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BAG, Ur­teil vom 19.02.2008, 3 AZR 743/05

   
Schlagworte: Betriebliche Altersversorgung, Betriebsrente, Gesamtversorgungszusage
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 3 AZR 743/05
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 19.02.2008
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Köln, Urteil vom 22.10.2004, 2 Ca 5055/04
Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 16.11.2005, 12 Sa 1558/04
   


BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT


3 AZR 743/05
12 Sa 1558/04
Lan­des­ar­beits­ge­richt

Köln

 

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am

19. Fe­bru­ar 2008

UR­TEIL

Kauf­hold, Ur­kunds­be­am­tin

der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Be­klag­te, Be­ru­fungskläge­rin und Re­vi­si­onskläge­rin,

pp.

Kläger, Be­ru­fungs­be­klag­ter und Re­vi­si­ons­be­klag­ter,

hat der Drit­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf Grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 19. Fe­bru­ar 2008 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Dr. Rei­ne­cke, den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Dr. Zwan­zi­ger, die Rich­te­rin am Bun­des­ar­beits­ge­richt Dr. Schlewing so­wie die
 


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eh­ren­amt­li­che Rich­te­rin Sey­both und den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Stem­mer für Recht er­kannt:

1. Die Re­vi­si­on der Be­klag­ten ge­gen das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Köln vom 16. Sep­tem­ber 2005 - 12 Sa 1558/04 - wird zurück­ge­wie­sen.

2. Die Be­klag­te hat die Kos­ten der Re­vi­si­on zu tra­gen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten über die Höhe der dem Kläger zu­ste­hen­den Be­triebs­ren­te.

Der T e. V. gewähr­te sei­nen Ar­beit­neh­mern be­reits seit den fünf­zi­ger Jah­ren des letz­ten Jahr­hun­derts ei­ne Ge­samt­ver­sor­gung mit ei­ner sog. Ge­samt­ren­ten­fort­schrei­bung. Da­nach wur­de das ru­he­geldfähi­ge Ein­kom­men des je­wei­li­gen Ru­he­geld­empfängers nach Maßga­be des An­stiegs der Ta­bel­len der Lan­des­be­sol­dungs­ord­nung Nord­rhein-West­fa­len fort­ge­schrie­ben. Hier­aus wur­de un­ter Zu­grun­de­le­gung der in­di­vi­du­el­len Da­ten jähr­lich neu der Be­trag der Ge­samt­ver­sor­gung er­rech­net. Auf den so er­mit­tel­ten Be­trag wur­de der an­rech­nungsfähi­ge Teil der ak­tu­el­len in­di­vi­du­el­len So­zi­al­ver­si­che­rungs­ren­te an­ge­rech­net.

Am 1. Ju­li 1976 trat die mit dem Ge­samt­be­triebs­rat ge­schlos­se­ne „Be­triebs­ver­ein­ba­rung über die Al­ters­ver­sor­gung“ (im Fol­gen­den: BV 1976) in Kraft. Dar­in heißt es ua.:

4. Ru­he­ge­halt
Das Ru­he­ge­halt wird auf der Grund­la­ge der an-rech­nungsfähi­gen Dienst­zeit und der ru­he­ge­haltfähi­gen Dienst­bezüge be­rech­net.
...


6. Ru­he­ge­haltfähi­ge Dienst­bezüge

6.1 Ru­he­ge­haltfähi­ge Dienst­bezüge sind
 


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- das Grund­ge­halt, das dem Mit­ar­bei­ter un­mit­tel­bar vor Ein­tritt des Ver­sor­gungs­fal­les ge­zahlt wur­de, oder die die­sem ent­spre­chen­den Bezüge,

- der Orts­zu­schlag,

- sons­ti­ge für ru­he­ge­haltfähig erklärte Zu­la­gen.

6.2 Grund­la­ge sind da­bei die je­weils gülti­gen Grund-ge­halts- und Orts­zu­schlags­beträge un­ter Berück­sich­ti­gung der ent­spre­chen­den Ein­tei­lung der Be­sol­dungs­grup­pen und Dienst­al­ters-/Orts­zu­schlags­stu­fen für Be­am­te des Lan­des NRW.

7. Höhe des Ru­he­ge­halts

7.1 Das Ru­he­ge­halt beträgt nach Voll­endung ei­ner 10jähri­gen an­rech­nungsfähi­gen Dienst­zeit fünf­und­dreißig vom Hun­dert und steigt mit je­dem wei­te­ren Dienst­jahr bis zum voll­ende­ten fünf­und­zwan­zigs­ten Dienst­jahr um zwei vom Hun­dert,
von da ab um eins vom Hun­dert der ru­he­ge­haltfähi­gen Dienst­bezüge bis zum Höchst­satz von fünf­und­sieb­zig vom Hun­dert.

...

