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BVerfG, Be­schluss vom 26.07.2007, 1 BvR 824/03, 1 BvR 1247/07

   
Schlagworte: Gesetzliche Rentenversicherung, Rentenversicherung
   
Gericht: Bundesverfassungsgericht
Aktenzeichen: 1 BvR 824/03,
1 BvR 1247/07
Typ: Beschluss
Entscheidungsdatum: 26.07.2007
   
Leitsätze:
Vorinstanzen:
   

BUN­DES­VER­FASSUN­GS­GERICHT
- 1 BvR 824/03 -

- 1 BvR 1247/07 -

In den Ver­fah­ren

über

die Ver­fas­sungs­be­schwer­den

I. des Herrn Dr. H...

- Be­vollmäch­tig­te: Rechts­anwälte Dr. Karl-Heinz Chris­toph, Dr. In­ge­borg Chris­toph, Hei­li­gen­ber­ger Straße 18, 10318 Ber­lin -

1. un­mit­tel­bar ge­gen

a) das Ur­teil des Bun­des­so­zi­al­ge­richts vom 31. Ju­li 2002 - B 4 RA 120/00 R -,

b) den Be­schluss des Bun­des­so­zi­al­ge­richts vom 30. Ju­li 2001 - B 4 RA 120/00 R, B 4 RA 205/00 B -,

c) das Ur­teil des Säch­si­schen Lan­des­so­zi­al­ge­richts vom 10. Ok­to­ber 2000 - L 4 RA 76/99 -,

d) die zu­grun­de lie­gen­den Ren­ten­be­schei­de der Bun­des­ver­si­che­rungs­an­stalt für An­ge­stell­te - VSNR 49 110925 H 033 BKZ 4570 SG -,

2. mit­tel­bar ge­gen
die zu­grun­de lie­gen­den Ge­set­ze, ins­be­son­de­re § 255 c SGB VI

- 1 BvR 824/03 -,


- 2 -

II. des Herrn V...

1. un­mit­tel­bar ge­gen

das Ur­teil des Bun­des­so­zi­al­ge­richts vom 27. März 2007 - B 13 R 37/06 R -,

2. mit­tel­bar ge­gen

die Aus­set­zung der Ren­ten­an­pas­sung zum 1. Ju­li 2004 gemäß Ar­ti­kel 2 des Zwei­ten Ge­set­zes zur Ände­rung des Sechs­ten Bu­ches So­zi­al­ge­setz­buch und an­de­rer Ge­set­ze vom 27. De­zem­ber 2003 (BGBl I S. 3013)

- 1 BvR 1247/07 -

hat die 3. Kam­mer des Ers­ten Se­nats des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts durch den Präsi­den­ten Pa­pier und die Rich­ter St­ei­ner, Gai­er
gemäß § 93b in Ver­bin­dung mit § 93a BVerfGG in der Fas­sung der
Be­kannt­ma­chung vom 11. Au­gust 1993 (BGBl I S. 1473)
am 26. Ju­li 2007 ein­stim­mig be­schlos­sen:

Die mit­ein­an­der ver­bun­de­nen Ver­fas­sungs­be­schwer­den wer­den nicht zur Ent­schei­dung an­ge­nom­men.

G r ü n d e :

Die Ver­fas­sungs­be­schwer­den be­tref­fen die ge­setz­li­che Ren­ten­ver­si­che­rung. Kon­kret geht es um die An­pas­sung des ak­tu­el­len Ren­ten­werts (Ost) zum 1. Ju­li 2000 und die Aus­set­zung der An­pas­sung des ak­tu­el­len Ren­ten­werts zum 1. Ju­li 2004.
 


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I.

1. Die deut­sche ge­setz­li­che Ren­ten­ver­si­che­rung in ih­rer ge­genwärti­gen Ge­stalt geht auf die 1957 er­folg­te Neu­ge­stal­tung des Ren­ten­ver­si­che­rungs­sys­tems zurück. Ziel die­ser Neu­ge­stal­tung war es, Ren­ten­leis­tun­gen nicht mehr als Zu­schuss zum Le­bens­un­ter­halt im Al­ter, son­dern zu des­sen Si­che­rung auf dem Ni­veau des während des Ar­beits­le­bens er­reich­ten Le­bens­stan­dards zu gewähren. Ei­nes der Kern­ele­men­te der da­ma­li­gen Ren­ten­re­form war die Einführung ei­nes Um­la­ge­ver­fah­rens, wo­nach die Leis­tun­gen an die Ren­ten­empfänger durch die Beiträge der Ver­si­cher­ten fi­nan­ziert wer­den (so ge­nann­ter Ge­ne­ra­tio­nen­ver­trag).

2. Zur Be­stim­mung der kon­kre­ten Höhe der Ren­ten­leis­tun­gen wur­de in pe­ri­odi­schen Abständen die Ent­wick­lung der Löhne und Gehälter ab­ge­bil­det. Die­se Ent­schei­dung fand über den Be­rech­nungs­fak­tor der all­ge­mei­nen Be­mes­sungs­grund­la­ge in die Ren­ten­for­mel Ein­gang. Die all­ge­mei­ne Be­mes­sungs­grund­la­ge ent­sprach dem durch­schnitt­li­chen Brut­to­jah­res­ar­beits­ent­gelt al­ler Ver­si­cher­ten der Ren­ten­ver­si­che­rung der An­ge­stell­ten und der Ar­bei­ter im Mit­tel des dreijähri­gen Zeit­raums vor dem Ka­len­der­jahr, das dem Ein­tritt des Ver­si­che­rungs­fal­les vor­aus­ge­gan­gen war. Durch die­ses Ver­fah­ren ent­wi­ckel­ten sich die Ren­ten­leis­tun­gen par­al­lel zur Ent­wick­lung der Ar­beits­ein­kom­men der ver­si­cher­ten Mit­glie­der der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung und da­mit dy­na­misch.

Die all­ge­mei­ne Be­mes­sungs­grund­la­ge wur­de jähr­lich neu durch Rechts­vor­schrift fest­ge­legt. Hier­von ab­wei­chend sah das Ein­und­zwan­zigs­te Ge­setz über die An­pas­sung der Ren­ten aus der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung so­wie über die An­pas­sung der Geld­leis­tun­gen aus der ge­setz­li­chen Un­fall­ver­si­che­rung und der Al­ters­gel­der in der Al­ters­hil­fe für Land­wir­te (21. RAG) vom 25. Ju­li 1978 (BGBl I S. 1089) ei­nen ab­wei­chen­den An­pas­sungs-
 


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mo­dus vor. Es be­wirk­te ei­nen lang­sa­me­ren An­stieg der Ren­ten­leis­tun­gen, in­dem die Ren­ten­an­pas­sun­gen für die Jah­re 1979 bis 1981 un­mit­tel­bar durch Ge­setz oh­ne Berück­sich­ti­gung der Ein­kom­mens­ent­wick­lung der Ver­si­cher­ten be­stimmt wur­den. Darüber hin­aus wur­de die zum 1. Ju­li 1978 ei­gent­lich durch­zuführen­de Ren­ten­an­pas­sung um ein hal­bes Jahr ver­scho­ben.

