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HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

LAG Ba­den-Würt­tem­berg, Ur­teil vom 07.05.2007, 4 Sa 1/07

   
Schlagworte: Kündigung: Fristlos, Meinungsfreiheit, Beleidigung
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Aktenzeichen: 4 Sa 1/07
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 07.05.2007
   
Leitsätze:
Vorinstanzen:
   

Lan­des­ar­beits­ge­richt

Ba­den-Würt­tem­berg

 

Verkündet

am 07.05.2007

Ak­ten­zei­chen (Bit­te bei al­len Schrei­ben an­ge­ben)

4 Sa 1/07

13 Ca 238/05 (ArbG Stutt­gart - Kn. Aa­len)

Ißler, An­ge­stell­te
Ur­kunds­be­am­tin der Geschäfts­stel­le

 

Im Na­men des Vol­kes

 

Ur­teil

In dem Rechts­streit

- Be­klag­te/Be­ru­fungskläge­rin -

Proz.-Bev.: Rechts­anwälte

ge­gen

- Kläger/Be­ru­fungs­be­klag­ter

Proz.-Bev.: Rechts­anwälte

hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt Ba­den-Würt­tem­berg - 4. Kam­mer - durch den Vi­ze­präsi­den­ten des Lan­des­ar­beits­ge­richts Dr. Nat­ter, den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Lösch und den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Sto­cker
auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 07.05.2007

für Recht er­kannt:

1. Die Be­ru­fung der Be­klag­ten ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Stutt­gart - Kam­mern Aa­len - vom 27.10.2006 - 13 Ca 238/05 – wird zurück­ge­wie­sen.

2. Die Be­klag­te trägt die Kos­ten der Be­ru­fung.

3. Die Re­vi­si­on wird nicht zu­ge­las­sen.

 

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T a t b e s t a n d :

Die Par­tei­en strei­ten im Rah­men des Be­ru­fungs­ver­fah­rens noch darüber, ob das zwi­schen ih­nen be­ste­hen­de Han­dels­ver­tre­ter­verhält­nis durch die außer­or­dent­li­che Kündi­gung der Be­klag­ten vom 25.05.2005 auf­gelöst wor­den ist.

Der am 28.11.1951 ge­bo­re­ne, ver­hei­ra­te­te Kläger schloss mit der Be­klag­ten am 18./20.01.2004 ei­nen Han­dels­ver­tre­ter­ver­trag über die Führung ei­nes F. Ge­tränke­mark­tes in A. ab. Un­ter dem glei­chen Da­tum schlos­sen die Par­tei­en ei­nen Pacht­ver­trag über die Un­ter­ver­pach­tung von Räum­lich­kei­ten für den Ge­tränke­markt. We­gen der Ein­zel­hei­ten wird auf Abl. 7 - 28 der erst­in­stanz­li­chen Ak­te ver­wie­sen. Der Kläger er­hielt zunächst bis 31.08.2004, wohl aber auch darüber hin­aus ei­ne Ga­ran­tie­pro­vi­si­on von € 4.015,00 zuzüglich Mehr­wert­steu­er.

An­fang des Jah­res 2005 kam es zwi­schen den Par­tei­en zu ei­ner Aus­ein­an­der­set­zung über die Öff­nungs­zei­ten des Ge­tränke­markts an Sams­ta­gen. Mit Schrei­ben vom 23.05.2005 kündig­te die Be­klag­te die Zu­satz­ver­ein­ba­rung Nr. 1 bezüglich der Zah­lung der Ga­ran­tie­pro­vi­si­on.

Am 25.05.2005 stell­te die Be­klag­te fest, dass der Kläger ein In­ter­net-Fo­rum un­ter dem Na­men „F.-Han­del.de“ un­ter sei­nem Na­men an­ge­mel­det hat­te. In dem In­ter­net-Fo­rum tausch­ten sich ver­schie­de­ne Han­dels­ver­tre­ter der Be­klag­ten in sehr kri­ti­scher Wei­se über ih­re Er­fah­run­gen aus. Der Kläger war Do­main-In­ha­ber und hat­te das Fo­rum am 28.04.2006 eröff­net. Auf der Start­sei­te des Fo­rums war an­ge­ge­ben, dass der Do­main-In­ha­ber für den In­halt des Fo­rums kei­ne Ver­ant­wor­tung über­neh­me. Je­der Teil­neh­mer an dem Fo­rum konn­te selbständig Ru­bri­ken eröff­nen und Beiträge ein­stel­len. Als Do­main-In­ha­ber war der Kläger be­rech­tigt, Ru­bri­ken oder Beiträge zu löschen.