8. An­rech­nung an­de­rer Ver­sor­gungs­bezüge

8.1 Auf die be­trieb­li­chen Ver­sor­gungs­leis­tun­gen wer­den an­ge­rech­net:

a) der An­teil von Ren­ten aus den ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­run­gen bzw. Leis­tun­gen aus Be­frei­ungs­ver­si­che­run­gen, für die der T die Beiträge ge­zahlt hat und so­weit der Ren­ten­an­teil auf die an­rech­nungsfähi­ge Dienst­zeit, höchs­tens 35 Jah­re, entfällt;

b) die Hälf­te der Ren­ten aus den ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­run­gen bzw. Leis­tun­gen aus Be­frei­ungs­ver­si­che­run­gen, so­weit sie nicht auf frei­wil­li­gen Wei­ter- oder Höher­ver­si­che­rungs­beiträgen des Ver­sor­gungs­empfängers be­ru­hen und so­weit sie nicht nach

a) voll an­zu­rech­nen sind;

c) die Hälf­te von Ver­sor­gungs­bezügen auf­grund un­ver­fall­ba­rer An­wart­schaft aus frühe­ren Beschäfti­gungs­verhält­nis­sen.
 


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...


12. Weih­nachts­geld
Ver­sor­gungs­empfänger er­hal­ten ein Weih­nachts­geld in Höhe ih­rer Brut­to­ver­sor­gungs­bezüge des Mo­nats No­vem­ber. Hier­von aus­ge­nom­men sind Ver­sor­gungs­empfänger, de­ren Ver­sor­gungs­bezüge sich auf­grund ei­ner un­ver­fall­ba­ren An­wart­schaft gemäß Zif­fer 11 er­ge­ben.


...

17. Leis­tungs­si­che­rung und -vor­be­hal­te

...

17.2 Der T behält sich vor, die zu­ge­sag­ten Leis­tun­gen zu kürzen oder ein­zu­stel­len, wenn

- die wirt­schaft­li­che La­ge des T sich nach­hal­tig so we­sent­lich ver­schlech­tert hat, daß ihm ei­ne Auf­recht­er­hal­tung der zu­ge­sag­ten Leis­tun­gen nicht mehr zu­ge­mu­tet wer­den kann, oder

- der Per­so­nen­kreis, die Beiträge, die Leis­tun­gen oder das Pen­sio­nie­rungs­al­ter bei der ge­setz­li­chen So­zi­al­ver­si­che­rung oder an­de­ren Ver­sor­gungs­ein­rich­tun­gen mit Rechts­an­spruch sich we­sent­lich ändern, oder

- die recht­li­che, ins­be­son­de­re die steu­er­recht­li­che Be­hand­lung der Auf­wen­dun­gen, die zur planmäßigen Fi­nan­zie­rung der Ver­sor­gungs­leis­tun­gen des T ge­macht wer­den oder ge­macht wor­den sind, sich so we­sent­lich ändert, daß dem T die Auf­recht­er­hal­tung der zu­ge­sag­ten Leis­tun­gen nicht mehr zu­ge­mu­tet wer­den kann,
oder

- der Ver­sor­gungs­be­rech­tig­te straf­ba­re Hand­lun­gen be­geht, die in gro­ber Wei­se ge­gen Treu und Glau­ben ver­s­toßen.“

In der BV 1976 war die Ge­samt­ren­ten­fort­schrei­bung zwar nicht aus­drück­lich fest­ge­schrie­ben wor­den, sie wur­de je­doch tatsächlich stets wei­ter prak­ti­ziert. Nach­dem die BV 1976 mit Wir­kung vom 31. Ju­li 1992 gekündigt
 


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wor­den war, schlos­sen der T e. V. und der Ge­samt­be­triebs­rat un­ter dem 4. Ju­ni 1993 ei­ne neue „Be­triebs­ver­ein­ba­rung zur Re­ge­lung der be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung“ (im Fol­gen­den: BV 1993) ab. Dar­in heißt es, so­weit für den vor-lie­gen­den Rechts­streit von Be­deu­tung:


Präam­bel
...
Aus die­sem Grun­de hal­ten es die Par­tei­en für sach­ge­recht, die nach­fol­gen­den Mo­di­fi­ka­tio­nen an der Be­triebs­ver­ein­ba­rung über die Al­ters­ver­sor­gung vom 25.6.1976 aus­zu­rich­ten. ...

Ar­ti­kel 2 - Mo­di­fi­ka­tio­nen

...


§ 2 - zu Punkt 6


Punkt 6.2 wird wie folgt neu ge­faßt:

’Grund­la­ge für die erst­ma­lig zu er­mit­teln­den ru­he­ge­halts-fähi­gen Dienst­bezüge eben­so wie für die lau­fen­den, zeit­gleich an­zu­pas­sen­den Ver­sor­gungs­bezüge sind die je­weils gülti­gen Grund­ge­halts- und Orts­zu­schlags­beträge un­ter Berück­sich­ti­gung der ent­spre­chen­den Ein­tei­lung der Be­sol­dungs­grup­pen und Dienst­al­ters-/Orts­zu­schlags-stu­fen für Be­am­te des Lan­des NRW.’

