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LAG Düsseldorf, Urteil vom 24.01.2011, 14 Sa 1399/10
Schlagworte: | Elternzeit | |
Gericht: | Landesarbeitsgericht Düsseldorf | |
Aktenzeichen: | 14 Sa 1399/10 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 24.01.2011 | |
Leitsätze: | Die Inanspruchnahme von Elternzeit für das dritte Jahr nach der Geburt eines Kindes im Anschluss an eine zunächst für zwei Jahre verlangte Elternzeit bedarf in Anwendung von § 16 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 15 Abs. 2 Satz 1 BEEG keiner Zustimmung des Arbeitgebers ( im Anschluss an LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 04.11.2004 - 4 Sa 606/04 - juris; LAG Niedersachsen, Urteil vom 13.11.2006 - 5 Sa 402/06 - juris ). | |
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 29.09.2010, 4 Ca 4023/10 | |
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 29.09.2010 - 4 Ca 4023/10 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten darüber, ob die Elternzeit der Klägerin bis zur Vollendung des dritten Jahres ihres zuletzt geborenen Kindes fortbesteht.
Die Klägerin trat zum 01.04.2002 in die Dienste der Beklagten, die ein Leasingunternehmen an insgesamt acht Standorten betreibt. Die Klägerin war als Vertriebsmitarbeiterin im Innendienst der Betriebsstätte F. in Vollzeit zu einem monatlichen Gehalt von zuletzt 3.585,83 € brutto beschäftigt.
Nach der Geburt ihres ersten Kindes am 11.06.2006 verlangte die Klägerin gegenüber der Beklagten Elternzeit bis zum 10.06.2008. Nachdem sie am 08.06.2008 ihr zweites Kind bekommen hatte, teilte sie der Beklagten mit, dass sie nach Abschluss der Mutterschutzfrist am 03.08.2008 acht Tage Urlaub nehmen werde und dann zunächst für zwei Jahre bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres des Kindes in Elternzeit gehen wolle. Gleichzeitig beantragte die Klägerin die Übertragung des dritten Jahres der Elternzeit für das erste Kind auf die Zeit bis zur Vollendung des achten Lebensjahres. Die Beklagte teilte daraufhin mit, der Übertragung für das erste Kind werde nicht zugestimmt. Sie bestätigte aber den Urlaub sowie einen Antrag der Klägerin auf Elternzeit für den Zeitraum vom 14.08.2008 bis 13.08.2010.
Am 17.03.2010 teilte die Klägerin der Beklagten per E-Mail mit, sie würde gerne nach Ende ihrer Elternzeit eine Teilzeittätigkeit mit 24 Wochenstunden aufnehmen, wobei sie sich eine Verteilung der Arbeitszeit auf Dienstag bis Freitag von 8.30 Uhr bis 14.30 Uhr wünsche; für die weitere Planung, insbesondere wegen der Kinderbetreuung, bitte sie um baldige Rückmeldung. Die Beklagte wies mit Schreiben vom 13.04.2010 darauf hin, dass sie auf die Wiederaufnahme der Tätigkeit eingerichtet sei, aber diese nur in bisherigem Umfang und nicht in Teilzeit möglich sei. Im Anschluss daran teilte die Klägerin mit Schreiben vom 16.04.2010 der Beklagten mit, dass sie ihr drittes Jahr der Elternzeit vom 07.08.2010 bis 07.06.2011 in Anspruch nehme; sie beantrage zugleich - nunmehr innerhalb der Elternzeit- ab dem 01.10.2010 eine Teilzeitbeschäftigung mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 24 Stunden, wobei sie sich eine Verteilung auf Dienstag bis Freitag von 8.30 Uhr bis 14.30 Uhr vorstelle. In der Folgezeit kam es nicht zu einer Verständigung der Parteien über einer Teilzeittätigkeit der Klägerin. Die Beklagte teilte mit Schreiben vom 19.05.2010 mit, dass sie der Verlängerung der Elternzeit um ein drittes Jahr nicht zustimme und die Arbeitsaufnahme der Klägerin für den 16.08.2010 (Montag) fest vorgesehen sei.
Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin die Feststellung begehrt, dass sie sich bis zum 07.06.2011 in Elternzeit befinde. Über den weiteren Antrag der Klägerin auf Zustimmung der Beklagten zu einer Verringerung der Arbeitszeit der Klägerin in der Zeit vom 01.10.2010 bis 07.06.2011 haben die Parteien in der Kammersitzung am 01.09.2010 einen Teilvergleich geschlossen, nach dem die Klägerin in dem vorgenannten Zeitraum bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 24 Stunden montags bis donnerstags von 9.00 Uhr bis 14.00 Uhr sowie freitags von 9.00 Uhr bis 13.00 Uhr ihre Tätigkeit verrichtet.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, dass sie sich im Rahmen des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses auch über den 15.08.2010 hinaus bis zum 07.06.2011 in Elternzeit befindet.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Ansicht vertreten, die Elternzeit der Klägerin habe mit dem 07.06.2010 sein Ende gefunden, da sie als Arbeitgeber einer Verlängerung nicht zugestimmt habe. Die Klägerin habe sich im Übrigen spätestens mit der E-Mail vom 17.03.2010 gebunden, in der sie die Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit angekündigt habe.
Das Arbeitsgericht hat der Klage durch das am 29.09.2010 verkündete Urteil, auf das wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird, stattgegeben. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches Klageabweisungsbegehren weiterverfolgt, während die Klägerin um Zurückweisung der Berufung bittet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien in beiden Rechtszügen
gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat der Feststellungsklage, über die nach dem Teilvergleich der Parteien noch zu entscheiden war, zu Recht stattgegeben.
I. Die Klage ist zulässig.
1.Der von der Klägerin gestellte Antrag bedarf der Auslegung. Soweit in dem Klageantrag ein Fortbestand der Elternzeit "über den 15.08.2010 hinaus" geltend gemacht wird, beruht dies ersichtlich darauf, dass die Beklagte zunächst meinte, die zweijährige Elternzeit der Klägerin ende nicht am 07.06.2010, sondern dauere wegen der Mutterschutzfrist und des danach gewährten Erholungsurlaubs noch bis zum 13.08.2010 an. Dies entsprach allerdings weder der in § 16 Abs. 1 Satz 4 BEEG vorgesehenen Anrechnung dieser Zeiten auf die Elternzeit noch der vorausgegangenen Mitteilung der Klägerin. Das Datum im Klageantrag war danach allein darauf zurückzuführen, dass die Beklagte aus ihrer fehlerhaften Sicht der Klägerin mit dem Schreiben vom 19.05.2010 als Tag der Arbeitsaufnahme den 16.08.2010 genannt hatte. Die Klägerin hat unabhängig hiervon in der letzten mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigt, dass es ihr um die Feststellung gehe, dass ihre Elternzeit ohne Unterbrechung bis zum 07.06.2011 fortbesteht.
2.Die Feststellungsklage ist mit dem vorgenannten Inhalt gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Die Parteien streiten über den Status, in dem sich das Arbeitsverhältnis bis zu dem genannten Zeitpunkt befindet. Der Feststellungsantrag ist geeignet, den Streit über die Rechtsbeziehungen zu klären. Die Vorinstanz ist zu Recht davon ausgegangen, dass das Feststellungsinteresse im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO nicht durch den Teilvergleich der Parteien über die Teilzeittätigkeit der Klägerin in dem Zeitraum vom 01.10.2010 bis 07.06.2011 entfallen ist. Mit einer Fortdauer der Elternzeit ist für die Klägerin nicht nur der besondere Kündigungsschutz gemäß § 18 BEEG verbunden, sondern diese kann während einer Elternzeit zudem weitere Sonderrechte für sich in Anspruch nehmen, die ansonsten nicht bestünden. So kann die Klägerin z.B. gemäß § 15 Abs. 6 BEEG von der Beklagten unter bestimmten Voraussetzungen eine nochmalige Verringerung ihrer Arbeitszeit verlangen. Sie hat ferner gemäß § 19 BEEG ein Sonderkündigungsrecht unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten zum Ende der Elternzeit.
