen die Mit­glied­staa­ten nach der ge­setz­lich oder ta­rif­ver­trag­lich vor­ge­schrie­be­nen oder in dem Mit­glied­staat übli­chen Anhörung der So­zi­al­part­ner und/oder die So­zi­al­part­ner, wenn kei­ne gleich­wer­ti­gen ge­setz­li­chen Maßnah­men zur Miss­brauchs­ver­hin­de­rung be­ste­hen, un­ter Berück­sich­ti­gung der An­for­de­run­gen be­stimm­ter Bran­chen und/oder Ar­beit­neh­mer­ka­te­go­ri­en ei­ne oder meh­re­re der fol­gen­den Maßnah­men:

 

a) sach­li­che Gründe, die die Verlänge­rung sol­cher Verträge oder Verhält­nis­se recht­fer­ti­gen;

 

b) die ins­ge­samt ma­xi­mal zulässi­ge Dau­er auf­ein­an­der fol­gen­der Ar­beits­verträge oder -verhält­nis­se;

 

c) die zulässi­ge Zahl der Verlänge­run­gen sol­cher Verträge oder Verhält­nis­se.

 

2. Die Mit­glied­staa­ten, nach Anhörung der So­zi­al­part­ner, und/oder die So­zi­al­part­ner le­gen ge­ge­be­nen­falls fest, un­ter wel­chen Be­din­gun­gen be­fris­te­te Ar­beits­verträge oder Beschäfti­gungs­verhält­nis­se:

 

a) als ,auf­ein­an­der fol­gend' zu be­trach­ten sind;

I - 6099

 

b) als un­be­fris­te­te Verträge oder Verhält­nis­se zu gel­ten ha­ben."

 

9

Pa­ra­graf 8 der Rah­men­ver­ein­ba­rung be­stimmt:

 

„1. Die Mit­glied­staa­ten und/oder die So­zi­al­part­ner können güns­ti­ge­re Be­stim­mun­gen für Ar­beit­neh­mer bei­be­hal­ten oder einführen, als sie in die­ser Ver­ein­ba­rung vor­ge­se­hen sind.

 

 

3. Die Um­set­zung die­ser Ver­ein­ba­rung darf nicht als Recht­fer­ti­gung für die Sen­kung des all­ge­mei­nen Ni­veaus des Ar­beit­neh­mer­schut­zes in dem von die­ser Ver­ein­ba­rung er­fass­ten Be­reich die­nen.

 

…"

10

Ar­ti­kel 2 Absätze 1 und 2 der Richt­li­nie 1999/70 lau­tet:

„Die Mit­glied­staa­ten set­zen die Rechts- und Ver­wal­tungs­vor­schrif­ten in Kraft, die er­for­der­lich sind, um die­ser Richt­li­nie spätes­tens am 10. Ju­li 2001 nach­zu­kom­men, oder ver­ge­wis­sern sich spätes­tens zu die­sem Zeit­punkt, dass die So­zi­al­part­ner im

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We­ge ei­ner Ver­ein­ba­rung die er­for­der­li­chen Vor­keh­run­gen ge­trof­fen ha­ben; da­bei ha­ben die Mit­glied­staa­ten al­le not­wen­di­gen Maßnah­men zu tref­fen, um je­der­zeit gewähr­leis­ten zu können, dass die durch die Richt­li­nie vor­ge­schrie­be­nen Er­geb­nis­se er­zielt wer­den. Sie set­zen die Kom­mis­si­on un­verzüglich da­von in Kennt­nis.

 

11

Ar­ti­kel 3 der Richt­li­nie be­stimmt:

 

„Die­se Richt­li­nie tritt am Tag ih­rer Veröffent­li­chung im Amts­blatt der Eu­ropäischen Ge­mein­schaf­ten in Kraft."

 

Na­tio­na­les Recht

12

12 Nach den An­ga­ben der Kom­mis­si­on hat ihr die grie­chi­sche Re­gie­rung mit­ge­teilt, dass sie von der in Ar­ti­kel 2 Ab­satz 2 der Richt­li­nie 1999/70 vor­ge­se­he­nen Möglich­keit Ge­brauch ma­chen möch­te, um über ei­ne zusätz­li­che Frist für den Er­lass von Maßnah­men zur Durchführung der Richt­li­nie zu verfügen; we­gen die­ser Verlänge­rung lief die Frist erst am 10. Ju­li 2002 ab.

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13

Die Um­set­zung der Richt­li­nie in grie­chi­sches Recht wur­de im April 2003 vor­ge­nom­men.

 

14

Das Präsi­di­al­de­kret Nr. 81/2003 mit Re­ge­lun­gen für Ar­beit­neh­mer mit be­fris­te­ten Ar­beits­verträgen (FEK A' 77/2.4.2003), das die ers­te Maßnah­me zur Um­set­zung der Richt­li­nie 1999/70 dar­stellt, trat am 2. April 2003 in Kraft.

 

15

Nach sei­nem Ar­ti­kel 2 Ab­satz 1 fin­det die­ses De­kret auf Ar­beit­neh­mer mit ei­nem be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trag oder -verhält­nis An­wen­dung.

 

16

Durch Ar­ti­kel 1 des Präsi­di­al­de­krets Nr. 180/2004 (FEK A' 160/23.8.2004), das am 23. Au­gust 2004 in Kraft trat, er­hielt Ar­ti­kel 2 Ab­satz 1 des Präsi­di­al­de­krets Nr. 81/2003 fol­gen­de Fas­sung:

 

„... die­ses Präsi­di­al­de­kret [fin­det] An­wen­dung auf Ar­beit­neh­mer mit ei­nem be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trag oder -verhält­nis, die im Pri­vat­sek­tor beschäftigt sind ...".

 

17

In sei­ner ursprüng­li­chen Fas­sung be­stimm­te Ar­ti­kel 5 des Präsi­di­al­de­krets Nr. 81/2003, der „Re­geln zum Schutz der Ar­beit­neh­mer und zur Ver­mei­dung von Ge­set­zes­um­ge­hun­gen zu de­ren Las­ten" enthält:

 

„1. Die un­be­schränk­te Verlänge­rung von un­be­fris­te­ten Ar­beits­verträgen ist zulässig, wenn sie durch ei­nen ob­jek­ti­ven Grund ge­recht­fer­tigt ist.

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a) Ein ob­jek­ti­ver Grund liegt ins­be­son­de­re vor:

 

... wenn der Ab­schluss ei­nes be­fris­te­ten Ver­trags durch ei­ne Ge­set­zes- oder ei­ne Ver­ord­nungs­vor­schrift vor­ge­schrie­ben ist. …

 

b) Das Vor­lie­gen ei­nes ob­jek­ti­ven Grun­des wird — wo­bei der Ge­gen­be­weis durch den Ar­beit­neh­mer zulässig ist — in den Tätig­keits­sek­to­ren ver­mu­tet, wo er auf­grund von de­ren Art und der Merk­ma­le der dort aus­geübten Beschäfti­gung ge­recht­fer­tigt ist, wie ins­be­son­de­re:...

 

 

3. Geht die Dau­er der auf­ein­an­der fol­gen­den be­fris­te­ten Ar­beits­verträge oder -verhält­nis­se, oh­ne dass ei­ner der Gründe des Ab­sat­zes 1 die­ses Ar­ti­kels vor­liegt, ins­ge­samt über zwei Jah­re hin­aus, so wird ver­mu­tet, dass mit die­sen ein ständi­ger und dau­ern­der Be­darf des Un­ter­neh­mens oder Be­triebs ge­deckt wer­den soll, mit der Fol­ge, dass sie in un­be­fris­te­te Ar­beits­verträge oder -verhält­nis­se um­ge­wan­delt wer­den. Gibt es in dem Zeit­raum von zwei Jah­ren mehr als drei Verlänge­run­gen von auf­ein­an­der fol­gen­den Ar­beits­verträgen oder -verhält­nis­sen im Sin­ne von Ab­satz 4 die­ses Ar­ti­kels, oh­ne dass ei­ner der Gründe des Ab­sat­zes 1 die­ses Ar­ti­kels vor­liegt, wird ver­mu­tet, dass mit die­sen ein ständi­ger und dau­ern­der Be­darf des Un­ter­neh­mens oder des Be­triebs ge­deckt wer­den soll, mit der Fol­ge, dass die­se Verträge in un­be­fris­te­te Ar­beits­verträgen oder -verhält­nis­se um­ge­wan­delt wer­den. Den Be­weis des Ge­gen­teils hat in je­dem Fall der Ar­beit­ge­ber zu führen.

 

4. Als ,auf­ein­an­der fol­gend' sind be­fris­te­te Ar­beits­verträge oder -verhält­nis­se an­zu­se­hen, die zwi­schen dem­sel­ben Ar­beit­ge­ber und dem­sel­ben Ar­beit­neh­mer mit

I - 6103

 

glei­chen oder ähn­li­chen Ar­beits­be­din­gun­gen zu­stan­de kom­men, und zwi­schen de­nen kein länge­rer Zeit­raum als zwan­zig (20) Werk­ta­ge liegt.

 

5. Die Vor­schrif­ten die­ses Ar­ti­kels fin­den auf Verträge oder Verlänge­run­gen von Ar­beits­verträgen oder auf Ar­beits­verhält­nis­se An­wen­dung, die nach dem In­kraft­tre­ten die­ses De­krets zu­stan­de kom­men."

18

Mit dem In­kraft­tre­ten des Präsi­di­al­de­krets Nr. 180/2004 er­hielt Ar­ti­kel 5 fol­gen­de Fas­sung:

 

„1. Die un­ein­ge­schränk­te Er­neue­rung be­fris­te­ter Ar­beits­verträge ist zulässig, wenn sie durch ei­nen ob­jek­ti­ven Grund ge­recht­fer­tigt ist. Ein sol­cher liegt ins­be­son­de­re vor:

 

falls sie durch die Form oder die Art oder die Tätig­keit des Ar­beit­ge­bers oder des Un­ter­neh­mens oder durch be­son­de­re Gründe oder Bedürf­nis­se ge­recht­fer­tigt ist, so­fern sich die­se Umstände un­mit­tel­bar oder mit­tel­bar aus dem be­tref­fen­den Ver­trag er­ge­ben, so z. B. die vorüber­ge­hen­de Er­set­zung des Ar­beit­neh­mers, die Ausführung pro­vi­so­ri­scher Ar­bei­ten, zeit­wei­lig gehäuft an­fal­len­de Ar­beit oder wenn die be­grenz­te Dau­er im Zu­sam­men­hang mit Bil­dung oder Aus­bil­dung steht, falls die Ver­trags­er­neue­rung mit dem Ziel, den Über­gang des Ar­beit­neh­mers zu ei­ner ver­wand­ten Beschäfti­gung zu er­leich­tern, oder zur Ver­wirk­li­chung ei­nes kon­kre­ten Werks oder Pro­gramms er­folgt, mit ei­nem kon­kre­ten Er­eig­nis zu­sam­menhängt oder …

I - 6104

 

3. Falls die Zeit­dau­er der be­fris­te­ten Ar­beits­verträge oder -verhält­nis­se ins­ge­samt zwei (2) Jah­re über­steigt, wird ver­mu­tet, dass mit ih­nen die Be­frie­di­gung fes­ter und dau­er­haf­ter Bedürf­nis­se des Un­ter­neh­mens oder Be­trie­bes an­ge­strebt wird, so dass aus ih­nen un­be­fris­te­te Ar­beits­verträge oder -verhält­nis­se wer­den. Wenn in­ner­halb des Zeit­raums von zwei Jah­ren die An­zahl der im Sin­ne von Ab­satz 4 auf­ein­an­der fol­gen­den Ar­beits­verträge oder -verhält­nis­se die Zahl drei (3) über­schrei­tet, so wird ver­mu­tet, dass mit ih­nen die Be­frie­di­gung fes­ter und dau­er­haf­ter Bedürf­nis­se des Un­ter­neh­mens oder Be­trie­bes ver­folgt wird, so dass aus ih­nen un­be­fris­te­te Ar­beits­verträge oder -verhält­nis­se wer­den.

 

Die Be­weis­last für das Ge­gen­teil trägt der Ar­beit­ge­ber.

 

4. ,Auf­ein­an­der fol­gend' sind be­fris­te­te Ar­beits­verträge oder -verhält­nis­se, die zwi­schen dem­sel­ben Ar­beit­ge­ber und dem­sel­ben Ar­beit­neh­mer mit den­sel­ben oder ähn­li­chen Ar­beits­be­din­gun­gen ge­schlos­sen wer­den und zwi­schen de­nen nicht mehr als fünf­und­vier­zig (45) Ta­ge lie­gen, zu de­nen so­wohl Ar­beits­ta­ge als auch an­de­re Ta­ge zählen.

 

Han­delt es sich um ei­nen Kon­zern, so um­fasst der Be­griff ,der­sel­be Ar­beit­ge­ber' für die Zwe­cke der An­wen­dung des vor­ste­hen­den Ab­sat­zes auch die Un­ter­neh­men des Kon­zerns.

