HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

LAG Ba­den-Würt­tem­berg, Ur­teil vom 17.06.2013, 1 Sa 2/13

   
Schlagworte: Befristung von Vertragsbestandteilen, Teilbefristung, Arbeitszeitverlängerung
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Aktenzeichen: 1 Sa 2/13
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 17.06.2013
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Ulm - 4 Ca 280/12
   


Lan­des­ar­beits­ge­richt

Ba­den-Würt­tem­berg

Ak­ten­zei­chen:

1 Sa 2/13
________________________________

4 Ca 280/12 (ArbG Ulm)
(Bit­te bei al­len Schrei­ben an­ge­ben!)

Verkündet am 17.06.2013


Ißler

Ur­kunds­be­am­tin der Geschäfts­stel­le 

 

Lan­des­ar­beits­ge­richt
Ba­den-Würt­tem­berg

Im Na­men des Vol­kes


Ur­teil


In der Rechts­sa­che


- Kläger/Be­ru­fungs­be­klag­ter/An­schluss­be­ru­fungskläger -


ge­gen

- Be­klag­te/Be­ru­fungskläge­rin/An­schluss­be­ru­fungs­be­klag­te -
 


hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt Ba­den-Würt­tem­berg - 1. Kam­mer -
durch den Präsi­den­ten des Lan­des­ar­beits­ge­richts Dr. Nat­ter,
den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Fi­scher
und den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Kübler
auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 17.06.2013

für Recht er­kannt:

1. Die Be­ru­fung der Be­klag­ten und die An­schluss­be­ru­fung des Klägers ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Ulm vom 10.12.2012 - 4 Ca 280/12 - wer­den zurück­ge­wie­sen.

2. Von den Kos­ten des Be­ru­fungs­ver­fah­rens tra­gen der Kläger 69 % und die Be­klag­te 31 %.

3. Die Re­vi­si­on wird für die Be­klag­te zu­ge­las­sen.


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Tat­be­stand


Die Par­tei­en strei­ten über die Rechts­wirk­sam­keit ei­ner be­fris­te­ten Ar­beits­zeit­erhöhung so­wie über ei­nen An­spruch des Klägers auf Verlänge­rung der Ar­beits­zeit.

Der am 08.02.1953 ge­bo­re­ne, ge­schie­de­ne und zwei Kin­dern un­ter­halt­ver­pflich­te­te Kläger ist bei der Be­klag­ten bei der Heim­schu­le KW als Lehr­kraft im Ar­beits­verhält­nis beschäftigt. Das Brut­to­ent­gelt des Klägers be­lief sich zu­letzt bei 16 Wo­chen­stun­den auf € 2.950,72. Auf­grund ei­nes Ar­beits­ver­trags vom 29.07./20.08.1996 (Abl. 52) fin­det auf das Ar­beits­verhält­nis die Ar­beits­ver­trags- und Vergütungs­ord­nung für den Kirch­li­chen Dienst in der Erz­diöze­se Frei­burg vom 14.12.1976 in der je­weils gel­ten­den Fas­sung An­wen­dung.

Die Be­klag­te ist die Träge­rin na­he­zu al­ler ka­tho­li­scher wei­ter­bil­den­den Schul­den in der Erz­diöze­se Frei­burg, dar­un­ter die Heim­schu­le KW. Der Kläger un­ter­rich­tet an die­ser Schu­le die Fächer Bio­lo­gie, Erd­kun­de so­wie Na­tur­wis­sen­schaft und Tech­nik. Darüber hin­aus be­sitzt er die Befähi­gung, das Fach Ma­the­ma­tik in der Un­ter­stu­fe (5.-7. Klas­se) zu un­ter­rich­ten. Der Kläger ist an der Heim­schu­le KW Mit­glied der Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tung.

Der Kläger hat­te nach sei­nem Staats­ex­amen zunächst kei­ne An­stel­lung als Leh­rer ge­fun­den. Nach Ausübung ver­schie­de­ner an­de­rer Tätig­kei­ten be­gann er zunächst mit Nach­hil­fe­un­ter­richt bei der Heim­schu­le KW. Seit An­fang 1995 schloss er mit der Be­klag­ten be­fris­te­te Ar­beits­ver-hält­nis­se mit ge­rin­gen St­un­den­de­pu­ta­ten ab. Der ers­te schrift­li­che Ar­beits­ver­trag der Par­tei­en da­tiert vom 29.07./20.08.1996 (Abl. 101 ff.). In der Fol­ge­zeit schlos­sen die Par­tei­en ei­ne Viel­zahl von so­ge­nann­ten Zu­satz­verträgen. Mit dem IV. Zu­satz­ver­trag vom 12./16.08.2000 (Abl. 13) ver­ein­bar­ten die Par­tei­en ei­ne un­be­fris­te­te Beschäfti­gung des Klägers im Um­fang von 12 Wo­chen­stun­den. Zum da­ma­li­gen Zeit­punkt be­trug das Wo­chen­de­pu­tat für ei­ne Voll­zeit­beschäf-ti­gung 24 Wo­chen­stun­den (der­zeit 25 Wo­chen­stun­den).

Ins­ge­samt schlos­sen die Par­tei­en 20 Ar­beits­verträge, wo­bei die seit dem Schul­jahr 2001/02 ge­schlos­se­nen Ar­beits­verträge je­weils auf ein Schul­jahr be­fris­te­te Ar­beits­zeit­erhöhun­gen ent-hal­ten. In der Re­gel wird als Be­fris­tungs­grund in den Ar­beits­verträgen die De­pu­tats­re­du­zie­rung an­de­rer Lehr­kräfte an­ge­ge­ben. Seit dem Schul­jahr 2010/11 wird als Be­fris­tungs­grund auch die Um­stel­lung von G9 auf G8 an­geführt (vgl. An­la­ge K 12).

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Im Ein­zel­nen schlos­sen die Par­tei­en fol­gen­de Ar­beits­verträge ab:


Zeit­raum - Ver­trag­li­che Re­ge­lung - De­pu­tat ge­samt - Be­gründung


01.02.1995 - 31.01.1996 - 5/23 Wo­chen­stun­den - 5/23 - münd­lich

01.02.1996 - 31.08.1996 - 3/23 Wo­chen­stun­den - 3/23 - münd­lich

01.09.1996 - 14.09.1997 - 6/23 Wo­chen­stun­den - 6/23 - „Im Hin­blick auf die durch die Ar­beits­zeit­erhöhung (ab Schul­jahr 1997/98) er­for­der­li­che Per­so­nal­re­du­zie­rung“

Schul­jahr 1997/98 ab 15.09.1997 - 5/23 Wo­chen­stun­den - 5/23 - „Grund der Be­fris­tung ist die Re­du­zie­rung des St­un­den­um­fan­ges ei­ner an­de­ren Lehr­kraft für das Schul­jahr 1997/98“


Schul­jahr 1998/99 ab 01.09.1998 - 8/24 Wo­chen­stun­den - 8/24 - „Grund der Be­fris­tung ist die Re­du­zie­rung des St­un­den­um­fan­ges ei­ner an­de­ren Lehr­kraft für das Schul­jahr 1998/1999“


Schul­jahr 99/2000 ab 01.09.1999 - 11/24 Wo­chen­stun­den - 11/24 - „Grund der Be­fris­tung ist die Re­du­zie­rung des De­pu­ta­tes ei­ner an­de­ren Lehr­kraft im Schul­jahr 99/2000“


Schul­jahr 2000/01 ab 01.09.2000 - 12/24 Wo­chen­stun­den un­be­fris­tet - 12/24 


Schul­jahr 2001/02 ab 01.09.2001 - 3 Wo­chen­stun­den zusätz­lich - 15/24 - münd­lich


Schul­jahr 2002/03 ab 01.09.2002 - 7 Wo­chen­stun­den zusätz­lich - 19/24 - „Die Be­fris­tung der sie­ben Wo­chen­stun­den er­folgt hin­sicht­lich der Teil­zeit­beschäfti­gung ei­ner an­de­ren Lehr­kraft und des Er­zie­hungs­ur­lau­bes ei­ner an­de­ren Lehr­kraft der Heim­schu­le KW“


Schul­jahr 2003/04 ab 01.09.2003 - 7 Wo­chen­stun­den zusätz­lich - 19/25 - münd­li­che Verlänge­rung


Schul­jahr 2004/05 ab 01.09.2004 - 8/25 Wo­chen­stun­den zusätz­lich - 20/25 - „Die Be­fris­tung er­folgt hin­sicht­lich der De­pu­tats­re­du­zie­rung ei­ner an­de­ren Lehr­kraft der Heim­schu­le“