II. Die Berufungskammer folgt dem Arbeitsgericht auch darin, dass die Klage begründet ist. Die Elternzeit der Klägerin für das zweite Kind dauert gemäß § 15 Abs. 2 BEEG noch bis zum 07.06.2011 ununterbrochen an. Eine Zustimmung der Beklagten für das dritte Jahr der Elternzeit war nicht erforderlich. Die Erklärungsfrist des § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG hat die Klägerin eingehalten.
1. Der Anspruch auf Elternzeit besteht gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 BEEG bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres eines Kindes. Die Elternzeit erfolgt durch entsprechende Erklärung bzw. Anzeige des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber. Es bedarf keiner Gewährung durch den Arbeitgeber wie im Falle eines Erholungsurlaubs. Bei der Inanspruchnahme ist allerdings zu beachten, dass die Elternzeit, es sei denn ausnahmsweise liegen dringende Gründe für eine angemessene kürzere Frist vor, gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG spätestens sieben Wochen vor Beginn schriftlich vom Arbeitgeber verlangt und dabei gleichzeitig erklärt werden muss, für welche Zeiten innerhalb von zwei Jahren Elternzeit genommen werden soll. Die mit der Neufassung des Bundeserziehungsgeldgesetzes ab dem 01.01.2001 eingeführte und für das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz übernommene zeitliche Festlegung bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres des Kindes ist zwingend vorgeschrieben und für beide Arbeitsvertragsparteien (zunächst) verbindlich (vgl. ErfK/Dörner/Gallner, 11. Aufl., § 16 BEEG Rn. 4). Die gesetzliche Vorschrift beinhaltet einen Kompromiss zwischen den Dispositionsinteressen des Arbeitgebers einerseits und den Interessen der Eltern an einer möglichst flexiblen Gestaltung der Elternzeit andererseits (vgl. Lindemann/Simon, NJW 2001, 260; siehe auch BT-Drucks. 14/3553, S. 22). Für den Arbeitnehmer bedeutet dies, dass, wenn er z.B. ursprünglich Elternzeit für zwölf Monate seit der Geburt des Kindes verlangt hat, im doppelten Sinne für die ersten zwei Jahre gebunden ist. Er muss zwölf Monate tatsächlich in Elternzeit gehen und er kann später für die unmittelbar sich anschließenden zwölf Monate mit Rücksicht auf die Bindungswirkung für die ersten beiden Jahre keine weitere Elternzeit mehr verlangen (LAG Baden-Württemberg, Teilurteil vom 14.04.2010 - 10 Sa 59/09 - juris; vgl. zu diesem Beispiel: Sowka, NZA 2000, 1185). Die dem Arbeitnehmer gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG abverlangte Erklärung bezieht sich lediglich auf einen Mindestzeitraum, für den er sich festlegen muss. Die gesetzliche Regelung schließt nicht aus, dass von vornherein die gesamte Elternzeit bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes in Anspruch genommen wird. Auch insoweit wird der Elternzeitberechtigte allerdings durch seine Erklärung gebunden (vgl. BAG, Urteil vom 27.04.2004, AP Nr. 39 zu § 15 BErzGG). Die Elternzeit kann sodann gemäß 16 Abs. 3 Satz 1 BEEG nur mit Zustimmung des Arbeitgebers vorzeitig beendet oder im Rahmen des § 15 Abs. 2 BEEG verlängert werden.