 

5. Die Vor­schrif­ten die­ses Ab­sat­zes gel­ten für Ar­beits­verträge oder Er­neue­run­gen von Ar­beits­verträgen oder -verhält­nis­sen, die nach dem In­kraft­tre­ten die­ses De­krets ge­schlos­sen wer­den."

I - 6105

 

19

Ar­ti­kel 21 des Ge­set­zes Nr. 2190/1994 über die Er­rich­tung ei­nes un­abhängi­gen Am­tes für die Per­so­nal­aus­wahl und die Re­ge­lung von Ver­wal­tungs­fra­gen (FEK A' 28/3.3.1994) be­stimmt:

 

„1. ... Staat­li­che Behörden und ju­ris­ti­sche Per­so­nen ... dürfen un­ter den Vor­aus­set­zun­gen und nach dem Ver­fah­ren, wie sie nach­ste­hend vor­ge­se­hen sind, Per­so­nal mit ei­nem be­fris­te­ten pri­vat­recht­li­chen Ar­beits­ver­trag beschäfti­gen, um ei­nen sai­so­na­len oder sons­ti­gen re­gelmäßig wie­der­keh­ren­den oder zeit­wei­li­gen Be­darf zu de­cken.

 

2. Die Dau­er der Beschäfti­gung des in Ab­satz 1 ge­nann­ten Per­so­nals darf in ei­nem Zeit­raum von zwölf Mo­na­ten acht Mo­na­te nicht über­schrei­ten. Wird Per­so­nal auf Zeit ein­ge­stellt, um nach den gel­ten­den Be­stim­mun­gen ei­nen drin­gen­den Be­darf we­gen Ab­we­sen­heit von Per­so­nal oder un­be­setz­ter Stel­len zu de­cken, darf die Beschäfti­gungs­dau­er ein und der­sel­ben Per­son vier Mo­na­te nicht über­schrei­ten. Die Verlänge­rung ei­nes Ver­tra­ges oder der Ab­schluss ei­nes neu­en Ver­tra­ges im Lau­fe des­sel­ben Jah­res so­wie ei­ne Um­wand­lung in ei­nen un­be­fris­te­ten Ver­trag sind nich­tig."

 

20

Mit dem Präsi­di­al­de­kret Nr. 164/2004 mit Re­ge­lun­gen für Ar­beit­neh­mer mit be­fris­te­ten Verträgen im öffent­li­chen Sek­tor (FEK A' 134/19.7.2004) wur­de die Richt­li­nie 1999/70 für die Beschäftig­ten des Staa­tes und des öffent­li­chen Sek­tors im wei­te­ren Sinn in grie­chi­sches Recht um­ge­setzt. Es trat am 19. Ju­li 2004 in Kraft.

 

21

Ar­ti­kel 2 Ab­satz 1 die­ses Präsi­di­al­de­krets be­stimmt:

 

„ Die Vor­schrif­ten die­ses De­krets fin­den An­wen­dung auf das Per­so­nal des öffent­li­chen Sek­tors ... so­wie auf das Per­so­nal der kom­mu­na­len Un­ter­neh­men,

I - 6106

 

das mit ei­nem be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trag oder -verhält­nis oder ei­nem Werk­ver­trag oder ei­nem an­de­ren Ver­trag oder Verhält­nis ar­bei­tet, der bzw. das ein Verhält­nis abhängi­ger Beschäfti­gung ver­schlei­ert."

 

22

In Ar­ti­kel 5 des Präsi­di­al­de­krets Nr. 164/2004 heißt es u. a.:

 

„1. Ver­bo­ten sind auf­ein­an­der fol­gen­de Verträge, die zwi­schen dem­sel­ben Ar­beit­ge­ber und dem­sel­ben Ar­beit­neh­mer mit der­sel­ben oder ei­nen ähn­li­chen Fach­rich­tung und mit den­sel­ben oder ähn­li­chen Ar­beits­be­din­gun­gen ge­schlos­sen und erfüllt wer­den, wenn zwi­schen die­sen Verträgen ein Zeit­raum von we­ni­ger als drei Mo­na­ten liegt.

 

2. Der Ab­schluss die­ser Verträge ist aus­nahms­wei­se zulässig, wenn er durch ei­nen ob­jek­ti­ven Grund ge­recht­fer­tigt ist. Ein ob­jek­ti­ver Grund liegt vor, wenn die auf den ursprüng­li­chen Ver­trag fol­gen­den Verträge ge­schlos­sen wer­den, um be­son­de­ren gleich­ar­ti­gen Bedürf­nis­sen zu die­nen, die di­rekt und un­mit­tel­bar mit der Be­schaf­fen­heit oder der Art oder der Tätig­keit des Un­ter­neh­mens zu­sam­menhängen.

 

 

4. In kei­nem Fall darf die Zahl der auf­ein­an­der fol­gen­den Verträge größer als drei sein …"

I - 6107

 

23

Ar­ti­kel 11 des Präsi­di­al­de­krets Nr. 164/2004 enthält fol­gen­de Über­g­angs­vor­schrif­ten:

 

„1. Auf­ein­an­der fol­gen­de Verträge im Sin­ne von Ar­ti­kel 5 Ab­satz 1 die­ses De­krets, die vor des­sen In­kraft­tre­ten ge­schlos­sen wor­den sind und bis zu des­sen In­kraft­tre­ten wirk­sam sind, stel­len in Zu­kunft un­be­fris­te­te Ar­beits­verträge dar, wenn ku­mu­la­tiv fol­gen­de Vor­aus­set­zun­gen vor­lie­gen:

 

a) Ge­samt­dau­er der auf­ein­an­der fol­gen­den Verträge von min­des­tens vier­und­zwan­zig (24) Mo­na­ten bis zum In­kraft­tre­ten des De­krets, un­abhängig von der Zahl der Ver­trags­verlänge­run­gen, oder min­des­tens drei Verlänge­run­gen nach dem ursprüng­li­chen Ver­trag im Sin­ne von Ar­ti­kel 5 Ab­satz 1 die­ses De­krets mit ei­ner Ge­samt­beschäfti­gungs­dau­er von min­des­tens acht­zehn (18) Mo­na­ten in ei­nem Ge­samt­zeit­raum von vier­und­zwan­zig (24) Mo­na­ten, von dem ur­sprüng­li­chen Ver­trag an ge­rech­net.

 

b) die Ge­samt­beschäfti­gungs­zeit nach Buch­sta­be a muss tatsächlich bei dem­sel­ben Träger mit der­sel­ben oder ei­ner ähn­li­chen fach­li­chen Tätig­keit und mit den glei­chen oder ähn­li­chen Ar­beits­be­din­gun­gen zurück­ge­legt wor­den sein, wie im ursprüng­li­chen Ver­trag an­ge­ge­ben....

 

c) Ge­gen­stand des Ver­tra­ges müssen Tätig­kei­ten sein, die di­rekt und un­mit­tel­bar
mit ei­nem ständi­gen und dau­ern­den Be­darf des be­tref­fen­den Trägers zu­sam­menhängen, so wie die­ser durch das öffent­li­che In­ter­es­se de­fi­niert ist, dem die­ser Träger dient.

 

d) Die Ge­samt­beschäfti­gung im Sin­ne der vor­ste­hen­den Buch­sta­ben muss in Voll­zeit oder Teil­zeit­beschäfti­gung zurück­ge­legt wor­den sein und in Funk­tio­nen, die den im ursprüng­li­chen Ver­trag ge­nann­ten glei­chen oder ähneln....

I - 6108

 

4. Die Be­stim­mun­gen die­ses Ar­ti­kels gel­ten für Ar­beit­neh­mer im öffent­li­chen Sek­tor ... so­wie in kom­mu­na­len Un­ter­neh­men …

 

5. Durch die Be­stim­mun­gen des Ab­sat­zes 1 die­ses Ar­ti­kels wer­den auch die Verträge er­fasst, die im Zeit­raum der letz­ten drei Mo­na­te vor dem In­kraft­tre­ten die­ses De­krets aus­ge­lau­fen sind; die­se Verträge wer­den bis zum In­kraft­tre­ten die­ses De­krets als wirk­sa­me auf­ein­an­der fol­gen­de Verträge an­ge­se­hen. Die in Ab­satz 1 Buch­sta­be a des Ar­ti­kels ge­nann­te Vor­aus­set­zung muss bei Aus­lau­fen des Ver­tra­ges erfüllt sein.

 

…"

 

Aus­gangs­ver­fah­ren und Vor­la­ge­fra­gen

24

Aus den dem Ge­richts­hof vom vor­le­gen­den Ge­richt über­mit­tel­ten Ak­ten er­gibt sich, dass die Kläger des Aus­gangs­ver­fah­rens, die für Pro­be­nah­men zuständig oder als Se­kretärin­nen, Tech­ni­ker oder Ve­te­rinäre tätig wa­ren, ab Mai 2001 und vor dem En­de der Frist für die Um­set­zung der Richt­li­nie 1999/70 in grie­chi­sches Recht, d. h. dem 10. Ju­li 2002, mit ELOG, ei­ner dem öffent­li­chen Sek­tor zu­zu­rech­nen­den ju­ris­ti­schen Per­son des Pri­vat­rechts mit Sitz in Thes­sa­lo­ni­ki, je­weils meh­re­re auf­ein­an­der fol­gen­de be­fris­te­te Ar­beits­verträge ge­schlos­sen hat­ten, die schließlich zwi­schen Ju­ni und Sep­tem­ber 2003 aus­lie­fen, oh­ne er­neu­ert zu wer­den (im Fol­gen­den: frag­li­che Ar­beits­verträge). Al­le die­se Verträge, so­wohl die ursprüng­li­chen als auch die Fol­ge­verträge, wa­ren für die Dau­er von je­weils acht Mo­na­ten ge­schlos­sen, wo­bei zwi­schen den Verträgen un­ter­schied­li­che Zeiträume la­gen, die von 22 Ta­gen bis zu 10 Mo­na­ten und 26 Ta­gen reich­ten. Die Kläger des Aus­gangs­ver­fah­rens wur­den je­weils wie­der in dem­sel­ben Ar­beits­be­reich ein­ge­setzt, für den der ursprüng­li­che Ver­trag ge­schlos­sen wor­den war. Al­le be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mer be­fan­den sich zum Zeit­punkt des In­kraft­tre­tens des Präsi­di­al­de­krets Nr. 81/2003 in ei­nem sol­chen be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis.

I - 6109

 

25

Seit die Er­neue­rung ih­rer Ar­beits­verträge ab­ge­lehnt wur­de, sind die Be­trof­fe­nen ent­we­der ar­beits­los oder auf­grund einst­wei­li­ger Verfügun­gen vorläufig bei ELOG wei­ter­beschäftigt.

 

26

Die Kläger des Aus­gangs­ver­fah­rens er­ho­ben dar­auf­hin Kla­ge beim Mo­nome­les Pro­to­dik­eio Thes­sa­lo­ni­ki auf Fest­stel­lung, dass die frag­li­chen Ar­beits­verträge nach der Rah­men­ver­ein­ba­rung als un­be­fris­te­te Ar­beits­verträge an­zu­se­hen sei­en. Sie hätten ELOG re­gelmäßige Leis­tun­gen er­bracht, die ei­nem „ständi­gen und dau­ern­den Be­darf" im Sin­ne der na­tio­na­len Re­ge­lung ent­spro­chen hätten, so dass der Ab­schluss auf­ein­an­der fol­gen­der be­fris­te­ter Ar­beits­verträge mit ih­rem Ar­beit­ge­ber miss­bräuch­lich ge­we­sen sei, da es kei­nen sach­li­chen Grund für die An­wen­dung des in Ar­ti­kel 21 Ab­satz 2 des Ge­set­zes Nr. 2190/1994 ent­hal­te­nen Ver­bo­tes ge­be, die frag­li­chen Ar­beits­verhält­nis­se in un­be­fris­te­te Ar­beits­verträge um­zu­wan­deln.

 

27

Dem vor­le­gen­den Ge­richt zu­fol­ge bil­det ei­ne sol­che Um­qua­li­fi­zie­rung der frag­li­chen Verträge die not­wen­di­ge Vor­aus­set­zung für ei­ne Ent­schei­dung über die wei­te­ren Ansprüche der Kläger des Aus­gangs­ver­fah­rens, et­wa auf Wie­der­beschäfti­gung und Zah­lung aus­ste­hen­der Gehälter.

 

28

Das vor­le­gen­de Ge­richt ist der An­sicht, dass Pa­ra­graf 5 der Rah­men­ver­ein­ba­rung den Mit­glied­staa­ten ei­nen wei­ten Spiel­raum für de­ren Um­set­zung in na­tio­na­les Recht einräume und nicht ge­nau und un­be­dingt ge­nug sei, um un­mit­tel­ba­re Wir­kung zu ent­fal­ten, so dass sich zunächst die Fra­ge stel­le, ab wel­chem Zeit­punkt — bei ei­ner ver­späte­ten Um­set­zung der Richt­li­nie 1999/70 — das na­tio­na­le Recht richt­li­ni­en­kon­form aus­zu­le­gen sei. In die­sem Zu­sam­men­hang kämen meh­re­re Zeit­punk­te in Be­tracht, nämlich der der Veröffent­li­chung der Richt­li­nie im Amts­blatt der Eu­ropäischen Ge­mein­schaf­ten, der dem Zeit­punkt ih­res In­kraft­tre­tens ent­spre­che, der des Ab­laufs der Um­set­zungs­frist und der des In­kraft­tre­tens des Präsi­di­al­de­krets Nr. 81/2003.