Schul­jahr 2005/06 ab 01.09.2005 - 3/25 Wo­chen­stun­den zusätz­lich - 15/25 - „Die Be­fris­tung er­folgt hin­sicht­lich der Be­ur­lau­bung ei­ner an­de­ren Lehr­kraft der Heim­schu­le KW“


Schul­jahr 2006/07 ab 01.09.2006 - 3/25 Wo­chen­stun­den zusätz­lich - 15/25 - „Die Be­fris­tung er­folgt hin­sicht­lich der El­tern­zeit ei­ner an­de­ren Lehr­kräfte der Heim­schu­le KW“


Schul­jahr 2007/08 ab 01.09.2007 - 13/25 Wo­chen­stun­den zusätz­lich - 25/25 - „Die Be­fris­tung er­folgt hin­sicht­lich der De­pu­tats­re­du­zie­rung an­de­rer Lehr­kräfte der Heim­schu­le KW“


Schul­jahr 2008/09 ab 01.09.2008 - 13/25 Wo­chen­stun­den zusätz­lich - 25/25 - münd­li­che Verlänge­rung

Schul­jahr 2009/10 ab 01.09.2009 - 9,32/25 Wo­chen­stun­den zusätz­lich - 21,32/25 - „Die Be­fris­tung er­folgt hin­sicht­lich der De­pu­tats­re­du­zie­run­gen an­de­rer Lehr­kräfte an der Heim­schu­le KW“


Schul­jahr 2009/10 01.05. - 31.07.10 - 2,08/25 Wo­chen­stun­den zusätz­lich - 23,4/25 - „Die Be­fris­tung er­folgt als Krank­heits­ver­tre­tung für ei­ne an­de­re Lehr­kraft der Heim­schu­le KW“

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Schul­jahr 2010/11 ab 01.09.2010 - 12,5/25 Wo­chen­stun­den zusätz­lich - 25/25 - bzgl. 4,16 Wo­chen­stun­den: „Die Be­fris­tung er­folgt hin­sicht­lich der De­pu­tats­re­du­zie­run­gen an­de­rer Lehr­kräfte an der Heim­schu­le KW und we­gen des be­fris­te­ten Mehr­be­darfs an Un­ter­richts­stun­den durch die Um­stel­lung von G9 auf G8“
bzgl. wei­te­rer 8,32 Wo­chen­stun­den: „Krank­heits­ver­tre­tung“


An­trag des Klägers vom 06.12.2010 – sie­he An­la­ge K 7


Schul­jahr 2011/12 ab 01.09.2011 - 4,16/25 Wo­chen­stun­den zusätz­lich - 16,64/25 - „Die Be­fris­tung er­folgt hin­sicht­lich der De­pu­tats­re­du­zie­run­gen an­de­rer Lehr­kräfte an der Heim­schu­le KW und we­gen des be­fris­te­ten Mehr­be­darfs an Un­ter­richts­stun­den durch die Um­stel­lung von G9 auf G8“

An­trag des Klägers vom 24.11.2011 – sie­he An­la­ge K 4

Schul­jahr 2012/13 ab 01.09.2012 - kei­ne Zu­satz­stun­den mehr - 12,96/25 - Schrei­ben 13.12.2011 – An­la­ge B 3: „Um­s­tel-lung G9 auf G8“ / „kei­nen dau­er­haf­ten Be­darf“
 


Für das Schul­jahr 2011/12 (01.09.2011 - 31.08.2012) schlos­sen die Par­tei­en am 12./19.09.2011 ei­nen Zu­satz­ver­trag, wo­nach der Kläger zusätz­lich be­fris­tet vier Wo­chen­stun­den un­ter­rich­tet. Als Be­fris­tungs­grund ist an­ge­ge­ben:

„Die Be­fris­tung er­folgt hin­sicht­lich der De­pu­tats­re­du­zie­rung an­de­rer Lehr­kräfte an der Heim­schu­le KW und we­gen des be­fris­te­ten Mehr­be­darfs an Un­ter­richts­stun­den durch die Um­stel­lung von G9 auf G8.“

Be­reits zu­vor hat­te der Kläger in meh­re­ren persönli­chen Gesprächen um ein un­be­fris­te­tes vol­les De­pu­tat ge­be­ten. Bei ei­nem die­ser Gespräche, geführt vor ca. 2-3 Jah­ren, wies die Schul­lei­te­rin, Frau H., den Kläger dar­auf hin, dass zum da­ma­li­gen Zeit­punkt bei den S.U.-Schu­len in V. ei­ne Voll­zeit­stel­le mit der Fächer­ver­bin­dung des Klägers frei sei. Der Kläger teil­te da­mals Frau H. mit, dass er die­se Stel­le auf­grund des Fahr­auf­wands nicht an­stre­be.

Mit Schrei­ben vom 06.12.2010 (Abl. 133) bat der Kläger um ein vol­les un­be­fris­te­tes Un­ter­richts­de­pu­tat. Dies lehn­te die Be­klag­te mit Schrei­ben vom 22.12.2010 (Abl. 134) man­gels Be­darfs ab. Mit Schrei­ben vom 24.11.2011 (Abl. 17) bat der Kläger die Be­klag­te er­neut, ihm für das Schul­jahr 2012/2013 ein vol­les De­pu­tat von 25 Wo­chen­stun­den un­be­fris­tet zu­zu­bil­li­gen. Mit Schrei­ben vom 13.12.2011 (Abl. 57) teil­te die Be­klag­te dem Kläger mit, dass sie ihm mit Blick auf die Um­stel­lung von G9 auf G8 mit­tei­len müsse, dass sie sei­nem Wunsch nicht ent­spre­chen könne.

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Am 13.07.2012 un­ter­rich­te­te Frau H. den Kläger darüber, dass sie we­ni­ge Ta­ge zu­vor von dem Schul­lei­ter der S.U.-Schu­len in V. die Mit­tei­lung er­hal­ten ha­be, dass dort ein Leh­rer für Bio­lo­gie ge­sucht wer­de. Noch am sel­ben Tag schick­te der Kläger sei­ne Be­wer­bungs­un­ter­la­gen an den dor­ti­gen Schul­lei­ter. Mit Schrei­ben vom 20.07.2012 (Abl. 174) teil­te der dor­ti­ge Schul­lei­ter dem Kläger mit, dass die of­fe­nen St­un­den im Fach Bio­lo­gie kurz zu­vor mit zwei Lehr­kräften be­setzt wor­den sei­en. Die bei­den Lehr­kräfte wur­den be­fris­tet für ein Jahr zur Ver­tre­tung ei­ner er­krank-ten Leh­re­rin in der Fächer­ver­bin­dung Bio­lo­gie und Deutsch ein­ge­stellt.

Mit sei­ner am 21.06.2012 ein­ge­gan­ge­nen Kla­ge hat der Kläger zunächst die Fest­stel­lung be-gehrt, dass er in ei­nem un­be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis mit der Be­klag­ten mit ei­nem Beschäfti­gungs­um­fang von wöchent­lich 25/25 Pflicht­stun­den, hilfs­wei­se 16/25 Pflicht­stun­den ste­he. Der Kläger hat vor­ge­tra­gen, der pau­scha­le Be­fris­tungs­grund „De­pu­tats­re­du­zie­rung an­de­rer Lehr­kräfte“ über Jah­re hin­weg be­le­ge, dass in all den Jah­ren ein Be­darf für ei­ne über 12 Un­ter­richts­stun­den hin­aus­ge­hen­de Beschäfti­gung be­stan­den ha­be. Es ha­be in den ver­gan­ge­nen Jah­ren auch im­mer Neu­ein­stel­lun­gen ge­ge­ben. Gleich­wohl sei er nicht vor­ran­gig berück­sich­tigt wor­den. Die eben­falls als Be­fris­tungs­grund an­ge­ge­be­ne Um­stel­lung von G9 auf G8 ge­he eben-falls fehl. Auch im Schul­jahr 2012/2013 wer­de es wie­der drei 5. Klas­sen ge­ben. Er wer­de durch die Be­fris­tung der letz­ten Ar­beits­zeit­erhöhung un­an­ge­mes­sen im Sin­ne von § 307 Abs. 1 BGB be­nach­tei­ligt. Es ha­be in den letz­ten 12 Jah­ren im­mer ei­nen Be­darf für sei­ne Beschäfti­gung ge­ge­ben, der über 12 St­un­den hin­aus­ge­gan­gen sei.