Kon­kret ent­wi­ckel­te sich die all­ge­mei­ne Be­mes­sungs­grund­la­ge in der Bun­des­re­pu­blik vor der Her­stel­lung der Deut­schen Ein­heit und da­nach in den al­ten Bun­desländern wie folgt:

Jahr --- Be­trag --- Verände­rung

1957 --- 4.281,00 DM
1958 --- 4.542,00 DM --- 6,1%
1959 --- 4.812,00 DM --- 5,94%
1960 --- 5.072,00 DM --- 5,4%
1961 --- 5.325,00 DM --- 5%
1962 --- 5.678,00 DM --- 6,6%
1963 --- 6.142,00 DM --- 8,2%
1964 --- 6.717,00 DM --- 9,4%
1965 --- 7.275,00 DM --- 8,3%
1966 --- 7.857,00 DM --- 8%
1967 --- 8.490,00 DM --- 8,1%
1968 --- 9.196,00 DM --- 8,3%
1969 --- 9.780,00 DM --- 6,35%
1970 -- 10.318,00 DM ---5,5%
1971 --- 10.967,00 DM --- 6,3%
1972 --- 12.008,00 DM --- 9,5%
1973 --- 13.371,00 DM --- 11,35%
1974 --- 14.870,00 DM --- 11,2%
1975 --- 16.520,00 DM --- 11,1%
1976 --- 18.337,00 DM --- 11%
1977 --- 20.161,00 DM --- 9,9%
1978
1979 --- 21.068,00 DM --- 4,5%
1980 --- 21.911,00 DM --- 4%
1981 --- 22.787,00 DM --- 4%
1982 --- 24.099,00 DM --- 5,76%
1983 --- 25.445,00 DM --- 5,59%
1984 --- 26.310,00 DM --- 3,4%
1985 --- 27.099,00 DM --- 3%
1986 --- 27.885,00 DM --- 2,9%
1987 --- 28.945,00 DM --- 3,8%
1988 --- 29.814,00 DM ---3%
1989 --- 30.709,00 DM --- 3%
1990 --- 31.661,00 DM --- 3,1%
 


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Jahr --- Be­trag --- Verände­rung
1991 --- 33.149,00 DM --- 4,7%


3. Durch das Ge­setz zur Re­form der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung (Ren­ten­re­form­ge­setz 1992 - RRG 1992) vom 18. De­zem­ber 1989 (BGBl I S. 2261) wur­de das Ren­ten­ver­si­che­rungs­recht als Sechs­tes Buch in das So­zi­al­ge­setz­buch ein­gefügt. Gemäß § 64 SGB VI trat an die Stel­le der all­ge­mei­nen Be­mes­sungs­grund­la­ge der ak­tu­el­le Ren­ten­wert. Die­sem kommt die Auf­ga­be zu, das durch­schnitt­li­che Brut­to­ar­beits­ent­gelt der Ver­si­cher­ten ab­zu­bil­den. Er knüpft an den Wert der zwi­schen­zeit­lich fort­ge­schrie­be­nen all­ge­mei­nen Be­mes­sungs­grund­la­ge zum 31. De­zem­ber 1991 an und be­trug zum 1. Ja­nu­ar 1992 in den al­ten Bun­desländern um­ge­rech­net auf ei­nen Mo­nat 41,44 DM. An­ders als bei der all­ge­mei­nen Be­mes­sungs­gren­ze er­folg­te bei dem ak­tu­el­len Ren­ten­wert bis zum 1. Ju­li 1999 ei­ne Net­to­an­pas­sung un­ter Berück­sich­ti­gung der Be­las­tungs­verände­run­gen bei den Brut­to­ar­beits­ent­gel­ten und den Ren­ten.

Der ak­tu­el­le Ren­ten­wert ent­wi­ckel­te sich in den al­ten Bun­desländern wie folgt:

Jahr --- Be­trag --- Verände­rung
1991 --- 41,44 DM 

1992 --- 42,63 DM --- 2,87%
1993 --- 44,49 DM --- 4,36%
1994 --- 46,00 DM --- 3,39%
1995 --- 46,23 DM --- 0,5%
1996 --- 46,67 DM --- 0,95%
1997 --- 47,44 DM --- 1,65%
1998 --- 47,65 DM --- 0,44%
1999 --- 48,29 DM --- 1,34%

4. Zur Über­lei­tung der in dem Al­ters­si­che­rungs­sys­tem der Deut­schen De­mo­kra­ti­schen Re­pu­blik er­wor­be­nen Ren­ten­ansprüche und Ren­ten­an­wart­schaf­ten ord­net § 254b Abs. 1 SGB VI an, dass im Rah­men der Ren­ten­be­rech­nung an die Stel­le des ak­tu­el­len Ren­ten­werts der ak­tu­el­le Ren­ten­wert (Ost) tritt. Nach § 255a
 


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Abs. 1 SGB VI er­gibt sich der ak­tu­el­le Ren­ten­wert (Ost) un­ter Berück­sich­ti­gung der Lohn- und Ge­halts­sum­me spe­zi­ell im Bei­tritts­ge­biet. Gemäß § 255a Abs. 2 SGB VI ist der ak­tu­el­le Ren­ten­wert (Ost) min­des­tens um den Vom­hun­dert­satz an­zu­pas­sen, um den der ak­tu­el­le Ren­ten­wert an­ge­passt wird.

§ 254b Abs. 1 SGB VI hat­te in der Fas­sung des Ge­set­zes zur Her­stel­lung der Rechts­ein­heit in der ge­setz­li­chen Ren­ten- und Un­fall­ver­si­che­rung (Ren­ten-Über­lei­tungs­ge­setz – RÜG) vom 25. Ju­li 1991 (BGBl I S. 1606) fol­gen­den Wort­laut:

§ 254b
Ren­ten­for­mel für Mo­nats­be­trag der Ren­te

(1) Bis zur Her­stel­lung ein­heit­li­cher Ein­kom­mens­verhält­nis­se im Ge­biet der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land wer­den persönli­che Ent­gelt­punk­te (Ost) und ein ak­tu­el­ler Ren­ten­wert (Ost) für die Er­mitt­lung des Mo­nats­be­trags der Ren­te aus Zei­ten außer­halb der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land oh­ne das Bei­tritts­ge­biet ge­bil­det, die an die Stel­le der persönli­chen Ent­gelt­punk­te und des ak­tu­el­len Ren­ten­werts tre­ten.

(2) ...

§ 254c SGB VI lau­te­te in der Fas­sung des Ren­ten-Über­lei­tungs­ge­set­zes:

§ 254c
An­pas­sung der Ren­ten

Ren­ten, de­nen ein ak­tu­el­ler Ren­ten­wert (Ost) zu­grun­de liegt, wer­den an­ge­passt, in­dem der bis­he­ri­ge ak­tu­el­le Ren­ten­wert (Ost) durch den neu­en ak­tu­el­len Ren­ten­wert (Ost) er­setzt wird.
 


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§ 255a SGB VI hat­te in der Fas­sung des Ren­ten-Über­lei­tungs­ge­set­zes fol­gen­den Wort­laut:

§ 255a
Ak­tu­el­ler Ren­ten­wert (Ost)

(1) Der ak­tu­el­le Ren­ten­wert (Ost) ist der Be­trag, der sich im De­zem­ber 1991 er­gibt, wenn der ak­tu­el­le Ren­ten­wert (§ 68 Abs. 1) mit dem Verhält­nis aus ei­ner verfügba­ren Stan­dard­ren­te im Bei­tritts­ge­biet und ei­ner verfügba­ren Stan­dard­ren­te im Ge­biet der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land oh­ne das Bei­tritts­ge­biet ver­vielfältigt wird.


