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ARBEITSRECHT AKTUELL // 07/90

Dis­kri­mi­nie­rung jün­ge­rer Ar­beit­neh­mer bei Kün­di­gungs­fris­ten

LAG Ber­lin-Bran­den­burg und LAG Düs­sel­dorf zie­hen un­ter­schied­li­che Kon­se­quen­zen aus dem al­ters­dis­kri­mi­nie­ren­den Cha­rak­ter von § 622 Abs.2 Satz 2 BGB: Lan­des­ar­beits­ge­richt Ber­lin-Bran­den­burg, Ur­teil vom 24.07.2007, 7 Sa 561/07 Lan­des­ar­beits­ge­richt Düs­sel­dorf, Be­schluss vom 21.11.2007, 12 Sa 1311/07
Zwei Gruppen von je drei Arbeitnehmern mit Helm, Bekleidung der beiden Gruppen unterschiedlich Für jün­ge­re Ar­beit­neh­mer soll­ten kei­ne kür­ze­ren Kün­di­gungs­fris­ten gel­ten als für äl­te­re

21.12.2007. Die ge­setz­li­che Re­ge­lung zu den Kün­di­gungs­fris­ten für Ar­beit­neh­mer, die noch kei­ne 25 Jah­re alt sind (§ 622 Abs.2 Satz 2 Bür­ger­li­ches Ge­setz­buch - BGB) ist nach all­ge­mei­ner Mei­nung ei­ne ver­bo­te­ne Al­ters­dis­kri­mi­nie­rung jün­ge­rer Ar­beit­neh­mer.

Denn ih­nen wird ei­ne Ver­län­ge­rung der Kün­di­gungs­fris­ten in Ab­hän­gig­keit von der Dau­er der Be­schäf­ti­gung vor­ent­hal­ten.

Was aber soll man nun tun an­ge­sichts die­ser eu­ro­pa­rechts­wid­ri­gen ge­setz­li­chen Re­ge­lung? Soll man sie nicht mehr an­wen­den oder aber ab­war­ten, bis der Ge­setz­ge­ber sie ge­än­dert hat, nach dem Mot­to "Ge­setz ist Ge­setz"?

Hier sind das Lan­des­ar­beits­ge­richt (LAG) Ber­lin-Bran­den­burg und das LAG Düs­sel­dorf ver­schie­de­ner Mei­nung: LAG Ber­lin-Bran­den­burg, Ur­teil vom 24.07.2007, 7 Sa 561/07; LAG Düs­sel­dorf, Be­schluss vom 21.11.2007, 12 Sa 1311/07.

Was tun, wenn ei­ne ge­setz­li­che Re­ge­lung ge­gen ei­ne Richt­li­nie der Eu­ropäischen Uni­on verstößt?

§ 622 Abs.2 BGB re­gelt die Kündi­gungs­fris­ten, die ein Ar­beit­ge­ber bei der Kündi­gung ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses be­ach­ten muss. Je länger ein Ar­beits­verhält­nis be­steht, des­to länger sind die vom Ar­beit­ge­ber ein­zu­hal­ten­den Fris­ten. Be­stand das Ar­beits­verhält­nis z.B. fünf Jah­re, muss der Ar­beit­ge­ber ei­ne Kündi­gungs­frist von zwei Mo­na­ten zum Mo­nats­en­de be­ach­ten, be­stand es acht Jah­re, beträgt die Kündi­gungs­frist drei Mo­na­te, bei zehn Jah­ren erhöht sie sich auf vier Mo­na­te usw.

Al­ler­dings be­stimmt § 622 Abs.2 Satz 2 BGB, dass bei der Be­rech­nung der Beschäfti­gungs­dau­er Zei­ten, die vor der Voll­endung des 25. Le­bens­jah­res des Ar­beit­neh­mers lie­gen, nicht berück­sich­tigt wer­den. Auch wenn da­her z.B. ein 26jähri­ger Ar­beit­neh­mer auf ei­ne achtjähri­ge Be­triebs­zu­gehörig­keit ver­wei­sen kann, muss sein Ar­beit­ge­ber le­dig­lich die Grundkündi­gungs­frist von vier Wo­chen zum 15. oder zum Mo­nats­en­de be­ach­ten, wo­hin­ge­gen ein 35jähri­ger Kol­le­ge, der zum glei­chen Zeit­punkt an­ge­fan­gen hat und da­her eben­falls auf ei­ne Be­triebs­zu­gehörig­keit von acht Jah­ren ver­wei­sen kann, nur un­ter Be­ach­tung ei­ner erhöhten Kündi­gungs­frist von vier Mo­na­ten zum Mo­nats­en­de gekündigt wer­den kann.