In der Zeit vom 28.04.2005 bis 21.05.2005 stell­ten ver­schie­de­ne Per­so­nen un­ter Na­men wie „An­ony­mus, Gebrügelt, Dis­kus, Mot­zer, Ex-Frus­ti“ Beiträge in das Fo­rum ein. Am 12.05.2005 ver­fass­te der Au­tor „Ex-Frus­ti“ ei­nen Bei­trag un­ter dem Be­treff „F.-Ma­fia“. Am 13.05.2005 ant­wor­te­te der Au­tor „An­ony­mus“ un­ter dem­sel­ben Be­treff dem Au­tor „Ex-Frus­ti“. Der Kläger hat in der Be­ru­fungs­ver­hand­lung vom 08.05.2007 ein­geräumt, dass er die Beiträge un­ter dem Pseud­onym „An­ony­mus“ ver­fasst hat. Mit Schrei­ben vom 25.05.2006 for­der­te die Be­klag­te den Kläger un­ter Be­ru­fung auf ihr Mar­ken­recht auf, das Fo­rum aus dem In­ter­net zu

 

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neh­men. Die­ser Auf­for­de­rung kam der Kläger nach. Er un­ter­zeich­ne­te un­ter dem Da­tum des 28.05.2005 ei­ne straf­be­wehr­te Un­ter­las­sungs­erklärung. Mit Schrei­ben vom 25.05.2005 kündig­te die Be­klag­te den Han­dels­ver­tre­ter- und Pacht­ver­trag außer­or­dent­lich mit so­for­ti­ger Wir­kung, hilfs­wei­se zum nächstmögli­chen Ter­min.

Mit sei­ner am 06.06.2005 ein­ge­gan­ge­nen Kla­ge hat der Kläger die Fest­stel­lung be­an­tragt, dass zwi­schen den Par­tei­en ein Ar­beits­verhält­nis be­ste­he und die­ses we­der durch die au-ßer­or­dent­li­che noch die or­dent­li­che Kündi­gung der Be­klag­ten vom 25.05.2005 auf­gelöst wor­den sei. We­gen der Ein­zel­hei­ten des erst­in­stanz­li­chen Vor­brin­gens wird gemäß § 69 Abs. 3 Satz 2 ArbGG auf den Tat­be­stand des an­ge­foch­te­nen Ur­teils ver­wie­sen. Auf die Rüge der Be­klag­ten ent­schied das Ar­beits­ge­richt mit Be­schlüssen vom 16.12.2005 und 06.03.2006, dass der Rechts­weg zu den Ge­rich­ten für Ar­beits­sa­chen für die ge­stell­ten Anträge so­wie die ört­li­che Zuständig­keit des Ar­beits­ge­richts Stutt­gart ge­ge­ben sei. In der Kam­mer­ver­hand­lung vom 27.10.2006 er­wei­ter­te der Kläger die Kla­ge­anträge Ziff. 2 und 3 (Kündi­gungs­schutz­anträge) da­hin­ge­hend, dass auch je­des sons­ti­ge Ver­trags­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en durch die Kündi­gung der Be­klag­ten vom 25.05.2005 nicht auf­gelöst wor­den sei. Hin­sicht­lich die­ser Kla­ge­er­wei­te­rung er­hob die Be­klag­te kei­ne Rechts­wegrüge.

Mit Ur­teil vom 27.10.2006 stell­te das Ar­beits­ge­richt fest, dass der zwi­schen den Par­tei­en ge­schlos­se­ne Han­dels­ver­tre­ter­ver­trag durch die außer­or­dent­li­che Kündi­gung der Be­klag­ten vom 25.05.2005 nicht auf­gelöst wor­den sei, son­dern bis zum 31.08.2005 fort­be­stan­den ha­be. Im Übri­gen wies das Ar­beits­ge­richt die Kla­ge ab. Zur Be­gründung führ­te das Ar­beits­ge­richt aus, zwi­schen den Par­tei­en ha­be kein Ar­beits­verhält­nis be­stan­den. Der zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Han­dels­ver­tre­ter­ver­trag sei aber nicht durch die außer­or­dent­li­che Kündi­gung vom 25.05.2005 auf­gelöst wor­den. Die un­ter dem Pseud­onym „An­ony­mus“ ein­ge­stell­ten Beiträge sei­en zum weit über­wie­gen­den Teil un­be­denk­lich. Auch so­weit der Ver­dacht ei­nes Steu­er­be­trugs geäußert wer­de, sei der Bei­trag von der Mei­nungs­frei­heit noch ge­deckt.

Ge­gen das ihr am 05.01.2007 zu­ge­stell­te Ur­teil hat die Be­klag­te am 23.01.2007 Be­ru­fung ein­ge­legt und die­se am 05.03.2007 be­gründet. Sie trägt vor, ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Ar­beits­ge­richts sei­en die Beiträge von „An­ony­mus“ der­art schwer­wie­gend, dass ei­ne außer-or­dent­li­che Kündi­gung ge­recht­fer­tigt sei. Das Ar­beits­ge­richt ha­be ei­nen we­sent­li­chen Punkt nicht berück­sich­tigt. Der Kläger ha­be sie durch sei­ne Beiträge un­ter der Über­schrift „F.-Ma­fia“ in die Nähe von Ver­bre­chern gerückt und als Steu­er­betrüge­rin hin­ge­stellt. Mit die­ser vor­be­dach­ten Eh­ren­kränkung ha­be der Kläger das Ver­trau­ens­verhält­nis zwi­schen den Ver­trags­part­nern zerstört. Zu Las­ten des Klägers fal­le be­son­ders ins Ge­wicht, dass er das Fo­rum un­ter der Do­main „F.-Han­del.de“ be­trie­ben ha­be. Er ha­be ih­re wirt­schaft­li­chen In­te­res-

 

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sen hier­durch gefähr­det. Es sei ihr nicht zu­mut­bar ge­we­sen, die für die or­dent­li­che Kündi­gung gel­ten­de Frist von drei Mo­na­ten ein­zu­hal­ten.