(2) Der ak­tu­el­le Ren­ten­wert (Ost) verändert sich, in­dem er mit dem Fak­tor ver­vielfältigt wird, der er­for­der­lich ist, um das Verhält­nis zwi­schen ei­ner verfügba­ren Stan­dard­ren­te und dem durch­schnitt­li­chen Net­to­ent­gelt im Bei­tritts­ge­biet in der Höhe auf­recht­zu­er­hal­ten, die dem Verhält­nis der ent­spre­chen­den Wer­te im Ge­biet der Bun­des­re­pu­blik oh­ne das Bei­tritts­ge­biet ent­spricht.


Der bis ein­sch­ließlich 1996 je­weils zum 1. Ja­nu­ar und zum 1. Ju­li ei­nes Jah­res an­ge­pass­te ak­tu­el­le Ren­ten­wert (Ost) ent­wi­ckel­te sich wie folgt:

Jahr --- Be­trag --- Verände­rung
1992 --- 23,57 DM --- 11,65%
1992 --- 26,57 DM --- 12,73%
1993 --- 28,19 DM --- 6,1%
1993 --- 32,17 DM --- 14,12%
1994 --- 33,34 DM --- 3,64%
1994 --- 34,49 DM --- 3,45%
1995 --- 35,45 DM --- 2,78%
1995 --- 36,33 DM --- 2,48%
1996 --- 37,92 DM --- 4,38%
1996 --- 38,38 DM --- 1,21%
1997 --- 40,51 DM --- 5,55%
1998 --- 40,87 DM --- 0,89%
1999 --- 42,01 DM --- 2,79%


5. Durch das Ge­setz zur Re­form der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung (Ren­ten­re­form­ge­setz 1999 – RRG 1999) vom 16. De­zem­ber

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1997 (BGBl I S. 2998) fügte der Ge­setz­ge­ber ei­nen de­mo­gra­phi­schen Fak­tor in die For­mel zur Fort­schrei­bung des ak­tu­el­len Ren­ten­werts ein. Die­ser soll­te die länge­re Ren­ten­be­zugs­dau­er als Fol­ge des An­stiegs der Le­bens­er­war­tung berück­sich­ti­gen. Er soll­te sich nach der Verände­rung der durch­schnitt­li­chen Le­bens­er­war­tung der 65-jähri­gen ab dem Jahr 1992 be­stim­men, wo­bei die Stei­ge­rung der Le­bens­er­war­tung bei der Ren­ten­an­pas­sung nur zur Hälf­te zu berück­sich­ti­gen war (vgl. § 68 Abs. 4 SGB VI i.d.F. des RRG 1999). Nach dem Re­gie­rungs­wech­sel im Jahr 1998 schob der Ge­setz­ge­ber das In­kraft­tre­ten der Neu­re­ge­lung vor­be­halt­lich ei­ner späte­ren an­de­ren Re­ge­lung bis zum 1. Ja­nu­ar 2001 hin­aus.

6. Durch Art. 22 Nr. 5 des Ge­set­zes zur Sa­nie­rung des Bun­des­haus­halts (Haus­halts­sa­nie­rungs­ge­setz - HSanG) vom 22. De­zem­ber 1999 (BGBl I S. 2534) wur­de die Ren­ten­be­rech­nung geändert. An­stel­le des übli­chen An­pas­sungs­mo­dus soll­ten nach § 255c SGB VI die An­pas­sun­gen zum 1. Ju­li 2000 und zum 1. Ju­li 2001 in der Höhe der In­fla­ti­ons­ra­te vom je­weils vor­ver­gan­ge­nen zum je­weils ver­gan­ge­nen Jahr er­fol­gen.

Die Vor­schrift hat fol­gen­den Wort­laut:

§ 255c
Ak­tu­el­ler Ren­ten­wert in den Jah­ren 2000 und 2001

(1) Ab­wei­chend von § 68 und § 255a Abs. 2 ändern sich der ak­tu­el­le Ren­ten­wert und der ak­tu­el­le Ren­ten­wert (Ost) zum 1. Ju­li der Jah­re 2000 und 2001 je­weils in dem Verhält­nis, in dem der Preis­in­dex für die Le­bens­hal­tung al­ler pri­va­ten Haus­hal­te im Bun­des­ge­biet des je­weils ver­gan­ge­nen Ka­len­der­jah­res von dem Preis­in­dex für die Le­bens­hal­tung al­ler pri­va­ten Haus­hal­te im Bun­des­ge­biet im je­weils vor­ver­gan­ge­nen Ka­len­der­jahr ab­weicht.

(2) Bei der Be­stim­mung der Verände­rungs­ra­te des Preis­in­de­xes für die Le­bens­hal­tung al­ler pri­va­ten Haus­hal­te im Bun­des­ge­biet für das Jahr

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1999 sind die dem Sta­tis­ti­schen Bun­des­amt zu Be­ginn des Jah­res 2000 und für das Jahr 2000 die zu Be­ginn des Jah­res 2001 vor­lie­gen­den Da­ten zu­grun­de zu le­gen.

Gemäß § 255c Abs. 1 SGB VI be­trug der ak­tu­el­le Ren­ten­wert zum 1. Ju­li 2000 48,58 Eu­ro und der ak­tu­el­le Ren­ten­wert (Ost) 42,26 Eu­ro. Bei­de Wer­te veränder­ten sich da­mit zum Vor­jahr um 0,6%.

7. Durch das Ge­setz zur Re­form der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung und zur Förde­rung ei­nes ka­pi­tal­ge­deck­ten Al­ters­vor­sor­ge­vermögens (Al­ters­vermögens­ge­setz – AVmG) vom 26. Ju­ni 2001 (BGBl I S. 1310) und das Ge­setz zur Ergänzung des Ge­set­zes zur Re­form der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung und zur Förde­rung ei­nes ka­pi­tal­ge­deck­ten Al­ters­vor­sor­ge­vermögens (Al­ters­vermögen­s­ergänzungs­ge­setz – AV­mEG) vom 21. März 2001 (BGBl I S. 403) wur­de die Ren­ten­an­pas­sung wie­der an die Ent­wick­lung der Lohn- und Ge­halts­sum­me ge­kop­pelt (Art. 1 Nr. 16 AV­mEG). Da­nach er­gab sich die Verände­rung des ak­tu­el­len Ren­ten­werts un­ter Berück­sich­ti­gung der Fak­to­ren der Verände­rung der Brut­to­lohn- und –ge­halts­sum­me je durch­schnitt­lich beschäftig­ten Ar­beit­neh­mer und des Bei­trags­sat­zes zur Ren­ten­ver­si­che­rung der Ar­bei­ter und An­ge­stell­ten (§ 68 Abs. 1 bis 3 SGB VI i.d.F. des AV­mEG). § 255a Abs. 2 SGB VI wur­de durch Art. 1 Nr. 50 AV­mEG da­hin­ge­hend geändert, dass für die Verände­rung des ak­tu­el­len Ren­ten­werts (Ost) die Brut­to­lohn- und -ge­halts­sum­me in den neu­en Bun­desländern maßge­bend ist. Sch­ließlich wur­de § 255c SGB VI durch Art. 1 Nr. 51 AV­mEG mit Wir­kung zum 22. März 2001 (vgl. Art. 12 Abs. 4 AV­mEG) der­ge­stalt geändert, dass die Vor­schrift le­dig­lich als Rechts­grund­la­ge für die Ren­ten­an­pas­sung zum 1. Ju­li 2000 gültig blieb.

