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LAG Rhein­land-Pfalz, Ur­teil vom 10.02.2011, 10 Sa 529/10

   
Schlagworte: Diskriminierung, Behinderung
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen: 10 Sa 529/10
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 10.02.2011
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Koblenz, Urteil vom 27.07.2010, 5 Ca 367/10
   

Ak­ten­zei­chen:
10 Sa 529/10
5 Ca 367/10
ArbG Ko­blenz
- AK Neu­wied -
Ent­schei­dung vom 10.02.2011

Te­nor:
Auf die Be­ru­fung der Be­klag­ten wird das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Ko­blenz - Auswärti­ge Kam­mern Neu­wied - vom 27. Ju­li 2010, Az.: 5 Ca 367/10, ab­geändert und die Kla­ge ab­ge­wie­sen.
Die Kos­ten des Rechts­streits hat der Kläger zu tra­gen.
Die Re­vi­si­on wird nicht zu­ge­las­sen.

Tat­be­stand:
Die Par­tei­en strei­ten über die Zah­lung ei­ner Ab­fin­dung.

Der am 30.08.1948 ge­bo­re­ne Kläger ist seit dem 01.01.1963 Ar­beit­neh­mer der Be­klag­ten, ei­nem Un­ter­neh­men der Me­tall- und Elek­tro­in­dus­trie. Am 01.08.2006 schlos­sen die Par­tei­en ei­nen Al­ters­teil­zeit­ar­beits­ver­trag für die Zeit vom 01.01.2007 bis zum 31.08.2011 (Bl. 11-17 d.A.). Die re­gelmäßige Wo­chen­ar­beits­zeit des Klägers wur­de auf 17,5 St­un­den re­du­ziert und im Block­mo­dell ge­leis­tet. Die Ar­beits­pha­se war in der Zeit vom 01.01.2007 bis zum 30.04.2009; die Frei­stel­lungs­pha­se be­gann am 01.05.2009 und soll bis zum En­de des Ar­beits­verhält­nis­ses am 31.08.2011 dau­ern. Im vor­for­mu­lier­ten Ver­trag ist - so­weit vor­lie­gend von In­ter­es­se - fol­gen­des ge­re­gelt:

„Zwi­schen [...] wird auf der Grund­la­ge des Ta­rif­ver­tra­ges zum Brut­to­auf­sto­ckungs­mo­dell Al­ters­teil­zeit vom 29.09.2004 (TV BA), des Ta­rif­ver­tra­ges zur Beschäfti­gungs­brücke in der Fas­sung vom 31.03.2000 (TV BB) und des Ta­rif­ver­tra­ges zur Al­ters­teil­zeit in der Fas­sung vom 23.11.2004 (TV ATZ) fol­gen­der Al­ters­teil­zeit­ar­beits­ver­trag ge­schlos­sen:
...
§ 10 - Ab­fin­dung
Herr C. erhält am En­de des Al­ters­teil­zeit­ar­beits­verhält­nis­ses für den Ver­lust sei­nes Ar­beits­plat­zes (so­weit kein vor­zei­ti­ges En­de der Al­ters­teil­zeit - al­so ein Störfall - ein­tritt) ei­ne nach § 6 TV BB vor­ge­se­he­ne Ab­fin­dung in Höhe von 230,08 EU­RO x 24 Mo­na­ten, ent­spricht 5.521,92 EU­RO.
...“
Im Ta­rif­ver­trag zur Beschäfti­gungs­brücke (TV BB) vom 31.03.2000 heißt es
aus­zugs­wei­se:
§ 6 Ab­fin­dung
Der Ar­beit­neh­mer erhält am En­de des Al­ters­teil­zeit­ar­beits­verhält­nis­ses für den Ver­lust sei­nes Ar­beits­plat­zes ei­ne Ab­fin­dung.
Die Ab­fin­dung er­rech­net sich aus ei­nem Be­trag, der mit der Zahl der vol­len
Ka­len­der­mo­na­te - höchs­tens mit 48 Ka­len­der­mo­na­ten - mul­ti­pli­ziert wird, die zwi­schen der Be­en­di­gung des Al­ters­teil­zeit­verhält­nis­ses und dem Zeit­punkt, an dem der Ar­beit­neh­mer An­spruch auf un­ge­min­der­te Al­ters­ren­te ge­habt hätte (spätes­tens dem Zeit­punkt der Voll­endung des 65. Le­bens­jah­res), lie­gen.
Der Be­trag beträgt 450,00 DM (230,08 EUR)/ Mo­nat für vor der Al­ters­teil­zeit in Voll­zeit Beschäftig­te.
...“

Der Kläger wur­de auf sei­nen An­trag mit Be­scheid vom 15.01.2009 rück­wir­kend zum 01.02.2008 als Schwer­be­hin­der­ter mit ei­nem Grad der Be­hin­de­rung (GdB) von 70 an­er­kannt. Er kann des­halb mit Voll­endung sei­nes 63. Le­bens­jah­res ab 01.09.2011 ei­ne ge­setz­li­che Al­ters­ren­te oh­ne Ab­schläge be­an­spru­chen. Die Be­klag­te teil­te dem Kläger mit Schrei­ben vom 14.01.2010 mit, sein An­spruch auf die Ab­fin­dung sei ent­fal­len, weil auf­grund sei­ner An­er­ken­nung als Schwer­be­hin­der­ter kei­ne Ren­ten­nach­tei­le ein­tre­ten.

