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LAG Ba­den-Würt­tem­berg, Be­schluss vom 21.06.2011, 11 Ta 10/11

   
Schlagworte: Equal-Pay-Klage
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Aktenzeichen: 11 Ta 10/11
Typ: Beschluss
Entscheidungsdatum: 21.06.2011
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Freiburg, Urteil vom 13.04.2011, 3 Ca 497/10
   

Lan­des­ar­beits­ge­richt Ba­den-Würt­tem­berg - Kam­mern Frei­burg -
Ak­ten­zei­chen:
11 Ta 10/11

3 Ca 497/10 (ArbG Frei­burg)

 

Be­schluss vom 21.06.2011

 

Im Be­schwer­de­ver­fah­ren mit den Be­tei­lig­ten

1.
- Kläger/Be­schwer­deführer -

Proz.-Bev.:

2.
- Be­klag­te/Be­schwer­de­geg­ne­rin -

Proz.-Bev.:

hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt Ba­den-Würt­tem­berg
- Kam­mern Frei­burg - 11. Kam­mer -
durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Lan­des­ar­beits­ge­richt Bern­hard oh­ne münd­li­che Ver­hand­lung am 21.06.2011

be­schlos­sen:

1. Die so­for­ti­ge Be­schwer­de des Klägers ge­gen den Be­schluss des Ar­beits­ge­richts Frei­burg vom 13.04.2011 - Az. 3 Ca 497/10 - wird auf Kos­ten des Klägers zu-rück­ge­wie­sen.

2. Zur Klar­stel­lung wird der Be­schluss des Ar­beits­ge­richts vom 13.04.2011 - Az. 3 Ca 497/10 - wie folgt neu ge­fasst:
Der Rechts­streit wird bis zur rechts­kräfti­gen Ent­schei­dung ei­nes gemäß §§ 2 a Abs. 1 Nr. 4, 97 Abs. 1 und 5 ArbGG geführ­ten Be­schluss­ver­fah­rens über die Fra­ge, ob die Ta­rif­ge­mein­schaft Christ­li­che Ge­werk­schaf­ten für Zeit­ar­beit und Per­so­nal­ser­vice­agen­tu­ren am 19.06.2006 ta­riffähig war, aus­ge­setzt.

3. Die Rechts­be­schwer­de wird zu­ge­las­sen.

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Gründe:

I.

Die Par­tei­en strei­ten vor­lie­gend zunächst darüber, ob ihr Rechts­streit um ei­ne so­ge­nann­te equal-pay-Kla­ge nach § 97 Abs. 5 Satz 1 ArbGG wirk­sam aus­ge­setzt wur­de.

Der Aus­set­zungs­ent­schei­dung des Ar­beits­ge­richts zu­grun­de liegt der Rechts­streit des Klägers als ehe­ma­li­gem Leih­ar­beit­neh­mer ge­gen die Be­klag­te als Ver­lei­he­rin auf Zah­lung des Lohns ver­gleich­ba­rer Ar­beit­neh­mer ver­schie­de­ner Ent­lei­her nach dem Lohn- und Ge­halts­rah­men­ta­rif­ver­trag für das Schrei­ner­hand­werk in Ba­den-Würt­tem­berg, bei de­nen er im Jahr 2007 ein­ge­setzt war. Hilfs­wei­se be­gehrt der Kläger Aus­kunft von der Be­klag­ten über die­je­ni­gen Ar­beits­be­din­gun­gen, die ver­gleich­ba­ren Stamm­ar­beit­neh­mern der Ent­lei­h­un­ter­neh­men gewährt wur­den so­wie die Zah­lung der sich hier­aus er­ge­ben­den Dif­fe­renz­vergütung.

Der Kläger, ge­lern­ter Schrei­ner, war im Jahr 2007 in der Zeit zwi­schen dem 21.01. und 21.12. mit Un­ter­bre­chun­gen von der Be­klag­ten an ver­schie­de­ne Hand­werks­be­trie­be für Schrei­nertätig­kei­ten ver­lie­hen wor­den. Un­ter dem 02.04.2007 hat­ten die Par­tei­en ei­nen Ar­beits­ver­trag auf der Grund­la­ge der Ta­rif­verträge zur Zeit­ar­beit zwi­schen dem Ar­beit­ge­ber­ver­band Mit­telständi­scher Per­so­nal­dienst­leis­ter (AMP) und der Ta­rif­ge­mein­schaft Christ­li­che Ge­werk­schaf­ten Zeit­ar­beit und PSA (CG­ZP) ge­schlos­sen, wo­nach die ta­rif­li­chen Be­stim­mun­gen An­wen­dung fin­den soll­ten. Ent­spre­chend wur­de der Kläger nach dem Ent­gelt­ta­rif­ver­trag/West vom 19.06.2006 zwi­schen dem AMP und der CG­ZP vergütet.