§ 3 - zu Punkt 8

(1) Punkt 8.1 a) wird wie folgt geändert:

’a) der An­teil von Ren­ten aus den ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­run­gen bzw. Leis­tun­gen aus Be­frei­ungs­ver­si­che­run­gen, für die der T die Beiträge ge­zahlt hat und so­weit der Ren­ten­an­teil auf die an­rech­nungsfähi­ge Dienst­zeit entfällt, aus­ge­nom­men die Ren­ten­an­tei­le, die auf Zu­rech­nungs­zei­ten nach dem 55. Le­bens­jahr be­ru­hen;’

(2) in Punkt 8.1 wird am En­de fol­gen­der 2. Ab­satz ein­gefügt:

’Bei der An­rech­nung der An­tei­le aus der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung auf die Ge­samt­ver­sor­gung wird auch nach Einführung der im RRG 92 fest­ge­leg­ten Zu­gangs­fak­to­ren (§ 77 SGB VI) mit dem in­di­vi­du­el­len

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Zu­gangs­fak­tor, min­des­tens je­doch mit dem Zu­gangs­fak­tor 1,0 ge­rech­net.’
...


§ 5 - zu Punkt 12

(1) Punkt 12 Satz 1 wird wie folgt ge­faßt:

’Die Ver­sor­gungs­empfänger er­hal­ten ein Weih­nachts­geld in Höhe von 50 % ih­rer Brut­to­ver­sor­gungs­bezüge des Mo­nats No­vem­ber.’
...


Ar­ti­kel 4 - In­kraft­tre­ten

Die­se Be­triebs­ver­ein­ba­rung tritt zum 1. Ju­li 1993 in Kraft.“

Der am 25. Fe­bru­ar 1939 ge­bo­re­ne Kläger war vom 1. Ja­nu­ar 1972 bis zum 30. Sep­tem­ber 1998 zu­letzt für den T R e. V. als Sach­verständi­ger im Be­reich der Kern­tech­nik tätig. Seit dem 1. Ok­to­ber 1999 be­zieht er Al­ters­ren­te we­gen Ar­beits­lo­sig­keit aus der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung und ei­ne Be­triebs­ren­te.

Mit Wir­kung zum Be­ginn des Jah­res 2004 trat die Be­klag­te durch Rechts­nach­fol­ge in die Schuld­ner­stel­lung des T R e. V. ein.

Mit Schrei­ben vom 27. Fe­bru­ar 2004 teil­te die Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten sämt­li­chen Ver­sor­gungs­empfängern, so auch dem Kläger, mit, dass sie be­ab­sich­ti­ge, die lau­fen­de An­pas­sung sei­ner Be­triebs­ren­te neu zu re­geln, und bat den Kläger um ent­spre­chen­de Zu­stim­mung. Die be­ab­sich­tig­te Neu­re­ge­lung be­schrieb die Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten da­bei wie folgt:


„Ih­re der­zei­ti­ge Be­triebs­ren­te (Brut­to-Zahl­be­trag des Un­ter­neh­mens) wird ab 2004 mit dem je­weils ein­ge­tre­te­nen Erhöhungs­pro­zent­satz der Ta­bel­len der Lan­des­be­sol­dungs­ord­nung für Be­am­te des Lan­des Nord­rhein-West­fa­len dy­na­mi­siert. Ei­ne Berück­sich­ti­gung der Verände­run­gen Ih­rer So­zi­al­ver­si­che­rungs­ren­te im Rah­men der Ge­samt­ver­sor­gung er­folgt be­gin­nend mit dem Jahr 2004 nicht mehr.


Ih­re der­zei­ti­ge jähr­li­che Son­der­zu­wen­dung (Brut­to-Zahl­be­trag No­vem­ber 2003) wird be­gin­nend mit dem Jahr 2004 eben­falls mit dem je­weils ein­ge­tre­te­nen Erhöhungs-


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pro­zent­satz der Ta­bel­len der Lan­des­be­sol­dungs­ord­nung dy­na­mi­siert.“

Der Kläger ver­wei­ger­te sei­ne Zu­stim­mung. Des un­ge­ach­tet führ­te die Be­klag­te mit Wir­kung ab dem 1. April 2004 die Neu­re­ge­lung ein. Für den Kläger wirk­te sich die Ände­rung da­hin­ge­hend aus, dass er ab dem 1. April 2004 mo­nat­lich 13,67 Eu­ro we­ni­ger an Be­triebs­ren­te er­hielt.


Der Kläger hat die An­sicht ver­tre­ten, die Be­klag­te sei nicht be­rech­tigt, ein­sei­tig in die Ge­samt­ver­sor­gungs­zu­sa­ge mit Ge­samt­ren­ten­fort­schrei­bung ein­zu­grei­fen. Sie ha­be auch kei­nen An­spruch auf An­pas­sung. Durch die von ihr be­haup­te­ten Mehr­be­las­tun­gen ver­wirk­li­che sich le­dig­lich ein ge­samt­ver­sor­gungs­ty­pi­sches Ri­si­ko. Selbst bei Zu­grun­de­le­gung der von der Be­klag­ten er­mit­tel­ten Mehr­be­las­tun­gen lie­ge ei­ne Äqui­va­lenzstörung nicht vor. Eben­so feh­le es an ei­ner Zweck­ver­feh­lung. Ein Gleich­lauf der Ent­wick­lung der Ak­ti­ven­bezüge und der Be­triebs­ren­te sei nicht zur Geschäfts­grund­la­ge der Ge­samt­ver­sor­gungs­zu­sa­ge ge­macht wor­den.