Nach ver­geb­li­cher außer­ge­richt­li­cher Gel­tend­ma­chung er­hob der Kläger am 26.02.2010 ei­ne Fest­stel­lungs­kla­ge und führ­te aus, es sei ihm nicht zu­mut­bar, bis zum 01.09.2011 zu war­ten, um an­sch­ließend Leis­tungs­kla­ge zu er­he­ben. Wenn ihm die Be­klag­te kei­ne Ab­fin­dung zu­ge­sagt hätte, hätte er kei­nen Al­ters­teil­zeit­ver­trag ab­ge­schlos­sen. Er ha­be sei­ner Ehe­frau ver­spro­chen, die Ab­fin­dung für ei­ne Kreuz­fahrt zu ver­wen­den. Nie­mals hätte er der Re­du­zie­rung sei­nes Voll­zeit-Net­to­lohns von € 2.236,00 auf ein Teil­zeit­net­to­ent­gelt von € 1.984,00 zu­ge­stimmt, wenn am En­de nicht we­nigs­tens die aus­ge­rech­ne­te Ab­fin­dung als „Be­loh­nung“ für den Ein­kom­mens­ver­lust ge­stan­den hätte.

Der Kläger hat erst­in­stanz­lich be­an­tragt,
fest­zu­stel­len, dass er sei­nen An­spruch auf Zah­lung ei­ner Ab­fin­dung in Höhe von € 5.521,92 nach § 10 des Ar­beits­ver­tra­ges für ver­block­te Al­ters­teil­zeit vom 01.08.2006 nicht des­halb ver­liert, weil er mit Wir­kung vom 01.02.2008 vom Amt für So­zia­le An­ge­le­gen­hei­ten Ko­blenz als schwer­be­hin­der­ter Mensch an­er­kannt wor­den ist und des­halb mit Voll­endung des 63. Le­bens­jah­res Al­ters­ren­te oh­ne Ab­schlag be­an­tra­gen könn­te.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt,
die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Das Ar­beits­ge­richt hat mit Ur­teil vom 27.07.2010 der Kla­ge statt­ge­ge­ben und zur Be­gründung - zu­sam­men­ge­fasst - aus­geführt, der Kläger ver­lie­re sei­nen Ab­fin­dungs­an­spruch nicht des­halb, weil er mit Voll­endung des 63. Le­bens­jah­res ei­ne Al­ters­ren­te für schwer­be­hin­der­te Men­schen oh­ne Ab­schlag be­an­tra­gen könne. § 10 des Al­ters­teil­zeit­ver­tra­ges ent­hal­te die kon­sti­tu­ti­ve Zu­sa­ge ei­ner Ab­fin­dung in Höhe von € 5.521,92 am En­de des Ar­beits­verhält­nis­ses. Die Ver­trags­klau­sel ent­hal­te wi­dersprüchli­che For­mu­lie­run­gen. Ei­ner­seits sol­le der Kläger "ei­ne nach § 6 TV BB vor­ge­se­he­ne Ab­fin­dung" er­hal­ten. Die­se For­mu­lie­rung könne so ver­stan­den wer­den, dass kein ver­trag­li­cher Ab­fin­dungs­an­spruch be­gründet wer­den sol­le, wenn gemäß § 6 TV BB kein ta­rif­li­cher An­spruch be­ste­he. Für die­se Aus­le­gung spre­che auch die Auf­nah­me der Be­rech­nungs­for­mel aus § 6 TV BB in die Ver­trags­klau­sel. An­de­rer­seits sei die Höhe der Ab­fin­dung ge­nau be­zif­fert wor­den. Den be­zif­fer­ten An­spruch stel­le die Klau­sel aus­sch­ließlich un­ter die Be­din­gung, dass kein vor­zei­ti­ges En­de der Al­ters­teil­zeit ein­tre­te. Ei­nen Hin­weis dar­auf, dass auch bei an­de­ren Fall­ge­stal­tun­gen kei­ne Ab­fin­dung zur Aus­zah­lung kom­me, ent­hal­te die Klau­sel nicht. Da­ne­ben spre­che auch die Ver­wen­dung des un­be­stimm­ten Ar­ti­kels („ei­ne“ nach § 6 TV BB vor­ge­se­he­ne Ab­fin­dung) für ei­ne kon­sti­tu­ti­ve Re­ge­lung. Bei ei­ner de­kla­ra­to­ri­schen Ver­wei­sung wäre die Ver­wen­dung des be­stimm­ten Ar­ti­kels zu er­war­ten ge­we­sen. § 6 TV BB ent­hal­te kei­ne Aus­wahlmöglich­kei­ten, son­dern nur ei­ne ein­zi­ge Be­rech­nungs­for­mel. Es könne da­hin­ste­hen, ob schon die An­wen­dung der §§ 133, 157 BGB zu ei­ner Aus­le­gung der Ver­trags­klau­sel im Sin­ne des Klägers führe. Da sich ei­ne sol­che Aus­le­gung zu­min­dest ver­tre­ten las­se, sei der An­wen­dungs­be­reich des § 305 c Abs. 2 BGB eröff­net. Dem­gemäß sei der für den Kläger güns­ti­ge­ren Aus­le­gung der Vor­rang zu ge­ben, der­zu­fol­ge § 10 des Al­ters­teil­zeit­ar­beits­ver­tra­ges kon­sti­tu­tiv ei­nen An­spruch auf Zah­lung ei­ner Ab­fin­dung in Höhe von € 5.521,92 be­gründe. We­gen der Ein­zel­hei­ten der Ent­schei­dungs­gründe des Ar­beits­ge­richts wird auf Sei­te 6 bis 9 des Ur­teils vom 27.07.2010 (= Bl. 74-76 d.A.) ver­wie­sen.