Im Hin­blick auf die Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts vom 14.12.2010 - 1 ABR 19/10 - macht der Kläger für die Beschäfti­gungs­zei­ten im Jah­re 2007 die Dif­fe­renz zwi­schen dem ab­ge­rech­ne­ten Lohn und dem un­ter Zu­grun­de­le­gung des Ta­rif­b­rut­to­stun­den­lohns des da­mals ak­tu­el­len Lohn- und Ge­halts­rah­men­ta­rif­ver­trags für das Schrei­ner­hand­werk in Ba­den-Würt­tem­berg er­rech­ne­ten als "equal-pay"-An­spruch be­zif­fert gel­tend.

Mit Be­schluss vom 13.04.2011 setz­te das Ar­beits­ge­richt den Rechts­streit aus bis zur rechts­kräfti-

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schluss­ver­fah­rens über die Fra­ge, ob die Ta­rif­ge­mein­schaft Christ­li­che Ge­werk­schaf­ten für Zeit­ar­beit und Per­so­nal­ser­vice­agen­tu­ren am 19.06.2006 ta­riffähig war.

Zur Be­gründung führ­te das Ar­beits­ge­richt aus, nach § 97 Abs. 5 ArbGG ha­be das Ge­richt ei­nen Rechts­streit bis zur Er­le­di­gung des Be­schluss­ver­fah­rens nach § 2 a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG aus­zu­set­zen, wenn die Ent­schei­dung des Rechts­streits da­von abhänge, ob ei­ne Ver­ei­ni­gung ta­riffähig sei. Die­se Vor­aus­set­zung sei ge­ge­ben, weil der Kläger equal-pay-Ansprüche gel­tend ma­che, die ihm nur zustünden, wenn kein gülti­ger Ta­rif­ver­trag im Be­reich der Ar­beit­neh­merüber­las­sung ab-wei­chen­de Re­ge­lun­gen zu­las­se. Ent­schei­dend sei dem­gemäß, ob der Ent­gelt­ta­rif­ver­trag/West vom 19.06.2006 zwi­schen dem AMP und der CG­ZP wirk­sam ab­ge­schlos­sen wor­den sei. Sei die CG­ZP auch zum Zeit­punkt des 19.06.2006 ta­rif­unfähig ge­we­sen, feh­le es an ih­rer Be­fug­nis Ta­rif­verträge ab­zu­sch­ließen. Den­noch ab­ge­schlos­se­ne Ta­rif­verträge sei­en un­wirk­sam und da­mit nich­tig. In die­sem Fal­le wäre auch die Ver­ein­ba­rung schlech­te­rer Ar­beits­be­din­gun­gen als der­je­ni­gen, die im Be­trieb der Ent­lei­her gel­ten, un­wirk­sam. Dann müss­te dem Kläger die Vergütung ge­zahlt wer­den, die ver­gleich­ba­re Ar­beit­neh­mer der Ent­lei­her er­hal­ten.

Das Bun­des­ar­beits­ge­richt ha­be in sei­ner Ent­schei­dung vom 14.12.2010 zwar die Ta­rif­unfähig­keit der CG­ZP fest­ge­stellt, was auch Wir­kung für und ge­gen al­le ha­be und je­den­falls für die Zu­kunft gel­te. Ei­ne Rück­wir­kung der Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts könne je­doch nicht an­ge­nom­men wer­den, weil sie selbst klar­ge­stellt ha­be, le­dig­lich ge­gen­warts­be­zo­gen zu sein. Zwar schei­ne ma­te­ri­ell-recht­lich das Er­geb­nis vor­ge­ge­ben, dass auch zum Zeit­punkt der Ta­rif­ver­ein­ba­rung vom 19.06.2006 der CG­ZP die Ta­riffähig­keit ge­fehlt ha­be, ge­ra­de aber wenn auf­grund der Ge­fahr dop­pel­ter Rechtshängig­keit die Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts aus­sch­ließlich ge­gen­warts­be­zo­gen aus­fal­le, könne der Be­schluss nicht in sein Ge­gen­teil ver­kehrt wer­den, in­dem sei­ne Rechts­kraft aus­ge­wei­tet wer­de.

