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ARBEITSRECHT AKTUELL // 10/163

Be­schäf­ti­gungs­chan­cen­ge­setz, Teil 2: Frei­wil­li­ge Ar­beits­lo­sen­ver­si­che­rung

Ver­si­che­rungs­mög­lich­keit für Exis­tenz­grün­der wird er­wei­tert und ver­teu­ert: Bun­des­tag Druck­sa­che 17/1945 und 17/2454
Logo der Bundesagentur für Arbeit, weißes Dreieck auf rotem Hintergrund Künf­tig kön­nen sich auch Exis­tenz­grün­der ge­gen Ar­beits­lo­sig­keit ver­si­chern

23.08.2010. Die wirt­schaft­lich schwie­ri­ge Si­tua­ti­on zwingt zu ei­nem wei­te­ren Aus­bau der Ar­beits­markt­för­de­run­gen.

Da­her hat der Bun­des­tag vor kur­zem ein Ge­setz mit dem wohl­klin­gen­den Na­men "Be­schäf­ti­gungs­chan­cen­ge­setz" ver­ab­schie­det.

Das Ge­setz, das zum Jah­res­wech­sel 2010/2011 in Kraft tre­ten wird, bringt im we­sent­li­chen ei­ne Ver­län­ge­rung der Son­der­re­ge­lung zum Kurz­ar­bei­ter­geld (wir be­rich­te­ten in Ar­beits­recht ak­tu­ell: 10/162 Be­schäf­ti­gungs­chan­cen­ge­setz, Teil 1: Kurz­ar­beit).

Dar­über hin­aus schafft das Ge­setz erst­mals die Mög­lich­keit für Exis­tenz­grün­der, sich wei­ter ge­gen das Ri­si­ko der Ar­beits­lo­sig­keit zu ver­wi­chern. Die­se Maß­nah­me ist vor dem Hin­ter­grund zu se­hen, dass der Sprung von der Ar­beits­lo­sig­keit in die Selb­stän­dig­keit oft nicht von Er­folg ge­krönt ist.

Die in § 28a So­zi­al­ge­setz­buch Drit­tes Buch (SGB III) ge­re­gel­te Mög­lich­keit, in der Ar­beits­lo­sen­ver­si­che­rung ein Ver­si­che­rungs­pflicht­ver­hält­nis auf An­trag ein­zu­ge­hen (frei­wil­li­ge Wei­ter­ver­si­che­rung), wur­de mit den Ar­beits­markt­re­for­men ein­ge­führt und ist zur Zeit noch bis zum 31.12.2010 be­fris­tet.

Sie be­steht für Aus­lands­be­schäf­tig­te und ar­beits­lo­se Exis­tenz­grün­der, wenn sie ei­ne Tä­tig­keit im Um­fang von min­des­tens 15 St­un­den pro Wo­che aus­üben und Pfle­ge­per­so­nen, die min­des­tens 14 St­un­den pro Wo­che in die Pfle­ge na­her An­ge­hö­ri­ger in­ves­tie­ren.

Im Un­ter­schied zum bis­he­ri­gen Recht sieht das Be­schäf­ti­gungs­chan­cen­ge­setz vor, dass von die­sen wö­chent­li­chen Min­dest­stun­den­zah­len ge­le­gent­lich (nach un­ten) ab­ge­wi­chen wer­den kann, wenn die­se von ge­rin­ger Dau­er sind. Die Ge­set­zes­la­ge wird da­mit an die bis­he­ri­ge Ver­wal­tungs­pra­xis an­ge­passt, die schwan­ken­de Be­schäf­ti­gungs­zei­ten bei selb­stän­di­ger Be­schäf­ti­gung be­rück­sich­tigt. Kom­bi­niert wird dies mit ei­ner Ru­hens­re­ge­lung, die ei­ne zeit­wei­li­ge „Aus­zeit“ von der frei­wil­li­gen Ver­si­che­rung (bei­spiels­wei­se für kurz­zei­ti­ge Be­schäf­ti­gungs­ver­hält­nis­se) er­laubt.