Die Be­klag­te be­an­tragt:

1. Das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Stutt­gart - Kam­mern Aa­len - vom 27.10.2006 wird auf­ge­ho­ben.

2. Die Kla­ge wird ab­ge­wie­sen.

Der Kläger be­an­tragt,

die Be­ru­fung kos­ten­pflich­tig zurück­zu­wei­sen.

Er trägt vor, das Ar­beits­ge­richt sei zu dem zu­tref­fen­den Er­geb­nis ge­langt, dass der Be­klag­ten der Ab­lauf der or­dent­li­chen Kündi­gungs­frist zu­ge­mu­tet wer­den konn­te. Er ha­be die Be­klag­te nie­mals als „Ma­fia“ be­zeich­net. Die Über­schrift „F.-Ma­fia“ ha­be erst­mals der Fo­rums­teil­neh­mer „Ex-Frus­ti“ am 04.05.2005 ver­wen­det. Er ha­be hier­auf le­dig­lich Be­zug in der Über­schrift ge­nom­men, um dem Fo­rums­teil­neh­mer „Ex-Frus­ti“ ei­nen Hin­weis zum The­ma „Schein­selbständig­keit“ ge­ben zu können. Er ha­be den Be­griff „Ma­fia“ nicht vor­be­dacht ge­braucht. Eben­so we­nig ha­be er die Be­klag­te als „Ver­bre­che­rin“ und „Steu­er­betrüge­rin“ ti­tu­liert. Es sei auch zu be­den­ken, dass er das In­ter­net­fo­rum so­fort nach Auf­for­de­rung durch die Be­klag­te ein­ge­stellt ha­be.

We­gen der Ein­zel­hei­ten des Sach- und Streit­stands wird gemäß § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO auf den In­halt der ge­wech­sel­ten Schriftsätze nebst An­la­gen so­wie auf die Pro­to­kol­le über die münd­li­chen Ver­hand­lun­gen ver­wie­sen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

I.

Die Be­ru­fung der Be­klag­ten ist gem. § 64 Abs. 2 Buchst. b ArbGG statt­haft. Sie ist auch gem. § 64 Abs. 6 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO in der ge­setz­li­chen Form und Frist ein­ge­legt und be­gründet wor­den. Ge­gen­stand der Be­ru­fung ist aus­sch­ließlich die Fra­ge, ob das Han­dels-

 

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ver­tre­ter­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en durch die außer­or­dent­li­che Kündi­gung der Be­klag­ten vom 25.05.2005 auf­gelöst wor­den ist. Im Übri­gen ist das kla­ge­ab­wei­sen­de Ur­teil des Ar­beits­ge­richts rechts­kräftig ge­wor­den.


II.

Die Be­ru­fung der Be­klag­ten ist un­be­gründet. Das Ar­beits­ge­richt hat zu­tref­fend ent­schie­den, dass das Han­dels­ver­tre­ter­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en nicht durch die außer­or­dent­li­che Kündi­gung der Be­klag­ten vom 25.05.2005 auf­gelöst wor­den ist. Das Han­dels­ver­tre­ter­verhält­nis ist viel­mehr erst durch die hilfs­wei­se aus­ge­spro­che­ne or­dent­li­che Kündi­gung vom sel­ben Tag mit Ab­lauf der ver­trag­li­chen Kündi­gungs­frist von 3 Mo­na­ten am 31.08.2005 be­en­det wor­den.

1. Die Kla­ge ist zulässig. Das Ar­beits­ge­richt hat an­ge­nom­men, die Rechts­weg­zuständig­keit der Ge­rich­te für Ar­beits­sa­chen für den Be­stand­schutz­an­trag bezüglich des Han­dels­ver­tre­ter­verhält­nis­ses er­ge­be sich aus dem Ge­sichts­punkt der Zu­sam­men­hangs­kla­ge gemäß § 2 Abs. 3 ArbGG. Ge­gen die­se Rechts­auf­fas­sung lässt sich ein­wen­den, dass das Ar­beits­ge­richt die Rechts­weg­zuständig­keit für die Anträge Ziff. 1 - 3 aus der Kla­ge­schrift vom 06.06.2005 mit Be­schluss vom 16.12.2005 mit der Be­gründung an­ge­nom­men hat, es lie­ge ein so­ge­nann­ter „sic-non-Fall“ vor. In ei­nem sol­chen Fall hängt der Er­folg der Kla­ge nach der An­trag­stel­lung auch von Tat­sa­chen ab, die zu­gleich für die Be­stim­mung des Rechts­wegs ent­schei­dend sind (vgl. nur BAG, 17.01.2001 - 5 AZB 18/00 - AP ArbGG 1979 § 2 Zuständig­keitsprüfung Nr. 10). Für die An­nah­me der Rechts­weg­zuständig­keit genügt bei die­sem Sach­ver­halt die Rechts­be­haup­tung des Klägers, er sei Ar­beit­neh­mer.

