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ARBEITSRECHT AKTUELL // 11/245

An­trag auf Teil­zeit muss Wei­sungs­recht re­spek­tie­ren

An­trag auf Teil­zeit: Ne­ben der Ver­rin­ge­rung und Neu­ver­tei­lung der Ar­beits­zeit kannn nicht die Än­de­rung wei­te­rer Ar­beits­be­din­gun­gen ver­langt wer­den: Lan­des­ar­beits­ge­richt Köln, Ur­teil vom 29.08.2011, 2 Sa 181/11
Wanduhr Än­de­rung der Ar­beits­zeit: Ja, Än­de­rung der Ar­beits­be­din­gun­gen: Nein
08.12.2011. Das Teil­zeit- und Be­fris­tungs­ge­setz (Tz­B­fG) gibt Ar­beit­neh­mern ei­nen An­spruch auf Ver­rin­ge­rung der Ar­beits­zeit. Beim An­trag auf Teil­zeit muss man aber auf For­ma­li­tä­ten ach­ten.

Das Ge­setz sieht zwar vor, dass der Teil­zeit­an­trag auch die ge­wünsch­te Ver­tei­lung der (ver­rin­ger­ten) Ar­beits­zeit kon­kret an­gibt, aber ei­ne lan­ge Wunsch­lis­te mit wei­te­ren Ver­trags­än­de­run­gen soll­te ein An­trag auf Teil­zeit nicht ent­hal­ten. Denn ei­ne sol­che Wunsch­lis­te kann der Ar­beit­ge­ber ein­fach ab­leh­nen, oh­ne da­mit ge­gen das Tz­B­fG zu ver­sto­ßen.

Ar­beit­neh­mer soll­ten sich des­halb ge­nau über­le­gen, wie sie ih­ren An­trag auf Teil­zeit for­mu­lie­ren, wie ein ak­tu­el­ler Fall des Lan­des­ar­beits­ge­richts (LAG) Köln zeigt: LAG Köln, Ur­teil vom 29.08.2011, 2 Sa 181/11.

Was muss ein An­trag auf Teil­zeit ent­hal­ten - und was nicht?

Ar­beit­neh­mer ha­ben ei­nen ge­setz­li­chen An­spruch auf Ver­rin­ge­rung ih­rer Ar­beits­zeit, wenn sie länger als sechs Mo­na­te beschäftigt sind und wenn der Ar­beit­ge­ber mehr als 15 Ar­beit­neh­mer beschäftigt (§ 8 Tz­B­fG). Der An­spruch be­zieht sich auch auf die Ver­tei­lung der (ver­rin­ger­ten) Ar­beits­zeit. "An­spruch auf Teil­zeit" heißt: Der Ar­beit­ge­ber muss dem Wunsch auf Ar­beits­zeit­ver­rin­ge­rung zu­zu­stim­men und auch der gewünsch­ten Ar­beits­zeit­ver­tei­lung, falls be­trieb­li­che Gründe dem nicht ent­ge­gen­ste­hen.

An die­ser Stel­le en­det aber auch der An­spruch auf ein­sei­ti­ge Ver­tragsände­rung, d.h. wei­ter­ge­hen­de Ände­run­gen des Ver­trags kann der Ar­beit­neh­mer un­ter Be­ru­fung auf nicht § 8 Tz­B­fG ver­lan­gen. Aber kann der Ar­beit­ge­ber ein­fach nein sa­gen, wenn der Ar­beit­neh­mer ne­ben ei­ner Ar­beits­zeit­ver­rin­ge­rung auch an­de­re "goo­dies" for­dert?