2.Es ist umstritten, ob aus § 16 Abs. 3 Satz 1 BEEG folgt, dass ein Arbeitnehmer, der sich zunächst auf eine Festlegung der Elternzeit für die beiden ersten Jahre seit der Geburt des Kindes beschränkt hat, für eine weitere Elternzeit bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes der Zustimmung des Arbeitgebers bedarf. Letzteres vertreten vor allem Dörner/Gallner, die dies damit begründen, dass sich § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG nur auf die Erstanmeldung der Elternzeit beziehe und diese Vorschrift im Übrigen durch § 16 Abs. 3 Satz 1 BEEG mit dem ausdrücklichen Verweis auf § 15 Abs. 2 Satz 1 BEEG verdrängt werde (vgl. ErfK, a. a. O; so z.B. auch HWK/Gaul, 4. Aufl., § 16 BEEG Rn. 4; DFL/Böck, 3. Aufl., § 16 BEEG Rn.4). Die wohl herrschende Auffassung geht hingegen davon aus, dass es sich bei der Geltendmachung der Elternzeit für das dritte Lebensjahr des Kindes um ein zustimmungsfreies Verlangen nach § 16 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 15 Abs. 2 Satz 1 BEEG handelt (vgl. Buchner/Becker, 8. Aufl., § 16 BEEG Rn. 15; HK-ArbG/ Reinecke, § 16 BEEG Rn. 12; dies., Personalbuch 2010, "Stichwort "Elternzeit" Rn. 19; Sowka, NZA 2001, 1888; ders., Festschrift 50 Jahre BAG, S. 229, 231; Rolfs/Kreikebohm-Neumann, § 16 BEEG Rn. 6; Oberthür, ArbRB 2005, 189; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 04.11.2004 - 4 Sa 606/04 -juris; LAG Niedersachsen, Urteil vom 13.11.2006 - 5 Sa 402/06 - juris; so wohl auch LAG Baden-Württemberg, a. a. O., juris Rn. 46; ArbG Frankfurt, Urteil vom 22.04.2010, NZA-RR 2010, 487 f.). Die Berufungskammer schließt sich der zuletzt genannten Ansicht an. Für sie sprechen die besseren Gründe. Dörner/Gallner ist zwar einzuräumen, dass sich § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG nach seinem Wortlaut, wie die Satzhälfte am Ende verdeutlicht, an sich auf die Inanspruchnahme der Elternzeit in den beiden ersten Jahren nach der Geburt Kindes bezieht. Nicht überzeugend erscheint aber die daraus gezogene Schlussfolgerung, dass bei der weiteren Geltendmachung von Elternzeit für das dritte Lebensjahr des Kindes nunmehr § 16 Abs. 3 Satz 1 BEEG einschlägig sei. Diese Auffassung ist zu sehr dem Wortlaut verhaftet und berücksichtigt nicht genügend den im Gesetz zum Ausdruck gekommenen Willen, über eine flexibilisierte Elternzeit zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf beizutragen und die berufliche Motivation junger Eltern zu erhöhen. Denn vor der gesetzlichen Neufassung zum 01.01.2001 musste sich der Arbeitnehmer vor Beginn der Elternzeit in Hinblick auf die ihm zustehende Gesamtdauer von drei Jahren von vornherein festlegen. Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 BEEG besteht zwar wie zuvor ein Anspruch auf Elternzeit für die Gesamtdauer von drei Jahren, der Elternzeitberechtigte muss sich aber nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG zu Anfang nur für die ersten beiden Jahre gegenüber dem Arbeitgeber erklären. Lediglich für diesen Zeitraum erhält der Arbeitgeber dadurch zunächst eine Planungssicherheit für den betrieblichen Ablauf. Es ist dem Gesamtzusammenhang der §§ 15, 16 BEEG nicht zu entnehmen, dass der Arbeitnehmer bereits zu Beginn über die gesamte Dauer der Elternzeit disponieren muss, andernfalls er mögliche Rechtsnachteile zu erwarten hat. Darauf läuft jedoch die Argumentation von Dörner/Gallner