Mit an­de­ren Wor­ten: Die­sel­be Be­triebs­zu­gehörig­keit führt je nach Al­ter des Ar­beit­neh­mers zu ver­schie­den lan­gen Kündi­gungs­fris­ten, wo­bei die jünge­ren Ar­beit­neh­mer vom Ge­setz schlech­ter be­han­delt wer­den als die älte­ren.

Un­ter Ar­beits­recht­lern ist da­her seit länge­rer Zeit vor­herr­schen­de Mei­nung, dass die vom Ge­setz an­ge­ord­ne­te Aus­klam­me­rung von Beschäfti­gungs­zei­ten, die vor dem 25. Le­bens­jahr zurück­ge­legt wur­den, ei­ne eu­ro­pa­rechts­wid­ri­ge Dis­kri­mi­nie­rung we­gen des Al­ters sei.

Die Richt­li­nie 2000/78/EG des Ra­tes vom 27.11.2000 zur Fest­le­gung ei­nes all­ge­mei­nen Rah­mens für die Ver­wirk­li­chung der Gleich­be­hand­lung in Beschäfti­gung und Be­ruf ver­bie­tet nämlich nicht ge­recht­fer­tig­te Un­gleich­be­hand­lun­gen von Ar­beit­neh­mern we­gen des Al­ters, und zwar un­abhängig da­von, ob älte­re ge­genüber jünge­ren oder aber jünge­re ge­genüber älte­ren Ar­beit­neh­mern dis­kri­mi­niert wer­den (Art.1 und Art.2 Abs.2 der Richt­li­nie 2000/78/EG). Das Ver­bot der Al­ters­dis­kri­mi­nie­rung ist mitt­ler­wei­le auch im AGG ent­hal­ten (§ 1, § 7 AGG).

Frag­lich ist al­ler­dings, wel­che recht­li­chen Schluss­fol­ge­run­gen dar­aus zu zie­hen sind, dass § 622 Abs.2 Satz 2 BGB ge­gen das Eu­ro­pa­recht so­wie ge­gen das AGG verstößt. Im­mer­hin ist es Auf­ga­be des Ge­setz­ge­bers und nicht der Ge­rich­te, eu­ro­pa­rechts­wid­ri­ge Ge­set­zes­vor­schrif­ten ab­zuändern. Zu die­sen Fra­gen ha­ben unlängst das LAG Ber­lin-Bran­den­burg und das LAG Düssel­dorf ent­schie­den.

Ra­sche Hil­fe: LAG Ber­lin-Bran­den­burg ist für die Nicht­an­wen­dung von § 622 Abs.2 Satz 2 BGB

In dem vom LAG Ber­lin-Bran­den­burg ent­schie­de­nen Fall ging es um die außer­or­dent­li­che, hilfs­wei­se or­dent­li­che Kündi­gung ei­ner zum Zeit­punkt der Kündi­gung 26 Jah­re al­ten Rechts­an­walts- und No­tar­fach­an­ge­stell­ten. Das Ar­beits­verhält­nis der gekündig­ten und hier­ge­gen kla­gen­den Ar­beit­neh­me­rin be­stand im Kündi­gungs­zeit­punkt et­was mehr als fünf Jah­re, so dass der Ar­beit­ge­ber ei­ne Frist von zwei Mo­na­ten zum Mo­nats­en­de hätte be­ach­ten müssen, falls es die Nicht­an­rech­nungs­vor­schrift des § 622 Abs.2 Satz 2 BGB nicht gäbe.