Das ge­nann­te Ur­teil ist der Be­klag­ten am 07.09.2010 zu­ge­stellt wor­den. Sie hat mit am 30.09.2010 beim Lan­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nem Schrift­satz Be­ru­fung ein­ge­legt und die­se mit am 05.11.2010 ein­ge­gan­ge­nem Schrift­satz be­gründet.

Sie ist der An­sicht, der Kläger könne auf­grund der Re­ge­lung in § 6 TV BB bei sei­nem Aus­schei­den kei­ne Ab­fin­dung be­an­spru­chen. Ent­ge­gen der An­sicht des Ar­beits­ge­richts ent­hal­te § 10 des Al­ters­teil­zeit­ar­beits­ver­tra­ges le­dig­lich ei­nen de­kla­ra­to­ri­schen Hin­weis auf § 6 TV BB. Das Ar­beits­ge­richt ha­be zu Un­recht die Fest­stel­lung ge­trof­fen, dass zwei Aus­le­gun­gen der Re­ge­lung in § 10 des Ver­tra­ges recht­lich ver­tret­bar sei­en. Bei der Ver­wei­sung auf § 6 TV BB han­de­le es sich ge­wis­ser­maßen um ei­ne „Rechts­grund­ver­wei­sung“. Ei­ne Ab­fin­dung sol­le nur dann ge­zahlt wer­den, wenn dies in § 6 TV BB „vor­ge­se­hen“ sei. Die Fra­ge, ob im vor­lie­gen­den Fall ei­ne Ab­fin­dung nach § 6 TV BB vor­ge­se­hen sei, las­se kei­ne zwei Ant­wor­ten zu. Die ver­wen­de­te Re­chen­for­mel sei so­gar klar­stel­lend in die Ver­trags­klau­sel auf­ge­nom­men wor­den. Die Ab­fin­dung aus § 6 TV BB die­ne aus­sch­ließlich da­zu, den Nach­teil von Ren­ten­ab­schlägen aus­zu­glei­chen, der beim schwer­be­hin­der­ten Kläger nicht ein­tre­te. We­gen wei­te­rer Ein­zel­hei­ten der Be­ru­fungs­be­gründung wird auf den Schrift­satz der Be­klag­ten vom 05.11.2010 (Bl. 97-103 d. A.) Be­zug ge­nom­men.

Die Be­klag­te be­an­tragt zweit­in­stanz­lich,
das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Ko­blenz - Auswärti­ge Kam­mern Neu­wied - vom 27.07.2010, Az.: 5 Ca 367/10, ab­zuändern und die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Der Kläger be­an­tragt,
die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

Er ver­tei­digt das an­ge­foch­te­ne Ur­teil nach Maßga­be sei­ner Be­ru­fungs­er­wi­de­rung vom 03.12.2010 (Bl. 120 -123 d.A.) und sei­nes Schrift­sat­zes vom 27.12.2010 (Bl. 124-125 d.A.), auf die Be­zug ge­nom­men wird, als zu­tref­fend. Die of­fen­sicht­lich unglück­lich for­mu­lier­te Klau­sel in § 10 des Al­ters­teil­zeit­ver­tra­ges las­se meh­re­re In­ter­pre­ta­tio­nen zu. Die Zwei­fel bei der Aus­le­gung gin­gen nach § 305 c Abs. 2 BGB zu Las­ten der Be­klag­ten. Im Ver­trag feh­le ei­ne kla­re und für je­der­mann verständ­li­che For­mu­lie­rung, dass er kei­ne Ab­fin­dung er­hal­ten soll, wenn er in­fol­ge Schwer­be­hin­de­rung ei­ne Ren­te oh­ne Ab­schläge be­zie­hen könne. Es sei nicht ein­seh­bar, dass die Be­klag­te wirt­schaft­lich von sei­ner Schwer­be­hin­de­rung pro­fi­tie­re. Im Übri­gen wer­de er we­gen sei­ner Schwer­be­hin­de­rung dis­kri­mi­niert. Wäre er nicht schwer­be­hin­dert, er­hiel­te er die Ab­fin­dung bei sei­nem Aus­schei­den. Nach der Recht­spre­chung des EuGH im Ur­teil vom 12.10.2010 (Az.: C-499/08) sei ei­ne Ver­ein­ba­rung je­den­falls dann dis­kri­mi­nie­rend, wenn ei­nem Ar­beit­neh­mer ei­ne Ab­fin­dung vor­ent­hal­ten wer­de, weil er ei­ne un­gekürz­te Ren­te in An­spruch neh­men könne. Wenn er nach sei­nem Aus­schei­den bei der Be­klag­ten von sei­nem Recht Ge­brauch ma­che, sich ei­nen neu­en Job zu su­chen, könne er nicht auf ei­ne Ab­fin­dung zurück­grei­fen. Die Al­ters­teil­zeit­re­ge­lung dürfe nicht so ver­stan­den wer­den, dass er sich nach sei­nem Aus­schei­den bei der Be­klag­ten nicht um ei­ne neue Ar­beit bemühen wol­le, um sei­ne be­ruf­li­che Lauf­bahn fort­zu­set­zen.

