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Mutterschaftsgeldzuschuss verfassungswidrig
Der Lohnersatz wird zwischen Arbeitgeber und Krankenkasse in der Weise aufgeteilt, daß die Krankenkasse ein Mutterschaftsgeld in Höhe von 13,00 EUR pro Kalendertag und der Arbeitgeber die Differenz zwischen dem Mutterschaftsgeld und dem Nettolohn bezahlt ("Zuschuss zum Mutterschaftsgeld").
Die Pflicht des Arbeitgebers, einen Zuschuss zum Mutterschaftsgeld zu zahlen, ist in § 14 Abs.1 MuschG enthalten. Da das Mutterschaftsgeld seit 1968 nicht mehr erhöht wurde und daher seitdem konstant 25,00 DM bzw. 13 EUR pro Kalendertag beträgt, werden die Arbeitgeber seitdem immer stärker belastet, d.h. der von ihnen zu tragende Anteil an der Lohnfortzahlung hat sich seitdem ständig erhöht.
Nun wurden allerdings Zweifel laut, ob die Vorschrift des § 14 MuschG verfassungskonform ist. Sie ist es nicht, wie eine aktuelle Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zeigt: BVerfG, Beschluß vom 18.11.2003, 1 BvR 302/96.
- Mindert die finanzielle Belastung größerer Betriebe mit dem Zuschuß zum Mutterschaftsgeld die Beschäftigungschancen von Frauen?
- Der Fall des BVerfG: Streitlustiger Arbeitgeber weigert sich, den Zuschuß zum Mutterschaftsgeld zu zahlen
- BVerfG: Der Zuschuß zum Mutterschaftsgeld in seiner jetzigen Form ist eine verfassungswidrige Benachteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt
Mindert die finanzielle Belastung größerer Betriebe mit dem Zuschuß zum Mutterschaftsgeld die Beschäftigungschancen von Frauen?
Seit Januar 1986 werden nur Arbeitgbeber, die kleinere Betrieben mit nicht mehr als 20 Arbeitnehmer führen, von der finanziellen Belastung mit Mutterschutzleistungen entlastet, nämlich durch die Umlage U2. Die Umlagebeträge bemessen sich dabei nicht an der Anzahl der beschäftigten Arbeitnehmerinnen, sondern nach der Gesamtzahl der Beschäftigten. Daher sind auch solche Arbeitgeber in das Verfahren einbezogen, die keine Frauen beschäftigen. Die Umlage U1 ist so gering bemessen, dass sie aus Sicht des umlagepflichtigen Arbeitgebers ein gutes Geschäft ist.
Anders sieht es dagegen für Arbeitgeber aus, die Betriebe mit mehr als 20 Arbeitnehmer führen. Sie bleiben auf den Kosten für den Zuschuß zum Mutterschaftsgeld sitzen. Für sie besteht daher ein Anreiz, eher Männer als Frauen einzustellen, um dieser finanziellen Belastung zu entgehen.
Dies ist aus verschiedenen Gründen verfassungsrechtlich bedenklich. Zum einen kann man argumentieren, dass hier Arbeitgeber mit Kosten der Geburt belastet weden, die "eigentlich" vom Staat zu tragen wären. Und zum anderen könnte diese finanzielle Belastung von größeren Arbeitnehmern eine mittelbare Frauendiskriminierung darstellen, indem sie die Beschäftigungschancen von Frauen bei größeren Arbeitgeber senkt. Das könnte gegen die grundgesetzlich garantierte Chancengleichheit von Männern und Frauen (Art.3 Abs.2 Grundgesetz - GG) verstoßen.
Der Fall des BVerfG: Streitlustiger Arbeitgeber weigert sich, den Zuschuß zum Mutterschaftsgeld zu zahlen
Die Beschwerdeführerin in dem der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugrunde liegenden Verfahren beschäftigte etwa 100 Arbeitnehmer, davon zur Hälfte Frauen. Eine bei ihr angestellte Arbeitnehmerin wurde aufgrund der Beschäftigungsverbote vor und nach der Entbindung nicht beschäftigt.
Die Krankenkasse zahlte der Arbeitnehmerin insgesamt 2.500 DM Mutterschaftsgeld. Die Beschwerdeführerin verweigerte der Arbeitnehmerin den ihr an sich gemäß § 14 Abs.1 MuSchG zustehenden Zuschuß zum Mutterschaftsgeld in Höhe von 3.335 DM. Zur Begründung vertrat sie die Meinung, § 14 Abs. 1 Satz 1 MuSchG verstoße gegen die Verfassung.