Der ak­tu­el­le Ren­ten­wert erhöhte sich da­durch zum 1. Ju­li 2001 um 1,91% auf 49,51 DM, zum 1. Ju­li 2002 um 2,16% auf 25,86 Eu­ro und zum 1. Ju­li 2003 um 1,04% auf 26,13 Eu­ro. Der


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ak­tu­el­le Ren­ten­wert (Ost) erhöhte sich zum 1. Ju­li 2001 um 2,11% auf 43,15 DM, zum 1. Ju­li 2002 um 2,89% auf 22,70 Eu­ro und zum 1. Ju­li 2003 um 1,19% auf 22,97 Eu­ro.

8. Zum 1. Ju­li 2004 wur­de die Ren­ten­pas­sung aus­ge­setzt. Durch Art. 2 des Zwei­ten Ge­set­zes zur Ände­rung des Sechs­ten Bu­ches So­zi­al­ge­setz­buch und an­de­rer Ge­set­ze vom 27. De­zem­ber 2003 (BGBl I S. 3013; im Fol­gen­den: 2. SGB VI-Ände­rungs­ge­setz) wur­de mit Wir­kung zum 1. Ja­nu­ar 2004 fest­ge­legt, dass der ak­tu­el­le Ren­ten­wert und der ak­tu­el­le Ren­ten­wert (Ost) zum1. Ju­li 2004 nicht verändert wer­den.

9. Das Ge­setz zur Si­che­rung der nach­hal­ti­gen Fi­nan­zie­rungs­grund­la­gen der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung (RV-Nach­hal­tig­keits­ge­setz) vom 21. Ju­li 2004 (BGBl I S. 1791) hat die Vor­schrif­ten über den ak­tu­el­len Ren­ten­wert er­neut geändert. In die For­mel zu des­sen Be­stim­mung floss ins­be­son­de­re der so ge­nann­te Nach­hal­tig­keits­fak­tor ein (§ 68 Abs. 4 SGB VI i.d.F. des RV-Nach­hal­tig­keits­ge­set­zes). Für die Be­stim­mung des ak­tu­el­len Ren­ten­werts (Ost) blieb es bei der be­son­de­ren Berück­sich­ti­gung der Brut­to­lohn- und -ge­halts­sum­me im Bei­tritts­ge­biet. Der ak­tu­el­le Ren­ten­wert (Ost) ist da­bei min­des­tens um den Vom­hun­dert­satz an­zu­pas­sen, um den der ak­tu­el­le Ren­ten­wert an­ge­passt wird (§ 255a Abs. 2 SGB VI i.d.F. des RV-Nach­hal­tig­keits­ge­set­zes).

Die An­wen­dung der durch das RV-Nach­hal­tig­keits­ge­setz geänder­ten Vor­schrif­ten über die Ren­ten­an­pas­sung führ­te da­zu, dass we­der der ak­tu­el­le Ren­ten­wert noch der ak­tu­el­le Ren­ten­wert (Ost) zum 1. Ju­li der Jah­re 2005 und 2006 verändert wur­den. Zum 1. Ju­li 2007 wur­de der ak­tu­el­le Ren­ten­wert auf 26,27 Eu­ro und der ak­tu­el­le Ren­ten­wert (Ost) auf 23,09 Eu­ro an­ge­ho­ben (§ 1 der Ver­ord­nung zur Be­stim­mung der Ren­ten­wer­te in der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung und in der Al­ters­si­che­rung der

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Land­wir­te zum 1. Ju­li 2007 <Ren­ten­be­stim­mungs­ver­ord­nung 2007 - RW­BestV 2007> vom 14. Ju­ni 2007, BGBl I S. 1113).

II.

1. Ver­fah­ren 1 BvR 824/03

a) Der 81-jähri­ge Be­schwer­deführer hat in ei­nem Zu­satz­ver­sor­gungs­sys­tem der Deut­schen De­mo­kra­ti­schen Re­pu­blik An­wart­schaf­ten auf Al­ters­ren­te er­wor­ben. Seit 1985 be­zog er Leis­tun­gen aus die­ser Ver­sor­gung. Sie be­tru­gen zum 30. Ju­ni 1990 1.976 M. Die­se Ansprüche wur­den im Zu­ge der Her­stel­lung der Deut­schen Ein­heit in das ge­samt­deut­sche Ren­ten­ver­si­che­rungs­sys­tem über­ge­lei­tet. Da­bei war nach den Fest­stel­lun­gen des Bun­des­so­zi­al­ge­richts bis En­de 1996 für den Wert der Ren­te der be­sitz­geschütz­te Zahl­be­trag maßge­bend, da er den wei­ter­zu­zah­len­den Be­trag und den Be­trag der SGB VI-Ren­te über­stieg. Nach ei­ner zwi­schen­zeit­li­chen Kor­rek­tur durch den Ren­ten­ver­si­che­rungs­träger lag der Zahl­be­trag der Ren­te ab dem 1. Ju­li 1999 bei 3.077,46 DM und ab dem 1. Ju­li 2000 bei 3.095,77 DM.

Mit sei­nem Be­geh­ren, un­ter an­de­rem durch ei­ne höhe­re Ren­ten­an­pas­sung zum 1. Ju­li 2000 ei­nen höhe­ren Zahl­be­trag sei­ner Ren­te zu er­rei­chen, blieb der Be­schwer­deführer im Ver­wal­tungs­ver­fah­ren und im fach­ge­richt­li­chen Rechts­weg oh­ne Er­folg. Zu­letzt wies das Bun­des­so­zi­al­ge­richt die auf die Fra­ge der Ren­ten­an­pas­sung zum 1. Ju­li 2000 be­schränkt zu­ge­las­se­ne Re­vi­si­on des Be­schwer­deführers als un­be­gründet zurück (BS­GE 90, 11). Die ge­set­zesun­mit­tel­ba­re Fest­le­gung des ak­tu­el­len Ren­ten­werts (Ost) wei­che zwar vom re­gelmäßigen An­pas­sungs­mo­dus ab, wi­der­spre­che je­doch nicht den Grund­prin­zi­pi­en der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung. Grund­rech­te des Be­schwer­deführers sei­en nicht ver­letzt. Die lohn- und ge­halts­ori­en­tier­te Ren­ten­an­pas­sung ste­he zwar in­so­weit un­ter dem Schutz der Ei­gen­tums­ga­ran­tie nach Art. 14 Abs. 1 GG, wie sie in­ner­halb der Sys­tem­gren­zen

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der Ren­ten­ver­si­che­rung dem Schutz be­reits er­wor­be­ner geld­wer­ter Rech­te vor in­fla­ti­ons­be­ding­ten Ein­bußen, al­so dem Schutz des rea­len Geld­werts des Rechts auf Ren­te, zu die­nen be­stimmt sei. Die­se grund­recht­lich geschütz­te Po­si­ti­on sei je­doch nicht ver­letzt, weil der Ge­setz­ge­ber un­ter Aus­nut­zung des ihm eröff­ne­ten Ge­stal­tungs­spiel­raums die Ren­ten­an­pas­sung zum 1. Ju­li 2000 an der In­fla­ti­ons­ra­te aus­ge­rich­tet ha­be, um hier­durch - ne­ben an­de­ren Maßnah­men – dem sprung­haf­ten An­stieg der Staats­ver­schul­dung ent­ge­gen zu wir­ken. Wei­te­re Grund­rech­te sei­en eben­falls nicht ver­letzt.