Wenn die kla­gen­de Par­tei mit ei­nem sic-non-Fall wei­te­re Streit­ge­genstände ver­bin­det, be­steht die Ge­fahr, dass im We­ge der Zu­sam­men­hangs­kla­ge Streit­ge­genstände vor die Ge­rich­te für Ar­beits­sa­chen ge­bracht wer­den, für die aus kei­nem recht­li­chen Ge­sichts-punkt ei­ne Rechts­weg­zuständig­keit be­steht. Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt hat da­her in sei­nem Be­schluss vom 31.08.1999 (1 BvR 1389/97 - AP ArbGG 1979 § 2 Zuständig-keitsprüfung Nr. 6) dar­auf hin­ge­wie­sen, es be­ste­he die Ge­fahr ei­ner Ma­ni­pu­la­ti­on hin-sicht­lich der Aus­wahl des zuständi­gen Ge­richts. Die­ser Ge­fahr könne da­mit be­geg­net wer­den, dass § 2 Abs. 3 ArbGG in den sic-non-Fällen kei­ne An­wen­dung fin­de. Das Bun-des­ar­beits­ge­richt hat in sei­nem Be­schluss vom 11.06.2003 (5 AZB 43/02 - AP ArbGG 1979 § 2 Nr. 85) die­se Recht­spre­chung auf­ge­grif­fen. Es hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, § 2 Abs. 3 ArbGG fin­de kei­ne An­wen­dung, wenn die Zuständig­keit für die Zu­sam­men­hangs-

 

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kla­ge al­lein aus der Ver­bin­dung mit ei­nem sic-non-An­trag fol­gen könne. Geht man hier­von aus, so wäre die Rechts­weg­zuständig­keit für die in der Kam­mer­ver­hand­lung vom 27.10.2006 vor­ge­nom­me­ne Kla­ge­er­wei­te­rung nicht ge­ge­ben ge­we­sen.

In der Be­ru­fungs­in­stanz kann die­ser Punkt je­doch auf sich be­ru­hen, weil das Be­ru­fungs-ge­richt nach § 65 ArbGG nicht prüft, ob der be­schrit­te­ne Rechts­weg zulässig ist. Et­was an­de­res gilt nur dann, wenn das Ar­beits­ge­richt trotz Rüge über die Zulässig­keit des Rechts­wegs an­statt durch Be­schluss nach § 17 a GVG durch Ur­teil in den Gründen der Haupt­sa­che ent­schie­den hat (BAG, 21.05.1999 - 5 AZB 31/98 - NZA 1999, 837; BAG, 08.06.1999 - 3 AZR 136/98 - NZA 1999, 1103). Die­ser Aus­nah­me­fall liegt hier nicht vor, weil die Be­klag­te hin­sicht­lich der Kla­ge­er­wei­te­rung die Zulässig­keit des Rechts­wegs nicht gerügt hat.

2. Das Ar­beits­ge­richt hat zu­tref­fend ent­schie­den, dass die außer­or­dent­li­che Kündi­gung vom 25.05.2005 das Han­dels­ver­tre­ter­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en nicht auf­gelöst hat.

a) Gemäß § 89 a Abs. 1 HGB kann das Ver­trags­verhält­nis ei­nes Han­dels­ver­tre­ters von je­dem Teil aus wich­ti­gem Grun­de oh­ne Ein­hal­tung ei­ner Kündi­gungs­frist gekündigt wer­den. Hier­nach ist zunächst zu prüfen, ob ob­jek­ti­ve Tat­sa­chen vor­lie­gen, die an sich ge­eig­net sind, ei­nen wich­ti­gen Grund im Sin­ne der Vor­schrift dar­zu­stel­len. Lie­gen sol­che Umstände vor, so ist des wei­te­ren zu prüfen, ob die Fort­set­zung des Han­dels­ver­tre­ter­verhält­nis­ses auch nur bis zum Ab­lauf der or­dent­li­chen Kündi­gungs-frist für den Kündi­gen­den un­zu­mut­bar ist (BGH, 07.07.1978 - I ZR 126/76 - BB 1978, 1882; Münch­ner Kom­men­tar HGB/von Ho­y­nin­gen-Hue­ne, 2. Auf­la­ge, § 89 a Rz 13 f.). Aus dem Grund­satz der Verhält­nismäßig­keit kann sich je nach Ein­zel­fall das Er-for­der­nis ei­ner vor­he­ri­gen Ab­mah­nung er­ge­ben.

b) Im Streit­fall er­gibt sich ein wich­ti­ger Grund im Sin­ne des § 89 a Abs. 1 HGB aus meh-re­re Ver­hal­tens­wei­sen des Klägers.

aa) Der Kläger hat das von ihm ein­ge­rich­te­te In­ter­net-Fo­rum un­ter dem Do­main-Na­men „F.-Han­del.de“ be­trie­ben. Dar­in lag ei­ne Mar­ken­rechts­ver­let­zung, die die Be­klag­te mit Schrei­ben vom 25.05.2005 ab­ge­mahnt hat. Das Ar­beits­ge­richt hat hier­zu zu­tref­fend fest­ge­stellt, dass zwar ein Pflicht­ver­s­toß des Klägers vor­liegt, die­ser je­doch nur nach vor­he­ri­ger er­folg­lo­ser Ab­mah­nung ei­nen Grund für ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung dar­ge­stellt hätte. Hier­ge­gen hat die Be­klag­te in der Be­ru­fung kei­ne Rügen er­ho­ben. Sie hat die Mar­ken­rechts­ver­let­zung nur