I - 6110

 

29

So­dann stel­le sich in An­be­tracht des Ar­ti­kels 5 Ab­satz 1 Buch­sta­be a des Präsi­di­al­de­krets Nr. 81/2003, der die un­be­grenz­te Verlänge­rung be­fris­te­ter Ar­beits­verträge u. a. dann zu­las­se, wenn die­se Be­fris­tung durch Ge­setz oder Ver­ord­nung vor­ge­schrie­ben sei, die Fra­ge nach der Be­deu­tung des Be­grif­fes „sach­li­che Gründe" im Sin­ne des Pa­ra­gra­fen 5 Num­mer 1 Buch­sta­be a der Rah­men­ver­ein­ba­rung, die die Verlänge­rung be­fris­te­ter Ar­beits­verträge oder -verhält­nis­se recht­fer­ti­gen könn­ten.

 

30

Das vor­le­gen­de Ge­richt fragt sich auch, ob die Vor­aus­set­zun­gen für die Verlänge­rung be­fris­te­ter Ar­beits­verträge, wie sie sich aus Ar­ti­kel 5 Absätze 3 und 4 des Präsi­di­al­de­krets Nr. 81/2003 ergäben, dem Grund­satz der Verhält­nismäßig­keit und der prak­ti­schen Wirk­sam­keit der Richt­li­nie 1999/70 entsprächen.

 

31

Sch­ließlich sei es miss­bräuch­lich, in der Pra­xis auf Ar­ti­kel 21 des Ge­set­zes Nr. 2190/1994 als Grund­la­ge für den Ab­schluss be­fris­te­ter pri­vat­recht­li­cher Ar­beits­verträge zurück­zu­grei­fen, wenn die­se Verträge ei­nen „ständi­gen und dau­ern­den Be­darf" de­cken soll­ten, so dass sich die Fra­ge stel­le, ob das in Ar­ti­kel 21 Ab­satz 2 letz­ter Satz ent­hal­te­ne Ver­bot, be­fris­te­te Verträge in un­be­fris­te­te um­zu­wan­deln, in die­sem Fall die prak­ti­sche Wirk­sam­keit des Ge­mein­schafts­rechts be­ein­träch­ti­ge und mit dem in Pa­ra­graf 1 Buch­sta­be b der Rah­men­ver­ein­ba­rung ge­nann­ten Ziel ver­ein­bar sei, den Miss­brauch durch auf­ein­an­der fol­gen­de be­fris­te­te Ar­beits­verträge zu ver­hin­dern.

 

32

Das Mo­nome­les Pro­to­dik­eio Thes­sa­lo­ni­ki hat da­her das Ver­fah­ren aus­ge­setzt und dem Ge­richts­hof fol­gen­de Fra­gen in ih­rer durch Be­schluss des Ge­richts­ho­fes vom 5. Ju­li 2004 be­rich­tig­ten Fas­sung zur Vor­ab­ent­schei­dung vor­ge­legt:

 

1. Hat das na­tio­na­le Ge­richt sein na­tio­na­les Recht — so­weit wie möglich — gemäß ei­ner Richt­li­nie, die nicht frist­gemäß in die in­ner­staat­li­che Rechts­ord­nung um­ge­setzt wor­den ist, von

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a) dem Zeit­punkt an aus­zu­le­gen, in dem die Richt­li­nie in Kraft ge­setzt wor­den ist, oder

 

b) von dem Zeit­punkt an, in dem die Frist für die Um­set­zung der Richt­li­nie im na­tio­na­len Recht un­ge­nutzt ab­ge­lau­fen ist, oder

 

c) von dem Zeit­punkt an, in dem die na­tio­na­le Um­set­zungs­maßnah­me in Kraft ge­tre­ten ist?

 

2. Ist Pa­ra­graf 5 Num­mer 1 Buch­sta­be a der Rah­men­ver­ein­ba­rung da­hin aus­zu­le­gen, dass ei­nen sach­li­chen Grund für ständi­ge Verlänge­rung oder das Ein­ge­hen auf­ein­an­der fol­gen­der be­fris­te­ter Ar­beits­verträge außer den Gründen, die mit der Na­tur, der Art, den Merk­ma­len der ge­leis­te­ten Ar­beit oder an­de­ren ähn­li­chen Gründen zu­sam­menhängen, der Um­stand dar­stellt, dass der Ab­schluss ei­nes be­fris­te­ten Ver­tra­ges schlicht und ein­fach durch ei­ne Ge­set­zes-oder Ver­ord­nungs­be­stim­mung vor­ge­schrie­ben ist?

 

3. a) Ist ei­ne na­tio­na­le Vor­schrift wie Ar­ti­kel 5 Ab­satz 4 des Präsi­di­al­de­krets Nr. 81/2003, die be­stimmt, dass auf­ein­an­der fol­gen­de Verträge die­je­ni­gen sind, die zwi­schen dem­sel­ben Ar­beit­ge­ber und dem­sel­ben Ar­beit­neh­mer mit glei­chen oder ähn­li­chen Ar­beits­be­din­gun­gen ein­ge­gan­gen wer­den und zwi­schen de­nen kein länge­rer Zeit­raum als 20 Ta­ge liegt, mit Pa­ra­graf 5 Num­mern 1 und 2 der Rah­men­ver­ein­ba­rung ver­ein­bar?

 

b) Kann Pa­ra­graf 5 Num­mern 1 und 2 der Rah­men­ver­ein­ba­rung da­hin aus­ge­legt wer­den, dass nur dann ver­mu­tet wird, dass zwi­schen dem Ar­beit­neh­mer und sei­nem Ar­beit­ge­ber ein un­be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis be­steht, wenn die Vor­aus­set­zung vor­liegt, die in der na­tio­na­len Re­ge­lung in Ar­ti­kel 5 Ab­satz 4 des Präsi­di­al­de­krets Nr. 81/2003 fest­ge­legt ist?

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4. Ist mit dem Grund­satz der prak­ti­schen Wirk­sam­keit des Ge­mein­schafts­rechts und dem Zweck des Pa­ra­gra­fen 5 Num­mern 1 und 2 in Ver­bin­dung mit Pa­ra­graf 1 der Rah­men­ver­ein­ba­rung das Ver­bot der Um­wand­lung auf­ein­an­der fol­gen­der be­fris­te­ter Ar­beits­verträge in un­be­fris­te­te durch die na­tio­na­le Re­ge­lung in Ar­ti­kel 21 des Ge­set­zes Nr. 2190/1994 ver­ein­bar, wenn die­se Verträge zwar zur De­ckung ei­nes außer­or­dent­li­chen oder sai­so­na­len Be­darfs des Ar­beit­ge­bers als be­fris­tet ge­schlos­sen wer­den, aber mit dem Ziel, des­sen ständi­gen und dau­ern­den Be­darf zu de­cken?"

 

Zur Zulässig­keit der Vor­ab­ent­schei­dung

 

Beim Ge­richts­hof ein­ge­reich­te Erklärun­gen

 

33

Die Kom­mis­si­on rügt zwar nicht aus­drück­lich die Un­zulässig­keit der ers­ten Vor­la­ge­fra­ge, zieht aber de­ren Ent­schei­dungs­er­heb­lich­keit in Zwei­fel. Die frag­li­chen Verträge sei­en erst nach In­kraft­tre­ten des Präsi­di­al­de­krets Nr. 81/2003, mit dem die Richt­li­nie 1999/70 in grie­chi­sches Recht um­ge­setzt wer­den soll­te, aus­ge­lau­fen. Es sei da­her un­klar, war­um das vor­le­gen­de Ge­richt die Fra­ge nach der Ver­pflich­tung zur richt­li­ni­en­kon­for­men Aus­le­gung stel­le, die ihm schon zu ei­nem vor der Um­set­zung die­ser Richt­li­nie lie­gen­den Zeit­punkt ob­le­gen ha­be.

 

34

Die grie­chi­sche Re­gie­rung zieht die Ent­schei­dungs­er­heb­lich­keit der zwei­ten und der drit­ten Fra­ge in Zwei­fel.

 

35

Wie sich aus Ar­ti­kel 2 Ab­satz 1 des Präsi­di­al­de­krets Nr. 81/2003 in der Fas­sung des Präsi­di­al­de­krets Nr. 180/2004 er­ge­be, sei­en die Vor­schrif­ten des erst­ge­nann­ten De­krets nur auf Beschäftig­te im Pri­vat­sek­tor an­wend­bar ge­we­sen, die mit ih­rem Ar­beit­ge­ber ei­nen be­fris­te­ten Ver­trag ge­schlos­sen hätten.

I - 6113

 

36

Für die beim Staat und im öffent­li­chen Sek­tor im wei­te­ren Sin­ne Beschäftig­ten sei die Richt­li­nie 1999/70 mit dem Präsi­di­al­de­kret Nr. 164/2004 um­ge­setzt wor­den. Mit den in Ar­ti­kel 11 die­ses De­krets ent­hal­te­nen Über­g­angs­vor­schrif­ten sei­en die sich aus der ver­späte­ten Um­set­zung der Richt­li­nie er­ge­ben­den Fol­gen be­rei­nigt wor­den.

 

37

Ar­ti­kel 11 wand­le nämlich die mit Be­diens­te­ten des öffent­li­chen Sek­tors im Ju­li 2002, als die Frist zur Um­set­zung der Richt­li­nie 1999/70 endgültig ab­ge­lau­fen sei, ge­schlos­se­nen auf­ein­an­der fol­gen­den Verträge in un­be­fris­te­te Verträge um, so­fern die­se Verträge am 19. Ju­li 2004, als das Präsi­di­al­de­kret Nr. 164/2004 in Kraft ge­tre­ten sei, be­stan­den hätten oder in den drei vor­an­ge­hen­den Mo­na­ten aus­ge­lau­fen sei­en.

 

38

Die zwei­te und die drit­te Vor­la­ge­fra­ge, die sich auf die Vor­schrif­ten des Präsi­di­al­de­krets Nr. 81/2003 bezögen, sei­en da­her seit dem In­kraft­tre­ten des Präsi­di­al­de­krets Nr. 164/2004 ge­gen­stands­los, da das Präsi­di­al­de­kret Nr. 81/2003 auf das Aus­gangs­ver­fah­ren nicht an­wend­bar sei. Im Übri­gen erfüll­ten neun der 18 Kläger des Aus­gangs­ver­fah­rens die Vor­aus­set­zun­gen für die Um­wand­lung ih­rer Ar­beits­verhält­nis­se in un­be­fris­te­te Ar­beits­verträge nach Ar­ti­kel 11 des Präsi­di­al­de­krets Nr. 164/2004.

 

Würdi­gung durch den Ge­richts­hof

 

39

Nach Ar­ti­kel 234 EG kann bzw. muss ein na­tio­na­les Ge­richt ei­nes Mit­glied­staats, dem ei­ne Fra­ge nach der Aus­le­gung des EG-Ver­trags oder ab­ge­lei­te­ter Rechts­ak­te der Ge­mein­schafts­or­ga­ne ge­stellt wird, den Ge­richts­hof dar­um er­su­chen, über die­se Fra­ge zu be­fin­den, wenn es ei­ne Ent­schei­dung darüber zum Er­lass sei­nes Ur­teils für er­for­der­lich hält (vgl. in die­sem Sin­ne Ur­tei­le vom 21. März 2002 in der Rechts­sa­che C-451/99, Cu­ra An­la­gen, Sig. 2002, 1-3193, Rand­nr. 22, und vom 22. No­vem­ber 2005 in der Rechts­sa­che C-144/04, Man­gold, Sig. 2005, 1-9981, Rand­nr. 33).

I - 6114

 

40

Nach ständi­ger Recht­spre­chung ist das in Ar­ti­kel 234 EG vor­ge­se­he­ne Ver­fah­ren ein In­stru­ment der Zu­sam­men­ar­beit zwi­schen dem Ge­richts­hof und den na­tio­na­len Ge­rich­ten, mit dem der Ge­richts­hof die­sen die Hin­wei­se zur Aus­le­gung des Ge­mein­schafts­rechts gibt, die sie zur Ent­schei­dung der bei ih­nen anhängi­gen Rechts­strei­tig­kei­ten benöti­gen (vgl. u. a. Ur­teil vom 12. Ju­ni 2003 in der Rechts­sa­che C-112/00, Schmid­ber­ger, Slg. 2003, 1-5659, Rand­nr. 30 und die dort zi­tier­te Recht­spre­chung).