b) Mit sei­ner Ver­fas­sungs­be­schwer­de wen­det sich der Be­schwer­deführer un­mit­tel­bar ge­gen die fach­ge­richt­li­chen Ent­schei­dun­gen und mit­tel­bar ge­gen die zu­grun­de lie­gen­den Rechts­vor­schrif­ten. Er rügt im We­sent­li­chen ei­ne Ver­let­zung der Art. 14 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG. Er ist ins­be­son­de­re der Auf­fas­sung, der Ab­stand der Ren­ten (West) zu den Ren­ten (Ost) sei durch die Ver­wen­dung des­sel­ben Fak­tors zur An­pas­sung des ak­tu­el­len Ren­ten­werts und des ak­tu­el­len Ren­ten­werts (Ost) bei der Ren­ten­an­pas­sung zum 1. Ju­li 2000 nicht ver­rin­gert wor­den.

c) Im Ver­fah­ren ha­ben das Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Ge­sund­heit und So­zia­le Si­che­rung na­mens der Bun­des­re­gie­rung, das Bun­des­so­zi­al­ge­richt, der Ver­band Deut­scher Ren­ten­ver­si­che­rungs­träger (jetzt: Deut­sche Ren­ten­ver­si­che­rung Bund), die Bun­des­ver­si­che­rungs­an­stalt für An­ge­stell­te (jetzt: Deut­sche Ren­ten­ver­si­che­rung Bund), der So­zi­al­ver­band Deutsch­land und der Bund der Ru­he­stands­be­am­ten, Rent­ner und Hin­ter­blie­be­nen Stel­lung ge­nom­men.

2. Ver­fah­ren 1 BvR 1247/07

a) Der 1943 ge­bo­re­ne Be­schwer­deführer be­zieht seit Ok­to­ber 2003 ei­ne Al­ters­ren­te für schwer be­hin­der­te Men­schen. Sei­ne ge­gen die Aus­set­zung der Ren­ten­an­pas­sung zum 1. Ju­li 2004 ge-

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rich­te­ten Rechts­be­hel­fe blie­ben im Ver­wal­tungs­ver­fah­ren und im so­zi­al­ge­richt­li­chen Ver­fah­ren er­folg­los. Zu­letzt wies das Bun­des­so­zi­al­ge­richt ei­ne Re­vi­si­on des Be­schwer­deführers als un­be­gründet zurück. Es könne of­fen blei­ben, ob die Ei­gen­tums­ga­ran­tie nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG auch re­gelmäßige Ren­ten­an­pas­sun­gen um­fas­se. Das Aus­set­zen der Ren­ten­an­pas­sung zum 1. Ju­li 2004 hal­te sich je­den­falls in­ner­halb der Gren­zen, die dem Ge­setz­ge­ber bei der In­halts- und Schran­ken­be­stim­mung des Ei­gen­tums nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG ge­zo­gen sei­en. Die Maßnah­me ha­be dem be­deut­sa­men öffent­li­chen In­ter­es­se an der Si­che­rung der Fi­nan­zie­rung der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung ge­dient, in­dem hier­durch der Bei­trags­satz bei 19,5% sta­bi­li­siert wor­den sei. Darüber hin­aus hätte die Ren­ten­an­pas­sung 2004 nur bei 0,04% ge­le­gen, was beim Be­schwer­deführer le­dig­lich ei­ne Ren­ten­stei­ge­rung von 0,55 Eu­ro im Mo­nat aus­ge­macht hätte.


b) Mit sei­ner Ver­fas­sungs­be­schwer­de wen­det sich der Be­schwer­deführer un­mit­tel­bar ge­gen die Ent­schei­dung des Bun­des­so­zi­al­ge­richts und mit­tel­bar ge­gen Art. 2 des 2. SGB VI-Ände­rungs­ge­set­zes. Er rügt ei­ne Ver­let­zung der Art. 14 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 3 GG.


III.

Die zur ge­mein­sa­men Ent­schei­dung ver­bun­de­nen Ver­fas­sungs­be­schwer­den sind nicht zur Ent­schei­dung an­zu­neh­men. An­nah­me­gründe gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG lie­gen nicht vor. Die Ver­fas­sungs­be­schwer­den sind oh­ne Aus­sicht auf Er­folg. Ei­ne Ver­let­zung von Ver­fas­sungs­rech­ten der Be­schwer­deführer ist nicht er­sicht­lich.

1. Die Ei­gen­tums­ga­ran­tie nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG ist nicht ver­letzt.
 


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a) In der Recht­spre­chung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts ist an­er­kannt, dass Ren­ten­ansprüche und Ren­ten­an­wart­schaf­ten un­ter den Schutz der Ei­gen­tums­ga­ran­tie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG fal­len (vgl. BVerfGE 53, 164 <175>; 53, 257 <290 ff.>; 54, 11 <27>; 55, 114 <131>; 58, 81 <109>; 60, 360 <372 f.>; 64, 87 <97>; 69, 272 <300 f.>; 75, 78 <96 f.>; 76, 256 <293>; 100, 1 <32 ff.>). Da­ge­gen ist of­fen ge­blie­ben, ob und in­wie­weit die­ser ei­gen­tums­recht­li­che Schutz die im gel­ten­den Recht all­ge­mein vor­ge­se­he­ne jähr­li­che Ren­ten­an­pas­sung (vgl. § 63 Abs. 7 SGB VI) mit um­fasst (vgl. BVerfGE 64, 87 <97 f.>; 100, 1 <44>).


b) Die fach­ge­richt­li­che Recht­spre­chung be­ur­teilt die Fra­ge nach der Reich­wei­te des Schutz­be­reichs von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG im Hin­blick auf Ren­ten­an­pas­sun­gen nicht ein­heit­lich. Der 4. Se­nat des Bun­des­so­zi­al­ge­richts ist in dem mit der Ver­fas­sungs­be­schwer­de im Ver­fah­ren 1 BvR 824/03 an­ge­grif­fe­nen Ur­teil der Auf­fas­sung, die lohn- und ge­halts­ori­en­tier­te Ren­ten­an­pas­sung ste­he in­so­weit un­ter dem Schutz der Ei­gen­tums­ga­ran­tie nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG, wie sie in­ner­halb der Sys­tem­gren­zen der Ren­ten­ver­si­che­rung dem Schutz be­reits er­wor­be­ner geld­wer­ter Rech­te vor in­fla­ti­ons­be­ding­ten Ein­bußen, al­so dem Schutz des rea­len Geld­werts des Rechts auf Ren­te, zu die­nen be­stimmt ist. Dem­ge­genüber hat der 13. Se­nat des Bun­des­so­zi­al­ge­richts in dem mit der Ver­fas­sungs­be­schwer­de im Ver­fah­ren 1 BvR 1247/07 an­ge­grif­fe­nen Ur­teil die­se Fra­ge aus­drück­lich of­fen ge­las­sen.