Das LAG Ber­lin-Bran­den­burg stell­te zunächst fest, dass § 622 Abs.2 Satz 2 BGB ge­gen die Richt­li­nie 2000/78/EG ver­s­toße (LAG Ber­lin-Bran­den­burg, Ur­teil vom 24.07.2007, 7 Sa 561/07). Wie be­reits erwähnt ver­bie­tet die­se Richt­li­nie in ih­rem Art.2 die (un­mit­tel­ba­re und mit­tel­ba­re) Dis­kri­mi­nie­rung we­gen des Al­ters, und zwar un­abhängig da­von, ob die Dis­kri­mi­nie­rung älte­re oder jünge­re Ar­beit­neh­mer „trifft“. Da § 622 Abs.2 Satz 2 BGB ei­ne nach­tei­li­ge Rechts­fol­ge an das Al­ter knüpft, geht es hier um ei­ne „un­mit­tel­ba­re“ Be­nach­tei­li­gung. Die­se ist nach An­sicht des Ge­richts sach­lich nicht ge­recht­fer­tigt. Es ist nämlich kein „le­gi­ti­mes Ziel“ aus den Be­rei­chen Beschäfti­gungs­po­li­tik, Ar­beits­markt und be­ruf­li­che Bil­dung er­kenn­bar, dem die­se Rechts­vor­schrift die­nen könn­te.

Der nach An­sicht des LAG vor­lie­gen­de Ver­s­toß von § 622 Abs.2 Satz 2 BGB ge­gen die Richt­li­nie 2000/78/EG führt wei­ter­hin da­zu, dass, so das LAG, § 622 Abs.2 Satz 2 BGB bei der Be­rech­nung der Kündi­gungs­frist nicht an­zu­wen­den sei. Hier­bei be­ruft sich das LAG auf das Man­gold-Ur­teil des EuGH (EuGH, Ur­teil vom 22.11.2005, Rs. C-144/04), dem sich das BAG mit Ur­teil vom 26.04.2006 (7 AZR 500/04) an­ge­schlos­sen ha­be. Da­nach sei das Ver­bot der Al­ters­dis­kri­mi­nie­rung als „all­ge­mei­ner Grund­satz des Ge­mein­schafts­rechts“ an­zu­se­hen, des­sen Gel­tung bei der An­wen­dung na­tio­na­len Rechts in den Mit­glied­staa­ten nicht von der vor­he­ri­gen Um­set­zung ei­ner Richt­li­nie durch den Mit­glied­staat abhänge.

Ei­ner Vor­la­ge an den EuGH be­darf es nach An­sicht des LAG Ber­lin-Bran­den­burg in die­sen Fällen nicht, weil der EuGH in die­ser eu­ro­pa­recht­li­chen Fra­ge be­reits ent­schie­den ha­be. Mit der Zu­ord­nung des Ver­bots der Al­ters­dis­kri­mi­nie­rung zu den all­ge­mei­nen Grundsätzen des Ge­mein­schafts­rechts ha­be der EuGH im übri­gen die ihm über­tra­ge­nen Kom­pe­ten­zen nicht über­schrit­ten. Auf­grund der grundsätz­li­chen Be­deu­tung der An­ge­le­gen­heit ließ das LAG die Re­vi­si­on zum BAG zu (LAG Ber­lin-Bran­den­burg, Ur­teil vom 24.07.2007, 7 Sa 561/07).

Der Ge­setz­ge­ber soll es rich­ten: LAG Düssel­dorf sieht sich an § 622 Abs.2 Satz 2 BGB wei­ter ge­bun­den

In dem vom LAG Düssel­dorf ent­schie­de­nen Fall hat­te der be­klag­te Ar­beit­ge­ber ei­ner Ar­beit­neh­me­rin we­gen Be­triebs­sch­ließung or­dent­lich gekündigt. Die gekündig­te und hier­ge­gen kla­gen­de Ar­beit­neh­me­rin war zur Zeit der Kündi­gung 29 Jah­re alt und konn­te auf ei­ne über 10jähri­ge Be­triebs­zu­gehörig­keit ver­wei­sen.

Die Kündi­gung wur­de im De­zem­ber 2006 zu En­de Ja­nu­ar 2007 aus­ge­spro­chen, d.h. der Ar­beit­ge­ber ging ent­spre­chend § 622 Abs.2 Satz 1 Nr.1, Satz 2 BGB da­von aus, dass nur die Zu­gehörig­keit ab Al­ter 25, d.h. le­dig­lich vier „Zähl­jah­re“ zu berück­sich­ti­gen sei­en, was zu ei­ner Kündi­gungs­frist von ei­nem Mo­nat zum Mo­nats­en­de (= 31.01.2007) führ­te. Die Ar­beit­neh­me­rin da­ge­gen woll­te ih­re ge­sam­te zum Zeit­punkt der Kündi­gung zurück­ge­leg­te Beschäfti­gungs­zeit von knapp mehr als zehn Jah­ren berück­sich­tigt se­hen, d.h. sie ging von ei­ner Kündi­gungs­frist von vier Mo­na­ten zum Mo­nats­en­de aus; bei die­ser Frist hätte das Ar­beits­verhält­nis am 30.04.2007 ge­en­det.