 

41

Im Rah­men die­ser Zu­sam­men­ar­beit kann das mit dem Rechts­streit be­fass­te na­tio­na­le Ge­richt, das al­lein den die­sem zu­grun­de lie­gen­den Sach­ver­halt un­mit­tel­bar kennt und in des­sen Ver­ant­wor­tungs­be­reich die zu er­las­sen­de Ent­schei­dung fällt, im Hin­blick auf den Ein­zel­fall so­wohl die Er­for­der­lich­keit ei­ner Vor­abent-schei­dung für den Er­lass sei­nes Ur­teils als auch die Er­heb­lich­keit der Fra­gen, die es dem Ge­richts­hof vor­legt, am bes­ten be­ur­tei­len. Be­tref­fen die­se Fra­gen die Aus­le­gung des Ge­mein­schafts­rechts, so ist der Ge­richts­hof da­her grundsätz­lich ge­hal­ten, darüber zu be­fin­den (vgl. u. a. Ur­tei­le Schmid­ber­ger, Rand­nr. 31, und Man­gold, Rand­nrn. 34 und 35).

 

42

Dem Ge­richts­hof ob­liegt es je­doch, zur Prüfung sei­ner ei­ge­nen Zuständig­keit die Umstände zu un­ter­su­chen, un­ter de­nen er vom na­tio­na­len Ge­richt an­ge­ru­fen wird. Denn der Geist der Zu­sam­men­ar­beit, in dem das Vor­ab­ent­schei­dungs­ver­fah­ren durch­zuführen ist, ver­langt auch, dass das na­tio­na­le Ge­richt sei­ner­seits auf die dem Ge­richts­hof über­tra­ge­ne Auf­ga­be Rück­sicht nimmt, die dar­in be­steht, zur Rechts­pfle­ge in den Mit­glied­staa­ten bei­zu­tra­gen, nicht aber dar­in, Gut­ach­ten zu all­ge­mei­nen oder hy­po­the­ti­schen Fra­gen ab­zu­ge­ben (vgl. u. a. Ur­teil Man­gold, Rand­nr. 36 und die dort zi­tier­te Recht­spre­chung).

 

43

In An­be­tracht die­ser Auf­ga­be hat sich der Ge­richts­hof nicht für be­fugt ge­hal­ten, über ei­ne vor ei­nem na­tio­na­len Ge­richt auf­ge­wor­fe­ne Vor­ab­ent­schei­dungs­fra­ge zu be­fin­den, wenn of­fen­sicht­lich ist, dass die Aus­le­gung des Ge­mein­schafts­rechts in kei­nem Zu­sam­men­hang mit der Rea­lität oder dem Ge­gen­stand des Aus­gangs­rechts­streits steht (vgl. Ur­teil Man­gold, Rand­nr. 37).

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44

Hier ist nicht of­fen­sicht­lich, dass hin­sicht­lich der Fra­gen des vor­le­gen­den Ge­richts ei­ner die­ser Fälle vor­liegt.

 

45

Was zunächst die Zwei­fel der Kom­mis­si­on an der Ent­schei­dungs­er­heb­lich­keit der ers­ten Fra­ge be­trifft, so er­gibt sich aus den dem Ge­richts­hof vom vor­le­gen­den Ge­richt über­mit­tel­ten Ak­ten, dass meh­re­re Kläger des Aus­gangs­ver­fah­rens ih­ren ers­ten acht­mo­na­ti­gen Ar­beits­ver­trag mit ELOG vor dem 10. Ju­li 2002, als die Frist für die Um­set­zung der Richt­li­nie 1999/70 endgültig ab­lief, oder so­gar vor dem 10. Ju­li 2001 ge­schlos­sen ha­ben, als die re­guläre Frist für die Um­set­zung die­ser Richt­li­nie in das na­tio­na­len Recht der Mit­glied­staa­ten ab­lief. Aus den Ak­ten geht fer­ner her­vor, dass der­sel­be Ar­beit­ge­ber mit ei­ni­gen Klägern nur 22 Ta­ge nach dem Aus­lau­fen des ei­nen Ar­beits­ver­trags ei­nen be­fris­te­ten Fol­ge­ver­trag ge­schlos­sen hat.

 

46

Darüber hin­aus ist, wie die grie­chi­sche Re­gie­rung selbst ein­geräumt hat, die Richt­li­nie 1999/70, selbst wenn Grie­chen­land die Förm­lich­kei­ten erfüllt hat, um wirk­sam von der Möglich­keit der Verlänge­rung der Um­set­zungs­frist bis zum 10. Ju­li 2002 Ge­brauch zu ma­chen, ver­spätet um­ge­setzt wor­den, weil die ers­te Um­set­zungs­maßnah­me erst im April 2003 in Kraft ge­tre­ten ist (vgl. Rand­nrn. 13 und 14 des vor­lie­gen­den Ur­teils). Die ers­te Fra­ge wird im Übri­gen klar vor dem Hin­ter­grund die­ser ver­späte­ten Um­set­zung der Richt­li­nie in das na­tio­na­le Recht ge­stellt. Außer­dem fin­det Ar­ti­kel 5 des Präsi­di­al­de­krets Nr. 81/2003 kei­ne An­wen­dung auf vor des­sen In­kraft­tre­ten ge­schlos­se­ne Verträge.

 

47

Das vor­le­gen­de Ge­richt fragt sich da­her zu Recht, ab wann die Ge­rich­te der Mit­glied­staa­ten zu ei­ner richt­li­ni­en­kon­for­men Aus­le­gung ver­pflich­tet sind und ins­be­son­de­re, ob die­se Ver­pflich­tung be­reits ab dem In­kraft­tre­ten der Richt­li­nie oder zu­min­dest ab dem Ab­lauf der den Mit­glied­staa­ten ge­setz­ten Um­set­zungs­frist gilt.

I - 6116

 

48

Die Fra­ge nach dem Um­fang der den na­tio­na­len Ge­rich­ten ob­lie­gen­den Ver­pflich­tung zur ge­mein­schafts­rechts­kon­for­men Aus­le­gung kann je­doch nur sach­dien­lich ge­prüft wer­den, wenn die Ant­wort des Ge­richts­ho­fes auf ei­ne oder meh­re­re der übri­gen Vor­la­ge­fra­gen da­zu führen kann, dass das vor­le­gen­de Ge­richt die Ver­ein­bar­keit ei­ner in­ner­staat­li­chen Rechts­norm mit den An­for­de­run­gen des Ge­mein­schafts­rechts prüft. Die ers­te Fra­ge ist da­her ge­ge­be­nen­falls als letz­te zu prüfen.

 

49

Zur zwei­ten und zur drit­ten Fra­ge ist so­dann fest­zu­stel­len, dass die Fra­ge, wel­ches der Präsi­di­al­de­kre­te Nr. 81/2003, 164/2004 und 180/2004 auf die Kläger des Aus­gangs­ver­fah­rens An­wen­dung fin­det, wei­ter Ge­gen­stand der Erörte­run­gen vor dem vor­le­gen­den Ge­richt ist und dass es al­lein des­sen Sa­che ist, darüber zu be­fin­den.

 

50

Außer­dem ist un­strei­tig, dass nicht al­len Klägern des Aus­gangs­ver­fah­rens die Über­g­angs­vor­schrif­ten der Son­der­re­ge­lung für den öffent­li­chen Sek­tor zu­gu­te kom­men können, die Grie­chen­land 2004 er­las­sen hat.

 

51

Nach al­le­dem kann nicht mit Er­folg gel­tend ge­macht wer­den, dass der Ge­richts­hof im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren über Fra­gen zu be­fin­den ha­be, die im Hin­blick auf die vom vor­le­gen­den Ge­richt zu er­las­sen­de Ent­schei­dung nicht er­heb­lich sei­en.

 

52

Denn die Vor­la­ge­ent­schei­dung und die dem Ge­richts­hof vom vor­le­gen­den Ge­richt über­mit­tel­ten Ak­ten ent­hal­ten nichts, was den rea­len Cha­rak­ter der Aus­gangs­strei­tig­keit oder die Be­ur­tei­lung in Zwei­fel zie­hen könn­te, die das vor­le­gen­de Ge­richt hin­sicht­lich der Er­for­der­lich­keit ei­ner Vor­ab­ent­schei­dung für die Ent­schei­dung die­ses Rechts­streits un­ter Berück­sich­ti­gung des vor­lie­gen­den Ur­teils vor­ge­nom­men hat.

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53

Das Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chen ist da­her zulässig.

 

Zu den Vor­la­ge­fra­gen

 

Vor­be­mer­kun­gen

 

54

Im Hin­blick auf ei­ne sach­dien­li­che Be­ant­wor­tung der Vor­la­ge­fra­gen ist ein­lei­tend dar­auf hin­zu­wei­sen, dass die Richt­li­nie 1999/70 und die Rah­men­ver­ein­ba­rung auch auf be­fris­te­te Ar­beits­verträge und -verhält­nis­se an­wend­bar sind, die mit Behörden oder an­de­ren Stel­len des öffent­li­chen Sek­tors ge­schlos­sen wer­den.

 

55

Die Vor­schrif­ten die­ser bei­den Rechts­ak­te ent­hal­ten nämlich kei­nen An­halts­punkt dafür, dass ihr An­wen­dungs­be­reich auf be­fris­te­te Ar­beits­verträge zwi­schen Ar­beit­neh­mern und Ar­beit­ge­bern des Pri­vat­sek­tors be­schränkt wäre.

 

56

Viel­mehr ist, wie sich schon dem Wort­laut des Pa­ra­gra­fen 2 Num­mer 1 der Rah­men­ver­ein­ba­rung ent­neh­men lässt, zum ei­nen der An­wen­dungs­be­reich der Rah­men­ver­ein­ba­rung weit ge­fasst und er­fasst all­ge­mein „be­fris­tet beschäftig­te Ar­beit­neh­mer mit ei­nem Ar­beits­ver­trag oder -verhält­nis gemäß der ge­setz­lich, ta­rif­ver­trag­lich oder nach den Ge­pflo­gen­hei­ten in je­dem Mit­glied­staat gel­ten­den De­fi­ni­ti­on". Auch die De­fi­ni­ti­on des Be­grif­fes „be­fris­tet beschäftig­ter Ar­beit­neh­mer" im Sin­ne der Rah­men­ver­ein­ba­rung, die in Pa­ra­graf 3 Num­mer 1 ent­hal­ten ist, er­fasst al­le Ar­beit­neh­mer, oh­ne da­nach zu un­ter­schei­den, ob sie an ei­nen öffent­li­chen oder an ei­nen pri­va­ten Ar­beit­ge­ber ge­bun­den sind.

I - 6118

 

57

Zum an­de­ren nimmt Pa­ra­graf 2 Num­mer 2 der Rah­men­ver­ein­ba­rung be­fris­te­te Ar­beits­verträge oder -verhält­nis­se mit ei­nem öffent­li­chen Ar­beit­ge­ber kei­nes­wegs vom An­wen­dungs­be­reich die­ser Rah­men­ver­ein­ba­rung aus, son­dern eröff­net den Mit­glied­staa­ten und/oder So­zi­al­part­nern le­dig­lich die Möglich­keit, „Be­rufs­aus­bil­dungs­verhält­nis­se und Aus­zu­bil­den­den­sys­te­me/Lehr­lings­aus­bil­dungs­sys­te­me" so­wie „Ar­beits­verträge und -verhält­nis­se, die im Rah­men ei­nes be­son­de­ren öffent­li­chen oder von der öffent­li­chen Hand un­terstütz­ten be­ruf­li­chen Aus-bil­dungs-, Ein­glie­de­rungs- oder Um­schu­lungs­pro­gramms ab­ge­schlos­sen wur­den", von die­sem An­wen­dungs­be­reich aus­zu­neh­men.

 

Zur zwei­ten Fra­ge

 

58

Die­se Fra­ge be­trifft die Aus­le­gung des Be­grif­fes „sach­li­che Gründe", die nach Pa­ra­graf 5 Num­mer 1 Buch­sta­be a der Rah­men­ver­ein­ba­rung die Verlänge­rung auf­ein­an­der fol­gen­der be­fris­te­ter Ar­beits­verträge und -verhält­nis­se recht­fer­ti­gen.

 

59

In die­sem Zu­sam­men­hang möch­te das vor­le­gen­de Ge­richt wis­sen, ob bei ei­ner na­tio­na­len Re­ge­lung wie der des Ar­ti­kels 5 Ab­satz 1 Buch­sta­be a des Präsi­di­al­de­krets Nr. 81/2003 in sei­ner ursprüng­li­chen Fas­sung der bloße Um­stand, dass der Ab­schluss ei­nes be­fris­te­ten Ver­tra­ges in ei­ner Rechts­vor­schrift ei­nes Mit­glied­staats vor­ge­schrie­ben ist, ei­nen sol­chen sach­li­chen Grund dar­stel­len kann.

 

60

Da der Be­griff „sach­li­che Gründe" in der Rah­men­ver­ein­ba­rung nicht de­fi­niert wird, sind sei­ne Be­deu­tung und sei­ne Reich­wei­te an­hand des mit der Rah­men­ver­ein­ba­rung ver­folg­ten Zie­les und des Zu­sam­men­hangs, in dem ihr Pa­ra­graf 5 Num­mer 1 Buch­sta­be a steht, zu be­stim­men (vgl. in die­sem Sin­ne Ur­tei­le vom 7. Ju­ni 2005 in der Rechts­sa­che C-17/03, VEMW u. a., Slg. 2005, 1-4983, Rand­nr. 41 und die dort zi­tier­te Recht­spre­chung, so­wie vom 9. März 2006 in der Rechts­sa­che C-323/03, Kom­mis­si­on/Spa­ni­en, Slg. 2006, 1-2161, Rand­nr. 23).