In der rechts­wis­sen­schaft­li­chen Li­te­ra­tur wird die Reich­wei­te des Schut­zes von Ren­ten­ansprüchen und Ren­ten­an­wart­schaf­ten durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG im Hin­blick auf Ren­ten­an­pas­sun­gen nicht ein­heit­lich be­stimmt (be­ja­hend et­wa aus jünge­rer Zeit: He­be­ler, ZFSH/SGB 2001, S. 528 <534>; Kom­men­tar zum Recht der Ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung – So­zi­al­ge­setz­buch Sechs­tes Buch, Bd. 2 – VDR-Ver­bands­kom­men­tar, § 68 Anm. 21.2,
 


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<Be­ar­bei­tungs­stand De­zem­ber 2004>; Ru­land, in: Mit­tei­lun­gen der baye­ri­schen Lan­des­ver­si­che­rungs­an­stal­ten 2005, S. 218 <226>; Wiech­mann, DAng­Vers 2003, S. 307; vgl. auch Wen­ner, Ren­ten­ni­veau und Grund­ge­setz, in: Fest­schrift 50 Jah­re Bun­des­so­zi­al­ge­richt, 2004, S. 625 <632>; ab­leh­nend et­wa Be­cker, in: Mit­tei­lun­gen der baye­ri­schen Lan­des­ver­si­che­rungs­an­stal­ten 2005, S. 228 <239>; Len­ze, NZS 2003, S. 505 <508>).

c) Ob die re­gelmäßige An­pas­sung von Ren­ten un­ter den Schutz der Ei­gen­tums­ga­ran­tie gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG fällt, kann vor­lie­gend of­fen blei­ben. Eben­falls be­darf es kei­ner ab­sch­ließen­den Ent­schei­dung, ob und wie - die An­wen­dung der ver­fas­sungs­recht­li­chen Ei­gen­tums­ga­ran­tie un­ter­stellt - durch die an­ge­grif­fe­nen ge­richt­li­chen Ent­schei­dun­gen und die ih­nen zu­grun­de lie­gen­den Rechts­vor­schrif­ten der Schutz­be­reich von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG be­ein­träch­tigt wird. Da­bei wäre ins­be­son­de­re zwi­schen dem durch die Preis­stei­ge­rung be­ding­ten Wert­ver­lust des mo­nat­li­chen Ren­ten­be­trags ei­ner­seits und der Ab­kop­pe­lung der Ren­ten­an­pas­sung von der Ent­wick­lung der in der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung ver­si­cher­ten Ar­beits­ein­kom­men an­de­rer­seits zu un­ter­schei­den. Hat man Letz­te­res im Blick, so wäre die In­ten­sität der in Fra­ge ste­hen­den Be­ein­träch­ti­gung je­den­falls bei der Aus­set­zung der Ren­ten­an­pas­sung zum 1. Ju­li 2004 ge­ring. Hätte der Ge­setz­ge­ber die Ren­ten­an­pas­sung zum 1. Ju­li 2004 nach der Ein­kom­mens­ent­wick­lung vor­ge­nom­men, wäre der ak­tu­el­le Ren­ten­wert nur um 0,04% von 26,13 Eu­ro auf 26,14 Eu­ro an­ge­ho­ben wor­den. Der Ren­ten­be­trag des Be­schwer­deführers im Ver­fah­ren 1 BvR 1247/07 hätte sich da­nach le­dig­lich um 0,55 Eu­ro im Mo­nat erhöht. Dem­ge­genüber blieb die Ren­ten­an­pas­sung zum 1. Ju­li 2000 nach Einschätzung des Ge­setz­ge­bers in größerem Um­fang hin­ter der Ein­kom­mens­ent­wick­lung zurück. Un­ter An­wen­dung der all­ge­mei­nen An­pas­sungs­for­mel hätten die Ren­ten in den al­ten Bun­desländern um 3,7% und in den neu­en Bun­desländern um 3,5% erhöht wer­den müssen (vgl. BT­Drucks 14/1523, S. 208). Hier­zu hat der Ver­band Deut­scher Ren­ten­ver­si­che­rungs-
 


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träger im Ver­fah­ren 1 BvR 824/03 al­ler­dings mit­ge­teilt, dass sich die Ren­ten im Jah­re 2000, wen­det man die ab 2001 gel­ten­den Vor­schrif­ten der Net­to­an­pas­sung an, le­dig­lich um 1,4% in den al­ten und um 2,2% in den neu­en Bun­desländern erhöht hätten.


d) Selbst wenn man, so­weit die re­gelmäßige jähr­li­che Ren­ten­an­pas­sung an die Ent­wick­lung ge­stie­ge­ner Ar­beits­ein­kom­men in den Jah­ren 2000 und 2004 ganz oder teil­wei­se un­ter­blie­ben ist, dar­in ei­ne Be­ein­träch­ti­gung des Schutz­be­reichs von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG sieht, wäre die Ei­gen­tums­ga­ran­tie vor­lie­gend nicht ver­letzt. So­wohl die am Preis­in­dex aus­ge­rich­te­te Ren­ten­an­pas­sung zum 1. Ju­li 2000 als auch de­ren Un­ter­blei­ben zum 1. Ju­li 2004 stel­len sich als ge­setz­li­che Maßnah­men dar, die In­halt und Schran­ken gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG ver­fas­sungs­gemäß be­stim­men würden. Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt hat bei der ei­gen­tums­recht­li­chen Prüfung auf die Höhe von Ren­ten­leis­tun­gen be­zo­ge­ner ge­setz­li­cher Re­ge­lun­gen an­er­kannt, dass dem Ge­setz­ge­ber ei­ne aus­rei­chen­de Fle­xi­bi­lität er­hal­ten blei­ben muss, um das Ren­ten­ver­si­che­rungs­sys­tem und ins­be­son­de­re des­sen Fi­nan­zie­rung zu gewähr­leis­ten. Da­her ver­fes­tigt die Ei­gen­tums­ga­ran­tie das Ren­ten­ver­si­che­rungs­sys­tem nicht so, dass es starr wird und den An­for­de­run­gen un­ter veränder­ten Umständen nicht mehr genügen kann (vgl. BVerfGE 53, 257 <293>; 58, 81 <110>; 69, 272 <304>; 100, 1 <37 f.>). Ge­setz­li­che Maßnah­men, die der Er­hal­tung der Funk­ti­ons- und Leis­tungsfähig­keit der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung die­nen, müssen al­ler­dings von ei­nem ge­wich­ti­gen öffent­li­chen In­ter­es­se ge­tra­gen und verhält­nismäßig sein.


aa) Bei­de Maßnah­men sind von dem ge­wich­ti­gen öffent­li­chen In­ter­es­se be­stimmt, ei­nem Fi­nan­zie­rungs­de­fi­zit der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung ent­ge­gen zu wir­ken. Maßge­bend für die Aus­rich­tung der Ren­ten­an­pas­sung am Ziel des In­fla­ti­ons­aus­gleichs zum 1. Ju­li 2000 war der sprung­haf­te An­stieg der
 


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Staats­ver­schul­dung. Die Fi­nan­zie­rungslücke im Bun­des­haus­halt hätte oh­ne ge­gen­steu­ern­de Maßnah­men bei rund 80 Mil­li­ar­den DM ge­le­gen (vgl. BT­Drucks 14/1523, S. 1). Spe­zi­ell in der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung soll­te mit der Re­ge­lung zur Ren­ten­an­pas­sung zum 1. Ju­li 2000 und 2001 ei­ne Ab­sen­kung oder je­den­falls Sta­bi­li­sie­rung des Bei­trags­sat­zes, ei­ne Ab­sen­kung des zusätz­li­chen Bun­des­zu­schus­ses und ei­ne Ab­sen­kung der an der Ren­ten­an­pas­sung ori­en­tier­ten kurz­fris­ti­gen So­zi­al­leis­tun­gen be­wirkt wer­den. Die Haus­hal­te der Länder und Ge­mein­den soll­ten durch die Maßnah­men im Jahr 2000 um 0,3 Mil­li­ar­den DM und im Jahr 2001 um 0,7 Mil­li­ar­den DM ent­las­tet wer­den. Der Ge­setz­ge­ber woll­te durch die Mo­di­fi­zie­rung der Ren­ten­an­pas­sung die Rent­ner an der so­li­da­ri­schen An­stren­gung der gan­zen Ge­sell­schaft, zu spa­ren und ins­be­son­de­re die Al­ters­vor­sor­ge lang­fris­tig zu si­chern, be­tei­li­gen (vgl. BT­Drucks 14/1523, S. 207 f.). Die Aus­set­zung der Ren­ten­an­pas­sung zum 1. Ju­li 2004 dien­te eben­falls der Sta­bi­li­sie­rung des Bei­trags­sat­zes von 19,5% und da­mit der Sta­bi­li­sie­rung des Ren­ten­ver­si­che­rungs­sys­tems ins­ge­samt (vgl. BT­Drucks 15/1830, S. 8).