Mit sei­ner am 29.04.2011 beim Lan­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen so­for­ti­gen Be­schwer­de wen­det sich der Kläger ge­gen den ihm am 18.04.2011 zu­ge­stell­ten Aus­set­zungs­be­schluss. Er ver­tritt die Auf­fas­sung, der Ge­gen­warts­be­zug in der Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts vom 14.12.2010 sei le­dig­lich zur Ab­gren­zung im Hin­blick auf den Ein­wand der dop­pel­ten Rechtshängig­keit hin­sicht­lich des dort ge­nann­ten Ver­fah­rens vor dem Ar­beits­ge­richts Ber­lin 63 BV 9415/08 er­folgt, weil dort eben­falls ein ge­gen­warts­be­zo­ge­ner An­trag ge­stellt wor­den sei. Aus der ma­te­ri­el-

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len Rechts­kraft­wir­kung des Be­schlus­ses im Ver­fah­ren 1 AZR 19/10 fol­ge, dass kein Er­for­der­nis be­ste­he, das vor­lie­gen­de Ver­fah­ren aus­zu­set­zen.

Das Ar­beits­ge­richt hat der Be­schwer­de nicht ab­ge­hol­fen und sie dem Be­schwer­de­ge­richt zur Ent­schei­dung vor­ge­legt.

II.

Die in­ner­halb der ge­setz­li­chen Zwei-Wo­chen-Frist, ge­rech­net ab Zu­stel­lung des ar­beits­ge­richt­li­chen Be­schlus­ses, ein­ge­leg­te so­for­ti­ge Be­schwer­de des Klägers ist zulässig, sie ist aber nicht be­gründet. Das Ar­beits­ge­richt hat den Rechts­streit zu Recht aus­ge­setzt und dies mit zu­tref­fen­den Ar­gu­men­ten be­gründet. Die An­grif­fe der Be­schwer­de hier­ge­gen recht­fer­ti­gen kein an­de­res Er­geb­nis.

1. Nach § 97 Abs. 5 Satz 1 Al­tern. 1 ArbGG hat das Ge­richt das Ver­fah­ren bis zur Er­le­di­gung des in § 2 a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG vor­ge­se­he­nen Be­schluss­ver­fah­rens aus­zu­set­zen, wenn die Ent­schei­dung ei­nes Recht­streits da­von abhängt, ob ei­ne Ver­ei­ni­gung ta­riffähig ist. Die nicht ins Er­mes­sen des Ge­richts ge­stell­te Aus­set­zung ist dem Um­stand ge­schul­det, dass über die Fra­ge der Ta­riffähig­keit und Ta­rif­zuständig­keit ei­ner Ver­ei­ni­gung aus­sch­ließlich im ar­beits­ge­richt­li­chen Be­schluss­ver­fah­ren nach § 2 a Abs. 1 Nr. 4 mit den sich aus § 97 Abs. 1 bis 4 ArbGG er­ge­ben­den Be­son­der­hei­ten mit bin­den­der Wir­kung ent­schie­den wer­den kann, denn der Be­schluss über die Ta­riffähig­keit oder Ta­rif­zuständig­keit ei­ner Ver­ei­ni­gung erwächst in for­mel­le und auch in ma­te­ri­el­le Rechts­kraft, die sich in sub­jek­ti­ver Hin­sicht nicht auf die Ver­fah­rens­be­tei­lig­ten, son­dern auf je­der­mann er­streckt (BAG 28.03.2006 - 1 ABR 58/04 - NZA 2006, 1112).

Vor­aus­set­zung der Aus­set­zungs­pflicht ist, dass es im aus­zu­set­zen­den Ver­fah­ren als Vor­fra­ge um die Ta­riffähig­keit oder Ta­rif­zuständig­keit ei­ner Ver­ei­ni­gung geht und die­se Fra­ge vor­greif­lich ist. Die Ent­schei­dung des Rechts­streits im aus­zu­set­zen­den Ver­fah­ren muss al­so da­von abhängen, dass sie bei Be­ja­hung der Ta­riffähig­keit bzw. Ta­rif­zuständig­keit an­ders ausfällt, als bei ih­rer Ver­nei­nung.