Der Kläger hat zu­letzt be­an­tragt,

die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an ihn 41,01 Eu­ro brut­to nebst 5 % Zin­sen über dem Ba­sis­zins­satz aus 13,67 Eu­ro je­weils zum Ers­ten ei­nes Mo­nats be­gin­nend mit dem 1. April 2004 und en­dend mit dem 1. Ju­ni 2004 zu zah­len.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen. Sie hat die An­sicht ver­tre­ten, sie sei un­ter dem Ge­sichts­punkt des Weg­falls der Geschäfts­grund­la­ge be­rech­tigt, die bis­he­ri­ge Ge­samt­ren­ten­fort­schrei­bung durch ein an­de­res Dy­na­mi­sie­rungs­ver­fah­ren zu er­set­zen. Zum ei­nen lie­ge ei­ne Zweckstörung vor. Ziel der Ge­samt­ren­ten­fort­schrei­bung sei es ge­we­sen, den Ver­sor­gungs­empfängern den Le­bens­stan­dard zu si­chern, den sie als ak­ti­ve Ar­beit­neh­mer in ih­rem Be­rufs­le­ben er­wor­ben hätten. Da­bei sei ein Gleich­lauf zwi­schen der Erhöhung der Ak­ti­ven­vergütung und der Erhöhung der Be­triebs­ren­ten zur Geschäfts­grund­la­ge ge­macht wor­den. Fer­ner lie­ge ei­ne Äqui­va­lenzstörung vor. In­fol­ge der Ge­set­zesände­run­gen im Be­reich des So­zi­al­ver­si­che­rungs­rechts wer­de der Do­tie­rungs­rah­men, der ursprüng­lich zu­grun­de ge­legt wor­den sei,

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nun­mehr in ei­nem Maße über­schrit­ten, das ei­ne An­pas­sung not­wen­dig ma­che. Aus­weis­lich des von der T Group in Auf­trag ge­ge­be­nen Gut­ach­tens der Un­ter­neh­mens­be­ra­tung für Ver­sor­gung und Vergütung, H GmbH, von De­zem­ber 2004 über die „Aus­wir­kung der Ände­run­gen in der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung auf die be­trieb­li­chen Ver­sor­gungs­ver­pflich­tun­gen“ be­lau­fe sich der Bar­wert der Pen­si­ons­ver­pflich­tung zum Stich­tag 31. De­zem­ber 2003 un­ter Berück­sich­ti­gung der Ge­set­zes­la­ge zum Zeit­punkt des je­wei­li­gen Ein­tritts sämt­li­cher Pen­si­onäre der T Group in das Ar­beits­verhält­nis auf 193.100.913,00 Eu­ro und der Bar­wert der Pen­si­ons­ver­pflich­tun­gen zum sel­ben Stich­tag un­ter Berück­sich­ti­gung der Ge­set­zes­la­ge En­de 2003 auf 256.440.375,00 Eu­ro. Dies be­inhal­te ei­ne Dif­fe­renz von 63,3 Mio. Eu­ro, dh. der ursprüng­lich fest­ge­leg­te Do­tie­rungs­rah­men wer­de um 32,8 % über­schrit­ten. Zu­dem sei­en die Wir­kun­gen zu berück­sich­ti­gen, die sich in Zu­kunft ergäben. In­so­weit sei der Bar­wert­ver­gleich zu ergänzen. Hier sei­en wei­te­re 11,5 % in An­satz zu brin­gen.


Das Ar­beits­ge­richt hat der Kla­ge statt­ge­ge­ben. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Be­ru­fung der Be­klag­ten zurück­ge­wie­sen. Mit ih­rer Re­vi­si­on ver­folgt die Be­klag­te ihr Ziel der Kla­ge­ab­wei­sung wei­ter.

Ent­schei­dungs­gründe

Die zulässi­ge Re­vi­si­on der Be­klag­ten ist nicht be­gründet. Die Vor­in­stan­zen ha­ben der zulässi­gen Kla­ge zu Recht statt­ge­ge­ben. Die Be­klag­te kann ei­ne An­pas­sung der Ver­sor­gungs­zu­sa­gen we­gen Störung der Geschäfts­grund­la­ge (§ 313 Abs. 1 BGB) nicht ver­lan­gen.