Im wei­te­ren Ver­lauf des Rechts­streits hat der Kläger die Fest­stel­lung be­gehrt, dass zwi­schen den Par­tei­en ein un­be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis mit ei­nem St­un­den­de­pu­tat von 16 Wo­chen­stun­den bei Vergütung von 17,28 Wo­chen­stun­den be­ste­he. Außer­dem hat der Kläger die Ver­ur­tei­lung der Be­klag­ten be­gehrt, sei­nem An­trag auf Erhöhung sei­nes St­un­den­de­pu­tats auf 25 Wo­chen­stun­den zu­zu­stim­men. Der Kläger hat vor­ge­tra­gen, an­stel­le der aus­schei­den­den Leh­rer Frau R. und Herr Sch. ha­be die Be­klag­te - was un­strei­tig ist - für das Schul­jahr 2011/2012 ei­ne neue Leh­re­rin, Frau P., mit ei­nem St­un­den­de­pu­tat von 12 Wo­chen­stun­den ein­ge­stellt. Frau P. un­ter­rich­te die Fächer Mu­sik und Deutsch. Durch ei­ne Um­ver­tei­lung der St­un­den sei es möglich ge­we­sen, sein De­pu­tat auf­zu­sto­cken und auf die Neu­ein­stel­lung zu ver­zich­ten. Auch sei - was eben­falls un­strei­tig ist - das De­pu­tat von Frau G., die eben­falls das Fach Bio­lo­gie un­ter­rich­te, von 16 auf 20 St­un­den auf­ge­stockt wor­den. Die Um­stel­lung von G9 auf G8 ha­be sich in sei­ner Fächer­kom­bi­na­ti­on bis­lang nicht aus­ge­wirkt. Die be­gehr­te Erhöhung sei­nes St­un­den­de­pu­tats auf 25 St­un­den könne er nicht nur auf § 9 Tz­B­fG, son­dern auch auf § 14 Abs. 3 AVO so­wie die Vor­schrif­ten des Lan­des­be­am­ten­ge­set­zes stützen. Die of­fe­ne Stel­le bei den S.U.-Schu­len in V. sei ihm nicht an­ge­bo­ten wor­den, ob­wohl sein Wunsch nach ei­ner De­pu­tats­erhöhung be­kannt ge­we­sen sei.

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Der Kläger hat be­an­tragt:

1. fest­zu­stel­len, dass zwi­schen den Par­tei­en über den 31.08.2012 hin­aus ein un­be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis mit ei­nem St­un­den­de­pu­tat von 16 Wo­chen­stun­den bei Vergütung von 17,28 Wo­chen­stun­den (Auf­schlag für an­tei­li­ge Al­tersermäßigung) be­steht.

2. die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, dem An­trag des Klägers auf Erhöhung sei­nes St­un­den­de­pu­ta­tes auf 25 Wo­chen­stun­den zu­zu­stim­men.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt,

die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Sie hat vor­ge­tra­gen der Vor­schlag des Klägers, an­stel­le der Ein­stel­lung von Frau P. durch viel­fach ge­stuf­te Kas­ka­den Un­ter­richts­stun­den zu ver­schie­ben, sei pädago­gisch un­sin­nig ge­we­sen. Die Ein­stel­lung von Frau P. sei er­folgt, weil Be­darf im Fach Mu­sik be­stan­den ha­be. Es tref­fe zu, dass Frau G. im Schul­jahr 2011/2012 ei­ne Auf­sto­ckung von 4 St­un­den er­hal­ten ha­be. Frau G. sei je­doch länger beschäftigt als der Kläger und deut­lich qua­li­fi­zier­ter. Trotz al­ler Re-chen­ver­su­che des Klägers sei durch Weg­fall ei­ner Jahr­gangs­stu­fe ein ent­spre­chen­der Schüler-rück­gang zu er­war­ten. Im Schul­jahr 2013/2014 wer­de es de­fi­ni­tiv nur zwei 5. Klas­sen ge­ben. Die Stel­le bei den S.U.-Schu­len in V. sei dem Kläger nicht an­ge­bo­ten wor­den, weil er früher mit­ge­teilt ha­be, der Fahr­auf­wand sei zu groß. Was die Erhöhung des St­un­den­de­pu­tats auf 25 St­un­den an­ge­he, so fol­ge die Kla­ge­for­de­rung we­der aus § 9 Tz­B­fG noch aus § 14 Abs. 3 AVO so­wie den Be­stim­mun­gen des Lan­des­be­am­ten­ge­set­zes.

Mit Ur­teil vom 10.12.2012 hat das Ar­beits­ge­richt fest­ge­stellt, dass zwi­schen den Par­tei­en ein un­be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis mit ei­nem St­un­den­de­pu­tat von 16 Wo­chen­stun­den bei Vergütung von 17,28 Wo­chen­stun­den be­ste­he. Im Übri­gen hat das Ar­beits­ge­richt die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Zur Be­gründung hat das Ar­beits­ge­richt aus­geführt, die Be­fris­tung des um vier St­un­den erhöhten St­un­den­de­pu­tats sei un­wirk­sam. Die Be­fris­tung führe zu ei­ner un­an­ge­mes­se­nen Be­nach­tei­li­gung des Klägers. Die Be­fris­tung bedürfe je­den­falls bei ei­nem er­heb­li­chen Um­fang be­son­de­rer be­rech­tig­ter Be­lan­ge auf Ar­beit­ge­ber­sei­te. Sol­che Gründe ha­be die Be­klag­te nicht dar­ge­legt. Die Be­klag­te ha­be sich zwar auf die De­pu­tats­re­du­zie­rung an­de­rer Lehr­kräfte so­wie auf die Um­stel­lung von G9 auf G8 be­ru­fen. Sie ha­be je­doch die von ihr ge­trof­fe­ne Pro­gno­se zum Zeit­punkt des Ab­schlus­ses der Be­fris­tung nicht hin­rei­chend sub­stan­ti­iert dar­ge­legt. Die

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Be­klag­te hätte dar­le­gen müssen, von kon­kret wel­chem Be­darf sie im Sep­tem­ber 2011 aus­ge­gan­gen sei und wie sich die­ser Be­darf zum En­de des Schul­jah­res 2011/2012 ent­wi­ckeln wer­de. Ein An­spruch auf Auf­sto­ckung sei­ner Ar­beits­zeit auf ein Voll­zeit­de­pu­tat ha­be der Kläger je­doch nicht. Der An­spruch er­ge­be sich nicht aus § 9 Tz­B­fG, weil ei­ne freie Stel­le je­den­falls jetzt nicht mehr be­ste­he. In die­sem Fall blei­be dem teil­zeit­beschäftig­ten Ar­beit­neh­mer nur die Möglich­keit, Scha­den­er­satz­ansprüche gel­tend zu ma­chen. Auch aus den sons­ti­gen gel­tend ge­mach­ten An­spruchs­grund­la­gen fol­ge kein An­spruch des Klägers.

Ge­gen das ihr am 20.12.2012 zu­ge­stell­te Ur­teil hat die Be­klag­te am 15.01.2013 Be­ru­fung ein-ge­legt und die­se nach Verlänge­rung der Be­ru­fungs­be­gründungs­frist am 18.03.2013 be­gründet. Die Be­klag­te trägt vor, ent­ge­gen der An­nah­me des Ar­beits­ge­richts lie­ge im Streit­fall kei­ne er-heb­li­che Erhöhung der Ar­beits­zeit vor. Das Bun­des­ar­beits­ge­richt ha­be bis­lang nicht ent­schie­den, wo die Er­heb­lich­keits­gren­ze ge­nau lie­ge. Ei­ne Auf­sto­ckung um le­dig­lich vier Un­ter­richts­stun­den sei je­doch nicht er­heb­lich. Selbst wenn man je­doch von ei­ner er­heb­li­chen Auf­sto­ckung aus­ge­he, so er­ge­be sich aus den nun­mehr vor­ge­leg­ten Un­ter­la­gen, dass auf­grund der Um­stel­lung von G9 auf G8 sich im Schul­jahr 2012/2013 und erst recht im Schul­jahr 2013/2014 und 2014/2015 ein Min­der­be­darf an Un­ter­richts­stun­den in der Fächer­kom­bi­na­ti­on des Klägers er­ge­be. So sin­ke der Be­darf in den na­tur­wis­sen­schaft­li­chen Fächern von 162 St­un­den im Schul­jahr 2011/2012 auf 154 St­un­den im Schul­jahr 2012/2013 und 147 St­un­den im Schul­jahr 2013/2014. Auch be­zo­gen auf al­le Fächer sei der Un­ter­richts­be­darf durch die Um­stel­lung von G9 auf G8 rückläufig.