bb) Der Ge­setz­ge­ber durf­te un­ter Ausschöpfung des ihm bei der Ge­stal­tung des So­zi­al­rechts zu­kom­men­den Spiel­raums (vgl. BVerfGE 75, 78 <101>; 76, 220 <241>; 100, 1 <37>) die prei­sin-dex­ori­en­tier­te Ren­ten­an­pas­sung zum 1. Ju­li 2000 und die Aus­set­zung der Ren­ten­an­pas­sung zum 1. Ju­li 2004 als ge­eig­net und er­for­der­lich an­se­hen. Die Einschätzung der von den bei­den Maßnah­men aus­ge­hen­den Ent­las­tungs­wir­kun­gen zu­guns­ten der öffent­li­chen Haus­hal­te und der Bei­trags­zah­ler ist nicht zu be­an­stan­den. Das Auf­tre­ten ei­nes er­heb­li­chen Fi­nan­zie­rungs­de­fi­zits hätte in der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung ent­we­der die Erhöhung des Bei­trags­sat­zes oder die Erhöhung des Bun­des­zu­schus­ses zur Ren­ten­ver­si­che­rung zur Fol­ge ge­habt (vgl. § 153, § 158 Abs. 1, § 213 SGB VI). Es liegt in­ner­halb des dem Ge­setz­ge­ber ein­geräum­ten Ge­stal­tungs­er­mes­sens, wenn er der Sta­bi­li­sie­rung oder der Ver­rin­ge­rung des Bei­trags­sat­zes zur ge­setz­li­chen Ren-

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ten­ver­si­che­rung Prio­rität, ins­be­son­de­re aus ar­beits­markt­po­li­ti­schen Gründen, einräumt. Da­bei liegt die An­nah­me, dass ei­ne Erhöhung des pa­ritätisch vom Ar­beit­ge­ber mit zu tra­gen­den Bei­trags­sat­zes zur ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung den Fak­tor Ar­beit zusätz­lich ver­teu­ert und zum Weg­fall oder zum Nicht­ent­ste­hen ver­si­che­rungs­pflich­ti­ger Beschäfti­gungs­verhält­nis­se beiträgt, in der Einschätzungs­präro­ga­ti­ve des zur Ge­stal­tung des So­zi­al­staats be­ru­fe­nen Ge­setz­ge­bers (vgl. BVerfGE 76, 220 <241>). Er war auch nicht ge­hal­ten, an­ge­sichts der an­ge­spann­ten Haus­halts­la­ge von Bund, Ländern und Kom­mu­nen ei­ne De­ckung des Fi­nan­zie­rungs­de­fi­zits in der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung über ei­ne Erhöhung des Bun­des­zu­schus­ses zur Ren­ten­ver­si­che­rung si­cher­zu­stel­len (vgl. zur La­ge des Bun­des­haus­hal­tes 2004 ein­ge­hend Ur­teil des Zwei­ten Se­nats vom 9. Ju­li 2007 - 2 BvF 1/04, Rn. 11, 146 ff. im In­ter­net verfügbar un­ter www.bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt.de). Bei der Aus­ga­ben­po­li­tik muss­te der Ge­setz­ge­ber auch die Ver­pflich­tun­gen zur Ein­hal­tung des eu­ropäischen Sta­bi­litätspakts be­ach­ten.

cc) Die mit den Ver­fas­sungs­be­schwer­den an­ge­grif­fe­nen ge­setz­li­chen Maßnah­men wa­ren auch verhält­nismäßig. Die Ren­ten­an­pas­sung in Höhe des In­fla­ti­ons­aus­gleichs war auf die Jah­re 2000 und 2001 be­grenzt und wur­de letzt­lich so­gar nur im Jahr 2000 durch­geführt. Die Aus­set­zung der Ren­ten­an­pas­sung war auf die zum 1. Ju­li 2004 zu er­fol­gen­de Ren­ten­an­pas­sung be­schränkt. Bei­de Maßnah­men bil­de­ten le­dig­lich zeit­lich be­grenz­te, punk­tu­el­le Aus­nah­men von dem an­sons­ten gel­ten­den Grund­satz der jähr­lich an die Ent­wick­lung der Ar­beits­ein­kom­men aus­ge­rich­te­ten Ren­ten­an­pas­sun­gen. Sie hat­ten kein struk­tu­rel­les Ge­wicht. Im Jah­re 2000 hat­ten sie ei­nen ak­tu­el­len fis­ka­li­schen An­lass, im Jah­re 2004 wa­ren sie als Über­g­angs­maßnah­men während der gleich­zei­tig durch­geführ­ten Ar­bei­ten an ei­ner nach­hal­ti­gen Re­form der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung zur Bewälti­gung der Her­aus­for­de­run­gen des de­mo­gra­phi­schen Wan­dels an­ge­legt (vgl. da­zu BT­Drucks 15/1830; S. 1; Schluss­be­richt der En­que­te-


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Kom­mis­si­on „De­mo­gra­phi­scher Wan­del - Her­aus­for­de­run­gen un­se­rer älter wer­den­den Ge­sell­schaft an den Ein­zel­nen und die Po­li­tik“, BT­Drucks 14/8800, S. 33).

Bei­de ge­setz­li­chen Maßnah­men führ­ten zu­dem nicht zu ei­ner be­tragsmäßigen Re­du­zie­rung der mo­nat­li­chen Ren­te; der Ren­ten­be­trag wur­de zum 1. Ju­li 2000 im­mer­hin – wenn auch ge­ringfügig – erhöht. Sie hat­ten le­dig­lich zur Fol­ge, dass sich der Wert der Ren­ten­beträge in­fol­ge der zwi­schen­zeit­li­chen Geld­ent­wer­tung min­der­te. Tatsächlich stieg der Ver­brau­cher­preis­in­dex im Jahr 2001 ge­genüber dem Vor­jahr um 2% und im Jahr 2005 ge­genüber dem Vor­jahr um 2,1% an (vgl. Sta­tis­ti­sches Bun­des­amt, Sta­tis­ti­sches Jahr­buch 2006, Nr. 20.10, S. 510). Von den Be­schwer­deführern wur­de je­doch we­der sub­stan­ti­iert vor­ge­tra­gen noch ist sonst er­sicht­lich, dass die­se verhält­nismäßig ge­rin­ge Ent­wer­tung der Ren­ten­beträge in­fol­ge der zwi­schen­zeit­li­chen Preis­stei­ge­rung ei­nen er­heb­li­chen Nach­teil be­gründe­te.