Die frei­wil­li­ge Wei­ter­ver­si­che­rung setzt ei­ne ge­wis­se Dau­er vor­he­ri­ger Ver­si­che­rung in der Ar­beits­lo­sen­ver­si­che­rung vor­aus. Es wird nun auch mög­lich sein, die­se Zei­ten durch Zei­ten der frei­wil­li­gen Wei­ter­ver­si­che­rung zu er­fül­len.

Die­se Mög­lich­keit wird je­doch be­grenzt, um Miss­brauchs- und Mit­nah­me­ef­fek­te zu ver­mei­den. Die frei­wil­li­ge Wei­ter­ver­si­che­rung ist dem­ent­spre­chend aus­ge­schlos­sen, wenn der An­trag­stel­ler be­reits frei­wil­lig als Selb­stän­di­ger ver­si­chert war, sei­ne (in­halt­lich glei­che) Tä­tig­keit zwei­mal un­ter­bro­chen und in den Un­ter­bre­chungs­zei­ten ei­nen An­spruch auf Ar­beits­lo­sen­geld gel­tend ge­macht hat.

Bis­her war es not­wen­dig, den An­trag auf frei­wil­li­ge Wei­ter­ver­si­che­rung in­ner­halb ei­nes Mo­nats nach Auf­nah­me der je­wei­li­gen Be­schäf­ti­gung zu stel­len. Künf­tig wird die­ser Zeit­raum auf drei Mo­na­te aus­ge­dehnt. Die Zah­lun­gen er­fol­gen zu­dem schon (rück­wir­kend) ab dem Zeit­punkt, zu dem die nö­ti­gen Vor­aus­set­zun­gen vor­lie­gen und nicht erst ab An­trag­stel­lung.

Exis­tenz­grün­dern und häus­li­chen Pfle­gern ha­ben da­mit in der sehr auf­wands­in­ten­si­ven Ein­ar­bei­tungs­pha­se deut­lich mehr Zeit, um das Für und Wi­der der Ver­si­che­rung ab­zu­wä­gen. Die Über­le­gungs­frist ist schon al­lein des­halb von zu­neh­men­der Be­deu­tung, weil sich die Ver­si­che­rungs­bei­trä­ge bei mehr­jäh­rig be­ste­hen­der Selbst­stän­dig­keit im Jahr 2011 im Ver­gleich zu 2010 ver­dop­peln und im Jahr 2012 so­gar ver­vier­fa­chen.

Auch wenn die dann fäl­li­gen rund 70 Eu­ro mo­nat­lich auf den ers­ten Blick im­mer noch mo­de­rat wir­ken, ist zu be­den­ken, dass ei­ne Jah­res­aus­ga­be von über 800 Eu­ro bei Klein­un­ter­neh­mern ein tie­fes Loch in die Ta­schen rei­ßen kann. Hier stellt sich die Fra­ge, ob die Ver­si­che­rungs­kos­ten nicht im Ein­zel­fall da­zu bei­tra­gen, dass die Ver­si­che­rung be­nö­tigt wird...

Das Ver­si­che­rungs­ver­hält­nis kann künf­tig durch Kün­di­gung be­en­det wer­den, al­ler­dings nur erst­mals nach fünf Jah­ren mit ei­ner Frist von drei Mo­na­ten zum En­de ei­nes Ka­len­der­mo­nats. Da­mit soll laut Re­gie­rungs­be­grün­dung „dem So­li­dar­ge­dan­ken hin­rei­chend Rech­nung“ ge­tra­gen wer­den.

Da aber nach wie vor das Ver­si­che­rungs­ver­hält­nis eben­falls en­det, wenn der Ver­si­cher­te mit der Bei­trags­zah­lung län­ger als drei Mo­na­te in Ver­zug ist, liegt die Über­le­gung na­he, die Ver­si­che­rung ganz un­so­li­da­risch im Zwei­fel lie­ber auf die­se Wei­se en­den zu las­sen. Wer zur Zeit schon frei­wil­lig ver­si­chert ist, bleibt es au­to­ma­tisch auch wei­ter­hin, hat je­doch bis 31.03.2011 ein zum 31.12.2010 zu­rück­wir­ken­des Son­der­kün­di­gungs­recht.

Nä­he­re In­for­ma­tio­nen fin­den Sie hier:

Letzte Überarbeitung: 3. August 2020

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