Die Be­klag­te be­an­tragt,

das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Ulm vom 10.12.2012, 4 Ca 280/12 ab­zuändern und die Kla­ge ins­ge­samt ab­zu­wei­sen.

Der Kläger be­an­tragt,

die Be­ru­fung der Be­klag­ten kos­ten­pflich­tig zurück­zu­wei­sen

so­wie im We­ge der An­schluss­be­ru­fung

das am 10.12.2012 verkünde­te Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Ulm, 4 Ca 280/12, da­hin­ge­hend ab­zuändern, dass die Be­klag­te über Ziff. 1 des Ur­teils­te­nors hin­aus ver­ur­teilt wird, dem An­trag des Klägers auf Erhöhung sei­nes St­un­den­de­pu­ta­tes auf 25 Wo­chen­stun­den zu­zu­stim­men.

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Der Kläger trägt vor, das Ar­beits­ge­richt ha­be sei­nen An­trag auf Zu­wei­sung ei­nes vol­len De­pu­tats mit der Be­gründung ab­ge­wie­sen, dass ein frei­er Ar­beits­platz zwi­schen­zeit­lich nicht mehr zu be­set­zen sei. Ge­gen die­se Rechts­auf­fas­sung spre­che, dass der Ar­beit­ge­ber durch ei­ne an­der­wei­ti­ge Be­set­zung den An­spruch des Ar­beit­neh­mers zu­nich­te ma­chen könne. Das Recht des Ar­beit­neh­mers nach § 9 Tz­B­fG lau­fe da­mit fak­tisch leer. Er hal­te da­her sei­nen Kla­ge­an­trag Ziff. 2 un­verändert auf­recht. Die Be­klag­te ha­be sei­nen Auf­sto­ckungs­wunsch über­g­an­gen und ihm auch die Bio­lo­gie-St­un­den an den S.U.-Schu­len vor­ent­hal­ten.

Das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts sei hin­sicht­lich des An­trags Ziff. 1 nicht zu be­an­stan­den. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­klag­ten sei ei­ne Ar­beits­zeit­erhöhung um vier Un­ter­richts­stun­den er­heb­lich. Die Um­stel­lung von G9 auf G8 fal­le nicht ins Ge­wicht, son­dern erhöhe statt­des­sen den Be­darf an Lehr­kräften. Die von der Be­klag­ten an­ge­stell­te Pro­gno­se sei auch nicht zu­tref-fend. Es sei fragwürdig, dass die Be­klag­te für die Schul­jah­re 2013/2014 und 2014/2015 le­dig­lich von ei­ner 2-zügi­gen Schüler­auf­nah­me aus­ge­he. Jüngst ha­be er er­fah­ren, dass Frau G. ei­nen un­be­fris­te­ten Ver­trag über 20 Un­ter­richts­stun­den ab dem Schul­jahr 2012/2013 er­hal­ten ha­be. Die vor­ge­leg­ten Un­ter­la­gen er­weck­ten den fal­schen Ein­druck, dass ein Min­der­be­darf in sei­ner Fächer­kom­bi­na­ti­on be­ste­he.

Die Be­klag­te be­an­tragt,

die An­schluss­be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

Sie trägt vor, es sei un­be­strit­ten, dass der Kläger früher ei­ne Tätig­keit an den S.U.-Schu­len we­gen des Fahr­auf­wands ab­ge­lehnt ha­be. Dem Kläger sei es um ei­ne Erhöhung sei­nes Un­ter­richts­de­pu­tats an der Schu­le KW ge­gan­gen. Ein frei­er ge­eig­ne­ter Voll­zeit­ar­beits­platz sei an den S.U.-Schu­len auch nicht frei ge­we­sen.

We­gen der Ein­zel­hei­ten des Sach- und Streit­stands wird gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG, § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO auf den In­halt der ge­wech­sel­ten Schriftsätze nebst An­la­gen so­wie auf die Pro­to­kol­le über die münd­li­chen Ver­hand­lun­gen ver­wie­sen.

 

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Ent­schei­dungs­gründe

I.

Die Be­ru­fung der Be­klag­ten ist gemäß § 64 Abs. 2 Buchst. b ArbGG statt­haft. Sie ist auch gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO in der ge­setz­li­chen Form und Frist ein­ge­legt und be­gründet wor­den. Die An­schluss­be­ru­fung des Klägers ist gemäß § 524 ZPO statt­haft so­wie frist- und form­ge­recht ein­ge­legt und be­gründet wor­den. Ge­gen­stand der Be­ru­fung ist die Rechts­wirk­sam­keit der be­fris­te­ten Ar­beits­zeit­erhöhung um vier De­pu­tats­stun­den von 12 auf 16 Un­ter­richts­stun­den. Ge­gen­stand der An­schluss­be­ru­fung ist die vom Kläger be­gehr­te Zu­stim­mung der Be­klag­ten zur Auf­sto­ckung sei­ner Un­ter­richts­stun­den auf ein Voll­zeit­de­pu­tat (der­zeit 25 Wo­chen­stun­den).

II.

Die Be­ru­fung der Be­klag­ten ist un­be­gründet. Das Ar­beits­ge­richt hat im Er­geb­nis zu­tref­fend ent­schie­den, dass die Be­fris­tung der Ar­beits­zeit­erhöhung um vier St­un­den rechts­un­wirk­sam ist.

1. Die Kla­ge ist zulässig. Bei dem mit Schrift­satz vom 15.11.2012 ge­stell­ten Kla­ge­an­trag zu 1 han­delt es sich um ei­ne all­ge­mei­ne Fest­stel­lungs­kla­ge nach § 256 Abs. 1 ZPO. Auf die Be­fris­tung ei­ner Ar­beits­zeit­erhöhung fin­det die be­son­de­re Fest­stel­lungs­kla­ge nach § 17 Satz 1 Tz­B­fG kei­ne An­wen­dung (vgl. nur BAG 15.12.2011 - 7 AZR 394/10 - AP Tz­B­fG § 14 Nr. 89). Das er­for­der­li­che Fest­stel­lungs­in­ter­es­se liegt vor, nach­dem die Be­klag­te ein un­be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis mit ei­nem De­pu­tat von 16 Un­ter­richts­stun­den über den 31.08.2012 hin­aus in Ab­re­de stellt. Die zusätz­li­che An­ga­be im ge­stell­ten An­trag, dass ei­ne Vergütung von 17,28 Wo­chen­stun­den er­fol­gen sol­le, be­ruht dar­auf, dass die Be­klag­te die De­pu­tats­ermäßigung von 2 St­un­den, die dem Kläger ab dem 60. Le­bens­jahr zu­steht, „in Geld“ um­rech­net.

2. Die Kla­ge ist mit dem Kla­ge­an­trag zu 1 auch be­gründet. Die Be­fris­tung der Ar­beits­zeit­erhöhung von vier De­pu­tats­stun­den hält der In­halts­kon­trol­le nach § 307 BGB nicht stand. Zwar kann sich die Be­klag­te be­zo­gen auf den letz­ten Zu­satz­ver­trag vom 12./19.09.2011 auf­grund ih­res neu­en Vor­brin­gens in der Be­ru­fung auf ei­nen Sach­ver­halt be­ru­fen, der ei­nen Sach­grund im Sin­ne des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Tz­B­fG her­gibt. Es liegt aber im Hin­blick auf die neue­re Recht­spre­chung des Eu­ropäischen Ge­richts­hofs und des Bun­des­ar­beits­ge­richts zur Be­fris­tungs­kon­trol­le nach den Grundsätzen des in­sti­tu­tio­nel­len Rechts­miss­brauchs ein sog. außer­gewöhn­li­cher Um­stand auf Sei­ten des Klägers vor, der zur Rechts­un­wirk­sam­keit der Be­fris­tung führt.