Zur nähe­ren Dar­stel­lung des Sach- und Streit­stan­des im Übri­gen wird auf die zwi­schen den Par­tei­en ge­wech­sel­ten Schriftsätze nebst An­la­gen Be­zug ge­nom­men.

Ent­schei­dungs­gründe:
I. Die nach § 64 ArbGG statt­haf­te Be­ru­fung der Be­klag­ten ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 517, 519 ZPO form- und frist­ge­recht ein­ge­legt und be­gründet wor­den. Sie ist so­mit zulässig.

II. Die Be­ru­fung hat auch in der Sa­che Er­folg. Die Kla­ge ist un­be­gründet. Die Be­klag­te ist nicht ver­pflich­tet, dem Kläger bei Be­en­di­gung des Al­ters­teil­zeit­ar­beits­verhält­nis­ses am 31.08.2011 ei­ne Ab­fin­dung in Höhe von € 5.521,92 brut­to zu zah­len. Das an­ge­foch­te­ne Ur­teil des Ar­beits­ge­richts ist des­halb ab­zuändern und die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

1. Pro­zes­sua­le Be­den­ken ge­gen ei­ne Sach­ent­schei­dung be­ste­hen nicht. Der Fest­stel­lungs­an­trag ist zulässig. Auf Kla­gen, mit de­nen ei­ne Par­tei ei­ne künf­ti­ge Leis­tung be­gehrt, ist der Grund­satz des Vor­rangs der Leis­tungs­kla­ge vor der Fest­stel­lungs­kla­ge nicht an­wend­bar. Ge­genüber Kla­gen nach §§ 257 bis 259 ZPO ist ein Fest­stel­lungs­an­trag nicht sub­si­diär; der Kläger kann zwi­schen ei­ner Fest­stel­lungs­kla­ge und ei­ner Kla­ge auf zukünf­ti­ge Leis­tung frei wählen (vgl. BAG Ur­teil vom 21.09.2010 - 9 AZR 515/09 - Rn. 19 - Ju­ris; BAG Ur­teil vom 20.01.2004 - 9 AZR 43/03 - Rn. 35 - AP Nr. 65 zu § 242 Be­trieb­li­che Übung; je­weils m.w.N.).

Der Kläger be­gehrt die Fest­stel­lung der Ver­pflich­tung der Be­klag­ten, ihm bei Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses am 31.08.2011 ei­ne Ab­fin­dung in Höhe von € 5.521,92 brut­to zu zah­len, ob­wohl er nach Voll­endung sei­nes 63. Le­bens­jah­res ab dem 01.09.2011 ei­ne Al­ters­ren­te für schwer­be­hin­der­te Men­schen oh­ne Ab­schlag be­an­spru­chen kann. Der Kläger konn­te zwi­schen ei­ner Kla­ge nach § 257 ZPO und ei­ner Fest­stel­lungs­kla­ge wählen. Da die Be­klag­te den An­spruch be­strei­tet, be­steht die Be­sorg­nis der Leis­tungs­ver­wei­ge­rung zum ka­len­dermäßig be­stimm­ten Fällig­keits­zeit­punkt.

2. Die Fest­stel­lungs­kla­ge ist un­be­gründet. Der Kläger hat ge­gen die Be­klag­te nach Voll­endung sei­nes 63. Le­bens­jah­res bei Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses am 31.08.2011 kei­nen An­spruch auf Zah­lung ei­ner Ab­fin­dung in Höhe von € 5.521,92 brut­to.