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61

Die Rah­men­ver­ein­ba­rung geht von der Prämis­se aus, dass un­be­fris­te­te Ar­beits­verträge die übli­che Form des Beschäfti­gungs­verhält­nis­ses sind, er­kennt aber gleich­zei­tig an, dass be­fris­te­te Ar­beits­verträge für die Beschäfti­gung in be­stimm­ten Bran­chen oder für be­stimm­te Be­ru­fe und Tätig­kei­ten cha­rak­te­ris­tisch sind (vgl. Num­mern 6 und 8 der All­ge­mei­nen Erwägun­gen der Rah­men­ver­ein­ba­rung).

 

62

Fes­te Beschäfti­gungs­verhält­nis­se stel­len dem­nach ei­nen wich­ti­gen As­pekt des Ar­beit­neh­mer­schut­zes dar (vgl. Ur­teil Man­gold, Rand­nr. 64), während be­fris­te­te Ar­beits­verträge nur un­ter be­stimm­ten Umständen den Bedürf­nis­sen von Ar­beit­ge­bern und Ar­beit­neh­mern ent­spre­chen können (vgl. Ab­satz 2 der Präam­bel und Num­mer 8 der All­ge­mei­nen Erwägun­gen der Rah­men­ver­ein­ba­rung).

 

63

In die­sem Sin­ne soll die Rah­men­ver­ein­ba­rung dem wie­der­hol­ten Rück­griff auf be­fris­te­te Ar­beits­verträge, der als ei­ne Quel­le po­ten­zi­el­len Miss­brauchs zu Las­ten der Ar­beit­neh­mer ge­se­hen wird, ei­nen Rah­men set­zen, in­dem sie ei­ne Rei­he von Min­dest­schutz­be­stim­mun­gen vor­sieht, die die Präka­ri­sie­rung der La­ge der Be­schäftig­ten ver­hin­dern sol­len.

 

64

So zielt Pa­ra­graf 5 Num­mer 1 der Rah­men­ver­ein­ba­rung spe­zi­ell dar­auf ab, „Miss­brauch durch auf­ein­an­der fol­gen­de be­fris­te­te Ar­beits­verträge oder -verhält-nis­se zu ver­mei­den".

 

65

Hier­zu wer­den die Mit­glied­staa­ten in Pa­ra­graf 5 ver­pflich­tet, ei­ne oder meh­re­re der in Num­mer 1 Buch­sta­ben a bis c auf­geführ­ten Maßnah­men in ih­re na­tio­na­le Rechts­ord­nung auf­zu­neh­men, wenn es im be­tref­fen­den Mit­glied­staat noch kei­ne gleich­wer­ti­gen Rechts­vor­schrif­ten gibt, um die miss­bräuch­li­che Ver­wen­dung von auf­ein­an­der fol­gen­den be­fris­te­ten Ar­beits­verträgen auf ef­fek­ti­ve Wei­se zu ver­hin­dern.

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66

Als ei­ne sol­che Maßnah­me nennt Pa­ra­graf 5 Num­mer 1 Buch­sta­be a „sach­li­che Gründe, die die Verlänge­rung sol­cher Verträge oder Verhält­nis­se recht­fer­ti­gen".

 

67

Die Un­ter­zeich­ner­par­tei­en der Rah­men­ver­ein­ba­rung wa­ren nämlich der Auf­fas­sung, dass die aus ob­jek­ti­ven Gründen er­fol­gen­de In­an­spruch­nah­me be­fris­te­ter Ar­beits­verträge hel­fe, Miss­brauch zu ver­mei­den (vgl. Num­mer 7 der All­ge­mei­nen Erwägun­gen der Rah­men­ver­ein­ba­rung).

 

68

Die Rah­men­ver­ein­ba­rung ver­weist für die De­fi­ni­ti­on der An­wen­dungs­mo­da­litäten der in ihr ent­hal­te­nen all­ge­mei­nen Grundsätze und Vor­schrif­ten zwar auf die Mit­glied­staa­ten und die So­zi­al­part­ner, um ih­re Übe­rein­stim­mung mit dem na­tio­na­len Recht und/oder der na­tio­na­len Pra­xis si­cher­zu­stel­len und zu gewähr­leis­ten, dass den Be­son­der­hei­ten der kon­kre­ten Sach­ver­hal­te Rech­nung ge­tra­gen wird (vgl. Num­mer 10 der All­ge­mei­nen Erwägun­gen der Rah­men­ver­ein­ba­rung). Die Mit­glied­staa­ten verfügen so­mit in die­sem Be­reich über ei­nen Spiel­raum; doch ändert dies nichts dar­an, dass sie das ge­mein­schafts­recht­lich vor­ge­ge­be­ne Er­geb­nis er­rei­chen müssen, wie sich nicht nur aus Ar­ti­kel 249 Ab­satz 3 EG, son­dern auch aus Ar­ti­kel 2 Ab­satz 1 in Ver­bin­dung mit der 17. Be­gründungs­erwägung der Richt­li­nie 1999/70 er­gibt.

 

69

Der Be­griff „sach­li­che Gründe" im Sin­ne des Pa­ra­gra­fen 5 Num­mer 1 Buch­sta­be a der Rah­men­ver­ein­ba­rung ist folg­lich da­hin zu ver­ste­hen, dass er ge­nau be­zeich­ne­te, kon­kre­te Umstände meint, die ei­ne be­stimm­te Tätig­keit kenn­zeich­nen und da­her in die­sem spe­zi­el­len Zu­sam­men­hang die Ver­wen­dung auf­ein­an­der fol­gen­der be­fris­te­ter Ar­beits­verträge recht­fer­ti­gen können.

 

70

Die­se Umstände können sich et­wa aus der be­son­de­ren Art der Auf­ga­ben, zu de­ren Erfüllung die­se Verträge ge­schlos­sen wor­den sind, und de­ren We­sens­merk­ma­len oder ge­ge­be­nen­falls aus der Ver­fol­gung ei­nes le­gi­ti­men so­zi­al­po­li­ti­schen Zie­les durch ei­nen Mit­glied­staat er­ge­ben.

I - 6121

 

71

Hin­ge­gen ent­spricht ei­ne in­ner­staat­li­che Vor­schrift, die sich dar­auf be­schränkt, den Rück­griff auf auf­ein­an­der fol­gen­de be­fris­te­te Ar­beits­verträge all­ge­mein und abs­trakt durch Ge­setz oder Ver­ord­nung zu­zu­las­sen, nicht den in den bei­den vor­ste­hen­den Rand­num­mern dar­ge­leg­ten Er­for­der­nis­sen.

 

72

Denn ei­ne sol­che rein for­ma­le Vor­schrift, die die Ver­wen­dung auf­ein­an­der fol­gen­der be­fris­te­ter Ar­beits­verträge nicht mit ob­jek­ti­ven Fak­to­ren, die mit den Be­son­der­hei­ten der be­tref­fen­den Tätig­keit und den Be­din­gun­gen ih­rer Ausführung zu­sam­menhängen, spe­zi­fisch recht­fer­tigt, birgt die kon­kre­te Ge­fahr ei­nes miss­bräuch­li­chen Rück­griffs auf die­se Art von Verträgen und ist da­her mit dem Ziel und der prak­ti­schen Wirk­sam­keit der Rah­men­ver­ein­ba­rung un­ver­ein­bar.

 

73

Würde zu­ge­las­sen, dass ei­ne na­tio­na­le Vor­schrift von Ge­set­zes we­gen und oh­ne wei­te­re Präzi­sie­rung auf­ein­an­der fol­gen­de be­fris­te­te Ar­beits­verträge recht­fer­ti­gen kann, so lie­fe dies auf ei­ne Miss­ach­tung der Ziel­set­zung der Rah­men­ver­ein­ba­rung, mit der die Ar­beit­neh­mer ge­gen un­si­che­re Beschäfti­gungs­verhält­nis­se geschützt wer­den sol­len, und auf ei­ne Aushöhlung des Grund­sat­zes hin­aus, dass un­be­fris­te­te Ar­beits­verträge die übli­che Form des Beschäfti­gungs­verhält­nis­ses sind.

 

74

Ins­be­son­de­re las­sen sich dem Rück­griff auf be­fris­te­te Ar­beits­verträge al­lein auf­grund ei­ner all­ge­mei­nen Rechts­vor­schrift, oh­ne Zu­sam­men­hang mit dem kon­kre­ten In­halt der be­tref­fen­den Tätig­keit, kei­ne ob­jek­ti­ven und trans­pa­ren­ten Kri­te­ri­en für die Prüfung ent­neh­men, ob die Verlänge­rung der­ar­ti­ger Verträge tatsächlich ei­nem ech­ten Be­darf ent­spricht und ob sie zur Er­rei­chung des ver­folg­ten Zie­les ge­eig­net und in­so­weit er­for­der­lich ist.

 

75

Auf die zwei­te Fra­ge ist da­her zu ant­wor­ten, dass Pa­ra­graf 5 Num­mer 1 Buch­sta­be a der Rah­men­ver­ein­ba­rung da­hin aus­zu­le­gen ist, dass er der Ver­wen­dung auf­ein­an­der fol­gen­der be­fris­te­ter Ar­beits­verträge ent­ge­gen­steht, die al­lein da­mit ge­recht­fer­tigt wird, dass sie in ei­ner all­ge­mei­nen Rechts­vor­schrift ei­nes Mit­glied­staats vor­ge­se­hen

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ist. Viel­mehr ver­langt der Be­griff „sach­li­che Gründe" im Sin­ne des Pa­ra­gra­fen 5, dass der in der na­tio­na­len Re­ge­lung vor­ge­se­he­ne Rück­griff auf die­se be­son­de­re Art des Ar­beits­verhält­nis­ses durch kon­kre­te Ge­sichts­punk­te ge­recht­fer­tigt wird, die vor al­lem mit der be­tref­fen­den Tätig­keit und den Be­din­gun­gen ih­rer Ausübung zu­sam­menhängen.

 

Zur drit­ten Fra­ge

76

Mit sei­ner drit­ten Fra­ge, die aus zwei in en­gem Zu­sam­men­hang ste­hen­den und da­her zu­sam­men zu prüfen­den Tei­len be­steht, er­sucht das vor­le­gen­de Ge­richt um Erläute­rung des Be­grif­fes „auf­ein­an­der fol­gen­der" be­fris­te­ter Ar­beits­verträge oder -verhält­nis­se im Sin­ne des Pa­ra­gra­fen 5 der Rah­men­ver­ein­ba­rung.

 

77

Aus den Gründen der Vor­la­ge­ent­schei­dung geht her­vor, dass die­se Fra­ge in der Sa­che die in Ar­ti­kel 5 Ab­satz 4 des Präsi­di­al­de­krets Nr. 81/2003 in sei­ner ursprüng­li­chen Fas­sung auf­ge­stell­te Vor­aus­set­zung be­trifft, dass be­fris­te­te Ar­beits­verträge nur dann als auf­ein­an­der fol­gend an­ge­se­hen wer­den • können, wenn zwi­schen ih­nen nicht mehr als 20 Werk­ta­ge lie­gen.

 

78

Das vor­le­gen­de Ge­richt möch­te ins­be­son­de­re wis­sen, ob ei­ne so re­strik­ti­ve De­fi­ni­ti­on des Auf­ein­an­der­fol­gens von Ar­beits­verhält­nis­sen zwi­schen dem­sel­ben Ar­beit­ge­ber und dem­sel­ben Ar­beit­neh­mer, die durch glei­che oder ver­gleich­ba­re Ar­beits­be­din­gun­gen ge­kenn­zeich­net sind, nicht vor al­lem des­halb ge­eig­net ist, das Ziel und die prak­ti­sche Wirk­sam­keit der Rah­men­ver­ein­ba­rung zu gefähr­den, weil die Erfüllung die­ser Vor­aus­set­zung ei­ne Vor­be­din­gung dafür ist, dass die­ser Ar­beit­neh­mer nach Ar­ti­kel 5 Ab­satz 3 des Präsi­di­al­de­krets Nr. 81/2003 in den Ge­nuss der Um­wand­lung be­fris­te­ter Ar­beits­verhält­nis­se, die ins­ge­samt länger als zwei Jah­re ge­dau­ert ha­ben, in de­nen sie mehr als drei Mal verlängert wur­den, in ei­nen un­be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trag ge­langt.

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79

Im Hin­blick auf die Be­ant­wor­tung die­ser Fra­ge ist dar­an zu er­in­nern, dass die Rah­men­ver­ein­ba­rung, wie aus den Pa­ra­gra­fen 1 Buch­sta­be b und 5 Num­mer 1 her­vor­geht, ei­nen Rah­men schaf­fen soll, der den Miss­brauch durch auf­ein­an­der fol­gen­de be­fris­te­te Ar­beits­verträge oder -verhält­nis­se ver­hin­dert.

