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ARBEITSRECHT AKTUELL // 12/010

CG­ZP-Ta­rif­fä­hig­keit

LAG Ber­lin-Bran­den­burg ver­neint Ta­rif­fä­hig­keit der CG­ZP auch für 2004, 2006 und 2008: Lan­des­ar­beits­ge­richt Ber­lin-Bran­den­burg, Be­schluss vom 09.01.2012, 24 TaBV 1285/11
Hammer für Auktion oder Gerichtssaal Die CG­ZP durf­te kei­ne Ta­rif­ver­trä­ge ab­schlie­ßen

10.01.2012. Leih­ar­bei­ter kön­nen die­sel­be Be­zah­lung ver­lan­gen wie ver­gleich­ba­re Ar­beit­neh­mer im Ent­lei­her­be­trieb ("equal pay") - falls das nicht in ei­nem Ta­rif­ver­trag an­ders ge­re­gelt ist (§ 9 Nr.2 Ar­beit­neh­mer­über­las­sungs­ge­setz - AÜG). Sol­che Ab­wei­chun­gen vom Grund­satz des "equal pay" se­hen vor al­lem die Ta­rif­ver­trä­ge der Ta­rif­ge­mein­schaft Christ­li­cher Ge­werk­schaf­ten für Zeit­ar­beit und Per­so­nal­ser­vice­agen­tu­ren (CG­ZP) vor.

Aber die­se Bil­lig-Ta­rif­ver­trä­ge der CG­ZP sind so ar­beit­ge­ber­freund­lich, dass sich fragt, ob die CG­ZP über­haupt ei­ne Ge­werk­schaft ist oder ein Ar­beit­ge­ber-U-Boot mit dem Auf­trag, Schein-Ta­rif­ver­trä­ge al­lein zu dem Zweck in die Welt zu set­zen, um den Equal-pay-Grund­satz zu um­ge­hen. Die­se Fest­stel­lung hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG) zwar En­de 2010 in sei­ner CG­ZP-Ent­schei­dung nicht ge­trof­fen (BAG, Be­schluss vom 14.12.2010, 1 ABR 19/10), aber im­mer­hin ent­schie­den, dass die CG­ZP aus for­mal­ju­ris­ti­schen Grün­den im De­zem­ber 2009 und da­nach ta­rif­un­fä­hig war.

Aber wie steht es mit der Ta­rif­fä­hig­keit der CG­ZP in den Jah­ren da­vor? Da­zu hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt (LAG) Ber­lin-Bran­den­burg ges­tern ei­ne wich­ti­ge Ent­schei­dung ge­trof­fen: LAG Ber­lin-Bran­den­burg, Be­schluss vom 09.01.2012, 24 TaBV 1285/11.

Ta­riffähig­keit der CG­ZP - was ist mit den Jah­ren 2004 bis 2009?

Mit sei­nem o.g. Be­schluss vom 14.12.2010 hat­te das BAG über die Anträge zu ent­schei­den, die in die­sem Pro­zess ge­stellt wor­den wa­ren, u.a. von der Ge­werk­schaft ver.di. Die­se Anträge wa­ren nicht auf die Ver­gan­gen­heit be­zo­gen und wur­den vor dem LAG Ber­lin-Bran­den­burg am 07.12.2009 ge­stellt. Folg­lich spricht al­les dafür, dass die BAG-Ent­schei­dung vom 14.12.2010 die feh­len­de Ta­riffähig­keit der CG­ZP nur für die Zeit ab dem 07.12.2009 rechts­ver­bind­lich fest­ge­stellt hat. Denn Ge­rich­te sind im All­ge­mei­nen nicht da­zu be­fugt, in ih­ren Ent­schei­dun­gen über die Anträge der Kläger bzw. An­trag­stel­ler hin­aus­zu­ge­hen.