A. Der An­wen­dung des § 313 BGB steht nicht ent­ge­gen, dass so­wohl die BV 1976 als auch die BV 1993 un­ter Ziff. 17.2 ei­nen Vor­be­halt nach dem Mus­ter in R 6a. Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 Buchst. b EStR 2005 (zu­vor: Ab­schn. 41 Abs. 4 Nr. 2 EStR) ent­hal­ten, der ei­ne Kürzung oder Ein­stel­lung der Ver­sor­gungs­bezüge ua. dann ermöglicht, falls der Per­so­nen­kreis, die Beiträge, die
 


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Leis­tun­gen oder das Pen­sio­nie­rungs­al­ter bei der ge­setz­li­chen So­zi­al­ver­si­che­rung oder an­de­ren Ver­si­che­rungs­ein­rich­tun­gen mit Rechts­an­spruch sich we­sent­lich ändern. Nach ständi­ger Recht­spre­chung des Se­nats drückt die­ser sog. steue­r­unschädli­che Vor­be­halt nur klar­stel­lend aus, was von Rechts we­gen oh­ne­hin gilt. Er wirkt des­halb nur de­kla­ra­to­risch und be­gründet kein ei­genständi­ges Wi­der­rufs­recht (8. Ju­li 1972 - 3 AZR 481/71 - AP BGB § 242 Ru­he­ge­halt Nr. 157 = EzA BGB § 242 Ru­he­geld Nr. 15, zu III 1 a der Gründe; 26. April 1988 - 3 AZR 277/87 - BA­GE 58, 167, zu II a der Gründe; 17. Ju­ni 2003 - 3 AZR 396/02 - BA­GE 106, 327, zu B II 3 c der Gründe), das ei­nen Rück­griff auf § 313 BGB sper­ren könn­te.

B. Die Be­klag­te kann nicht nach § 313 Abs. 1 BGB An­pas­sung der Ver­sor­gungs­zu­sa­gen ver­lan­gen. Die Geschäfts­grund­la­ge ist nicht gestört.

I. Nach ständi­ger Recht­spre­chung des Se­nats kann sich ei­ne Be­fug­nis zur An­pas­sung ei­nes Ver­sor­gungs­werks we­gen Störung der Geschäfts­grund­la­ge dann er­ge­ben, wenn sich die zu­grun­de ge­leg­te Rechts­la­ge nach Schaf­fung des Ver­sor­gungs­werks we­sent­lich und un­er­war­tet geändert und dies beim Ar­beit­ge­ber zu er­heb­li­chen Mehr­be­las­tun­gen geführt hat (Äqui­va­lenzstörung). So kann durch Ände­run­gen des Steu­er- und So­zi­al­ver­si­che­rungs­rechts nach Schaf­fung des Ver­sor­gungs­werks der ursprüng­lich zu­grun­de ge­leg­te Do­tie­rungs­rah­men ganz we­sent­lich über­schrit­ten wer­den. Da­bei braucht es sich nicht um ei­nen ein­zi­gen ge­setz­ge­be­ri­schen Ein­griff zu han­deln; die Geschäfts­grund­la­ge kann auch durch ei­ne Viel­zahl von in die­sem Um­fang und mit die­sen Kon­se­quen­zen nicht vor­her­seh­ba­ren Ver­schie­bun­gen gestört wer­den (23. Sep­tem­ber 1997 - 3 ABR 85/96 - BA­GE 86, 312 mwN, zu B II 3 a der Gründe; 25. Ju­li 2000 - 3 AZR 292/99 - Be­trAV 2003, 466 mwN, zu II 1 der Gründe).

Da­ne­ben oder im Zu­sam­men­hang da­mit kann es auch da­durch zu ei­ner Störung der Geschäfts­grund­la­ge kom­men, dass auf Grund von Ge­set­zesände­run­gen der für den Ar­beit­neh­mer bei Er­tei­lung der Ver­sor­gungs­zu­sa­ge er­kenn­bar ver­folg­te Ver­sor­gungs­zweck nun­mehr ver­fehlt wird (Zweck­ver­feh­lung). Dies nimmt das Bun­des­ar­beits­ge­richt in ständi­ger Recht­spre­chung an,
 


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wenn die un­veränder­te An­wen­dung der Ver­sor­gungs­zu­sa­ge zu ei­ner ge­genüber dem ursprüng­li­chen Ver­sor­gungs­ziel plan­wid­rig ein­tre­ten­den Über­ver­sor­gung führen würde (23. Sep­tem­ber 1997 - 3 ABR 85/96 - BA­GE 86, 312 mwN, zu B II 3 a der Gründe; 25. Ju­li 2000 - 3 AZR 292/99 - Be­trAV 2003, 466 mwN, zu II 1 der Gründe).

II. Ei­ne Störung der Geschäfts­grund­la­ge un­ter dem Ge­sichts­punkt der Zweck­ver­feh­lung liegt nicht vor.

Die Be­klag­te hat sich nicht auf Über­ver­sor­gung be­ru­fen, son­dern vor­ge­tra­gen, es sei auch Geschäfts­grund­la­ge der Ge­samt­ren­ten­fort­schrei­bung ge­we­sen, dass sich die Ge­samt­ver­sor­gung und das So­zi­al­ver­si­che­rungs­recht und da­mit auch die Be­triebs­ren­te in glei­cher oder ähn­li­cher Wei­se ent­wi­ckeln würden. Es kann da­hin­ge­stellt blei­ben, ob es sich da­bei über­haupt um ei­nen Fall der Zweck­ver­feh­lung han­deln würde, oder ob da­mit nicht le­dig­lich gel­tend ge­macht wird, ei­ne Äqui­va­lenzstörung lie­ge schon bei ei­nem ge­rin­ge­ren Grad der Über­schrei­tung des Do­tie­rungs­rah­mens vor.