Der Kläger be­gründet sei­ne Klag­for­de­rung mit dem equal-pay-An­spruch. Die­ser steht ihm nur

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zur Zeit­ar­beit zwi­schen dem Ar­beit­ge­ber­ver­band Mit­telständi­scher Per­so­nal­dienst­leis­ter AMP und der Ta­rif­ge­mein­schaft Christ­li­che Ge­werk­schaf­ten Zeit­ar­beit und PSA (CG­ZP) kei­ne Rechts­wir­kun­gen ent­fal­ten können, weil sie, und dies ist der ein­zi­ge Streit­punkt, man­gels Ta­riffähig­keit der CG­ZP un­wirk­sam sind. Nur in die­sem Fal­le kann der Kläger statt der ar­beits-ver­trag­lich/ta­rif­ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Vergütung die ein­ge­klag­te Vergütung nach den Be­din­gun­gen er­hal­ten, wel­che in den Kun­den­be­trie­ben der Be­klag­ten üblich sind.

Die Aus­set­zung des Rechts­streits nach § 97 Abs. 5 Satz 1 ArbGG ist al­ler­dings nur dann ge­bo­ten, wenn die Fra­ge der Ta­riffähig­keit oder Ta­rif­zuständig­keit zwei­fel­haft ist. Dies ist dann der Fall, wenn ent­we­der die Ta­riffähig­keit der Ge­werk­schaft strei­tig ist oder aber, wenn ge­gen die­se Be­den­ken be­ste­hen, wo­bei all­ge­mein be­kannt ge­wor­de­ne Be­den­ken zu berück­sich­tig­ten und vom Ar­beits­ge­richt auf­zu­grei­fen sind (BAG 28.01.2008 - 3 AZB 30/07 - NZA 2008, 489 - 491). Ei­ne Aus­set­zung kommt trotz be­ste­hen­der Zwei­fel je­doch dann nicht in Be­tracht, wenn über die Fra­ge der Ta­riffähig­keit bzw. Ta­rif­zuständig­keit be­reits rechts­kräftig ent­schie­den und die­ser Be­schluss noch im­mer bin­dend ist (Schwab/Weth/Wal­ker § 97 ArbGG, Rz. 44; BAG 01.02.1983 - 1 ABR 33/78 - BA­GE 41, 316).
Aus dem pro­zes­sua­len Ver­hal­ten der Be­klag­ten ist zu fol­gern, dass die Be­klag­te von ei­ner Ver­bind­lich­keit der ar­beits­ver­trag­lich in Be­zug ge­nom­me­nen Ta­rif­re­ge­lun­gen und da­mit von der Ta­riffähig­keit der CG­ZP zum Zeit­punkt des Ab­schlus­ses des für den streit­ge­genständ­li­chen Zeit­raum maßgeb­li­chen Ent­gelt­ta­rif­ver­trag/West vom 19.06.2006 nach wie vor aus­geht. Hier­auf deu­ten der Hin­weis des Ar­beits­ge­richts im Nicht­ab­hil­fe­be­schluss vom 17.05.2011 in Kennt­nis des Rechts­gespräches aus der Güte­ver­hand­lung vom 04.03.2011 zwi­schen Ge­richt und Par­tei­en, aber auch die Ein­las­sung der Be­klag­ten im Be­schwer­de­ver­fah­ren, in der sie sich dar­auf be­ruft, dass es für den Zeit­raum vor dem 07.12.2009 an ei­ner rechts­kräfti­gen und da­mit bin­den­den Ent­schei­dung zur Ta­riffähig­keit der CG­ZP feh­le. Ist die Fra­ge der Ta­riffähig­keit aber zwi­schen den Par­tei­en des aus­zu­set­zen­den Rechts­streits strei­tig, kommt es für die Aus­set­zungs­ent­schei­dung nicht dar­auf an, ob das aus­set­zen­de Ge­richt we­gen all­ge­mein be­kannt ge­wor­de­ner Be­den­ken auch selbst sol­che hegt. Ist die Ta­riffähig­keit ei­ner Ge­werk­schaft oder ei­nes Spit­zen­ver­ban­des zwi­schen den Par­tei­en des aus­zu­set­zen­den Rechts­streits strei­tig, kann die Aus­set­zung nur dann un­ter­blei­ben, wenn über die Fra­ge der Ta­riffähig­keit bzw. Ta­rif­zuständig­keit be­reits rechts­kräftig ent­schie­den und die­ser Be­schluss noch