2. Die zur Prüfung ste­hen­den ge­setz­li­chen Maßnah­men ha­ben die Be­schwer­deführer auch nicht in ei­nem schützens­wer­ten Ver­trau­en auf die Kon­ti­nuität der Leis­tun­gen der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung ver­letzt. Ein Ver­s­toß ge­gen das Rechts- und das So­zi­al­staats­prin­zip (Art. 20 Abs. 1 und 3 GG) ist nicht er­sicht­lich.

a) Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt hat im Be­schluss vom 10. Mai 1983 (BVerfGE 64, 87) fest­ge­stellt, dass die Ent­wick­lung der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung in den sei­ner Ent­schei­dung vor­aus­ge­gan­ge­nen Jahr­zehn­ten durch­aus die Er­war­tung bei den be­trof­fe­nen Rent­nern be­gründet ha­be, es fände ei­ne fortwähren­de Erhöhung des Leis­tungs­ni­veaus der Ren­ten statt. Aus die­ser Er­war­tung er­ge­be sich je­doch kein schützens­wer­tes Ver­trau­en in ei­ne un­ein­ge­schränk­te und ste­ti­ge Ren­ten­erhöhung, weil we­der die Rechts­la­ge noch die Sys­te­ma­tik der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung ei­ne ent­spre­chen­de Au­to­ma­tik be­gründen könn­ten (vgl.


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BVerfGE 64, 87 <104 f.> m.w.N.; vgl. auch BVerfGE 58, 81 <122 f.>). Ver­ant­wort­lich für den ste­ti­gen An­stieg des Ren­ten­ni­veaus sei die güns­ti­ge wirt­schaft­li­che Ent­wick­lung ge­we­sen. Dem­zu­fol­ge kam das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt zu dem Er­geb­nis, dass die von ihm zu prüfen­de, durch das 21. Ren­ten­an­pas­sungs­ge­setz an­ge­ord­ne­te Ver­schie­bung der Ren­ten­an­pas­sung im Jahr 1978 und die Ab­kop­pe­lung der Ren­ten­an­pas­sun­gen von der Ein­kom­mens­ent­wick­lung in den Jah­ren 1979 bis 1981 nicht ge­gen die Ver­fas­sung ver­stießen.

b) Al­ler­dings ist der Ge­setz­ge­ber bei Ein­grif­fen in die Sys­te­ma­tik der re­gelmäßigen Ren­ten­an­pas­sung ver­fas­sungs­recht­lich ge­bun­den. Im Be­reich der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung be­gründen die lang­fris­ti­gen Bei­trags­ver­pflich­tun­gen, die erst zu ei­nem sehr viel später lie­gen­den Zeit­punkt zu Leis­tun­gen führen, ein be­son­de­res Ver­trau­en auf den Fort­be­stand ge­setz­li­cher Leis­tungs­re­ge­lun­gen (vgl. BVerfGE 69, 272 <309>), zu de­nen auch die Vor­schrif­ten über die re­gelmäßige Ren­ten­an­pas­sung gehören. Zu­dem folgt aus dem in der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung grundsätz­lich an­ge­ord­ne­ten, die all­ge­mei­ne Hand­lungs­frei­heit nach Art. 2 Abs. 1 GG berühren­den Ver­si­che­rungs­zwang mit ei­nem er­heb­li­chen Bei­trags­satz­ni­veau die Pflicht des Ge­setz­ge­bers, für die er­brach­ten Bei­trags­leis­tun­gen im Ver­si­che­rungs­fall adäqua­te Ver­si­che­rungs­leis­tun­gen zu er­brin­gen (vgl. für die Min­de­rung von Leis­tun­gen BVerfGE 97, 271 <286>, für das Leis­tungs­recht der ge­setz­li­chen Kran­ken­ver­si­che­rung vgl. BVerfGE 115, 25 <42 ff.>). Sch­ließlich dürfen die Re­ge­lun­gen über die Ren­ten­an­pas­sung nicht zu ei­ner sub­stan­ti­el­len Ent­wer­tung der er­reich­ten Ansprüche und An­wart­schaf­ten mit der Fol­ge führen, dass die­se im Er­geb­nis leer lau­fen (vgl. BVerfGE 64, 87 <97 f.>).

c) Es be­darf je­doch im vor­lie­gen­den Zu­sam­men­hang kei­ner Ent­schei­dung, wo kon­kret der so­zi­al­po­li­ti­sche Ge­stal­tungs­spiel­raum des Ge­setz­ge­bers bei der Aus­ge­stal­tung der Leis­tun­gen der


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ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung sei­ne Gren­ze fin­det, weil die Ren­te ih­re Funk­ti­on als sub­stan­ti­el­le Al­ters­si­che­rung verlöre. Denn es ist of­fen­sicht­lich, dass die vor­lie­gend mit den Ver­fas­sungs­be­schwer­den an­ge­grif­fe­nen Maßnah­men die­se Gren­ze nicht er­rei­chen. Sie führ­ten le­dig­lich zu ei­ner zeit­lich be­grenz­ten, eher ge­rin­gen Ent­wer­tung der Ren­ten­beträge durch die zwi­schen­zeit­li­che Stei­ge­rung der Le­bens­hal­tungs­kos­ten.

3. Die im Jah­re 2000 er­folg­te An­pas­sung des ak­tu­el­len Ren­ten­werts und des ak­tu­el­len Ren­ten­werts (Ost) nach dem glei­chen Stei­ge­rungs­satz ver­letzt auch nicht den all­ge­mei­nen Gleich­heits­satz des Art. 3 Abs. 1 GG.

a) Das Grund­recht des Art. 3 Abs. 1 GG ge­bie­tet, al­le Men­schen vor dem Ge­setz gleich zu be­han­deln. Der Gleich­heits­satz kann al­ler­dings ver­letzt sein, wenn für die glei­che Be­hand­lung ver­schie­de­ner Sach­ver­hal­te - be­zo­gen auf den in Re­de ste­hen­den Sach­be­reich und sei­ne Ei­gen­art - ein vernünf­ti­ger, ein­leuch­ten­der Grund fehlt (vgl. BVerfGE 90, 226 <239>; 109, 96 <123>).

b) Der Ge­setz­ge­ber war da­nach ver­fas­sungs­recht­lich nicht ver­pflich­tet, für Rent­ner, de­ren Ansprüche sich nach den be­son­de­ren Vor­schrif­ten für das Bei­tritts­ge­biet (vgl. ins­be­son­de­re §§ 254b ff. SGB VI) be­stim­men, ei­ne be­son­de­re Form der Ren­ten­an­pas­sung zum 1. Ju­li 2000 vor­zu­se­hen. Seit der Her­stel­lung der Deut­schen Ein­heit hat ei­ne kon­ti­nu­ier­li­che Annäherung des ak­tu­el­len Ren­ten­werts (Ost) an den ak­tu­el­len Ren­ten­wert statt ge­fun­den. Der ak­tu­el­le Ren­ten­wert (Ost) hat­te zum 1. Ju­li 1999 rund 87% des ak­tu­el­len Ren­ten­werts er­reicht. Der Ge­setz­ge­ber hat­te - wie oben dar­ge­stellt (sie­he un­ter III 1 d aa) - nach­voll­zieh­ba­re und sach­lich ge­wich­ti­ge Gründe, im Rah­men der Son­der­re­ge­lung der Ren­ten­an­pas­sung zum 1. Ju­li 2000 auf ei­nen dif­fe­ren­zier­ten An­pas­sungs­mo­dus zu ver­zich­ten. Die sei­ne Ent­schei­dung tra­gen­den Gründe der Haus­halts­ent­las­tung


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hat­ten für die Ren­ten­be­zie­her der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land ins­ge­samt Gel­tung.

Von ei­ner wei­te­ren Be­gründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG ab­ge­se­hen.

Die­se Ent­schei­dung ist un­an­fecht­bar.

Pa­pier

St­ei­ner

Gai­er

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