Un­abhängig da­von gibt es kei­ne An­halts­punk­te dafür, dass ein un­gefährer Gleich­lauf der Ent­wick­lung der Be­zugs­größen Geschäfts­grund­la­ge war. Bei ei­ner Ge­samt­ver­sor­gung ge­hen die Par­tei­en ge­ra­de da­von aus, dass sich die ein­zel­nen Be­mes­sungs­grund­la­gen verändern können. Vor die­sem Hin­ter­grund ver­spricht der Ar­beit­ge­ber dem Ar­beit­neh­mer, ihm ei­ne Ver­sor­gung in Höhe ei­nes be­stimm­ten Pro­zent­sat­zes sei­nes ru­he­ge­haltsfähi­gen Ein­kom­mens zu si­chern, und dies un­abhängig von et­wai­gen Ände­run­gen im So­zi­al­ver­si­che­rungs- und Steu­er­recht.

III. Auch ei­ne Äqui­va­lenzstörung liegt nicht vor.

1. Bei Ge­samt­ver­sor­gungs­zu­sa­gen kann ei­ne An­pas­sung we­gen Äqui­va­lenzstörung nur dann ver­langt wer­den, wenn der ursprüng­li­che Do­tie­rungs­rah­men auf Grund von Ände­run­gen der Rechts­la­ge um mehr als 50 % über­schrit­ten wird. Bei kol­lek­ti­ven Ge­samt­zu­sa­gen ist auf die Ent­wick­lung der wirt­schaft­li­chen Be­las­tung in dem Zeit­raum zwi­schen der Schaf­fung des Ver­sor­gungs­sys­tems und dem Zeit­punkt, zu dem ei­ne An­pas­sung ver­langt wird,

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ab­zu­stel­len. Dies ist grundsätz­lich un­ter­neh­mens­be­zo­gen an­hand ei­nes Bar­wert­ver­gleichs fest­zu­stel­len.

a) Die bei Schaf­fung des Ver­sor­gungs­werks zu­grun­de ge­leg­te Be­las­tung muss um mehr als 50 % über­schrit­ten sein. Nur dann kann dem Ar­beit­ge­ber ein Fest­hal­ten an der ursprüng­li­chen Zu­sa­ge nicht mehr zu­ge­mu­tet wer­den.

Zwar hat der Se­nat mit Ur­teil vom 30. März 1973 (- 3 AZR 26/72 - BA­GE 25, 146, zu B II 4 a der Gründe), al­so noch vor In­kraft­tre­ten des Be­trAVG, ent­schie­den, dass ei­ne Ver­teue­rung der Le­bens­hal­tungs­kos­ten von über 40 % zu ei­nem der­ar­ti­gen Miss­verhält­nis des Wer­tes der Pen­si­on führe ge­genüber dem, was ursprüng­lich ver­spro­chen wor­den war, dass die Ver­wei­ge­rung ei­nes je­den Aus­gleichs das Ge­rech­tig­keits­emp­fin­den in un­erträgli­cher Wei­se ver­let­ze. In ei­nem sol­chen Fall ha­be der Ar­beit­ge­ber des­halb mit dem Pen­si­onär über ei­ne An­glei­chung der Ver­sor­gung zu ver­han­deln. Die­se „Op­fer­gren­ze“ von 40 % lässt sich je­doch nicht auf Fälle wie den vor­lie­gen­den über­tra­gen, in de­nen der Ar­beit­ge­ber ei­ne Ge­samt­ver­sor­gung ver­spro­chen hat und nun­mehr we­gen Ände­run­gen im So­zi­al­ver­si­che­rungs­recht, die sich zu sei­nen Las­ten aus­wir­ken, die ursprüng­li­che Zu­sa­ge an­pas­sen will.


Zu­sa­gen, die Be­triebs­ren­ten im Rah­men ei­ner Ge­samt­ver­sor­gung an die Ent­wick­lung der Einkünf­te ak­ti­ver Ar­beit­neh­mer an­bin­den, sind ganz er­heb­li­chen Un­si­cher­hei­ten aus­ge­setzt. Zur Zeit der Schaf­fung des Ver­sor­gungs­werks ist nicht nur die all­ge­mei­ne Vergütungs­ent­wick­lung un­ge­wiss; Ge­samt­ver­sor­gungs­sys­te­me hängen not­wen­di­ger­wei­se von der Ent­wick­lung der So­zi­al­ge­setz­ge­bung ab, so dass auch die Höhe der an­re­chen­ba­ren Leis­tun­gen der ge­setz­li­chen So­zi­al­ver­si­che­rung Schwan­kun­gen und so­zi­al­po­li­ti­schen Unwägbar­kei­ten un­ter­liegt (vgl. BAG 9. Ju­li 1985 - 3 AZR 546/82 - AP Be­trAVG § 1 Ablösung Nr. 6 = EzA Be­trAVG § 1 Nr. 37, zu I 2 b (1) der Gründe; 17. März 1987 - 3 AZR 64/84 - BA­GE 54, 261, zu II 3 c (3) der Gründe). Da­bei können sich die Be­rech­nungs­fak­to­ren der Be­triebs­ren­te so­wohl zu Guns­ten als auch zu Las­ten des Ar­beit­ge­bers bzw. Rent­ners verändern. Vor die­sem Hin­ter­grund bringt ein Ar­beit­ge­ber, der ei­ne be­trieb­li­che Al­ters­ver­sor­gung zu­sagt, die von der­art un­ge­wis­sen Fak­to­ren abhängen soll, zu­gleich zum Aus­druck, dass er