Das LAG Düssel­dorf war nicht so „mu­tig“ wie das LAG Ber­lin und fäll­te da­her bis­her kein Ur­teil. Viel­mehr leg­te es dem EuGH die Fra­ge zur sog. Vor­ab­ent­schei­dung vor, ob die Re­ge­lung in § 622 Abs.2 BGB, nach der sich die Kündi­gungs­fris­ten mit zu­neh­men­der Dau­er der Beschäfti­gung stu­fen­wei­se verlängern, aber vor Voll­endung des 25. Le­bens­jah­res lie­gen­de Beschäfti­gungs­zei­ten des Ar­beit­neh­mers un­berück­sich­tigt blei­ben, ge­gen das ge­mein­schafts­recht­li­che Ver­bot der Al­ters­dis­kri­mi­nie­rung ver­s­toße (LAG Düssel­dorf, Be­schluss vom 21.11.2007, 12 Sa 1311/07). Kon­kret lau­ten die Vor­la­ge­fra­gen des LAG Düssel­dorf so:

1. a) Verstößt ei­ne na­tio­na­le Ge­set­zes­re­ge­lung, nach der sich die vom Ar­beit­ge­ber ein­zu­hal­ten­den Kündi­gungs­fris­ten mit zu­neh­men­der Dau­er der Beschäfti­gung stu­fen­wei­se verlängern, je­doch hier­bei vor Voll­endung des 25. Le­bens­jah­res lie­gen­de Beschäfti­gungs­zei­ten des Ar­beit­neh­mers un­berück­sich­tigt blei­ben, ge­gen das ge­mein­schafts­recht­li­che Ver­bot der Al­ters­dis­kri­mi­nie­rung, na­ment­lich ge­gen Primärrecht der EG oder ge­gen die Richt­li­nie 2000/78/EG vom 27.11.2000?

b) Kann ein Recht­fer­ti­gungs­grund dafür, dass der Ar­beit­ge­ber bei der Kündi­gung von jünge­ren Ar­beit­neh­mern nur ei­ne Grundkündi­gungs­frist ein­zu­hal­ten hat, dar­in ge­se­hen wer­den, dass dem Ar­beit­ge­ber ein - durch länge­re Kündi­gungs­fris­ten be­ein­träch­tig­tes - be­trieb­li­ches In­ter­es­se an per­so­nal­wirt­schaft­li­cher Fle­xi­bi­lität zu­ge­stan­den wird und jünge­ren Ar­beit­neh­mern nicht der (durch länge­re Kündi­gungs­fris­ten den älte­ren Ar­beit­neh­mern ver­mit­tel­te) Be­stands- und Dis­po­si­ti­ons­schutz zu­ge­stan­den wird, z.B. weil ih­nen im Hin­blick auf ihr Al­ter und/oder ge­rin­ge­re so­zia­le, fa­mi­liäre und pri­va­te Ver­pflich­tun­gen ei­ne höhe­re be­ruf­li­che und persönli­che Fle­xi­bi­lität und Mo­bi­lität zu­ge­mu­tet wird?

2. Wenn die Fra­ge zu 1.a) be­jaht und die Fra­ge zu 1.b) ver­neint wird:

Hat das Ge­richt ei­nes Mit­glied­staats in ei­nem Rechts­streit un­ter Pri­va­ten die dem Ge­mein­schafts­recht ent­ge­gen ste­hen­de na­tio­na­le Ge­set­zes­re­ge­lung un­an­ge­wen­det zu las­sen oder ist dem Ver­trau­en, das die Norm un­ter­wor­fen in die An­wen­dung gel­ten­der in­ner­staat­li­cher Ge­set­ze set­zen, da­hin­ge­hend Rech­nung zu tra­gen, dass die Un­an­wend­bar­keits­fol­ge erst nach Vor­lie­gen ei­ner Ent­schei­dung des Eu­ropäischen Ge­richts­hof über die in­kri­mi­nier­te oder ei­ne im we­sent­li­chen ähn­li­che Re­ge­lung ein­tritt?


Die Ent­schei­dung des EuGH in die­ser Sa­che steht noch aus.