Nach­dem die­ses Pro­blem zum Jah­res­wech­sel 2010 / 2011 zu Ta­ge ge­tre­ten war, wur­den neue Ge­richts­ver­fah­ren ge­gen die CG­ZP an­ge­strengt, dies­mal mit dem Ziel der ge­richt­li­chen Fest­stel­lung, dass die CG­ZP auch schon in der Zeit vor De­zem­ber 2009 ta­rif­unfähig war. Ei­nem sol­chen An­trag gab das Ar­beits­ge­richt Ber­lin im Mai 2011 statt, d.h. es stellt die Ta­rif­unfähig­keit der CG­ZP für die Jah­re 2004, 2006 und 2008 fest (Be­schluss vom 30.05.2011, 29 BV 13947/10 - wir be­rich­te­ten in: Ar­beits­recht ak­tu­ell 11/105 CG­ZP war auch in der Ver­gan­gen­heit nicht ta­riffähig). Ge­gen die­sen Be­schluss ging die CG­ZP in Be­schwer­de zum LAG Ber­lin-Bran­den­burg, das über die Be­schwer­de ges­tern ent­schie­den hat.

LAG Ber­lin-Bran­den­burg: Die CG­ZP war auch 2004, 2006 und 2008 ta­rif­unfähig

Wie be­reits das Ar­beits­ge­richt Ber­lin hat nun­mehr auch das LAG ent­schie­den, dass die CG­ZP am 29.11.2004, am 19.06.2006 und am 09.07.2008 kei­ne Ta­rif­verträge ab­sch­ließen konn­te. War die CG­ZP aber zu die­sen Zeit­punk­ten ta­rif­unfähig, sind auch die zu die­sen Zeit­punk­ten ab­ge­schlos­se­nen Ta­rif­verträge un­wirk­sam. Wie schon zu­vor das Ar­beits­ge­richt, so hat sich nun­mehr auch das LAG der form­la­ju­ris­ti­schen Be­gründung des BAG vom De­zem­ber 2010 an­ge­schlos­sen.

Ob­wohl das LAG die Rechts­be­schwer­de zum BAG nicht zu­ge­las­sen hat, ist die LAG-Ent­schei­dung noch nicht rechts­kräftig, son­dern erst nach Ab­lauf der Frist für die Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de bzw. nach Zurück­wei­sung ei­ner Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de (die die CG­ZP si­cher­lich ein­le­gen wird). Im Er­geb­nis ist mit der Rechts­kraft der LAG-Ent­schei­dung vor­aus­sicht­lich erst Mit­te bis En­de 2012 zu rech­nen.

Fa­zit: Für Leih­ar­beits­fir­men, die in den Jah­ren 2004 bis 2009 die Schein-Ta­rif­verträge der CG­ZP an­ge­wandt ha­ben, wird es im­mer en­ger. Ih­re Ar­beit­neh­mer können für die­se Jah­re rück­wir­kend den glei­chen Lohn wie ver­gleich­ba­re Ar­beit­neh­mer des Ent­lei­hers. Zwar sind die Dif­fe­renz­lohn­ansprüche für die Jah­re 2004 bis 2008 mitt­ler­wei­le verjährt. Im­mer­hin bleibt aber 2009. Und für die Kran­ken­kas­sen, die rückständi­ge So­zi­al­ab­ge­ben auf der Grund­la­ge der (nicht ge­zahl­ten, aber ge­schul­de­ten) Equal-Pay-Löhne ver­lan­gen können, gilt die dreijähri­ge Verjährung oh­ne­hin nicht.

Nähe­re In­for­ma­tio­nen fin­den Sie hier:

Hin­weis: In der Zwi­schen­zeit, d.h. nach Er­stel­lung die­ses Ar­ti­kels, hat das Ge­richt sei­ne Ent­schei­dungs­gründe schrift­lich ab­ge­fasst und veröffent­licht. Die Ent­schei­dungs­gründe im Voll­text fin­den Sie hier:

Letzte Überarbeitung: 4. Januar 2017

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