 

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als un­terstützen­des Ar­gu­ment für ih­re Rechts­auf­fas­sung her­an­ge­zo­gen, dass der Kläger durch sei­ne Beiträge im In­ter­net-Fo­rum ih­re Geschäfts­in­ter­es­sen er­heb­lich be­ein­träch­tigt ha­be.

bb) Ein wich­ti­ger Grund, der an sich ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung des Han-dels­ver­tre­ter­verhält­nis­ses recht­fer­ti­gen kann, liegt al­ler­dings dar­in, dass sich der Kläger in ehr­ver­let­zen­der Wei­se in dem In­ter­net-Fo­rum über die Be­klag­te geäußert hat. Äußerun­gen, die nach Form und In­halt ei­ne er­heb­li­che Ehr­ver­let­zung für den Be­trof­fe­nen be­deu­ten, stel­len ei­nen er­heb­li­chen Ver­s­toß ge­gen die ver­trag­li­che Pflicht zur Rück­sicht­nah­me dar und können ei­ne außer­or­dent­li­che frist­lo­se Kündi­gung an sich recht­fer­ti­gen. Dies gilt im Ar­beits­recht (zu­letzt BAG, 24.11.2005 - 2 AZR 584/04 - NZA 2006, 650) wie im Han­dels­ver­tre­ter­recht (Münch­ner Kom­men­tar HGB, a.a.O., Rz 45) in glei­cher Wei­se.

Der Kläger hat in der Be­ru­fungs­ver­hand­lung ein­geräumt, dass er un­ter dem Pseud­onym „An­ony­mus“ Beiträge in das In­ter­net-Fo­rum ein­ge­stellt hat. Hier­zu hat das Ar­beits­ge­richt zu­tref­fend fest­ge­stellt, dass die Beiträge ganz über­wie-gend kei­ne Ehr­ver­let­zung der Be­klag­ten be­inhal­ten und sich im Rah­men der Mei­nungs­frei­heit hal­ten. Die Be­klag­te rügt al­ler­dings mit Recht, dass sich das Ar­beits­ge­richt mit dem Be­treff „F.-Ma­fia“, der zahl­rei­chen Beiträgen vor­an­ge­stellt war, nicht aus­ein­an­der­ge­setzt hat. Auch der Kläger hat zwei­mal un­ter die­sem Be­treff Beiträge in das In­ter­net-Fo­rum ein­ge­stellt.

Die Be­zeich­nung der Be­klag­ten als „Ma­fia“ stellt ei­ne er­heb­li­che Ehr­ver­let­zung dar, die durch das Grund­recht der Mei­nungs­frei­heit nicht ge­deckt ist. Für die recht­li­che Be­ur­tei­lung der Fra­ge, ob in das Grund­recht auf Mei­nungs­frei­heit ein­ge­grif­fen wird, ist die Ein­ord­nung ei­ner Äußerung als Wert­ur­teil oder als Tat­sa­chen­be­haup­tung von ent­schei­den­der Be­deu­tung. Ei­ne be­wusst un­wah­re Tat­sa­chenäußerung ge­nießt kei­nen Grund­recht­schutz. Wert­ur­tei­le sind dem ge­genüber kei­nem Wahr­heits­be­weis zugäng­lich. Sie können nur un­ter be­son­de­ren Umständen be­schränkt wer­den, so wenn sie sich als Schmähkri­tik dar­stel­len (vgl. zu­letzt BVerfG, 25.10.2005 - 1 BvR 1696/98 - NJW 2006, 207; BVerfG, 17.12.2002 - 1 BvR 755/99 - NJW 2003, 1109; BAG, 24.11.2005, a.a.O. je­weils mit zahl­rei­chen Nach­wei­sen).

Im vor­lie­gen­den Fall enthält der Be­treff „F.-Ma­fia“ über­wie­gend ei­ne Mei­nungs-äußerung, al­ler­dings ver­bun­den mit ei­nem Tat­sa­chen­kern. Der­je­ni­ge, der die-

 