Ein Ab­fin­dungs­an­spruch folgt nicht aus § 6 TV BB. Da­bei kann da­hin­ste­hen, ob der Kläger über­haupt Mit­glied der In­dus­trie­ge­werk­schaft Me­tall ist, was er nicht vor­ge­tra­gen hat. Die erst­in­stanz­li­chen Ausführun­gen des Klägers zu den In­ten­sio­nen der IG Me­tall zum Ab­schluss des Ta­rif­ver­tra­ges zur Beschäfti­gungs­brücke in der Me­tall- und Elek­tro­in­dus­trie Rhein­land-Pfalz sind un­er­heb­lich. Die ta­rif­li­che Ab­fin­dung wäre nach § 6 TV BB mit null Eu­ro zu be­mes­sen. Nach § 6 Abs. 2 TV BB er­rech­net sich die Ab­fin­dung aus ei­nem Be­trag, der mit der Zahl der vol­len Ka­len­der­mo­na­te - höchs­tens mit 48 Ka­len­der­mo­na­ten - mul­ti­pli­ziert wird, die zwi­schen der Be­en­di­gung des Al­ters­teil­zeit­verhält­nis­ses und dem Zeit­punkt, an dem der Ar­beit­neh­mer An­spruch auf un­ge­min­der­te Al­ters­ren­te ge­habt hätte (spätes­tens dem Zeit­punkt der Voll­endung des 65. Le­bens­jah­res), lie­gen. Im vor­lie­gen­den Fall lie­gen zwi­schen der Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses am 31.08.2011 und dem Zeit­punkt, an dem der Kläger ei­ne un­ge­min­der­te Ren­te be­an­spru­chen kann, null Mo­na­te. Der Kläger hat ei­nen An­spruch auf ei­ne un­ge­min­der­te Al­ters­ren­te für schwer­be­hin­der­te Men­schen. Er er­lei­det bei ei­nem Ren­ten­ein­tritt mit 63 Jah­ren kei­ne ma­te­ri­el­len Nach­tei­le durch - dau­er­haf­te - Ren­ten­ab­schläge in Höhe von 7,2 Pro­zent (24 Mo­na­te x 0,3 Pro­zent für je­den Mo­nat vor­zei­ti­gen Ren­ten­be­zugs). Dies hat den völli­gen Weg­fall des ta­rif­li­chen An­spruchs auf Zah­lung ei­ner Ab­fin­dung zur Fol­ge.

3. Der Kläger hat kei­nen ein­zel­ver­trag­li­chen An­spruch auf ei­ne Ab­fin­dung er­wor­ben. Bei der Aus­le­gung des Al­ters­teil­zeit­ar­beits­ver­tra­ges ist das Ar­beits­ge­richt zu Un­recht da­von aus­ge­gan­gen, dass dem Kläger auch dann ei­ne Ab­fin­dung zu­steht, wenn er bei sei­nem Aus­schei­den mit Voll­endung des 63. Le­bens­jah­res ei­ne Al­ters­ren­te oh­ne Ab­schläge be­an­spru­chen kann. Die Par­tei­en ha­ben in § 10 des Al­ters­teil­zeit­ar­beits­ver­tra­ges vom 01.08.2006 kei­ne ver­trag­li­che Grund­la­ge für die Zah­lung ei­ner Ab­fin­dung in Höhe von € 5.521,92 brut­to - un­abhängig vom Vor­lie­gen der ta­rif­li­chen Vor­aus­set­zun­gen - ge­schaf­fen.

Aus Sicht der Be­ru­fungs­kam­mer sind kei­ner­lei An­halts­punk­te dafür er­sicht­lich, dass die Be­klag­te dem Kläger über die in § 6 TV BB ge­re­gel­te Ab­fin­dung hin­aus, ei­ne über­ta­rif­li­che Ab­fin­dung gewähren woll­te. Es ist zwi­schen den Par­tei­en un­strei­tig, dass die Be­klag­te das Ver­trags­mus­ter „Ar­beits­ver­trag für ver­block­te Al­ters­teil­zeit“ für ei­ne Viel­zahl von Al­ters­teil­zeit­ar­beits­verträgen ent­wor­fen und zum Zwe­cke des
Ver­trags­ab­schlus­ses le­dig­lich mit den für den Kläger ein­schlägi­gen Da­ten ergänzt hat.

Nach §§ 133, 157 BGB sind Verträge so aus­zu­le­gen, wie die Par­tei­en sie nach Treu und Glau­ben un­ter Berück­sich­ti­gung der Ver­kehrs­sit­te ver­ste­hen muss­ten. Da­bei ist vom Wort­laut aus­zu­ge­hen. Zur Er­mitt­lung des wirk­li­chen Wil­lens der Par­tei­en sind aber auch die außer­halb der Ver­ein­ba­rung lie­gen­den Umstände ein­zu­be­zie­hen, so­weit sie ei­nen Schluss auf den Sinn­ge­halt der Erklärung zu­las­sen. Vor­for­mu­lier­te Ar­beits­ver­trags­be­din­gun­gen sind nach ih­rem ob­jek­ti­ven In­halt und ty­pi­schen Sinn ein­heit­lich so aus­zu­le­gen, wie sie von verständi­gen und red­li­chen Ver­trags­part­nern un­ter Abwägung der In­ter­es­sen der nor­ma­ler­wei­se be­tei­lig­ten Ver­kehrs­krei­se ver­stan­den wer­den, wo­bei die Verständ­nismöglich­kei­ten des durch­schnitt­li­chen Ver­trags­part­ners des Ver­wen­ders zu­grun­de zu le­gen sind (BAG Ur­teil vom 18.11.2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 24 - NZA 2010, 170, m.w.N.).