Die Arbeitsgerichte hielten hingegen die Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur Zahlung des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld in allen drei Instanzen für verfassungsgemäß. Dagegen richtet sich die beim Bundesverfassungsgericht erhobene Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin.
Zur Begründung der Verfassungsbeschwerde führte die Beschwerdeführerin aus, daß ihre Berufsausübungsfreiheit durch die Zuschusspflicht zum Mutterschaftsgeld in unverhältnismäßiger Weise beschränkt und damit verletzt werde. Der Mutterschutz liege im vorrangigen Interesse der Gemeinschaft aller Bürger und müsse daher im Wesentlichen aus Steuermitteln finanziert werden.
BVerfG: Der Zuschuß zum Mutterschaftsgeld in seiner jetzigen Form ist eine verfassungswidrige Benachteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt
Das Bundesverfassungsgericht hat sich der Meinung der Beschwerdeführerin im Prinzip angeschlossen und daher festgestellt, daß § 14 Abs.1 MuschG verfassungswidrig ist. Die Entscheidungsformel lautet in diesem Punkt wie folgt:
"1. § 14 Absatz 1 Satz 1 des Mutterschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. April 1968 (Bundesgesetzblatt I Seite 315) und in der Fassung späterer Bekanntmachungen ist nach Maßgabe der Gründe mit Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes nicht vereinbar.
2. Dem Gesetzgeber wird aufgegeben, bis zum 31.12.2005 eine verfassungsmäßige Regelung zu treffen."
Zur Begründung seiner Entscheidung argumentiert das Bundesverfassungsgericht im wesentlichen wie folgt:
Die Zuschusspflicht des Arbeitgebers beeinträchtigt zwar die Berufsfreiheit des Arbeitgebers, doch ist diese Beeinträchtigung zur Erreichung des gesetzgeberischen Ziels, die arbeitende Mutter und das werdende Kind vor arbeitsplatzbedingten Gefahren zu schützen, geeignet, erforderlich und auch zumutbar. Insbesondere ist die den Arbeitgebern auferlegte finanzielle Belastung wirtschaftlich tragbar.
Von Verfassungs wegen ist ist der Staat daher nicht dazu verpflichtet, die Kosten des Mutterschutzes allein zu tragen. Die mit dem Mutterschutz verbundenen Kosten dürfen somit teilweise auch den Arbeitgebern auferlegt werden. Auch unter Berücksichtigung des gestiegenen Anteils der Arbeitgeberleistungen überwiegen nach wie vor die öffentlichen Leistungen für den Schutz von Mutter und Kind die Belastungen der Arbeitgeber.
Allerdings sieht das Bundesverfassungsgericht durch die bestehende Rechtslage das Gleichberechtigungsgebot aus Art.3 Abs.2 GG als verletzt an. § 14 Abs.1 Satz 1 MuSchG beschränkt insoweit die Berufsausübungsfreiheit unangemessen, als diese Vorschrift das Gleichberechtigungsgebot verletzt. Art.3 Abs.2 GG verlangt, daß Frauen die gleichen Erwerbschancen haben wie Männer.
Diesem Schutzauftrag widerspricht die Zuschusspflicht des Arbeitgebers zum Mutterschaftsgeld in der gegenwärtigen rechtlichen Ausgestaltung. Das Ausgleichs- und Umlageverfahren stellt nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts wegen seiner Begrenzung auf Kleinunternehmen keine ausreichende Kompensation dar.
Zwar wirkt der Gesetzgeber einer Versuchung der Arbeitgeber, Frauen bei der Einstellung zur Vermeidung von späteren Belastungen durch den Mutterschutz zu diskriminieren, dadurch entgegen, daß geschlechtsbezogene Benachteiligungen bei der Einstellung verbietet (§ 613a BGB); zum anderen versucht der Gesetzgeber durch das Umlageverfahren eine ungleiche Belastungen von Unternehmen mit unterschiedlich hohem Frauenanteil zu vermeiden, um auch auf diesem Wege Beschäftigungshindernisse für Frauen abzubauen.
Das Umlageverfahren ist jedoch auf Kleinunternehmen beschränkt, d.h. größere Unternehmen werden nicht einbezogen. Bei solchen Unternehmen besteht daher nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts das Risiko einer faktischen Diskriminierung von Frauen bei der Einstellung fort. Im Hingblick auf dieses Risiko hält das Bundesverfassungsgericht § 14 Abs.1 Satz 1 MuSchG für verfassungswidrig.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesverfassungsgericht, Beschluß vom 18.11.2003, 1 BvR 302/96
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierungsverbote - Geschlecht
- Handbuch Arbeitsrecht: Mutterschutz
Letzte Überarbeitung: 8. März 2015
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