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des un­ge­ach­tet für ein be­stimm­tes Ver­sor­gungs­ni­veau ein­ste­hen will. Dies stellt die Über­nah­me ei­nes ge­stei­ger­ten Ri­si­kos dar und kommt ei­nem Ga­ran­tie­ver­spre­chen sehr na­he. Hier­von kann der Ar­beit­ge­ber sich nur un­ter be­son­ders stren­gen Vor­aus­set­zun­gen lösen. Wird die bei Schaf­fung des Ver­sor­gungs­werks zu­grun­de ge­leg­te Be­las­tung al­ler­dings um mehr als 50 % über­schrit­ten, so ist das Gleich­ge­wicht von Leis­tung und Ge­gen­leis­tung so stark gestört, dass die Gren­ze des vom Ar­beit­ge­ber mit der Ge­samt­ver­sor­gungs­zu­sa­ge über­nom­me­nen Ri­si­kos eben­falls über­schrit­ten und sein In­ter­es­se auch nicht mehr annähernd ge­wahrt ist.


Die­ser Maßstab wird auch nicht durch die Auf­nah­me des sog. steue­r­unschädli­chen Vor­be­halts in die BV 1976 und BV 1993 mo­di­fi­ziert. Wie un­ter A der Gründe be­reits aus­geführt, hat die­ser Vor­be­halt nach der Recht­spre­chung des Se­nats le­dig­lich de­kla­ra­to­ri­sche Wir­kung. Er hat dem­nach nicht zur Fol­ge, dass die Ri­si­ken nun­mehr aus­ge­wo­gen auf bei­de Sei­ten, nämlich den Ar­beit­ge­ber auf der ei­nen Sei­te und die Be­triebs­rent­ner auf der an­de­ren Sei­te, ver­teilt wären. An dem ge­stei­ger­ten Ri­si­ko auf Sei­ten der Be­klag­ten hat er nichts geändert.


b) Bei kol­lek­ti­ven Ge­samt­zu­sa­gen ist auf die Ent­wick­lung der wirt­schaft­li­chen Be­las­tung in dem Zeit­raum zwi­schen der Schaf­fung des Ver­sor­gungs­sys­tems und dem Zeit­punkt, zu dem ei­ne An­pas­sung ver­langt wird, ab­zu­stel­len. Ent­ge­gen der Rechts­auf­fas­sung der Be­klag­ten kommt es da­mit nicht auf den Be­ginn der ein­zel­nen Ar­beits­verhält­nis­se der nun­meh­ri­gen Be­triebs­rent­ner an. Zwar ist für die Fest­stel­lung, ob der vom Ar­beit­ge­ber bei der Zu­sa­ge zu­grun­de ge­leg­te Do­tie­rungs­rah­men er­heb­lich über­schrit­ten wur­de, grundsätz­lich auf ei­nen Ver­gleich der recht­li­chen und tatsächli­chen Umstände im Zeit­punkt der Ver­sor­gungs­zu­sa­ge ei­ner­seits und de­ren späte­rer Verände­rung an­de­rer­seits ab­zu­stel­len; gibt der Ar­beit­ge­ber je­doch - wie hier - ei­ne kol­lek­ti­ve Ver­sor­gungs­zu­sa­ge ab, so muss auch die Störung der Geschäfts­grund­la­ge in Be­zug auf die Ge­samt­heit der Zu­sa­gen fest­ge­stellt wer­den. Dann ist als der Zeit­punkt der Ver­sor­gungs­zu­sa­ge der Zeit­punkt an­zu­se­hen, in dem das Ver­sor­gungs­werk ge­schaf­fen wur­de; auf den Be­ginn des ein­zel­nen Ar­beits­verhält-
 


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nis­ses kommt es dann nicht an. Dies hat der Se­nat be­reits im Zu­sam­men­hang mit dem Ab­bau ei­ner plan­wid­ri­gen Über­ver­sor­gung ent­schie­den (vgl. 28. Ju­li 1998 - 3 AZR 100/98 - BA­GE 89, 262, zu B I 1 b aa der Gründe). Die­se Erwägun­gen gel­ten auch in Fällen der Äqui­va­lenzstörung, in de­nen gel­tend ge­macht wird, der ursprüng­lich zu­grun­de ge­leg­te Do­tie­rungs­rah­men wer­de er­heb­lich über­schrit­ten. Auch die­se Fra­ge kann nur in Be­zug auf die Ge­samt­heit der Zu­sa­gen be­ant­wor­tet wer­den.