Un­ter An­wen­dung die­ser Aus­le­gungs­grundsätze auf den vor­lie­gen­den Fall hat die Be­klag­te dem Kläger we­der aus­drück­lich noch kon­klu­dent zu­ge­sagt, ei­ne Ab­fin­dung zu zah­len, die nicht in § 6 TV BB vor­ge­se­hen ist.

Das folgt be­reits aus dem Wort­laut des Al­ters­teil­zeit­ar­beits­ver­tra­ges. Aus­weis­lich der Präam­bel ha­ben die Par­tei­en den Ver­trag auf der Grund­la­ge meh­re­rer Ta­rif­verträge der Me­tall- und Elek­tro­in­dus­trie, nämlich des Ta­rif­ver­tra­ges zum Brut­to­auf­sto­ckungs­mo­dell Al­ters­teil­zeit vom 29.09.2004 (TV BA), des Ta­rif­ver­tra­ges zur Beschäfti­gungs­brücke in der Fas­sung vom 31.03.2000 (TV BB) und des Ta­rif­ver­tra­ges zur Al­ters­teil­zeit in der Fas­sung vom 23.11.2004 (TV ATZ) ge­schlos­sen. § 6 TV BB sieht - wie be­reits aus­geführt - im vor­lie­gen­den Fall kei­ne Ab­fin­dung vor.

§ 10 des Al­ters­teil­zeit­ver­tra­ges enthält nur ei­nen de­kla­ra­to­ri­schen Hin­weis auf die Re­ge­lun­gen des § 6 TV BB. Ent­ge­gen der An­sicht des Ar­beits­ge­richts ist der Wort­laut des § 10 ein­deu­tig. § 305 c Abs. 2 BGB greift des­halb nicht. Die Norm kommt dann zur An­wen­dung, wenn die Aus­le­gung ei­ner ein­zel­nen Klau­sel in All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen min­des­tens zwei Er­geb­nis­se als ver­tret­bar er­schei­nen lässt und kei­nes den kla­ren Vor­zug ver­dient. Die ob­jek­ti­ve Aus­le­gung führt vor­lie­gend nicht zu ei­nem mehr­deu­ti­gen, son­dern zu ei­nem kla­ren Er­geb­nis. Nach Ausschöpfung al­ler Aus­le­gungs­me­tho­den blei­ben kei­ne ernst­haf­ten Zwei­fel mehr. § 10 des Al­ters­teil­zeit­ar­beits­ver­tra­ges nimmt aus­drück­lich Be­zug auf § 6 TV BB. Das Be­zug­nah­me­ob­jekt ist aus­drück­lich ge­kenn­zeich­net. In § 10 heißt es aus­drück­lich: „Herr C. erhält [...] ei­ne nach § 6 TV BB vor­ge­se­he­ne Ab­fin­dung.“ Aus die­ser For­mu­lie­rung folgt, dass dem Kläger am En­de des Al­ters­teil­zeit­ar­beits­verhält­nis­ses ei­ne Ab­fin­dung ge­zahlt wer­den soll, die der ta­rif­li­chen Re­ge­lung in § 6 TV BB ent­spricht. Der Kläger muss­te da­von aus­ge­hen, dass ihm die Be­klag­te nur die Leis­tun­gen gewähren woll­te, zu de­nen sie ta­rif­ver­trag­lich ver­pflich­tet war, zu­mal in der Präam­bel des Ver­tra­ges die maßge­ben­den Ta­rif­verträge aus­drück­lich auf­geführt wor­den sind.

Zwar erschöpft sich die Ver­trags­klau­sel nicht nur dar­in, dass sich die Be­klag­te zur Zah­lung der „nach § 6 TV BB vor­ge­se­he­ne Ab­fin­dung“ ver­pflich­tet hat; sie enthält viel­mehr auch die Be­rech­nung „in Höhe von 230,08 EU­RO x 24 Mo­na­ten, ent­spricht 5.521,92 EU­RO.“ Aus die­ser Be­rech­nung kann oh­ne Ver­let­zung der Aus­le­gungs­grundsätze der §§ 133, 157 BGB je­doch nicht ge­fol­gert wer­den, die Be­klag­te ha­be dem Kläger die „nach § 6 TV BB vor­ge­se­he­ne Ab­fin­dung“ un­abhängig vom Vor­lie­gen der ta­rif­li­chen Vor­aus­set­zun­gen zu­ge­stan­den. Die Be­klag­te hat den in § 6 TV BB ge­re­gel­ten Be­trag von € 230,08 pro Mo­nat mit der An­zahl der Ka­len­der­mo­na­te mul­ti­pli­ziert, die zwi­schen der Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses am 31.08.2011 und der Voll­endung des 65. Le­bens­jah­res des Klägers (am 30.08.2013) lie­gen. Dies sind 24 Mo­na­te, so dass sich ein Be­trag von € 5.521,92 er­rech­net. Wenn die Be­klag­te die ta­rif­ver­trag­li­che Re­chen­for­mel in § 10 des Al­ters­teil­zeit­ver­tra­ges auf­ge­nom­men hat, konn­te der Kläger nicht da­von aus­ge­hen, dass ihm die Be­klag­te auch dann ei­ne Ab­fin­dung gewähren will, wenn er kei­ne Ren­ten­ab­schläge hin­zu­neh­men hat.

4. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Klägers stellt es kei­ne un­zulässi­ge Dis­kri­mi­nie­rung we­gen sei­ner Be­hin­de­rung oder sei­nes Al­ters dar, dass er nach Be­en­di­gung des Al­ters­teil­zeit­ar­beits­verhält­nis­ses am 31.08.2011 von der Be­klag­ten kei­ne Ab­fin­dung be­an­spru­chen kann.

Die Ab­fin­dung dient im vor­lie­gen­den Fall da­zu, den Nach­teil ab­zu­mil­dern, den nicht­be­hin­der­te Men­schen des Ge­burts­jahr­gangs des Klägers bei ei­nem Ren­ten­ein­tritt vor Voll­endung des 65. Le­bens­jah­res hin­neh­men müssen. Der schwer­be­hin­der­te Kläger er­lei­det - wie be­reits aus­geführt - kei­ne Ren­ten­nach­tei­le, weil sich sei­ne ge­setz­li­che Al­ters­ren­te nicht um Ab­schläge von 7,2 Pro­zent ver­min­dert.

Wenn der Kläger dar­auf hin­weist, er ha­be seit 1963 be­an­stan­dungs­frei für die Be­klag­te „ge­schuf­tet“, ver­kennt er, dass die Ab­fin­dung nach § 6 TV BB bzw. § 10 des Al­ters­teil­zeit­ar­beits­ver­tra­ges kein zusätz­li­ches Ent­gelt für die in der Ver­gan­gen­heit ge­leis­te­te (und be­zahl­te) Ar­beit dar­stellt, son­dern die Nach­tei­le mil­dern soll, die Ar­beit­neh­mern da­durch ent­ste­hen, dass sie be­reits vor dem Er­rei­chen der je­wei­li­gen Re­gel­al­ters­gren­ze ei­ne vor­ge­zo­ge­ne Al­ters­ren­te in An­spruch neh­men. Der­ar­ti­ge Nach­tei­le hat der Kläger nicht. Sei­ne Ausführun­gen, zum „Über­le­ben der Ver­ren­tung“ und den wirt­schaft­li­chen Vor­tei­len für sei­ne Er­ben, lie­gen ne­ben der Sa­che. Der Aus­schluss ei­ner Ab­fin­dung we­gen der Möglich­keit des Be­zugs ei­ner un­ge­min­der­ten Al­ters­ren­te ist nicht des­halb un­wirk­sam, weil nie­mand vor­her­se­hen kann, wann der Rent­ner stirbt (und aus Sicht des Klägers bei ei­nem frühen Tod ei­ne Ab­fin­dung vor­teil­haf­ter wäre als ei­ne Ren­te oh­ne Ab­schläge). Die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en können im Rah­men der Zweck­set­zung ih­rer Ab­fin­dungs­re­ge­lung ty­pi­sie­ren und an die Be­rech­ti­gung zum Be­zug ei­ner vor­ge­zo­ge­nen Al­ters­ren­te an­knüpfen, oh­ne im Ein­zel­fall ei­ne Güns­tig­keits­pro­gno­se an­stel­len zu müssen. Die Ausführun­gen des Klägers be­ru­hen im Übri­gen auch auf ei­ner Ver­ken­nung der ren­ten­ver­si­che­rungs­recht­li­chen Aus­wir­kun­gen von Ren­ten­ab­schlägen. Die Ren­ten­ab­schläge von 7,2 Pro­zent, die nicht­be­hin­der­te Men­schen bei ei­nem Ren­ten­ein­tritt mit 63 statt mit 65 hin­zu­neh­men ha­ben, min­dern nicht nur die Al­ters­ren­te des Ar­beit­neh­mers (und zwar le­bens­lang), son­dern auch die Hin­ter­blie­be­nen­ren­te. Ei­ne aus­rei­chen­de Ver­sor­gung des Klägers durch die ge­setz­li­che Al­ters­ren­te ist im Al­ters­teil­zeit­verhält­nis der Par­tei­en da­durch gewähr­leis­tet, dass die Be­klag­te, ob­wohl der Kläger seit dem 01.01.2007 nur noch 50 Pro­zent sei­ner bis­he­ri­gen Ar­beits­zeit tätig ist, 95 Pro­zent der bis­he­ri­gen Ren­ten­beiträge zahlt. Ei­ne nen­nens­wer­te Ren­ten­ein­buße als Fol­ge der hal­bier­ten Ar­beits­zeit hat der Kläger nicht.