 

80

Hier­zu führt die Rah­men­ver­ein­ba­rung, ins­be­son­de­re in Pa­ra­graf 5 Num­mer 1 Buch­sta­be a bis c, ver­schie­de­ne Maßnah­men an, die die­sen Miss­brauch ver­hin­dern sol­len und von de­nen die Mit­glied­staa­ten min­des­tens ei­ne in ihr na­tio­na­les Recht über­neh­men müssen.

 

81

Darüber hin­aus überlässt Pa­ra­graf 5 Num­mer 2 es grundsätz­lich den Mit­glied­staa­ten, zu be­stim­men, un­ter wel­chen Be­din­gun­gen be­fris­te­te Ar­beits­verträge und -verhält­nis­se als auf­ein­an­der­fol­gend bzw. als un­be­fris­tet zu be­trach­ten sind.

 

82

Zwar lässt sich die­ser Ver­weis auf die na­tio­na­len Stel­len für die Zwe­cke der De­fi­ni­ti­on der kon­kre­ten An­wen­dungs­mo­da­litäten der Be­grif­fe „auf­ein­an­der­fol­gend" und „un­be­fris­tet" im Sin­ne der Rah­men­ver­ein­ba­rung durch das Be­stre­ben erklären, die un­ter­schied­li­chen na­tio­na­len Re­ge­lun­gen in die­sem Be­reich zu er­hal­ten, doch ist dar­an zu er­in­nern, dass der den Mit­glied­staa­ten da­mit be­las­se­ne Spiel­raum nicht un­be­grenzt ist, da er auf kei­nen Fall so weit reicht, dass das Ziel oder die prak­ti­sche Wirk­sam­keit der Rah­men­ver­ein­ba­rung in Fra­ge ge­stellt wird (vgl. Rand­nr. 68 des vor­lie­gen­den Ur­teils). Ins­be­son­de­re dürfen die na­tio­na­len Stel­len die­sen Spiel­raum nicht so nut­zen, dass ei­ne Si­tua­ti­on ent­steht, die zu Miss­bräuchen An­lass ge­ben und da­mit die­sem Ziel zu­wi­der­lau­fen kann.

 

83

Ei­ne sol­che Aus­le­gung ist ins­be­son­de­re dann ge­bo­ten, wenn es sich um ei­nen Schlüssel­be­griff wie den des Auf­ein­an­der­fol­gen von Ar­beits­verhält­nis­sen han­delt, der für die Be­stim­mung des An­wen­dungs­be­reichs selbst der die Rah­men­ver­ein­ba­rung durchführen­den na­tio­na­len Vor­schrif­ten ent­schei­dend ist.

I - 6124

 

84

Ei­ne na­tio­na­le Be­stim­mung, nach der nur sol­che be­fris­te­ten Ar­beits­verträge als „auf­ein­an­der fol­gend" gel­ten, die höchs­tens 20 Werk­ta­ge aus­ein­an­der lie­gen, ist ge­eig­net, den Sinn und Zweck so­wie die prak­ti­sche Wirk­sam­keit der Rah­men­ver­ein­ba­rung zu un­ter­lau­fen.

 

85

Wie das vor­le­gen­de Ge­richt und die Kom­mis­si­on so­wie die Ge­ne­ral­anwältin in den Num­mern 67 bis 69 ih­rer Schluss­anträge aus­geführt ha­ben, könn­ten Ar­beit­neh­mer bei ei­ner der­art star­ren und re­strik­ti­ven De­fi­ni­ti­on des Auf­ein­an­der­fol­gens meh­re­rer nach­ein­an­der ge­schlos­se­ner Ar­beits­verträge nämlich über Jah­re hin­weg in un­si­che­ren Verhält­nis­sen beschäftigt wer­den, weil der Ar­beit­neh­mer im Re­gel­fall kei­ne an­de­re Wahl hätte, als Un­ter­bre­chun­gen von et­wa 20 Ta­gen in ei­ner Ket­te von Verträgen mit sei­nem Ar­beit­ge­ber hin­zu­neh­men.

 

86

Darüber hin­aus be­steht die Ge­fahr, dass ei­ne na­tio­na­le Re­ge­lung der im Aus­gangs­ver­fah­ren strei­ti­gen Art nicht nur da­zu führt, dass ei­ne große Zahl be­fris­te­ter Ar­beits­verhält­nis­se vom Ar­beit­neh­mer­schutz nach der Richt­li­nie 1999/70 und der Rah­men­ver­ein­ba­rung aus­ge­schlos­sen wer­den, so dass das mit die­sen ver­folg­te Ziel weit­ge­hend aus­gehöhlt wird, son­dern auch da­zu, dass den Ar­beit­ge­bern ei­ne miss­bräuch­li­che Ver­wen­dung sol­cher Verhält­nis­se ermöglicht wird.

 

87

Im Aus­gangs­ver­fah­ren kann ei­ne sol­che Re­ge­lung so­gar noch gra­vie­ren­de­re Fol­gen für die Ar­beit­neh­mer ha­ben, da sie die von den grie­chi­schen Stel­len spe­zi­ell zur Durchführung des Pa­ra­gra­fen 5 der Rah­men­ver­ein­ba­rung er­las­se­ne na­tio­na­le Maßnah­me, nach der be­stimm­te be­fris­te­te Ar­beits­verträge als auf un­be­stimm­te Zeit ge­schlos­sen gel­ten, wenn sie u. a. auf­ein­an­der fol­gend im Sin­ne des Präsi­di­al­de­krets Nr. 81/2003 sind, prak­tisch leer lau­fen lässt.

I - 6125

 

88

Der Ar­beit­ge­ber brauch­te da­her nach Ab­lauf des je­wei­li­gen be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trags le­dig­lich 21 Werk­ta­ge ver­strei­chen zu las­sen, be­vor er ei­nen wei­te­ren der­ar­ti­gen Ver­trag schließt, um die Um­wand­lung der auf­ein­an­der fol­gen­den Verträge in ein sta­bi­le­res Ar­beits­verhält­nis zu ver­hin­dern, oh­ne dass es dar­auf ankäme, wie vie­le Jah­re der be­trof­fe­ne Ar­beit­neh­mer die glei­che Stel­le be­setzt hat oder dass die­se Verträge nicht ei­nen zeit­lich be­grenz­ten, son­dern viel­mehr ei­nen „ständi­gen und dau­ern­den" Be­darf de­cken. Der Schutz der Ar­beit­neh­mer vor Miss­brauch durch be­fris­te­te Ar­beits­verträge und -verhält­nis­se, den Pa­ra­graf 5 der Rah­men­ver­ein­ba­rung be­zweckt, wird da­durch in Fra­ge ge­stellt.

 

89

In An­be­tracht der vor­ste­hen­den Erwägun­gen ist auf die drit­te Fra­ge zu ant­wor­ten, dass Pa­ra­graf 5 der Rah­men­ver­ein­ba­rung da­hin aus­zu­le­gen ist, dass er ei­ner na­tio­na­len Re­ge­lung wie der im Aus­gangs­ver­fah­ren frag­li­chen ent­ge­gen­steht, nach der als „auf­ein­an­der fol­gend" im Sin­ne die­ses Pa­ra­gra­fen nur die be­fris­te­ten Ar­beits­verträge und -verhält­nis­se gel­ten, die höchs­tens 20 Werk­ta­ge aus­ein­an­der lie­gen.

 

Zur vier­ten Fra­ge

 

90

Mit sei­ner vier­ten Fra­ge möch­te das vor­le­gen­de Ge­richt im We­sent­li­chen wis­sen, ob die Rah­men­ver­ein­ba­rung da­hin aus­zu­le­gen ist, dass sie ei­ner na­tio­na­len Re­ge­lung ent­ge­gen­steht, nach der im öffent­li­chen Sek­tor auf­ein­an­der fol­gen­de be­fris­te­te Ar­beits­verträge, die ei­nen „ständi­gen und dau­ern­den Be­darf" des Ar­beit­ge­bers de­cken sol­len, nicht in ei­nen un­be­fris­te­ten Ver­trag um­ge­wan­delt wer­den dürfen.

I - 6126

 

91

In­so­weit ist ers­tens fest­zu­stel­len, dass die Rah­men­ver­ein­ba­rung we­der ei­ne all­ge­mei­ne Ver­pflich­tung der Mit­glied­staa­ten enthält, die Um­wand­lung be­fris­te­ter Ar­beits­verträge in un­be­fris­te­te Verträge vor­zu­se­hen, noch im Ein­zel­nen vor­schreibt, un­ter wel­chen Be­din­gun­gen be­fris­te­te Verträge ge­schlos­sen wer­den können.

 

92

Sie gibt den Mit­glied­staa­ten al­ler­dings auf, min­des­tens ei­ne der in Pa­ra­graf 5 Num­mer 1 Buch­sta­ben a bis c der Rah­men­ver­ein­ba­rung ge­nann­ten Maßnah­men zu er­las­sen, mit de­nen der Miss­brauch durch auf­ein­an­der fol­gen­de be­fris­te­te Ar­beits­verträge und -verhält­nis­se wirk­sam ver­hin­dert wer­den soll.

 

93

Fer­ner sind die Mit­glied­staa­ten im Rah­men der ih­nen durch Ar­ti­kel 249 Ab­satz 3 EG be­las­se­nen Frei­heit ver­pflich­tet, die­je­ni­gen For­men und Mit­tel zu wählen, die für die Gewähr­leis­tung der prak­ti­schen Wirk­sam­keit der Richt­li­ni­en un­ter Berück­sich­ti­gung des mit ih­nen ver­folg­ten Zwe­ckes am ge­eig­nets­ten sind (vgl. Ur­tei­le vom 8. April 1976 in der Rechts­sa­che 48/75, Roy­er, Sig. 1976, 497, Rand­nr. 75, und vom 12. Sep­tem­ber 1996 in den Rechts­sa­chen C-58/95, C-75/95, C-112/95, C-119/95, C-123/95, C-135/95, C-140/95, C-141/95, C-154/95 und C-157/95, Gal­lot­ti u. a., Slg. 1996, 1-4345, Rand­nr. 14).

 

94

Sieht al­so das Ge­mein­schafts­recht, wie im vor­lie­gen­den Fall, kei­ne spe­zi­fi­schen Sank­tio­nen für den Fall vor, dass den­noch Miss­bräuche fest­ge­stellt wor­den sind, ob­liegt es den na­tio­na­len Stel­len, ge­eig­ne­te Maßnah­men zu er­las­sen, um ei­ner sol­chen La­ge zu be­geg­nen; die­se müssen nicht nur verhält­nismäßig, son­dern auch ef­fek­tiv und ab­schre­ckend ge­nug sein, um die vol­le Wirk­sam­keit der zur Durchführung der Rah­men­ver­ein­ba­rung er­las­se­nen Nor­men si­cher­zu­stel­len.

 

95

Die Ein­zel­hei­ten der Durchführung sol­cher Nor­men sind nach dem Grund­satz der Ver­fah­rens­au­to­no­mie der Mit­glied­staa­ten zwar Sa­che der je­wei­li­gen in­ner­staat­li­chen Rechts­ord­nung, sie dürfen je­doch nicht ungüns­ti­ger sein als bei ent­sp­re­chen­den Sach­ver­hal­ten, die nur in­ner­staat­li­ches Recht be­tref­fen

I - 6127

 

(Äqui­va­lenz­grund­satz), und sie dürfen die Ausübung der durch die Ge­mein­schafts­rechts­ord­nung ver­lie­he­nen Rech­te nicht prak­tisch unmöglich ma­chen oder über­mäßig er­schwe­ren (Ef­fek­ti­vitäts­grund­satz) (vgl. in die­sem Sin­ne Ur­teil vom 14. De­zem­ber 1995 in der Rechts­sa­che C-312/93, Pe­ter­bro­eck, Slg. 1995, 1-4599, Rand­nr. 12 die dort zi­tier­te Recht­spre­chung).

 

96

Was zwei­tens den Rah­men, in dem die vier­te Fra­ge ge­stellt wor­den ist, be­trifft, so ist auf Fol­gen­des hin­zu­wei­sen.

 

97

Zunächst er­gibt sich aus den dem Ge­richts­hof vom vor­le­gen­den Ge­richt über­mit­tel­ten Ak­ten, dass der grie­chi­sche Ge­setz­ge­ber als Maßnah­me zur Durch­führung der Rah­men­ver­ein­ba­rung zwar un­ter be­stimm­ten Be­din­gun­gen die Um­wand­lung be­fris­te­ter Ar­beits­verträge in un­be­fris­te­te Verträge vor­ge­se­hen hat (vgl. Ar­ti­kel 5 Ab­satz 3 des Präsi­di­al­de­krets Nr. 81/2003), dass der An­wen­dungs­be­reich die­ser Re­ge­lung je­doch nach Ar­ti­kel 1 des Präsi­di­al­de­krets Nr. 180/2004 auf die be­fris­te­ten Ar­beits­verträge der Ar­beit­neh­mer im Pri­vat­sek­tor be­schränkt wur­de.

 

98

Für den öffent­li­chen Sek­tor ver­bie­tet Ar­ti­kel 21 Ab­satz 2 des Ge­set­zes Nr. 2190/1994 un­ein­ge­schränkt und mit der Fol­ge der Nich­tig­keit je­de Um­qua­li­fi­zie­rung be­fris­te­ter Ar­beits­verträge im Sin­ne des Ar­ti­kels 21 Ab­satz 1 in un­be­fris­te­te Verträge.