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a) Ge­gen­stand der In­halts­kon­trol­le ist der zwi­schen den Par­tei­en zu­letzt ab­ge­schlos­se­ne Zu­satz­ver­trag vom 12./19.09.2011. Hier­nach ha­ben die Par­tei­en ver­ein­bart, dass der Kläger über den un­be­fris­tet ver­ein­bar­ten Beschäfti­gungs­um­fang von 12 Wo­chen­stun­den hin­aus wei­te­re vier Wo­chen­stun­den im Schul­jahr 2011/2012 un­ter­rich­tet. Auch wenn der Kläger die­sen Zu­satz­ver­trag nicht aus­drück­lich in sei­nem Kla­ge­an­trag zu 1 erwähnt hat, er­gibt sich aus dem sons­ti­gen Kla­ge­vor­brin­gen, dass die­ser Zu­satz­ver­trag Ge­gen­stand der In­halts­kon­trol­le sein soll.

b) Die Be­fris­tung der Ar­beits­zeit­erhöhung im Zu­satz­ver­trag vom 12./19.09.2011 ist ei­ne all­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gung im Sin­ne von § 305 Abs. 1 BGB. Schon nach dem äußeren Er­schei­nungs­bild der zahl­rei­chen Zu­satz­verträge han­delt es sich bei der Be­fris­tungs­re­ge­lung um ei­ne Geschäfts­be­din­gung, die für ei­ne Viel­zahl von Verträgen ver­wen­det wur­de. Dafür, dass die Be­fris­tungs­ab­re­de „aus­ge­han­delt“ im Sin­ne des § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB wur­de, gibt es kei­ne An­halts­punk­te.

c) Das Ar­beits­ge­richt ist zu­tref­fend von den Grundsätzen aus­ge­gan­gen, die das Bun­de­sar-beits­ge­richt seit sei­nem Ur­teil vom 27.07.2005 (7 AZR 486/04 - AP BGB § 307 Nr. 6) zur In­halts­kon­trol­le der Be­fris­tung ein­zel­ner Ar­beits­be­din­gun­gen ent­wi­ckelt hat. Hier­nach wird die In­halts­kon­trol­le nach § 307 BGB nicht durch die für die Be­fris­tung von Ar­beits­verträgen gel­ten­den Be­stim­mun­gen der §§ 14 ff. Tz­B­fG ver­drängt. Für die bei der Be­fris­tung ein­zel­ner Ar­beits­be­din­gun­gen vor­zu­neh­men­de In­halts­kon­trol­le gel­ten da­mit zwar an­de­re Maßstäbe als für die Be­fris­tungs­kon­trol­le nach § 14 Abs. 1 Tz­B­fG. Trotz des un­ter­schied-li­chen Prüfungs­maßstabs sind aber bei der In­halts­kon­trol­le Umstände, die die Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­ver­trags ins­ge­samt recht­fer­ti­gen könn­ten, nicht oh­ne Be­deu­tung. Sie können sich bei der nach § 307 Abs. 1 BGB vor­zu­neh­men­den In­ter­es­sen­abwägung zu­guns­ten des Ar­beit­ge­bers aus­wir­ken. Liegt der Be­fris­tung ei­ner Ar­beits­zeit­erhöhung ein Sach­ver­halt zu­grun­de, der die Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­ver­trags ins­ge­samt recht­fer­ti­gen könn­te, über­wiegt in der Re­gel das In­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers an der nur be­fris­te­ten Erhöhung der Ar­beits­zeit das In­ter­es­se des Ar­beit­neh­mers an der un­be­fris­te­ten Ver­ein­ba­rung des Ar­beits­zeit­um­fangs. Nur bei Vor­lie­gen außer­gewöhn­li­cher Umstände auf Sei­ten des Ar­beit­neh­mers kann in Aus­nah­mefällen ei­ne an­de­re Be­ur­tei­lung in Be­tracht kom­men. Das Bun­des­ar­beits­ge­richt hat in die­sem Zu­sam­men­hang das Vor­lie­gen ei­nes Sach­ver­halts nach § 9 Tz­B­fG an­ge­spro­chen (zu­letzt BAG 15.12.2011 aaO; BAG 02.09.2009 - 7 AZR 233/08 - AP Tz­B­fG § 14 Nr. 66).

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Je­den­falls bei der be­fris­te­ten Ar­beits­zeit­erhöhung in ei­nem er­heb­li­chen Um­fang be­darf es nach der neue­ren Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts ei­nes Um­stands, der die Be­fris­tung ei­nes ei­genständi­gen Ar­beits­ver­trags recht­fer­ti­gen würde. Wie das Ar­beits­ge-richt eben­falls zu­tref­fend her­vor­ge­ho­ben hat, gilt die dem Teil­zeit- und Be­fris­tungs­ge­setz zu­grun­de­lie­gen­de Wer­tung, dass der un­be­fris­te­te Ver­trag im Nor­mal­fall und der be­fris­te­te Ver­trag die Aus­nah­me ist, auch für die Ver­ein­ba­rung des Um­fangs der Ar­beits­zeit. Das so­zi­al­po­li­tisch erwünsch­te un­be­fris­te­te Ar­beits­verhält­nis soll dem Ar­beit­neh­mer ein dau­er­haf­tes Aus­kom­men si­chern und zu ei­ner länger­fris­ti­gen Le­bens­pla­nung bei­tra­gen. Für die­se Pla­nung des Ar­beit­neh­mers ist re­gelmäßig auch die Höhe des von ihm er­ziel­ten Ein­kom­mens maßge­bend (BAG 15.12.2011 aaO Rn 23; BAG 27.07.2005 aaO Rn 55).

d) Nach die­sen recht­li­chen Maßstäben hält zwar die Be­fris­tung der Ar­beits­zeit­erhöhung um vier Wo­chen­stun­den aus­sch­ließlich be­zo­gen auf den Zu­satz­ver­trag vom 12./19.09.2011 ei­ner In­halts­kon­trol­le stand. Bei ei­ner Ge­samtwürdi­gung al­ler zwi­schen den Par­tei­en ge­schlos­se­nen Ar­beits­verhält­nis­se liegt je­doch ein außer­gewöhn­li­cher Um­stand auf Sei­ten des Klägers vor, der zur Un­an­ge­mes­sen­heit der Be­fris­tungs­ab­re­de führt.

aa) Das Bun­des­ar­beits­ge­richt hat in sei­nem Ur­teil vom 15.12.2011 (Rn 24) die Er­heb­lich­keits­gren­ze nicht im ein­zel­nen präzi­siert. Es hat aus­geführt, die Er­heb­lich­keits-gren­ze sei je­den­falls über­schrit­ten, wenn ein Teil­zeit­ar­beits­verhält­nis von 50 % der re­gelmäßigen durch­schnitt­li­chen Ar­beits­zeit ei­nes Voll­beschäftig­ten für 3 Mo­na­te um 4/8 auf­ge­stockt wer­de. In an­de­ren Ent­schei­dungsfällen war die Über­schrei­tung der Er­heb­lich­keits­gren­ze nicht strei­ter­heb­lich (so et­wa bei BAG 02.09.2009 aa0: 25 %; BAG 18.06.2008 - 7 AZR 245/07 - AP Tz­B­fG § 14 Nr. 52: ca. 18 Un­ter­richts­stun­den; BAG 08.08.2007 - 7 AZR 855/06 - AP Tz­B­fG § 14 Nr. 41: 25 %). Überträgt man die Richt­schnur aus dem Ent­schei­dungs­fall vom 15.12.2011 auf den vor­lie­gen­den Fall, so ist auch hier die Er­heb­lich­keits­gren­ze über­schrit­ten. Be­reits im Ur­teil vom 18.01.2006 (7 AZR 191/05 - AP BGB § 305 Nr. 8) hat­te das Bun­des­ar­beits­ge­richt die Be­fris­tung ei­ner Ar­beits­zeit­erhöhung um 2 Un­ter­richts­stun­den der In­halts­kon­trol­le nach § 307 BGB un­ter­zo­gen. Bei ei­ner Ar­beits­zeit­erhöhung um vier St­un­den liegt erst recht ei­ne nicht nur ge­ringfügi­ge Auf­sto­ckung der Ar­beits­zeit vor. Dies gilt ins­be­son­de­re im Hin­blick dar­auf, dass ein Voll­zeit­de­pu­tat der­zeit 25 Wo­chen­stun­den um­fasst, so­mit vier St­un­den 16 % ei­nes Voll­zeit­de­pu­tats dar­stel­len. Berück­sich­tigt man außer­dem, dass ein dau­er­haf­tes Aus­kom­men als Leh­rer bei ei-nem Teil­zeit­ar­beits­verhält­nis von 50 % der re­gelmäßigen Ar­beits­zeit kaum ge­si­chert ist, stellt für die be­trof­fe­ne Lehr­kraft die Auf­sto­ckung auf ei­ne 2/3-Stel­le ei­ne er­heb­li­che Ver­bes­se­rung dar.