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sen Be­griff ver­wen­det, will da­mit zum Aus­druck brin­gen, bei der be­trof­fe­nen Per­so­nen­grup­pe han­de­le es sich um ei­ne kri­mi­nel­le Ver­ei­ni­gung. In der Aus­drucks­wei­se ist der Vor­wurf ent­hal­ten, ein Geschäfts­ge­bah­ren sei strafwürdig, zu­min­dest aber un­red­lich. Dafür, dass die­ser Vor­wurf be­rech­tigt ist, hat der Kläger im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren kei­ne kon­kre­ten Tat­sa­chen vor­ge­tra­gen. Auf Fra­ge der Kam­mer in der Be­ru­fungs­ver­hand­lung hat der Kläger zwar dar­ge­legt, er sei im Lau­fe sei­ner Tätig­keit für die Be­klag­te zur Auf­fas­sung ge­langt, dass et­was am Sys­tem nicht stim­me. Auch die Beiträge im In­ter­net-Fo­rum las­sen er­ken­nen, dass di­ver­se (frühe­re) Han­dels­ver­tre­ter we­gen ver­schie­de­ner An­ge­le­gen­hei­ten Aus­ein­an­der­set­zun­gen mit der Be­klag­ten hat­ten. Die­se Umstände genügen aber nicht für die An­nah­me, bei ei­ner Abwägung des Grund­rechts auf Mei­nungs­frei­heit des Klägers und dem all­ge­mei­nen Persönlich­keits­recht der Be­klag­ten bzw. de­ren Or­ga­ne ha­be das Grund­recht auf Mei­nungs­frei­heit Vor­rang. Viel­mehr stellt sich der Be­treff „F.-Ma­fia“ im vor­lie­gen­den Fall als For­mal­be­lei­di­gung und Schmähung der Be­klag­ten dar.

cc) Ein wich­ti­ger Grund im Sin­ne des § 89 a Abs. 1 HGB liegt aber auch dar­in, dass der Kläger als Do­main-In­ha­ber des In­ter­net-Fo­rums die Ein­stel­lung der be­lei­di-gen­den Beiträge mit dem Be­treff „F.-Ma­fia“ ge­dul­det hat. Erst in der neue­ren Zeit ist in der Recht­spre­chung die Fra­ge be­han­delt wor­den, un­ter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen der Be­trei­ber ei­nes In­ter­net-Fo­rums für et­wai­ge rechts­wid­ri­ge In­hal­te ver­ant­wort­lich ge­macht wer­den kann. Im Zu­sam­men­hang mit Un­ter­las­sungs­ansprüchen hat das OLG Ham­burg mit Ur­teil vom 22.08.2006 (7 U 50/06 - zi­tiert nach Ju­ris) im An­schluss an ein Ur­teil des Bun­des­ge­richts­hofs vom 11.03.2004 (I ZR 304/01 - NJW 2004, 3102) die Auf­fas­sung ver­tre­ten, Un­ter­las­sungs­ansprüche sei­en durch § 11 TDG nicht aus­ge­schlos­sen. An­ge­sichts des Cha­rak­ters ei­nes In­ter­net-Fo­rums als Mei­nungs­fo­rum könne dem Be­trei­ber aber ei­ne Ein­gangs­kon­trol­le nicht zu­ge­mu­tet wer­den. Dem Be­su­cher ei­nes In-ter­net-Fo­rums sei klar, dass sich der Be­trei­ber nicht mit al­len Beiträgen iden­ti­fi­zie­ren wol­le. Der Be­trei­ber sei je­doch ver­pflich­tet, bei Be­kannt­wer­den rechts­wid­ri­ger In­hal­te die ent­spre­chen­den Beiträge zu ent­fer­nen. Das OLG Düssel­dorf hat mit Ur­teil vom 26.04.2006 (15 U 180/05 - zi­tiert nach Ju­ris) ent­schie­den, ein Un­ter­las­sungs­an­spruch be­ste­he je­den­falls dann, wenn dem Be­trof­fe­nen die Iden­tität des Ver­fas­sers ei­nes Bei­trags nicht be­kannt sei. In der Re­vi­si­ons­ent­schei­dung hier­zu hat der Bun­des­ge­richts­hof die Auf­fas­sung ver­tre­ten, ein Un­ter­las­sungs­an­spruch be­ste­he ge­gen den Be­trei­ber des In­ter­net-Fo­rums auch

 

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dann, wenn dem Ver­letz­ten die Iden­tität des Au­tors be­kannt sei (Ur­teil vom 27.03.2007 - VI ZR 101/06 - bis­her nur Pres­se­mit­tei­lung).

Im vor­lie­gen­den Fall folgt die Ver­ant­wort­lich­keit des Klägers für die ein­ge­stell­ten Beiträge mit dem Be­treff „F.-Ma­fia“ schon dar­aus, dass er sich nach Ein­stel­lung des ers­ten Bei­trags mit die­sem Be­treff am 12.05.2005 durch den Au­tor „Mot­zer“ an dem Mei­nungs­aus­tausch un­ter die­sem Be­treff selbst be­tei­ligt hat. Es war ihm so­mit be­kannt, dass sich 10 Beiträge un­ter die­sem Be­treff kri­tisch mit dem Geschäfts­ge­ba­ren der Be­klag­ten aus­ein­an­der­ge­setzt hat­ten. Er wuss­te darüber hin­aus, dass die Be­klag­te die Au­to­ren der Beiträge auf­grund der Ver­wen­dung von Pseud­ony­men kaum er­mit­teln konn­te. Un­ter die­sen Umständen konn­te sich der Kläger nicht mit der An­ga­be auf der Start­sei­te, er über­neh­me für den In­halt des Fo­rums kei­ne Ver­ant­wor­tung, von jeg­li­cher Ver­ant­wor­tung frei­zei­ch­nen.

