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ARBEITSRECHT AKTUELL // 07/78

Re­form der Pfle­ge­ver­si­che­rung

Bun­des­re­gie­rung bil­ligt Ent­wurf ei­nes Ge­set­zes zur struk­tu­rel­len Wei­ter­ent­wick­lung der Pfle­ge­ver­si­che­rung (Pfle­ge-Wei­ter­ent­wick­lungs­ge­setz): Ar­beit­neh­mer sol­len künf­tig das Recht zur un­be­zahl­ten Frei­stel­lung zur Pfle­ge na­her An­ge­hö­ri­ger er­hal­ten
Recht zur un­be­zahl­ten Frei­stel­lung für die Pfle­ge von An­ge­hö­ri­gen soll kom­men

19.11.2007. Am 17.10.2007 hat das Bun­des­ka­bi­nett den vom Ge­sund­heits­mi­nis­te­ri­um vor­ge­leg­ten Ge­set­zes­ent­wurf zur Re­form der Pfle­ge­ver­si­che­rung im We­sent­li­chen ge­bil­ligt. Die ge­setz­li­chen Än­de­run­gen be­tref­fen in der Haupt­sa­che das SGB XI, das die so­zia­le Pfle­ge­ver­si­che­rung re­gelt. Hier wird der Bei­trags­satz von der­zeit 1,7 Pro­zent ab dem 01.07.2008 auf 1,95 Pro­zent her­auf­ge­setzt wer­den. Für Kin­der­lo­se steigt der Bei­trag von der­zeit 1,95 Pro­zent auf 2,2 Pro­zent.

Im Ge­gen­zug wer­den die Leis­tun­gen der Pfle­ge­ver­si­che­rung aus­ge­wei­tet und wei­te­re Maß­nah­men zur Qua­li­täts­stei­ge­rung bzw. –si­che­rung er­grif­fen. Kon­kret wer­den die Pfle­ge­sät­ze erst­mals seit 1995 an­ge­ho­ben, die am­bu­lan­ten Sach­leis­tungs­be­trä­ge und die Sach­leis­tungs­be­trä­ge für die voll­sta­tio­nä­re Ver­sor­gung er­höht und auch das bei häus­li­cher Pfle­ge ge­währ­te Pfle­ge­geld in al­len drei Pfle­ge­stu­fen her­auf­ge­setzt.

Dar­über hin­aus sind Zu­satz­leis­tun­gen für De­menz­kran­ke vor­ge­se­hen. Al­le drei Jah­re soll ei­ne Qua­li­täts­prü­fung der Pfle­ge­ein­rich­tun­gen statt­fin­den, die auch der In­for­ma­ti­on der All­ge­mein­heit die­nen sol­len. Orts­na­he „Pfle­ge­stütz­punk­te“ und Pfle­ge­be­ra­tung so­wie die Un­ter­stüt­zung neu­er Wohn­for­men run­den die Re­form ab.

Ar­beits­recht­lich re­le­vant ist vor al­lem das als Teil des Pfle­ge-Wei­ter­ent­wick­lungs­ge­set­zes ge­plan­te Ge­setz über die Pfle­ge­zeit (Pfle­ge­zeit­ge­setz - Pfle­geZG). Es sieht in sei­nem Kern das Recht von Ar­beit­neh­mern zur Frei­stel­lung von der Ar­beit vor, falls dies zur Pfle­ge ei­nes na­hen An­ge­hö­ri­gen er­for­der­lich ist. Die­se Frei­stel­lung war von der SPD ur­sprüng­lich als be­zahl­ter Pfle­ge­ur­laub im Um­fang von zehn Ar­beits­ta­gen pro Jahr ge­plant, doch konn­te sich die SPD da­mit ge­gen­über ih­rem Ko­ali­ti­ons­part­ner nicht durch­set­zen.