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bb) Die Be­klag­te hat sich im Zu­satz­ver­trag vom 12./19.09.2011 zur Be­gründung der be­fris­te­ten Ar­beits­zeit­erhöhung auf zwei Gründe gestützt: Die Be­fris­tung er­fol­ge ei­ner­seits „hin­sicht­lich der De­pu­tats­re­du­zie­run­gen an­de­rer Lehr­kräfte an der Heim­schu­le KW“ und an­de­rer­seits „we­gen des be­fris­te­ten Mehr­be­darfs (ge­meint ist wohl: prog-nos­ti­zier­ten Min­der­be­darfs) an Un­ter­richts­stun­den durch die Um­stel­lung von G9 auf G8“. Im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren hat sich die Be­klag­te aus­sch­ließlich auf den zweit­ge­nann­ten Be­fris­tungs­grund be­ru­fen. Dies un­ter­liegt kei­nen Be­den­ken, weil nach ständi­ger Recht­spre­chung (vgl. nur BAG 02.09.2009 aaO Rn 24) oh­ne­hin kein Zi­tier­ge­bot für den Be­fris­tungs­grund be­steht. Auch das Trans­pa­renz­ge­bot nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB er­for­dert nicht, dass sich der Ar­beit­ge­ber auf ei­nen ein­zi­gen be­stimm­ten Be­fris­tungs­grund fest­legt.

cc) Im Streit­fall liegt ein Sach­grund im Sin­ne des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Tz­B­fG in dem pro­gnos­ti­zier­ten Min­der­be­darf an Un­ter­richts­stun­den in­fol­ge der Um­stel­lung von G9 auf G8 vor. Das Ar­beits­ge­richt hat zwar zu­tref­fend erst­in­stanz­lich ein aus­rei­chen­des Vor­brin­gen der Be­klag­ten zur Pro­gno­se des Min­der­be­darfs ver­misst. Zweit­in­stanz­lich hat die Be­klag­te aber die er­for­der­li­chen kon­kre­ten An­halts­punk­te vor­ge­tra­gen, die ih-rer Pro­gno­se ei­nes vor­aus­sicht­li­chen St­un­den­min­der­be­darfs zu­grun­de­lie­gen (zu den Pro­gno­se­an­for­de­run­gen zu­letzt BAG 17.03.2010 - 7 AZR 640/08 - AP Tz­B­fG § 14 Nr. 70). Für das neue Vor­brin­gen der Be­klag­ten war § 67 ArbGG zu berück­sich­ti­gen.

Al­lein der Um­stand, dass die Heim­schu­le KW von G9 auf G8 um­ge­stellt wird, recht­fer­tig­te die Pro­gno­se ei­nes Min­der­be­darfs an Un­ter­richts­stun­den al­ler­dings noch nicht. Zwar wird sich auf­grund der Um­stel­lung zwangsläufig die Zahl der Schüler ver­rin­gern. Un­mit­tel­ba­re Aus­wir­kun­gen auf den Un­ter­richts­um­fang er­ge­ben sich aber hier­aus noch nicht, weil der Weg­fall ei­nes Schüler­jahr­gangs theo­re­tisch durch ei­ne Un­ter­richts­ver­dich­tung in den ver­blei­ben­den Jahrgängen auf­ge­fan­gen wer­den könn­te.

Aus den von der Be­klag­ten vor­ge­leg­ten Un­ter­la­gen (An­la­ge zur Be­ru­fungs­be­gründung vom 18.03.2013) er­gibt sich in­des­sen, dass mit der Um­stel­lung von G9 auf G8 nicht nur ei­ne Ver­rin­ge­rung der Schüler­zahl, son­dern auch ei­ne sol­che an Un­ter­richts­stun­den in al­len Fächern und an Un­ter­richts­stun­den in den na­tur­wis­sen­schaft­li­chen Fächern ein­her­ge­hen wird. So ver­rin­gern sich die Un­ter­richts­stun­den in al­len Fächern vom Schul­jahr 2011/2012 bis zum Schul­jahr 2014/2015 von 749 auf 696 Un­ter­richts­stun­den. In den na­tur­wis­sen­schaft­li­chen Fächern fie­len im Schul­jahr

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2011/2012 noch 162 Un­ter­richts­stun­den an. Nach der Pro­gno­se für das Schul­jahr 2013/2014 wer­den es nur noch 147 Un­ter­richts­stun­den sein.

Dem Kläger ist ein­zuräum­en, dass mit die­ser Pro­gno­se Unwägbar­kei­ten ver­bun­den sind und sich spe­zi­ell in sei­ner Fächer­kom­bi­na­ti­on Bio­lo­gie, Erd­kun­de und Na­tur­wis­sen­schaft und Tech­nik kei­ne so dras­ti­schen Rückgänge an Un­ter­richts­stun­den ab­zeich­nen. Hier ist je­doch zu berück­sich­ti­gen, dass die Schul­lei­te­rin nicht nur die Beschäfti­gung des Klägers, son­dern auch die Beschäfti­gung der an­de­ren Lehr­kräfte si-cher­stel­len muss. Der Rück­gang der Un­ter­richts­stun­den, der zu­letzt auch durch die nur zweizügi­ge Auf­nah­me von Schülern ab dem Schul­jahr 2013/2014 be­dingt ist, muss grundsätz­lich auf al­le Lehr­kräfte „ver­teilt“ wer­den.

dd) Im Streit­fall lie­gen je­doch außer­gewöhn­li­che Umstände auf Sei­ten des Klägers vor, die zu ei­ner an­de­ren Be­ur­tei­lung der An­ge­mes­sen­heit führen. Ei­ne Ge­samtwürdi­gung al­ler ver­ein­bar­ten Ar­beits­zeit­erhöhun­gen er­gibt, dass die zu­letzt ver­ein­bar­te Ar-beits­zeit­erhöhung nach den Grundsätzen des in­sti­tu­tio­nel­len Rechts­miss­brauchs rechts­un­wirk­sam ist.

(1) Mit Ur­tei­len vom 18.07.2012 (7 AZR 443/09 und 7 AZR 783/10 - AP Tz­B­fG § 14 Nr. 99 und NZA 2012, 1359) hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt im An­schluss an das Ur­teil des EuGH vom 26.01.2012 - C-586/10 (Kücük) ent­schie­den, die na­tio­na­len Ge­rich­te sei­en aus uni­ons­recht­li­chen Gründen ver­pflich­tet, al­le Umstände des Ein­zel­falls und da­bei na­ment­lich die Ge­samt­dau­er und die Zahl der mit der­sel­ben Per­son zur Ver­rich­tung der glei­chen Ar­beit ge­schlos­se­nen auf­ein­an­der­fol­gen­den be­fris­te­ten Verträge zu berück­sich­ti­gen, um aus­zu­sch­ließen, dass der Ar­beit­ge­ber miss­bräuch­lich auf be­fris­te­te Ar­beits­verträge zurück­grei­fe. Zur Kon­kre­ti­sie­rung des in­sti­tu­tio­nel­len Rechts­miss­brauchs hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt ein „Am­pel-Mo­dell“ (so Böhm, DB 2013, 516) ent­wi­ckelt. Hier­nach kenn­zeich­net die Vor­schrift des § 14 Abs. 2 Satz 1 Tz­B­fG den un­pro­ble­ma­ti­schen Be­reich. Wer­den je­doch die dort ge­re­gel­ten Gren­zen al­ter­na­tiv oder ku­mu­la­tiv mehr­fach über­schrit­ten, ist ei­ne um­fas­sen­de Miss­brauchs­kon­trol­le ge­bo­ten. Wer­den die ge­nann­ten Gren­zen al­ter­na­tiv oder ku­mu­la­tiv in be­son­ders gra­vie­ren­dem Aus­maß über­schrit­ten, kann ei­ne miss­bräuch­li­che Aus­nut­zung der Sach­grund­be­fris­tung in­di­ziert sein. Ei­ne mehr­fa­che Über­schrei­tung der ge­nann­ten Gren­zen dürf­te in der Re­gel be­reits bei ei­ner sechsjähri­gen Be­fris­tungs­dau­er er­reicht sein (vgl. BAG 13.02.2013 - 7 AZR 225/11), ei­ne mehr­fa­che Über­schrei­tung in be­son­ders gra­vie­ren­dem Aus­maß bei ei­ner acht- bis zehnjähri­gen Be­fris­tungs­dau­er.