c) Sind die Pflicht­verstöße des Klägers so­mit an sich ge­eig­net, ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung zu recht­fer­ti­gen, so ist im zwei­ten Schritt zu prüfen, ob die Pflicht­ver­let-zun­gen so schwer­wie­gend wa­ren, dass es der Be­klag­ten nicht zu­zu­mu­ten war, das Ver­trags­verhält­nis bis zum Ab­lauf der Kündi­gungs­frist fort­zu­set­zen. Nach Auf­fas­sung der Kam­mer wird der vor­lie­gen­de Fall durch meh­re­re Be­son­der­hei­ten ge­prägt, die die Wer­tung recht­fer­ti­gen, die Be­klag­te ha­be von ei­ner außer­or­dent­li­chen Kündi­gung Ab­stand neh­men müssen.

aa) So­weit der Kläger den Be­griff „F.-Ma­fia“ als Be­treff über­nom­men hat, so hat die Be­ru­fungs­ver­hand­lung er­ge­ben, dass er den Be­griff nicht selbst in das In­ter­net-Fo­rum ein­geführt hat­te. Viel­mehr hat der Au­tor „Ex-Frus­ti“ am 04.05.2005 ei­ne Ru­brik mit die­sem Be­treff erst­ma­lig eröff­net. Da­zu war er nach den tech­ni­schen Ge­ge­ben­hei­ten auch in der La­ge. Ins­ge­samt wies das In­ter­net-Fo­rum acht Ru­bri­ken auf. Be­ab­sich­tig­te ein Au­tor un­ter ei­ner be­stimm­ten Ru­brik ei­nen Bei­trag ein­zu­stel­len, so muss­te er ei­ne Ru­brik eröff­nen oder ei­ne be­reits be­ste­hen­de Ru­brik an­kli­cken. Der „an­ge­klick­te“ Be­treff wur­de so­dann au­to­ma­tisch dem je­wei­li­gen Bei­trag vor­an­ge­stellt. „Vor­be­dacht“ war die Ver­wen­dung des Be­treffs al­so nur in­so­weit, als der Au­tor das je­wei­li­ge The­men­feld für sei­nen Bei­trag auswähl­te, um den Bei­trag ei­nem be­stimm­ten The­ma zu­ord­nen zu können. Da­mit ist aber noch nicht ge­sagt, dass sich der Fol­ge­au­tor ei­ner Mei­nungsäu-ßerung des Er­st­au­tors „oh­ne Wenn und Aber“ an­sch­ließen woll­te. An­ders wäre es ge­we­sen, wenn die Be­klag­te den Kläger zur Löschung sei­ner Beiträge un­ter dem Be­treff „F.-Ma­fia“ auf­ge­for­dert und der Kläger die Löschung ver­wei­gert hät-

 

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te. Die Be­klag­te hat je­doch ei­ne Re­ak­ti­on des Klägers nicht ab­ge­war­tet. Sie hat den Kläger nicht zur Un­ter­las­sung auf­ge­for­dert, son­dern so­gleich ei­ne außeror-dent­li­che Kündi­gung erklärt.

bb) Das Ar­beits­ge­richt hat da­her zu­tref­fend die Fra­ge auf­ge­wor­fen, ob vor Aus-spruch der frist­lo­sen Kündi­gung ei­ne Ab­mah­nung des Klägers hätte er­fol­gen müssen. Nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts ist auch im Ver­trau­ens­be­reich ei­ne Kündi­gung nicht ge­recht­fer­tigt, wenn es an­de­re ge­eig­ne­te mil­de­re Mit­tel gibt, um die Ver­tragsstörung zukünf­tig zu be­sei­ti­gen. Ei­ne vor­he­ri­ge Ab­mah­nung ist un­ter Berück­sich­ti­gung des Grund­sat­zes der Verhält­nismäßig­keit nur dann ent­behr­lich, wenn ei­ne Ver­hal­tensände­rung in Zu­kunft trotz Ab­mah­nung nicht er­war­tet wer­den kann oder wenn es sich um ei­ne schwe­re Pflicht­ver­let­zung han­delt, de­ren Rechts­wid­rig­keit oh­ne wei­te­res er­kenn­bar ist und die Hin­nah­me des Ver­hal­tens of­fen­sicht­lich aus­ge­schlos­sen ist (zu­letzt BAG, 12.01.2006 - 2 AZR 179/05 - NZA 2006, 980). Im Han­dels­ver­tre­ter­recht gel­ten die­se Grundsätze ent­spre­chend (BGH, 17.01.2001 - VIII ZR 186/99 - NJW-RR 2001, 677; Münch­ner Kom­men­tar HGB, a.a.O., Rz 29; Enstha­ler-Gen­zow, HGB, 7. Auf­la­ge, § 89a Rz 27). Durch die Re­ge­lung des
§ 314 Abs. 2 BGB hat die­se Recht­spre­chung ei­ne ge­setz­ge­be­ri­sche Bestäti-gung er­fah­ren.