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im­mer bin­dend ist. Da­von aber kann vor­lie­gend, ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Klägers und mit dem Ar­beits­ge­richt, nicht aus­ge­gan­gen wer­den.

Das Bun­des­ar­beits­ge­richt hat in sei­ner Ent­schei­dung vom 14.12.2010 zwar fest­ge­stellt, dass die CG­ZP nicht ta­riffähig ist, sie hat die­se Fest­stel­lung je­doch aus­drück­lich ge­gen­warts­be­zo­gen ge­trof­fen. Es hat sich da­bei ori­en­tiert an der An­trag­stel­lung der die Fest­stel­lung be­geh­ren­den Par­tei­en, die es aus Wort­laut und Be­gründung ge­gen­warts­be­zo­gen aus­ge­legt hat. Maßgeb­lich für die Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts war des­halb al­lein die ge­genwärti­ge Ta­rif­unfähig­keit un­ter Berück­sich­ti­gung der Sat­zung in der Fas­sung vom 08.10.2009. Das Bun­des­ar­beits­ge­richt hat den An­trag von ver.di und den Haupt­an­trag des Lan­des Ber­lin aus­drück­lich als nicht ver­gan­gen­heits­be­zo­gen an­ge­se­hen, wes­halb da­von aus­zu­ge­hen ist, dass es auch nicht ver­gan­gen­heits­be­zo­gen ent­schei­den woll­te.

Die Ab­sicht des Bun­des­ar­beits­ge­richts, sich streng an dem von ihm so ver­stan­de­nen An­trags­be­geh­ren der An­trag­stel­ler zu ori­en­tie­ren wird auch deut­lich an der Ein­gren­zung des Streit­ge­gen­stan­des des Ver­fah­ren 63 BV 9415/08 des Ar­beits­ge­richts Ber­lin, bei dem trotz glei­cher An­trag­stel­lung wie im vom Bun­des­ar­beits­ge­richt am 14.12.2010 ent­schie­de­nen Ver­fah­ren le­dig­lich ei­ne ver­gan­gen­heits­be­zo­ge­ne Fest­stel­lung über die Ta­riffähig­keit der CG­ZP ge­se­hen wur­de, weil dort die Ta­riffähig­keit der CG­ZP nur bis zur Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses des dor­ti­gen Klägers als ent­schei­dungs­er­heb­lich er­ach­tet wor­den ist.

Das Bun­des­ar­beits­ge­richt hätte den Ge­gen­warts­be­zug sei­ner Ent­schei­dung nicht so deut­lich her­vor­he­ben müssen, wenn es ihm nur dar­um ge­gan­gen wäre, ei­ne dop­pel­te Rechtshängig­keit an­ge­sichts des Ver­fah­rens 63 BV 9415/08 aus­zu­sch­ließen. Wenn Streit­ge­gen­stand des Ver­fah­rens 63 BV 9415/08 die Ta­riffähig­keit der CG­ZP bei Ab­schluss des Ent­gelt­ta­rif­ver­trags West am 22.07.2003 war und dies ver­gan­gen­heits­be­zo­gen nur bis zur Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses des dor­ti­gen Klägers fest­ge­stellt wer­den konn­te, wäre ein Ver­gan­gen­heits­be­zug der Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts vom 14.12.2010 bis zum En­de des Ar­beits­verhält­nis­ses des Klägers beim Ar­beits­ge­richt Ber­lin möglich ge­we­sen, oh­ne dass dem die dop­pel­te Rechtshängig­keit ent­ge­gen­ge­stan­den wäre. Wenn dem­ge­genüber aber das Bun­des­ar­beits­ge­richt den Ge­gen­warts­be­zug der An­trag­stel­lung und sei­ner Fest­stel­lung be­tont, kann dem durch­aus ent­nom­men wer­den, dass es ei­ne ver­gan­gen­heits­be­zo­ge­ne Fest­stel­lung eben nicht tref­fen woll­te und da­mit zur Ta­riffähig­keit der CG­ZP im Zeit­punkt des

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Ta­rif­ab­schlus­ses vom 19.06.2006, der für den vor­lie­gen­den Rechts­streit maßgeb­lich ist, kei­ne Aus­sa­ge zu ma­chen be­ab­sich­tig­te.