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(2) Die­se Recht­spre­chung lässt sich zwar nicht un­ein­ge­schränkt auf den Sach­ver­halt der be­fris­te­ten Ar­beits­zeit­erhöhung über­tra­gen. Für die In­halts­kon­trol­le ein­zel­ner Ar­beits­be­din­gun­gen gel­ten an­de­re Maßstäbe als für die Be­fris­tungs­kon­trol­le von ei­genständi­gen Ar­beits­verträgen. Dies folgt bei der be­fris­te­ten Ar­beits­zeit­erhöhung schon dar­aus, dass die­se durch­aus den In­ter­es­sen und so­gar dem Wunsch des Ar­beit­neh­mers ent­spre­chen kann, während die Be­fris­tung des Ar­beits­verhält­nis­ses als sol­chen in al­ler Re­gel den In­ter­es­sen des Ar­beit­neh­mers zu­wi­derläuft. So be­zieht sich auch die EGB-UN­ICE-CEEP-Rah­men­ver­ein­ba­rung über be­fris­te­te Ar­beits­verträge im An­hang der Richt­li­nie 1999/70/EG des Ra­tes vom 28.06.1999 (Rah­men­ver­ein­ba­rung) aus­sch­ließlich auf die Be­fris­tung des Ar­beits­verhält­nis­ses ins­ge­samt.

Die­ser Um­stand schließt je­doch nicht aus, dass ein­zel­ne Wer­tun­gen der Be­fris­tungs­kon­trol­le nach § 14 Abs. 1 Tz­B­fG auf die In­halts­kon­trol­le nach § 307 Abs. 1 BGB über­tra­gen wer­den können. So hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt an­er­kannt, dass bei Vor­lie­gen ei­nes Sach­grun­des die An­ge­mes­sen­heits­prüfung in al­ler Re­gel zu­guns­ten des Ar­beit­ge­bers ausfällt. Um­ge­kehrt müssen die Grundsätze des in­sti­tu­tio­nel­len Rechts­miss­brauchs her­an­ge­zo­gen wer­den, wenn bei der In­halts- und Be­fris­tungs­kon­trol­le wer­tungsmäßig ver­gleich­ba­re Sach­ver­hal­te vor­lie­gen. Liegt ein in­sti­tu­tio­nel­ler Rechts­miss­brauch vor, so ist gleich­zei­tig ein außer­gewöhn­li­cher Um­stand auf Sei­ten des Ar­beit­neh­mers im Rah­men der In­halts­kon­trol­le nach § 307 BGB ge­ge­ben, der die An­ge­mes­sen­heits­prüfung zu­guns­ten des Ar­beit­neh­mers aus­fal­len lässt.

(3) Ei­ne sol­che wer­tungsmäßige Ver­gleich­bar­keit ist im Streit­fall ge­ge­ben. Der Kläger ist seit 01.02.1995 auf der Grund­la­ge von 19 be­fris­te­ten Ar­beits­verträgen und ei­nem un­be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trag bei der Be­klag­ten beschäftigt. Bis zum Schul­jahr 2000/2001 wa­ren die Ar­beits­verträge ins­ge­samt be­fris­tet. Seit dem Ab­schluss des un­be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trags vom 12./16.08.2000 mit ei­ner Teil­zeit­beschäfti­gung von 12 Wo­chen­stun­den schlos­sen die Par­tei­en zahl­rei­che Zu­satz­verträge über ei­ne be­fris­te­te Ar­beits­zeit­erhöhung ab. Die Auf­sto­ckun­gen pen­del­ten hier­bei zwi­schen 3 Wo­chen­stun­den und 13 Wo­chen­stun­den.

Auf­grund sei­ner persönli­chen Le­bens­si­tua­ti­on war der Kläger an ei­ner be­fris­te­ten Teil­zeit­beschäfti­gung nie in­ter­es­siert. Wie in der Be­ru­fungs­ver­hand­lung erörtert, konn­te er sei­nen Le­bens­un­ter­halt nur von den Einkünf­ten sei­ner (zwi­schen­zeit­lich

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ge­schie­de­nen) Ehe­frau und durch die Un­terstützung der El­tern und Schwie­ger­el­tern be­strei­ten. Un­strei­tig bemühte sich der Kläger schon seit ei­ni­ger Zeit um ein vol­les un­be­fris­te­tes De­pu­tat, auch wenn er sei­nen Wunsch erst mit Schrei­ben vom 06.12.2010 do­ku­men­tier­te.

Auf­grund der mehr­fa­chen Über­schrei­tung der Gren­zen des § 14 Abs. 2 Satz 1 Tz­B­fG in be­son­ders gra­vie­ren­dem Aus­maß ist im Streit­fall der Rechts­miss­brauch in­di­ziert. Die von der Be­klag­ten vor­ge­tra­ge­nen Ge­sichts­punk­te sind zwar für sich be­trach­tet an­er­ken­nens­wert, grei­fen aber im Er­geb­nis nicht durch. So ist es zwar aus Sicht der Be­klag­ten nach­voll­zieh­bar, dass sie im Schul­jahr 2010/2011 Frau P. ein­ge­stellt hat, um den Un­ter­richts­be­darf im Fach Mu­sik ab­zu­de­cken. Eben­so mag es noch be­gründ­bar sein, die Ar­beits­zeit von Frau G. von 16 auf 20 Un­ter­richts-stun­den un­be­fris­tet auf­zu­sto­cken, weil die St­un­den­kom­bi­na­ti­on von Frau G. im Hin­blick auf den be­vor­ste­hen­den Ru­he­stand ei­ner an­de­ren Lehr­kraft von In­ter­es­se ist.

Den nach­voll­zieh­ba­ren pädago­gi­schen Erwägun­gen der Be­klag­ten ist aber das In-ter­es­se des Klägers ge­genüber­zu­stel­len, nach mitt­ler­wei­le mehr als 10 Jah­ren be­fris­te­ter Ar­beits­zeit­auf­sto­ckun­gen ei­nen un­be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trag zu er­hal­ten, der ihm ein dau­er­haf­tes Aus­kom­men und ei­ne länger­fris­ti­ge Le­bens­pla­nung ermöglicht. Die von der Be­klag­ten prak­ti­zier­te Ver­trags­ge­stal­tung führ­te da­zu, dass sich der Kläger von Schul­jahr zu Schul­jahr neu dar­auf ein­rich­ten muss­te, wie er sei­nen Le­bens­un­ter­halt be­strei­tet. An­ge­sichts der ständig wech­seln­den St­un­den­de­pu­ta­te konn­te der Kläger nicht ein­mal für ei­ne Ne­bentätig­keit vernünf­tig pla­nen. Bei die­ser Sach­la­ge ist der in­di­zier­te Rechts­miss­brauch nicht ent­kräftet.

III.

Die An­schluss­be­ru­fung ist un­be­gründet. Das Ar­beits­ge­richt hat zu­tref­fend ent­schie­den, dass die Be­klag­te nicht ver­pflich­tet ist, dem An­ge­bot des Klägers auf Ver­ein­ba­rung ei­nes Voll­zeit­de­pu­tats zu­zu­stim­men.

1. Der Kla­ge­an­trag zu 2 ist zulässig. Der Kläger hat zwar nicht an­ge­ge­ben, zu wel­chem Zeit­punkt der an­ge­streb­te Voll­zeit­ver­trag zu­stan­de kom­men soll. In der Zu­sam­men­schau mit dem Schrei­ben des Klägers vom 24.11.2011, wor­in er die Be­klag­te um ein vol­les De­pu­tat ab dem Schul­jahr 2012/2013 bat, er­gibt sich aber, dass der Kläger ein Voll­zeit­de­pu­tat ab dem

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01.09.2012 an­streb­te. Die rück­wir­ken­de Be­gründung ei­nes (Voll­zeit)Ar­beits­verhält­nis­ses durch Ur­teil ist zulässig (vgl. nur BAG 19.10.2011 - 7 AZR 672/10 - AP BGB § 307 Nr. 58).