Un­ter dem Ge­sichts­punkt des Grund­sat­zes der Verhält­nismäßig­keit war im vor­lie­gen­den Fall zu berück­sich­ti­gen, dass der Kläger im An­schluss an die mar­ken­recht­li­che Ab­mah­nung der Be­klag­ten vom 25.05.2005 das Fo­rum nicht nur so­fort aus dem Netz nahm, son­dern es auch nicht un­ter ei­ner an­de­ren Do­main wie­der ein­stell­te. Dar­aus ist er­sicht­lich, dass ei­ne Ab­mah­nung durch­aus ih­ren Zweck als Mit­tel zur Be­sei­ti­gung der Ver­tragsstörung durch­aus hätte erfüllen können. An­ge­sichts des Um­stan­des, dass der Kläger den Be­treff „F.-Ma­fia“ nicht als ers­ter Au­tor ver­wen­det hat­te, wog die Ver­trags­pflicht­ver­let­zung des Klägers auch nicht so schwer, dass der Kläger mit ei­ner außer­or­dent­li­chen Kündi­gung rech­nen muss­te.

cc) Was die Ver­ant­wort­lich­keit des Klägers als Do­main-In­ha­ber an­geht, so kann im Rah­men der In­ter­es­sen­abwägung nicht außer Acht ge­las­sen wer­den, dass die Rechts­la­ge zur Störer­haf­tung des Be­trei­bers ei­nes In­ter­net-Fo­rums zum da­ma­li­gen Zeit­punkt nicht geklärt war. Die zi­tier­ten Ent­schei­dun­gen des OLG Düssel­dorf und des OLG Ham­burg da­tie­ren vom 26.04.2006 und 22.08.2006. Der

 

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vor­lie­gen­de Sach­ver­halt reicht hin­ge­gen in die Mo­na­te April und Mai 2005 zurück. Im Rah­men der In­ter­es­sen­abwägung bei ei­ner ver­hal­tens­be­ding­ten Kündi­gung stellt der Grad des Ver­schul­dens ein wich­ti­ges Ab­gren­zungs­kri­te­ri­um dar. Schuld­lo­se Pflicht­ver­let­zun­gen können nur aus­nahms­wei­se ei­nen wich­ti­gen Grund zur ver­hal­tens­be­ding­ten Ar­beit­ge­berkündi­gung dar­stel­len (BAG, 21.01.1999 - 2 AZR 665/98 - AP BGB § 626 Nr. 151). Da­her kann es nicht un­berück­sich­tigt blei­ben, dass der Kläger zum da­ma­li­gen Zeit­punkt nicht si­cher sein konn­te, in wel­chem Um­fang er für ein­ge­stell­te Beiträge Drit­ter ver­ant­wort­lich ist. Auch die­ser Ge­sichts­punkt spricht dafür, dass die Be­klag­te vor Aus­spruch ei­ner außer­or­dent­li­chen Kündi­gung ei­ne Ab­mah­nung hätte er­tei­len müssen.

dd) Sch­ließlich darf nicht über­se­hen wer­den, dass sich das vor­lie­gen­de Fo­rum nur für kur­ze Zeit, d.h. vom 28.04. bis 28.05.2005 im In­ter­net be­fand. Die Zu­grif­fe auf das Fo­rum sind an­ge­sichts der großen Zahl der In­ter­net­nut­zer eher als be­schei­den zu be­trach­ten. Die mar­ken­rechts­wid­ri­ge Ver­wen­dung des Na­mens „F.“ hat sich so­mit je­den­falls in der Start­pha­se des Fo­rums nicht ent­schei­dend ne­ga­tiv auf das Image der Be­klag­ten aus­ge­wirkt. Auch wenn der Han­dels­ver­tre­ter zwei­fel­los die wirt­schaft­li­chen In­ter­es­sen des Un­ter­neh­mers zu fördern hat (vgl. § 86 Abs. 1 HGB), ist auch im Han­dels­ver­tre­ter­verhält­nis stets zu prüfen, ob das Fehl­ver­hal­ten des Han­dels­ver­tre­ters die Ver­trau­ens­grund­la­ge in so schwer­wie­gen­der Wei­se erschüttert hat, dass die­se auch durch ei­ne er­folg­rei­che Ab­mah­nung nicht wie­der­her­ge­stellt wer­den könn­te (BGH, 26.05.1999 - VIII ZR 123/98 - BB 1999, 1516). Die­se Prüfung fällt hier zu­guns­ten des Klägers aus.

d) Ist das Han­dels­ver­tre­ter­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en so­mit nicht durch die au-ßer­or­dent­li­che Kündi­gung der Be­klag­ten vom 25.05.2005 be­en­det wor­den, so hat das Ver­trags­verhält­nis mit Ab­lauf der or­dent­li­chen Kündi­gungs­frist nach § 11 Abs. 3 des Han­dels­ver­tre­ter­ver­trags am 31.08.2005 ge­en­det.


III.

Die Be­klag­te hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kos­ten ih­res oh­ne Er­folg ein­ge­leg­ten Rechts­mit­tels zu tra­gen. Für die Zu­las­sung der Re­vi­si­on be­stand kei­ne Ver­an­las­sung.

 

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R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g :

Die­ses Ur­teil un­ter­liegt kei­nem Rechts­mit­tel; auf § 72 a ArbGG wird hin­ge­wie­sen.

 

Dr. Nat­ter

Lösch

Sto­cker

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