 

99

So­dann lässt sich der Vor­la­ge­ent­schei­dung ent­neh­men, dass Ar­ti­kel 21 des Ge­set­zes Nr. 2190/1994 in der Pra­xis sei­nem Zweck ent­frem­det zu wer­den droht, da er nicht le­dig­lich als Grund­la­ge für den Ab­schluss be­fris­te­ter Verträge zur De­ckung ei­nes nur zeit­wei­li­gen Be­darfs dient, son­dern an­schei­nend für den Ab­schluss be­fris­te­ter Verträge zur De­ckung ei­nes „ständi­gen und dau­ern­den Be­darfs" ge­nutzt wird. Dem­gemäß hat das vor­le­gen­de Ge­richt in den Gründen sei­ner Ent­schei­dung be­reits fest­ge­stellt, dass der Rück­griff auf Ar­ti­kel 21 als Grund­la­ge für den Ab­schluss von be­fris­te­ten Ar­beits­verträgen, die in Wirk­lich­keit ei­nen „ständi­gen und dau­ern­den

I - 6128

 

Be­darf' de­cken soll­ten, im Aus­gangs­ver­fah­ren miss­bräuch­lich im Sin­ne der Rah­men­ver­ein­ba­rung sei. Es will da­her le­dig­lich wis­sen, ob das in die­ser Vor­schrift ver­an­ker­te all­ge­mei­ne Ver­bot der Um­wand­lung der­ar­ti­ger be­fris­te­ter Verträge in un­be­fris­te­te Verträge in ei­nem sol­chen Fall nicht das Ziel und die prak­ti­sche Wirk­sam­keit der Rah­men­ver­ein­ba­rung be­ein­träch­tigt.

 

100

Sch­ließlich ist vor dem Ge­richts­hof nicht gel­tend ge­macht wor­den, dass im grie­chi­schen Recht — zu­min­dest bis zum In­kraft­tre­ten des Präsi­di­al­de­krets Nr. 164/2004 — ir­gend­ei­ne Maßnah­me zur Ver­hin­de­rung und an­ge­mes­se­nen Sank­tio­nie­rung des Miss­brauchs durch auf­ein­an­der fol­gen­de be­fris­te­te Ar­beits­verträge im öffent­li­chen Sek­tor be­stan­den hätte.

 

101

Wie in den Rand­num­mer 91 bis 95 des vor­lie­gen­den Ur­teils be­reits aus­geführt, enthält die Rah­men­ver­ein­ba­rung kei­ne all­ge­mei­ne Ver­pflich­tung der Mit­glied­staa­ten, die Um­wand­lung be­fris­te­ter Ar­beits­verträge in un­be­fris­te­te Verträge vor­zu­se­hen; Pa­ra­graf 5 Num­mer 1 schreibt aber den Er­lass — ef­fek­tiv und mit ver­bind­li­cher Wir­kung 7- min­des­tens ei­ner der dort auf­geführ­ten Maßnah­men zur Ver­hin­de­rung des Miss­brauchs durch auf­ein­an­der fol­gen­de be­fris­te­te Ar­beits­verträge vor, wenn das na­tio­na­le Recht noch kei­ne gleich­wer­ti­gen Maßnah­men enthält.

 

102

Ist es den­noch zu ei­nem sol­chen Miss­brauch ge­kom­men, so muss ei­ne Maßnah­me, die ef­fek­ti­ve und gleich­wer­ti­ge Ga­ran­ti­en für den Schutz der Ar­beit­neh­mer bie­tet, an­ge­wen­det wer­den können, um die­sen Miss­brauch an­ge­mes­sen zu ahn­den und die Fol­gen des Ver­s­toßes ge­gen das Ge­mein­schafts­recht zu be­sei­ti­gen. Denn nach Ar­ti­kel 2 Ab­satz 1 der Richt­li­nie 1999/70 ha­ben die Mit­glied­staa­ten „al­le not­wen­di­gen Maßnah­men zu tref­fen, um je­der­zeit gewähr­leis­ten zu können, dass die durch die Richt­li­nie vor­ge­schrie­be­nen Er­geb­nis­se er­zielt wer­den".

 

103

Der Ge­richts­hof kann sich nicht zur Aus­le­gung in­ner­staat­li­chen Rechts äußern, da die­se Auf­ga­be aus­sch­ließlich Sa­che des vor­le­gen­den Ge­richts ist, das im vor­lie­gen­den Fall prüfen muss, ob die ein­schlägi­ge na­tio­na­le Re­ge­lung die in der vor­ste­hen­den Rand­num­mer ge­nann­ten Vor­aus­set­zun­gen erfüllt.

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104

Soll­te das vor­le­gen­de Ge­richt fest­stel­len, dass dies nicht der Fall ist, wäre dar­aus zu fol­gern, dass die Rah­men­ver­ein­ba­rung der An­wen­dung die­ser na­tio­na­len Re­ge­lung ent­ge­gen­steht.

 

105

Auf die vier­te Fra­ge ist dem­nach zu ant­wor­ten, dass die Rah­men­ver­ein­ba­rung un­ter den im Aus­gangs­ver­fah­ren ge­ge­be­nen Umständen da­hin aus­zu­le­gen ist, dass sie, so­fern das in­ner­staat­li­che Recht des be­tref­fen­den Mit­glied­staats im be­tref­fen­den Sek­tor kei­ne an­de­re ef­fek­ti­ve Maßnah­me enthält, um den Miss­brauch durch auf­ein­an­der fol­gen­de be­fris­te­te Ar­beits­verträge zu ver­hin­dern und ge­ge­be­nen­falls zu ahn­den, der An­wen­dung ei­ner na­tio­na­len Re­ge­lung ent­ge­gen­steht, die nur im öffent­li­chen Sek­tor die Um­wand­lung auf­ein­an­der fol­gen­der be­fris­te­ter Ar­beits­verträge, die tatsächlich ei­nen „ständi­gen und dau­ern­den Be­darf` des Ar­beit­ge­bers de­cken soll­ten und als miss­bräuch­lich an­zu­se­hen sind, in ei­nen un­be­fris­te­ten Ver­trag un­ein­ge­schränkt ver­bie­tet.

 

Zur ers­ten Fra­ge

 

106

In An­be­tracht der Ant­wor­ten auf die letz­ten drei Vor­la­ge­fra­gen des vor­le­gen­den Ge­richts, aus de­nen sich er­gibt, dass sich die­ses un­ter den im Aus­gangs­ver­fah­ren ge­ge­be­nen Umständen ver­an­lasst se­hen könn­te, die Ver­ein­bar­keit be­stimm­ter Vor­schrif­ten der ein­schlägi­gen na­tio­na­len Re­ge­lung mit den Vor­ga­ben der Richt­li­nie 1999/70 und der Rah­men­ver­ein­ba­rung zu prüfen, ist auch die ers­te Fra­ge zu be­ant­wor­ten.

 

107

Aus der Be­gründung der Vor­la­ge­ent­schei­dung geht her­vor, dass die­se Fra­ge im Kern auf die Be­stim­mung des Zeit­punkts ab­zielt, ab dem die na­tio­na­len Ge­rich­te bei ver­späte­ter Um­set­zung ei­ner Richt­li­nie, de­ren ein­schlägi­ge Be­stim­mun­gen kei­ne un­mit­tel­ba­re Wir­kung ent­fal­ten, in die Rechts­ord­nung des be­tref­fen­den Mit­glied­staats ver­pflich­tet sind, die in­ner­staat­li­chen Rechts­vor­schrif­ten die­sen Be­stim­mun-

I - 6130

 

gen kon­form aus­zu­le­gen. Das vor­le­gen­de Ge­richt fragt sich in die­sem Zu­sam­men­hang, ob der Zeit­punkt der Veröffent­li­chung der frag­li­chen Richt­li­nie im Amts­blatt der Eu­ropäischen Ge­mein­schaf­ten, zu dem sie für die Mit­glied­staa­ten, an die sie ge­rich­tet ist, in Kraft tritt, der Zeit­punkt, in dem die Frist für die Um­set­zung der Richt­li­nie abläuft, oder der Zeit­punkt, in dem die na­tio­na­len Um­set­zungs­vor­schrif­ten in Kraft tre­ten, maßgeb­lich ist.

 

 

108

Es ist dar­an zu er­in­nern, dass die na­tio­na­le Ge­rich­te bei der An­wen­dung des in­ner­staat­li­chen Rechts die­ses so weit wie möglich an­hand des Wort­lauts und des Zwe­ckes der frag­li­chen Richt­li­nie aus­le­gen müssen, um das in ihr fest­ge­leg­te Er­geb­nis zu er­rei­chen und so Ar­ti­kel 249 Ab­satz 3 EG nach­zu­kom­men (vgl. u. a. Ur­teil vom 5. Ok­to­ber 2004 in den Rechts­sa­chen C-397/01 bis C-403/01, Pfeif­fer u. a., Slg. 2004, 1-8835, Rand­nr. 113 und die dort zi­tier­te Recht­spre­chung). Die­se Pflicht zur ge­mein­schafts­rechts­kon­for­men Aus­le­gung be­trifft das ge­sam­te na­tio­na­le Recht, un­abhängig da­von, ob es vor oder nach der Richt­li­nie, um die es geht, er­las­sen wur­de (vgl. u. a. Ur­tei­le vom 13. No­vem­ber 1990. in der Rechts­sa­che C-106/89, Mar­lea­sing, Slg. 1990, p. 1-4135, Rand­nr. 8, und Pfeif­fer u. a., Rand­nr. 115).

 

109

Das Ge­bot ei­ner ge­mein­schafts­rechts­kon­for­men Aus­le­gung des na­tio­na­len Rechts ist dem EG-Ver­trag im­ma­nent, da dem na­tio­na­len Ge­richt da­durch ermöglicht wird, im Rah­men sei­ner Zuständig­keit die vol­le Wirk­sam­keit des Ge­mein­schafts­rechts zu gewähr­leis­ten, wenn es über den bei ihm anhängi­gen Rechts­streit ent­schei­det (vgl. ins­be­son­de­re Ur­teil Pfeif­fer u. a., Rand­nr. 114).

 

110

Die Ver­pflich­tung des na­tio­na­len Rich­ters, bei der Aus­le­gung der ein­schlägi­gen Vor­schrif­ten des in­ner­staat­li­chen Rechts den In­halt ei­ner Richt­li­nie her­an­zu­zie­hen, wird zwar durch die all­ge­mei­nen Rechts­grundsätze und ins­be­son­de­re durch den Grund­satz der Rechts­si­cher­heit und das Rück­wir­kungs­ver­bot be­grenzt; auch darf sie nicht als Grund­la­ge für ei­ne Aus­le­gung con­tra le­gem des na­tio­na­len Rechts die­nen (vgl. im We­ge der Ana­lo­gie Ur­teil vom 16. Ju­ni 2005 in der Rechts­sa­che C-105/03, Pu­pi­no, Sig. 2005, 1-5285, Rand­nrn. 44 und 47).

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111

Der Grund­satz der ge­mein­schafts­rechts­kon­for­men Aus­le­gung ver­langt je­doch, dass die na­tio­na­len Ge­rich­te un­ter Berück­sich­ti­gung des ge­sam­ten na­tio­na­len Rechts und un­ter An­wen­dung ih­rer Aus­le­gungs­me­tho­den al­les tun, was in ih­rer Zustän­dig­keit liegt, um die vol­le Wirk­sam­keit der frag­li­chen Richt­li­nie zu gewähr­leis­ten und zu ei­nem Er­geb­nis zu ge­lan­gen, das mit dem von der Richt­li­nie ver­folg­ten Ziel übe­rein­stimmt (vgl. Ur­teil Pfeif­fer u. a., Rand­nrn. 115, 116, 118 und 119).

 

112

Kann das von ei­ner Richt­li­nie vor­ge­schrie­be­ne Ziel nicht im We­ge der Aus­le­gung er­reicht wer­den, ver­pflich­tet das Ge­mein­schafts­recht gemäß dem Ur­teil vom 19. No­vem­ber 1991 in den ver­bun­de­nen Rechts­sa­chen C-6/90 und C-9/90 (Fran­co­vich u. a., Sig. 1991, 1-5357, Rand­nr. 39) die Mit­glied­staa­ten zum Er­satz der den Bürgern durch die Nich­tum­set­zung die­ser Richt­li­nie ver­ur­sach­ten Schäden, so­fern drei Vor­aus­set­zun­gen vor­lie­gen. Zunächst muss Ziel der Richt­li­nie die Ver­lei­hung von Rech­ten an Ein­zel­ne sein. So­dann muss der In­halt die­ser Rech­te auf der Grund­la­ge der Richt­li­nie be­stimmt wer­den können. Sch­ließlich muss ein Kau­sal­zu­sam­men­hang zwi­schen dem Ver­s­toß ge­gen die dem Mit­glied­staat auf­er­leg­te Ver­pflich­tung und dem ent­stan­de­nen Scha­den be­ste­hen (vgl. in die­sem Sin­ne Ur­teil vom 14. Ju­li 1994 in der Rechts­sa­che C-91/92, Fac­ci­ni Do­ri, Sig. 1994, I­3325, Rand­nr. 27).