Die Frei­stel­lung ist da­her nach dem jetzt vor­lie­gen­den Ge­set­zes­ent­wurf un­be­zahlt zu ge­wäh­ren, d.h. ein An­spruch auf Ver­gü­tung er­gibt sich nur aus an­de­ren ge­setz­li­chen Vor­schrif­ten oder ei­ner Ver­ein­ba­rung (§ 2 Abs.3 Pfle­geZG).

Der Ge­setz­ent­wurf sieht zwei For­men der un­be­zahl­ten Frei­stel­lung vor, näm­lich die „kurz­zei­ti­ge Ar­beits­ver­hin­de­rung“ (§ 2) und die „Pfle­ge­zeit“ (§ 3).

Die kurz­zei­ti­ge Ar­beits­ver­hin­de­rung er­laubt ei­ne un­be­zahl­te Frei­stel­lung von bis zu zehn Ar­beits­agen, wenn dies er­for­der­lich ist, um für ei­nen pfle­ge­be­dürf­ti­gen na­hen An­ge­hö­ri­gen in ei­ner akut auf­ge­tre­te­nen Pfle­ge­si­tua­ti­on ei­ne be­darfs­ge­rech­te Pfle­ge zu or­ga­ni­sie­ren oder ei­ne pfle­ge­ri­sche Ver­sor­gung in die­ser Zeit si­cher­zu­stel­len (§ 2 Abs.1).

Dem­ge­gen­über be­inhal­tet die Pfle­ge­zeit ei­ne deut­lich län­ge­re Frei­stel­lung, die ganz oder auch nur teil­wei­se er­fol­gen kann, falls der Ar­beit­neh­mer ei­nen na­hen An­ge­hö­ri­gen pfle­gen will. Ei­ne „aku­te“ Pfle­ge­si­tua­ti­on ist da­für nicht er­for­der­lich. Al­ler­dings ist der An­spruch auf un­be­zahl­te Frei­stel­lung auf ma­xi­mal sechs Mo­na­te für je­den pfle­ge­be­dürf­ti­gen na­hen An­ge­hö­ri­gen be­schränkt. Au­ßer­dem be­steht kein An­spruch auf Pfle­ge­zeit in Klein­be­trie­ben mit 15 oder we­ni­ger Mit­ar­bei­tern (§ 3 Abs.1 Satz 2).

Ar­beits­recht­lich in­ter­es­sant ist der neu ein­ge­führ­te Son­der­kün­di­gungs­schutz zu­guns­ten von Ar­beit­neh­mern, die ei­ne kurz­zei­ti­ge Ar­beits­ver­hin­de­rung gel­tend ma­chen oder Pfle­ge­zeit in An­spruch neh­men. Der Ar­beit­ge­ber darf sol­chen Ar­beit­neh­mern von der An­kün­di­gung der Ar­beits­ver­hin­de­rung bzw. der Pfle­ge­zeit bis zur Be­en­di­gung der Frei­stel­lung nicht bzw. nur mit be­hörd­li­cher Zu­stim­mung kün­di­gen (§ 5).

Aus­ge­gli­chen wird die­se Ver­stär­kung des Be­stands­schut­zes durch die gleich­falls neu ein­ge­führ­te Mög­lich­keit der Be­fris­tung von Ar­beits­ver­trä­gen mit Ver­tre­tungs­kräf­ten. Die Ein­stel­lung als Ver­tre­tung für ei­nen pfle­ge­be­dingt ver­hin­der­ten Ar­beit­neh­mer ist ein neu­er, d.h. § 14 Abs.1 Teil­zeit- und Be­fris­tungs­ge­setz (Tz­B­fG) er­gän­zen­der Sach­grund für die Be­fris­tung von Ar­beits­ver­hält­nis­sen (§ 6).

Nä­he­re In­for­ma­tio­nen zu die­sem Vor­gang fin­den Sie hier:

Letzte Überarbeitung: 19. März 2020

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