Auch der Hin­weis des Klägers auf das Ur­teil des Eu­ropäischen Ge­richts­hofs vom 12.10.2010 (Az.: C-499/08) recht­fer­tigt kei­ne an­de­re Be­ur­tei­lung der Rechts­la­ge. Die zi­tier­te Ent­schei­dung zu ei­ner däni­schen Ent­las­sungs­ab­fin­dung in der Rechts­sa­che An­der­sen ist nicht ein­schlägig. Der dor­ti­ge Kläger war bei sei­ner Ent­las­sung 63 Jah­re alt; er woll­te nicht in den Ru­he­stand tre­ten, son­dern sei­ne be­ruf­li­che Lauf­bahn wei­ter­ver­fol­gen. Die Ent­las­sungs­ab­fin­dung wur­de ihm mit der Be­gründung ab­ge­lehnt, dass er ei­ne Al­ters­ren­te aus ei­nem be­trieb­li­chen Ren­ten­sys­tem be­zie­hen könne. Die Ab­fin­dung hat­te das Ziel, Ar­beit­neh­mern, die über ei­ne lan­ge Be­triebs­zu­gehörig­keit bei dem­sel­ben Ar­beit­ge­ber verfügen, den Über­gang in ei­ne neue Beschäfti­gung zu er­leich­tern. Ein sol­cher Fall ist hier nicht ge­ge­ben. Die Ab­fin­dung nach § 6 TV BB hat ein­deu­tig nicht das Ziel, den Über­gang in ei­ne neue Beschäfti­gung zu über­brücken. Der Kläger woll­te bei Ver­trags­schluss am En­de des Al­ters­teil­zeit­ar­beits­verhält­nis­ses in den Ru­he­stand tre­ten, auch wenn er nach Veröffent­li­chung der Ent­schei­dung des EuGH - in we­nig über­zeu­gen­der Wei­se - nun­mehr be­haup­tet, er würde sich nach sei­nem Aus­schei­den bei der Be­klag­ten nicht nur „rein theo­re­tisch“, ei­nen „neu­en Job“ su­chen wol­len. Nach § 1 Abs. 1 AltTZG soll durch Al­ters­teil­zeit­ar­beit älte­ren Ar­beit­neh­mern ein glei­ten­der Über­gang vom Er­werbs­le­ben in die Al­ters­ren­te ermöglicht wer­den. Von die­ser Möglich­keit hat der Kläger durch Ab­schluss des Al­ters­teil­zeit­ver­tra­ges am 01.08.2006 Ge­brauch ge­macht. Sein Sin­nes­wan­del, sich nun­mehr doch „dem Trend ent­spre­chend“ um ei­ne neue Ar­beit zu bemühen, an­statt ei­ne ab­schlag­freie Al­ters­ren­te aus der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung zu be­zie­hen, ist un­be­acht­lich.

5. Der Kläger hat die Al­ters­teil­zeit­ver­ein­ba­rung vom 01.08.2006 nicht an­ge­foch­ten. Ob­wohl sein pro­zes­sua­ler Vor­trag letzt­lich dar­auf hin­ausläuft, dass er sich am Al­ters­teil­zeit­ver­trag nicht (mehr) fest­hal­ten las­sen will, wenn ihm kei­ne Ab­fin­dung gewährt wird, hat der Kläger ei­ne An­fech­tungs­erklärung im Sin­ne des § 143 Abs. 1 BGB nicht ab­ge­ben. Sein erst­in­stanz­li­cher Vor­trag er hätte „nie­mals“ ei­nen Al­ters­teil­zeit­ver­trag ab­ge­schlos­sen, wenn ihm die Be­klag­te kei­ne Ab­fin­dung als „Be­loh­nung“ für die Re­du­zie­rung sei­nes Voll­zeit­net­to zu­ge­sagt hätte, stellt kei­ne An­fech­tungs­erklärung dar. Dies hat der Pro­zess­be­vollmäch­tig­te des Klägers im Rah­men der Erörte­rung in der münd­li­chen Ver­hand­lung vor der Be­ru­fungs­kam­mer so bestätigt. Der be­haup­te­te Irr­tum wäre auch un­be­acht­lich. Das Mo­tiv des Klägers für den Ab­schluss des Al­ters­teil­zeit­ver­tra­ges, die Ab­fin­dung für ei­ne Kreuz­fahrt mit sei­ner Ehe­frau zu ver­wen­den, könn­te ei­ne An­fech­tung nicht be­gründen. Oh­ne dass es dar­auf ankäme, nimmt die Be­ru­fungs­kam­mer dem Kläger auch nicht ab, dass er den Al­ters­teil­zeit­ver­trag aus­sch­ließlich we­gen der er­war­te­ten Ab­fin­dung von € 5.521,92 ge­schlos­sen hat, und sich kei­ne wei­te­ren Vor­tei­le aus der Ver­ein­ba­rung ver­sprach.

III. Der Kläger hat als un­ter­le­ge­ne Par­tei gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kos­ten des Rechts­streits zu tra­gen.

Ein Grund, der nach den hierfür maßgeb­li­chen ge­setz­li­chen Kri­te­ri­en des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zu­las­sung der Re­vi­si­on recht­fer­ti­gen könn­te, be­steht nicht. Der Rechts­sa­che ist ins­be­son­de­re kei­ne grundsätz­li­che Be­deu­tung bei­zu­mes­sen.

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