2. Die Kla­ge ist un­be­gründet. Der An­spruch er­gibt sich nicht aus § 9 Tz­B­fG. Auch an­de­re An­spruchs­grund­la­gen tra­gen den An­spruch nicht.

a) Es be­darf kei­ner Aus­ein­an­der­set­zung mit der in der An­schluss­be­ru­fung erörter­ten Fra­ge, ob die Erfüllung des An­spruchs aus § 9 Tz­B­fG recht­lich unmöglich wird, wenn der Ar­beit-ge­ber den Ar­beits­platz be­setzt (so BAG 16.09.2008 - 9 AZR 781/07 - AP Tz­B­fG § 9 Nr. 6 Rn 43; Er­fur­ter Kom­men­tar-Preis, 12. Aufl. § 9 Tz­B­fG Rn 15). Der An­spruch schei­tert schon dar­an, dass ein ent­spre­chen­der „frei­er“ Ar­beits­platz an der Heim­schu­le KW nicht vor­han­den war.

aa) § 9 Tz­B­fG ver­pflich­tet den Ar­beit­ge­ber, ei­nen teil­zeit­beschäftig­ten Ar­beit­neh­mer, der ihm den Wunsch nach ei­ner Verlänge­rung sei­ner ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Ar­beits­zeit an­ge­zeigt hat, bei der Be­set­zung ei­nes ent­spre­chen­den frei­en Ar­beits­plat­zes bei glei­cher Eig­nung be­vor­zugt zu berück­sich­ti­gen, es sei denn, dass drin­gen­de be­trieb­li­che Gründe oder Ar­beits­zeitwünsche an­de­rer teil­zeit­beschäftig­ter Ar­beit­neh­mer ent­ge­gen­ste­hen. Der An­spruch ist so­mit auf die Be­set­zung ei­nes vom Ar­beit­ge­ber ein­ge­rich­te­ten „frei­en“ Ar­beits­plat­zes ge­rich­tet. Der Ar­beit­ge­ber ist nicht ver­pflich­tet, ei­nen frei­en Ar­beits­platz ein­zu­rich­ten. Er darf sei­ne Or­ga­ni­sa­ti­ons­frei­heit al­ler­dings nicht da­zu nut­zen, die Re­ge­lung des § 9 Tz­B­fG zu um­ge­hen. Von ei­ner Um­ge­hung kann aber nicht ge­spro­chen wer­den, wenn für die Or­ga­ni­sa­ti­ons­ent­schei­dung ar-beits­platz­be­zo­ge­ne Sach­gründe be­ste­hen (grund­le­gend BAG 15.08.2006 - 9 AZR 8/06 - AP Tz­B­fG § 9 Nr. 1).

bb) Nach die­sen Grundsätzen be­stand in der Heim­schu­le KW im Schul­jahr 2012/2013 kein ent­spre­chen­der frei­er Ar­beits­platz. So­weit der Kläger auf die Neu­ein­stel­lung der Lehr­kraft P. im Schul­jahr 2011/2012 ver­weist, hat­te die­se ei­ne an­de­re Fächer­kom­bi­na­ti­on als er selbst. Die vom Kläger an­ge­dach­ten Um­ver­tei­lun­gen hätten zwar da­zu führen können, dass auf die Ein­stel­lung von Frau P. hätte ver­zich­tet und für ihn ein Voll­zeit­de­pu­tat hätte ge­schaf­fen wer­den können. Die Schul­lei­te­rin hat je­doch aus pädago­gisch nach­voll­zieh­ba­ren und so­mit ar­beits­platz­be­zo­ge­nen Gründen von ei­ner Um­ver­tei­lung ab­ge­se­hen, weil die Ein­stel­lung von Frau P. er­for­der­lich war, um den Be­darf im Un­ter­richts­fach Mu­sik ab­zu­de­cken. Ei­ne miss­bräuch­li­che Aus­nut­zung der Or­ga­ni­sa­ti­ons­frei­heit des Ar­beit­ge­bers kann in der Ein­stel­lung von Frau P. nicht er-

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blickt wer­den. Es kommt schließlich hin­zu, dass Frau P. nicht et­wa in Voll­zeit, son­dern mit ei­nem De­pu­tat von 13 Un­ter­richts­stun­den ein­ge­stellt wur­de (vgl. Abl. 131).

b) Ein An­spruch aus § 9 Tz­B­fG stand dem Kläger auch nicht im Hin­blick auf die bei den S.U.-Schu­len in V. im Ju­li 2012 zu be­set­zen­de Stel­le zu. Wie sich aus dem Schrift­satz der Be­klag­ten vom 14.06.2013 er­gibt, han­del­te es sich um ei­ne Krank­heits­ver­tre­tung für ei­ne Lehr­kraft in der Fächer­ver­bin­dung Bio­lo­gie und Deutsch. Es trifft zwar zu, dass der Kläger mit dem be­reits erwähn­ten Schrei­ben vom 24.11.2011 sei­nen Wunsch nach ei­ner Verlänge­rung der ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Ar­beits­zeit an­ge­zeigt hat­te. Die Be­klag­te hat je­doch un­wi­der­spro­chen vor­ge­tra­gen, es ha­be be­reits zu­vor (vor ca. 2-3 Jah­ren) ein Gespräch zwi­schen dem Kläger und Frau H. über ei­ne Stel­le in V. ge­ge­ben. Der Kläger ha­be hier­bei Frau H. mit­ge­teilt, dass er die­se Stel­le auf­grund des Fahr­auf­wan­des nicht an­stre­be. Auch in der Kla­ge­schrift vom 21.06.2012 war noch nicht da­von die Re­de, dass für den Kläger auch außer­halb der Heim­schu­le KW ei­ne Voll­zeit­beschäfti­gung in Be­tracht kom­me. Dass der Kläger bei den S.U.-Schu­len letzt­lich nicht zum Zu­ge kam, be­ruht auf dem Um­stand, dass der dor­ti­ge Schul­lei­ter die of­fe­nen St­un­den im Fach Bio­lo­gie be­reits be­setzt hat­te, als die Be­wer­bung des Klägers kurz nach dem 13.07.2012 ein­ging. Die Be­wer­bung des Klägers konn­te nicht mehr be­vor­zugt berück­sich­tigt wer­den.

c) Das Ar­beits­ge­richt hat zu­tref­fend ent­schie­den, dass auch die wei­ter gel­tend ge­mach­ten An­spruchs­grund­la­gen nicht tragfähig sind. Hier­ge­gen hat sich der Kläger in der Be­ru­fung nicht mehr ge­wandt.


IV.

Die Kos­ten des Be­ru­fungs­ver­fah­rens wa­ren gemäß § 92 Abs. 1 ZPO verhält­nismäßig zu tei­len. Die Zu­las­sung der Re­vi­si­on be­ruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG. Das Bun­des­ar­beits­ge­richt hat bis­lang die Rechts­fra­ge, ob die Grundsätze des in­sti­tu­tio­nel­len Rechts­miss­brauchs auch bei der Be­fris­tung ein­zel­ner Ar­beits­be­din­gun­gen zu be­ach­ten sind, nicht ent­schie­den.

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Rechts­mit­tel­be­leh­rung

1. Ge­gen die­ses Ur­teil kann d. Bekl. schrift­lich Re­vi­si­on ein­le­gen. Die Re­vi­si­on muss in­ner­halb ei­ner Frist von ei­nem Mo­nat, die Re­vi­si­ons­be­gründung in­ner­halb ei­ner Frist von zwei Mo­na­ten bei dem

Bun­des­ar­beits­ge­richt
Hu­go-Preuß-Platz 1
99084 Er­furt

ein­ge­hen.

Bei­de Fris­ten be­gin­nen mit der Zu­stel­lung des in vollständi­ger Form ab­ge­fass­ten Ur­teils, spätes­tens aber mit Ab­lauf von fünf Mo­na­ten nach der Verkündung.

Die Re­vi­si­on und die Re­vi­si­ons­be­gründung müssen von ei­nem Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten un­ter­zeich­net sein. Als Pro­zess­be­vollmäch­tig­te sind nur zu­ge­las­sen:

a. Rechts­anwälte,
b. Ge­werk­schaf­ten und Ver­ei­ni­gun­gen von Ar­beit­ge­bern so­wie Zu­sam­men­schlüsse sol­cher Verbände für ih­re Mit­glie­der oder für an­de­re Verbände oder Zu­sam­men­schlüsse mit ver­gleich­ba­rer Aus­rich­tung und de­ren Mit­glie­der,
c. ju­ris­ti­sche Per­so­nen, die die Vor­aus­set­zun­gen des § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 ArbGG erfüllen.

In den Fällen der lit. b und c müssen die han­deln­den Per­so­nen die Befähi­gung zum Rich­ter­amt ha­ben.

2. Für d. Kläg. ist ge­gen die­ses Ur­teil ein Rechts­mit­tel nicht ge­ge­ben. Auf § 72a ArbGG wird hin­ge­wie­sen.

 

 

Dr. Nat­ter

Fi­scher  

Kübler

 


Hin­weis:
Die Geschäfts­stel­le des Bun­des­ar­beits­ge­richts wünscht die Vor­la­ge der Schriftsätze in sie­ben­fa­cher Fer­ti­gung, für je­den wei­te­ren Be­tei­lig­ten ei­ne wei­te­re Mehr­fer­ti­gung.

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