Fa­zit: § 622 Abs.2 Satz 2 BGB soll­te künf­tig nicht mehr an­ge­wandt wer­den

Un­se­res Er­ach­tens ist die Ent­schei­dung des LAG Ber­lin-Bran­den­burg rich­tig und die des LAG Düssel­dorf un­rich­tig. Das LAG Ber­lin-Bran­den­burg hat sich dafür ent­schie­den, die al­ters­dis­kri­mi­nie­ren­de Aus­nah­me­vor­schrift des § 622 Abs.2 Satz 2 BGB nicht an­zu­wen­den. Das kann man nicht nur, wie das LAG es macht, mit der Richt­li­nie 2000/78/EG be­gründen, son­dern auch mit den ent­spre­chen­den Vor­schrif­ten des AGG.

Das AGG ist dem BGB zwar nicht über­ge­ord­net (wie et­wa das Grund­ge­setz dem ein­fa­chen Ge­set­zes­recht), aber es ist das ge­genüber § 622 Abs.2 Satz 2 BGB später er­las­se­ne Ge­setz.

Zu­dem ist da­von aus­zu­ge­hen, dass die Schöpfer des AGG mit die­sem Ge­setz ei­nen grund­le­gen­den, für das ge­sam­te Ar­beits­recht ver­bind­li­chen ge­setz­li­chen Schutz vor Dis­kri­mi­nie­run­gen schaf­fen woll­ten. Dass der Ge­setz­ge­ber bei der Schaf­fung des AGG den Wort­laut der um­zu­set­zen­den Richt­li­ni­en teils un­verändert über­nom­men hat, spricht dafür, dass er der Mei­nung war, ein ge­ne­rel­les An­ti­dis­kri­mi­nie­rungs­ge­setz sei aus­rei­chend und ei­ne De­tailände­rung al­ler spe­zi­al­ge­setz­li­chen Vor­schrif­ten überflüssig.

Da­mit sind der Auf­trag an und die Le­gi­ti­ma­ti­on für die Recht­spre­chung ver­bun­den, be­ste­hen­de älte­re Ge­set­zes­vor­schrif­ten „AGG-kon­form“ zu verändern. Me­tho­disch han­delt es sich da­bei um ei­nen An­wen­dungs­fall der Kol­li­si­ons­re­gel, dass das jünge­re Ge­setz das ihm in­halt­lich wi­der­spre­chen­de älte­re Ge­setz ver­drängt („lex pos­te­ri­or de­ro­gat le­gi an­te­rio­ri.“).

Folgt man die­sen Über­le­gun­gen, gilt § 622 Abs.2 Satz 2 BGB be­reits bei rich­ti­ger An­wen­dung des deut­schen Ar­beits­rechts nicht mehr, da die­se Vor­schrift von den mit ihr un­ver­ein­ba­ren, später er­las­se­nen und da­mit vor­ran­gi­gen Re­ge­lun­gen des AGG ver­drängt wur­de. So­mit ist sie nicht an­zu­wen­den und da­her auch nicht ent­schei­dungs­er­heb­lich. Ei­ner Vor­la­ge an den EuGH be­durf­te es folg­lich nicht.

Wie auch im­mer man zu der Streit­fra­ge steht: Ar­beit­ge­ber soll­ten sich vor­sichts­hal­ber dar­auf ein­stel­len, dass die Ar­beits­ge­rich­te die für jünge­re Ar­beit­neh­mer nach­tei­li­ge Aus­nah­me­vor­schrift des § 622 Abs.2 Satz 2 BGB künf­tig nicht mehr an­wen­den wer­den.

Nähe­re In­for­ma­tio­nen fin­den Sie hier:

Hin­weis: In der Zwi­schen­zeit, d.h. nach Er­stel­lung die­ses Ar­ti­kels, hat der Eu­ropäische Ge­richts­hof (EuGH) über den Vor­la­ge­be­schluss des LAG Düssel­dorf ent­schie­den und bestätigt, dass ei­ne Re­ge­lung von der Art, wie sie in § 622 Abs.2 Satz 2 BGB ent­hal­ten ist, ein un­zulässi­ge Al­ters­dis­kri­mi­nie­rung jünge­rer Ar­beit­neh­mer dar­stellt. Die EuGH-Ent­schei­dung und ei­ne Kom­men­tie­rung fin­den Sie hier:

Letzte Überarbeitung: 18. September 2014

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