 

113

Im Hin­blick auf die ge­naue­re Be­stim­mung des Zeit­punkts, ab dem die na­tio­na­len Ge­rich­te ver­pflich­tet sind, den Grund­satz der ge­mein­schafts­rechts­kon­for­men Aus­le­gung an­zu­wen­den, ist dar­auf hin­zu­wei­sen, dass die­se sich aus den Ar­ti­keln 10 Ab­satz 2 EG und 249 Ab­satz 3 EG so­wie der be­tref­fen­den Richt­li­nie selbst er­ge­ben­de Ver­pflich­tung ins­be­son­de­re dann zum Tra­gen kommt, wenn die ein­schlägi­ge Richt­li­ni­en­be­stim­mung kei­ne un­mit­tel­ba­re Wir­kung ent­fal­tet, weil sie dafür nicht klar, ge­nau und un­be­dingt ge­nug ist oder weil es sich um ei­nen Rechts­streit han­delt, in dem sich aus­sch­ließlich Pri­va­te ge­genüber­ste­hen.

 

114 Darüber hin­aus kann den Mit­glied­staa­ten vor Ab­lauf der Frist für die Um­set­zung ei­ner Richt­li­nie nicht zur Last ge­legt wer­den, dass sie die Maßnah­men zu de­ren Um­set­zung in in­ner­staat­li­ches Recht noch nicht er­las­sen ha­ben (vgl. Ur­teil vom 18. De­zem­ber 1997 in der Rechts­sa­che C-129/96, In­ter-En­vi­ron­ne­ment Wal­lo­nie, Sig. 1997, 1-7411, Rand­nr. 43).

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115

Bei ver­späte­ter Um­set­zung ei­ner Richt­li­nie be­steht die all­ge­mei­ne Ver­pflich­tung der na­tio­na­len Ge­rich­te, das in­ner­staat­li­che Recht richt­li­ni­en­kon­form aus­zu­le­gen, da­her erst ab Ab­lauf der Um­set­zungs­frist.

 

116

Aus den vor­ste­hen­den Erwägun­gen folgt zwin­gend, dass bei ver­späte­ter Um­set­zung ei­ner Richt­li­nie nicht auf den — vom vor­le­gen­den Ge­richt in sei­ner Fra­ge 1 c an­ge­spro­che­nen — Zeit­punkt, zu dem die na­tio­na­len Um­set­zungs­maßnah­men im be­tref­fen­den Mit­glied­staat tatsächlich in Kraft tre­ten, ab­zu­stel­len ist. Dies könn­te nämlich die vol­le Wirk­sam­keit des Ge­mein­schafts­rechts und des­sen ein­heit­li­che An­wen­dung ins­be­son­de­re im We­ge von Richt­li­ni­en ernst­haft gefähr­den.

 

117

Bei ver­späte­ter Um­set­zung ei­ner Richt­li­nie be­steht die all­ge­mei­ne Ver­pflich­tung der na­tio­na­len Ge­rich­te, das in­ner­staat­li­che Recht richt­li­ni­en­kon­form aus­zu­le­gen, da­her erst ab Ab­lauf der Um­set­zungs­frist.

 

118

Zu­dem wer­den Richt­li­ni­en ent­we­der nach Ar­ti­kel 254 Ab­satz 1 EG im Amts­blatt der Eu­ropäischen Uni­on veröffent­licht und tre­ten in dem in ih­nen fest­ge­leg­ten Zeit­punkt oder an­dern­falls am zwan­zigs­ten Tag nach ih­rer Veröffent­li­chung in Kraft, oder sie wer­den nach Ar­ti­kel 254 Ab­satz 3 EG den­je­ni­gen, für die sie be­stimmt sind, be­kannt ge­ge­ben und durch die­se Be­kannt­ga­be wirk­sam.

 

119

Ei­ne Richt­li­nie ent­fal­tet dem­nach ent­we­der ab ih­rer Veröffent­li­chung oder ab dem Zeit­punkt ih­rer Be­kannt­ga­be Rechts­wir­kun­gen ge­genüber dem Mit­glied­staat, an den sie ge­rich­tet ist, und da­mit ge­genüber al­len Trägern öffent­li­cher Ge­walt.

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Im vor­lie­gen­den Fall ist in Ar­ti­kel 3 der Richt­li­nie 1999/70 fest­ge­legt, dass sie am Tag ih­rer Veröffent­li­chung im Amts­blatt der Eu­ropäischen Ge­mein­schaf­ten, d. h. am 10. Ju­li 1999, in Kraft tritt.

 

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Nach der Recht­spre­chung des Ge­richts­ho­fes er­gibt sich aus den Ar­ti­keln 10 Ab­satz 2 EG und 249 Ab­satz 3 EG in Ver­bin­dung mit der be­tref­fen­den Richt­li­nie, dass die Mit­glied­staa­ten, an die die Richt­li­nie ge­rich­tet ist, während der Frist für de­ren Um­set­zung kei­ne Vor­schrif­ten er­las­sen dürfen, die ge­eig­net sind, die Er­rei­chung des in der Richt­li­nie vor­ge­schrie­be­nen Zie­les ernst­lich zu gefähr­den (Ur­tei­le In­ter-En­vi­ron­ne­ment Wal­lo­nie, Rand­nr. 45, vom 8. Mai 2003 in der Rechts­sa­che C-14/02, ATRAL, Slg. 2003, 1-4431, Rand­nr. 58, und Man­gold, Rand­nr. 67). In die­sem Zu­sam­men­hang kommt es nicht dar­auf an, ob die frag­li­che, nach In­kraft­tre­ten der be­tref­fen­den Richt­li­nie er­las­se­ne Re­ge­lung des na­tio­na­len Rechts de­ren Um­set­zung be­zweckt oder nicht (Ur­tei­le ATRAL, Rand­nr. 59, und Man­gold, Rand­nr. 68).

 

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Da al­le Träger öffent­li­cher Ge­walt der Mit­glied­staa­ten ver­pflich­tet sind, die vol­le Wirk­sam­keit des Ge­mein­schafts­rechts zu ga­ran­tie­ren (vgl. Ur­tei­le Fran­co­vich u. a., Rand­nr. 32, vom 13. Ja­nu­ar 2004 in der Rechts­sa­che C-453/00, Kühne & Heitz, Sig. 2004, 1-837, Rand­nr. 20, so­wie Pfeif­fer u. a., Rand­nr. 111), gilt die in der vor­ste­hen­den Rand­num­mer ge­nann­te Un­ter­las­sens­pflicht auch für die na­tio­na­len Ge­rich­te.

 

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Dar­aus folgt, dass die Ge­rich­te der Mit­glied­staa­ten ab dem Zeit­punkt des In­kraft­tre­tens ei­ner Richt­li­nie es so­weit wie möglich un­ter­las­sen müssen, das in­ner­staat­li­che Recht auf ei­ne Wei­se aus­zu­le­gen, die die Er­rei­chung des mit die­ser Richt­li­nie ver­folg­ten Zie­les nach Ab­lauf der Um­set­zungs­frist ernst­haft gefähr­den würde.

 

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Nach al­le­dem ist auf die ers­te Fra­ge zu ant­wor­ten, dass die na­tio­na­len Ge­rich­te bei ver­späte­ter Um­set­zung ei­ner Richt­li­nie in die Rechts­ord­nung des be­tref­fen­den

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Mit­glied­staats und bei Feh­len un­mit­tel­ba­rer Wir­kung ih­rer ein­schlägi­gen Be­stim­mun­gen ver­pflich­tet sind, das in­ner­staat­li­che Recht ab dem Ab­lauf der Um­set­zungs­frist so weit wie möglich im Licht des Wort­lauts und des Zwe­ckes der be­tref­fen­den Richt­li­nie aus­zu­le­gen, um die mit ihr ver­folg­ten Er­geb­nis­se zu er­rei­chen, in­dem sie die die­sem Zweck am bes­ten ent­spre­chen­de Aus­le­gung der na­tio­na­len Rechts­vor­schrif­ten wählen und da­mit zu ei­ner mit den Be­stim­mun­gen die­ser Richt­li­nie ver­ein­ba­ren Lösung ge­lan­gen.

 

Kos­ten

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Für die Par­tei­en des Aus­gangs­ver­fah­rens ist das Ver­fah­ren ein Zwi­schen­streit in dem bei dem vor­le­gen­den Ge­richt anhängi­gen Rechts­streit; die Kos­ten­ent­schei­dung ist da­her Sa­che die­ses Ge­richts. Die Aus­la­gen an­de­rer Be­tei­lig­ter für die Ab­ga­be von Erklärun­gen vor dem Ge­richts­hof sind nicht er­stat­tungsfähig.

 

Aus die­sen Gründen hat der Ge­richts­hof (Große Kam­mer) für Recht er­kannt:

 

1. Pa­ra­graf 5 Num­mer 1 Buch­sta­be a der Rah­men­ver­ein­ba­rung über be­fris­te­te Ar­beits­verträge vom 18. März 1999 im An­hang der Richt­li­nie 1999/70/EG des Ra­tes vom 28. Ju­ni 1999 zu der EGB-UN­ICE-CEEP-Rah­men­ver­ein­ba­rung über be­fris­te­te Ar­beits­verträge ist da­hin aus­zu­le­gen, dass er der Ver­wen­dung auf­ein­an­der fol­gen­der be­fris­te­ter Ar­beits­verträge ent­ge­gen­steht, die al­lein da­mit ge­recht­fer­tigt wird, dass sie in ei­ner all­ge­mei­nen Rechts­vor­schrift ei­nes Mit­glied­staats vor­ge­se­hen ist. Viel­mehr ver­langt der Be­griff „sach­li­che Gründe" im Sin­ne des Pa­ra­gra­fen 5, dass der in der na­tio­na­len Re­ge­lung vor­ge­se­he­ne Rück­griff auf die­se be­son­de­re Art des Ar­beits­verhält­nis­ses durch kon­kre­te Ge­sichts­punk­te ge­recht­fer­tigt wird, die vor al­lem mit der be­tref­fen­den Tätig­keit und den Be­din­gun­gen ih­rer Ausübung zu­sam­menhängen.

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2. Pa­ra­graf 5 der Rah­men­ver­ein­ba­rung über be­fris­te­te Ar­beits­verträge ist da­hin aus­zu­le­gen, dass er ei­ner na­tio­na­len Re­ge­lung wie der im Aus­gangs­ver­fah­ren frag­li­chen ent­ge­gen­steht, nach der als „auf­ein­an­der fol­gend" im Sin­ne die­ses Pa­ra­gra­fen nur die be­fris­te­ten Ar­beits­verträge und -verhält­nis­se gel­ten, die höchs­tens 20 Werk­ta­ge aus­ein­an­der lie­gen.

 

3. Un­ter den im Aus­gangs­ver­fah­ren ge­ge­be­nen Umständen ist die Rah­men­ver­ein­ba­rung da­hin aus­zu­le­gen, dass sie, so­fern das in­ner­staat­li­che Recht des be­tref­fen­den Mit­glied­staats im be­tref­fen­den Sek­tor kei­ne an­de­re ef­fek­ti­ve Maßnah­me enthält, um den Miss­brauch durch auf­ein­an­der fol­gen­de be­fris­te­te Ar­beits­verträge zu ver­hin­dern und ge­ge­be­nen­falls zu ahn­den, der An­wen­dung ei­ner na­tio­na­len Re­ge­lung ent­ge­gen­steht, die nur im öffent­li­chen Sek­tor die Um­wand­lung auf­ein­an­der fol­gen­der be­fris­te­ter Ar­beits­verträge, die tatsächlich ei­nen „ständi­gen und dau­ern­den Be­darf' des Ar­beit­ge­bers de­cken soll­ten und als miss­bräuch­lich an­zu­se­hen sind, in ei­nen un­be­fris­te­ten Ver­trag un­ein­ge­schränkt ver­bie­tet.

 

4. Die na­tio­na­len Ge­rich­te sind bei ver­späte­ter Um­set­zung ei­ner Richt­li­nie in die Rechts­ord­nung des be­tref­fen­den Mit­glied­staats und bei Feh­len un­mit­tel­ba­rer Wir­kung ih­rer ein­schlägi­gen Be­stim­mun­gen ver­pflich­tet, das in­ner­staat­li­che Recht ab dem Ab­lauf der Um­set­zungs­frist so weit wie möglich im Licht des Wort­lauts und des Zwe­ckes der be­tref­fen­den Richt­li­nie aus­zu­le­gen, um die mit ihr ver­folg­ten Er­geb­nis­se zu er­rei­chen, in­dem sie die die­sem Zweck am bes­ten ent­spre­chen­de Aus­le­gung der na­tio­na­len Rechts­vor­schrif­ten wählen und da­mit zu ei­ner mit den Be­stim­mun­gen die­ser Richt­li­nie ver­ein­ba­ren Lösung ge­lan­gen.

 

Un­ter­schrif­ten

 

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