Dem steht auch die Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts vom 15.11.2006 nicht ent­ge­gen. So­weit dort dar­auf hin­ge­wie­sen wird, dass die Ent­schei­dung über die Ta­riffähig­keit ei­ner Ver­ei­ni­gung nach §§ 2 a Abs. 1 Nr. 4, 97 ArbGG die Ta­riffähig­keit nicht erst be­gründet oder be­en­det, son­dern die Ta­riffähig­keit oder Ta­rif­unfähig­keit nur fest­stellt, macht es le­dig­lich klar, dass mit der Ent­schei­dung des Ar­beits­ge­richts Ge­ra vom 17.10.2002 auch die Ta­rif­unfähig­keit der CGD zum Zeit­punkt des Ta­rif­ver­trags vom 25.01.1999 ver­neint wur­de. Dies liegt schon des­halb na­he, weil das Ar­beits­ge­richt Ge­ra bei sei­ner Über­prüfung der Ta­riffähig­keit der CGD die Sat­zung von 1997 und von der CGD ge­schlos­se­ne Ta­rif­verträge in den Jah­ren 1998 bis 2000 über­prüft und zum Be­leg der feh­len­den Ta­riffähig­keit her­an­ge­zo­gen hat­te. Dem­ent­spre­chend war im Be­schluss­ver­fah­ren des Ar­beits­ge­richts Ge­ra der Zeit­raum streit­ge­genständ­lich, für den das Bun­des­ar­beits­ge­richt in sei­nem Ur­teil vom 15.11.2006 den Ver­gan­gen­heits­be­zug her­stell­te. Im Rechts­streit 1 ABR 19/10 da­ge­gen ist ein sol­cher Ver­gan­gen­heits­be­zug zur Fest­stel­lung der Ta­riffähig­keit der CG­ZP nicht nur nicht er­kenn­bar, son­dern durch Be­to­nung des Ge­gen­warts­be­zugs von An­trag­stel­lung und mit­hin auch Ent­schei­dung aus­zu­sch­ließen.

Da­mit aber steht ei­ne rechts­kräfti­ge Fest­stel­lung der Ta­rif­unfähig­keit der CG­ZP auch zum Zeit­punkt des Ta­rif­ab­schlus­ses vom 19.06.2006 der Aus­set­zung des Rechts­streits nicht ent­ge­gen.

2. Zwi­schen­zeit­lich hat das Ar­beits­ge­richt Ber­lin im Ver­fah­ren 29 BV 13947/10 am 30.05.2011 die Ta­riffähig­keit der CG­ZP auch für die Ver­gan­gen­heit, ins­be­son­de­re auch für den 19.06.2006 ver­neint. Im Hin­blick dar­auf war zur Klar­stel­lung der Be­schluss des Ar­beits­ge­richts neu zu fas­sen, weil der Kläger an­ge­sichts der Rechts­kraft­wir­kung ei­nes Be­schlus­ses nach § 2 a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG für und ge­gen je­der­mann nicht selbst nach § 97 Abs. 5 Satz 2 ArbGG ein Be­schluss­ver­fah­ren ein­zu­lei­ten hat. Es war aber auch nicht ei­ne Be­schränkung der Aus­set­zung auf den Zeit­punkt der Rechts­kraft des Be­schlus­ses des Ar­beits­ge­richts Ber­lin vom 30.05.2011 vor­zu­neh­men, weil nicht aus­ge­schlos­sen wer­den kann, dass zu­vor ein an­de­res Be­schluss­ver­fah­ren über die Fest­stel­lung der Ta­riffähig­keit oder -unfähig­keit der CG­ZP rechts­kräftig wer­den könn­te.

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Die Kos­ten­ent­schei­dung er­geht nach § 97 ZPO.

Die Rechts­be­schwer­de war we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung zu­zu­las­sen.

Der Vor­sit­zen­de:

Bern­hard

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