c) Ob der ursprüng­lich zu­grun­de ge­leg­te Do­tie­rungs­rah­men auf Grund von Ände­run­gen der Rechts­la­ge in dem er­for­der­li­chen Maße von 50 % über­schrit­ten wird, ist grundsätz­lich un­ter­neh­mens­be­zo­gen an­hand ei­nes Bar­wert­ver­gleichs fest­zu­stel­len. Da­bei ist die­ser Bar­wert­ver­gleich be­zo­gen auf ei­nen iden­ti­schen Be­wer­tungs­stich­tag, nämlich den An­pas­sungs­stich­tag so­wie be­zo­gen auf ei­nen iden­ti­schen Per­so­nen­be­stand, nämlich die Ge­samt­heit der Rent­ner, die zum An­pas­sungs­stich­tag ei­ne Ver­sor­gung nach den Re­geln erhält, die an­ge­passt wer­den sol­len, durch­zuführen. Maßge­bend sind die Rech­nungs­grund­la­gen und an­er­kann­ten Re­geln der Ver­si­che­rungs­ma­the­ma­tik. Zum Zwe­cke des Bar­wert­ver­gleichs ist der ak­tu­el­le Bar­wert, dh. der Bar­wert der Pen­si­ons­ver­pflich­tun­gen aus dem an­zu­pas­sen­den Ver­sor­gungs­werk nach der Rechts­la­ge zum An­pas­sungs­stich­tag, dem Aus­gangs­bar­wert, dh. dem Bar­wert der Pen­si­ons­ver­pflich­tun­gen aus dem ursprüng­li­chen Ver­sor­gungs­werk nach der bei des­sen Schaf­fung maßgeb­li­chen (ursprüng­li­chen) Rechts­la­ge ge­gen-über­zu­stel­len.


2. Die von der Be­klag­ten gel­tend ge­mach­te Mehr­be­las­tung führt nicht zu ei­ner Störung der Geschäfts­grund­la­ge.

a) Der Se­nat konn­te of­fen­las­sen, ob das Ver­sor­gungs­werk, um des­sen Ände­rung es vor­lie­gend geht, be­reits in den fünf­zi­ger Jah­ren des ver­gan­ge­nen Jahr­hun­derts oder erst durch die BV 1976 ge­schaf­fen wur­de. Je­den­falls ist zur Er­mitt­lung des Do­tie­rungs­rah­mens zum Zeit­punkt der Schaf­fung des Ver­sor­gungs­werks nicht auf den Zeit­punkt des In­kraft­tre­tens der BV 1993 ab­zu­stel­len. Zwar hat­te die Be­klag­te ih­re Be­las­tun­gen be­reits mit der BV 1993 re­du­ziert. Dies be­trifft ins­be­son­de­re die Höhe des Weih­nachts­gel­des und den
 


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Zu­gangs­fak­tor. Da­mit war je­doch ein Sys­tem­wech­sel nicht voll­zo­gen wor­den. Es war bei dem Ge­samt­ver­sor­gungs­sys­tem mit Ge­samt­ren­ten­fort­schrei­bung ge­blie­ben. Nach Wort­laut, In­halt und Auf­bau der BV 1993 han­del­te es sich um „Mo­di­fi­ka­tio­nen“ der BV 1976, die sich an die­ser „aus­rich­te­ten“. Die Ar­beit­neh­mer und Be­triebs­rent­ner konn­ten dar­aus nicht ab­lei­ten, dass die Be­klag­te auf ihr Recht ver­zich­ten woll­te, sich auch für ei­nen Zeit­raum vor dem 1. Ju­li 1993 auf ei­ne Störung der Geschäfts­grund­la­ge zu be­ru­fen. Ein ent­spre­chen­der Ver­trau­en­stat­be­stand konn­te nicht ent­ste­hen (vgl. BAG 28. Ju­li 1998 - 3 AZR 100/98 - BA­GE 89, 262, zu B I 3 b aa (3) der Gründe).


b) Da ei­ne An­pas­sung we­gen Störung der Geschäfts­grund­la­ge grundsätz­lich nur auf Grund bis zum An­pas­sungs­stich­tag be­reits ein­ge­tre­te­ner und nicht we­gen künf­tig zu er­war­ten­der Verände­run­gen ver­langt wer­den kann (vgl. LAG Ber­lin 1. No­vem­ber 2006 - 9 Sa 1084/06 -, zu II 2 a cc der Gründe; Wie­se FS Zöll­ner S. 983, 998), sind von der von der Be­klag­ten ins­ge­samt gel­tend ge­mach­ten Mehr­be­las­tung iHv. 44,3 % le­dig­lich die bis zum An­pas­sungs­stich­tag zu ver­zeich­nen­den 32,8 % berück­sich­ti­gungsfähig. Da­mit wird die „Op­fer­gren­ze“ von mehr als 50 % bei wei­tem un­ter­schrit­ten. Die Be­klag­te hat nicht gel­tend ge­macht, dass sich ein höhe­rer Pro­zent­satz ergäbe, wenn im Hin­blick auf den Aus­gangs­bar­wert nicht auf den Be­ginn der ein­zel­nen Ar­beits­verhält­nis­se, son­dern auf den Zeit­punkt der Schaf­fung des Ver­sor­gungs­sys­tems ab­ge­stellt würde. Dafür lie­gen auch kei­ne An­halts­punk­te vor.


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