LAG Köln: Wer ne­ben der Ar­beits­zeit auch an­de­re Ar­beits­be­din­gun­gen ändern will, stellt kei­nen An­trag auf Teil­zeit

Ei­ne Flug­be­glei­te­rin be­an­trag­te Teil­zeit, d.h. ei­ne Ver­rin­ge­rung ih­rer Ar­beits­zeit auf 50 Pro­zent. Außer­dem ver­lang­te sie, dass sie künf­tig kei­ne Über­stun­den mehr ma­chen müss­te und for­der­te ei­nen Ur­laubs­an­spruch von 21 Ta­ge pro Jahr. Und die Flug­ge­sell­schaft soll­te sie künf­tig nicht mehr zu Diens­ten ein­tei­len, die außer­halb der Sta­ti­on Köln en­den, d.h. Über­nach­tun­gen an an­de­ren Ein­satz­or­ten soll­ten ge­ne­rell aus­ge­schlos­sen sein.

Die Flug­ge­sell­schaft sag­te da­zu we­der ja noch nein, son­dern über­sand­te ein Ver­tragsände­rungs­an­ge­bot, das ei­ne Ar­beits­zeit­ver­rin­ge­rung auf 50,67 Pro­zent ent­hielt und sich auf ei­ne Be­triebs­ver­ein­ba­rung Teil­zeit Ka­bi­ne be­zog . Die­ses An­ge­bot nahm die Ste­war­dess nicht an, son­dern zog vor Ge­richt mit dem Ziel, ih­ren ei­ge­nen An­trag auf Ar­beits­zei­ver­rin­ge­rung durch­zu­set­zen. Da­mit hat­te sie kei­nen Er­folg, da das Ar­beits­ge­richt Köln (Ur­teil vom 16.12.2010, 8 Ca 11890/09) und das LAG mein­ten, der ursprüng­li­che Ar­beits­ver­trag (Voll­zeit) sei noch in Kraft.

Das stimmt, denn dem Ände­rungs­an­ge­bot der Flug­be­glei­te­rin hat­te ihr Ar­beit­ge­ber nicht zu­ge­stimmt, und des­sen Ände­rungs­an­ge­bot wie­der­um hat­te die Flug­be­glei­te­rin ab­ge­lehnt. Und ei­nen An­spruch auf Zu­stim­mung zu ih­rem Ände­rungs­an­ge­bot hat­te die Ste­war­dess nicht, de­nen das Tz­B­fG ver­pflich­tet den Ar­beit­ge­ber nicht da­zu, auf be­stimm­te Diens­te bzw. Wei­sun­gen ge­ne­rell zu ver­zich­ten.

Ihr An­trag ziel­te nicht nur auf die Verände­rung ih­rer Ar­beits­zeit, son­dern auch auf die Verände­rung an­de­rer Ar­beits­be­din­gun­gen ab. Er war des­halb ins­ge­samt kein An­trag nach § 8 Tz­B­fG, son­dern nach BGB und konn­te so­mit vom Ar­beit­ge­ber ab­ge­lehnt wer­den. Dies hat­te er durch sein mo­di­fi­zier­tes Ge­gen­an­ge­bot ge­tan.

Fa­zit: Zielt ein An­trag auf Teil­zeit nicht nur auf ei­ne Ar­beits­zeit­ver­rin­ge­rung und ei­ne be­stimm­te Ar­beits­zeit­ver­tei­lung, son­dern auch auf die Verände­rung an­de­rer Ar­beits­be­din­gun­gen, ist er ins­ge­samt kein An­trag nach § 8 Tz­B­fG. Der Ar­beit­ge­ber kann ei­nen sol­chen An­trag schlicht ab­leh­nen. Die Ar­beit­neh­me­rin wäre gut be­ra­ten ge­we­sen, wenn sie zwei­glei­sig ge­fah­ren wäre. Ne­ben ei­nem aus­drück­lich auf § 8 Tz­B­fG gestütz­ten An­trag hätte sie Ver­hand­lun­gen über ei­ne Ver­tragsände­rung auf­neh­men können. So hätte sie im­mer­hin ei­nen Teil ih­rer Zie­le er­rei­chen können.

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Letzte Überarbeitung: 1. Juli 2016

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