hinaus, nach der ein Arbeitnehmer, der zunächst gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG eine Erklärung nur für die ersten beiden Jahre abgibt, für die Ausschöpfung des dreijährigen Elternzeitraumes auf eine für ihn ungewisse Zustimmung des Arbeitgebers angewiesen ist. Dies wird der Flexibilisierung der Elternzeit nach den geltenden Vorschriften nicht gerecht und lässt sich auch nicht mit der Erwägung aufrechterhalten, die Zustimmung des Arbeitgebers zu einer solchen "Verlängerung" der Elternzeit sei regelmäßig zu erteilen (so Dörner/Gallner, a.a.O.). Die verbindliche Festlegung der Elternzeit für zunächst lediglich zwei Jahre hat ihren Grund erkennbar darin, dass die Eltern eines Kindes den Betreuungsaufwand für das Kind oft nicht sofort konkret einschätzen können. Es soll ihnen zudem Zeit für die Überlegung eingeräumt werden, ob sie gemäß § 15 Abs. 2 Satz 4 BEEG einen Zeitraum von bis zu zwölf Monaten als Elternzeit auf die Zeit bis zur Vollendung des achten Lebensjahres des Kindes - dies allerdings mit Zustimmung des Arbeitgebers - übertragen wollen (vgl. Göhle-Sander, JurPR-ArbR 15/2007 Anm. 2). Der Wortlaut von § 16 Abs. 3 Satz 1 BEEG mag vor diesem Hintergrund missverständlich formuliert sein, als dort davon die Rede ist, dass die Elternzeit vorzeitig beendet oder "im Rahmen des § 15 Abs. 2" verlängert werden kann, wenn der Arbeitgeber zustimmt. Die zitierte Einschränkung soll aber allein klarstellen, dass auch bei einem Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer keine Elternzeit im Sinne des BEEG für einen längeren Zeitraum als drei Jahre andauern kann (zutr. Becker/Buchner, a. a. O.). Die über den Zeitraum von zwei Jahren nach der Geburt des Kindes liegende Elternzeit wird danach nicht durch eine sich auf die beiden ersten Jahre beschränkende Erklärung gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG verbraucht. Sie muss allerdings vom Arbeitnehmer, wenn er nicht bereits zu Anfang die Entscheidung für insgesamt drei Jahre Elternzeit trifft, wiederum fristgemäß schriftlich verlangt werden, d.h. nach der Regel der vorgenannten Vorschrift spätestens sieben Wochen vor ihrem Beginn. Insofern handelt es sich im Rechtssinne nicht um eine "Verlängerung" der Elternzeit, sondern um die erstmalige Geltendmachung eines fortbestehenden Anspruchs aus § 15 Abs. 2 Satz 1 BEEG (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, a. a. O.; LAG Niedersachsen, a. a. O.).
3.In Anwendung der vorstehenden Rechtsgrundsätze hat die Klägerin mit dem Schreiben vom 16.04.2010 gegenüber der Beklagten im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG rechtzeitig erklärt, im Anschluss an den 07.06.2010 das dritte Jahr Elternzeit in Anspruch zu nehmen. Damit dauert die Elternzeit der Klägerin noch bis zum 07.06.2011 an, ohne dass die Beklagte ihre Zustimmung dazu hätte erklären müssen. Das Arbeitsgericht hat richtig gesehen, dass der vorausgegangenen E-Mail der Klägerin vom 17.03.2010, mit der bloße Wünsche an die Beklagte herangetragen wurden, kein Verzicht auf eine weitere Elternzeit zu entnehmen ist.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Revision an das Bundesarbeitsgericht ist für die Beklagte gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen. Die entscheidungserhebliche Rechtsfrage, ob die Inanspruchnahme von Elternzeit für das dritte Jahr nach der Geburt eines Kindes im Anschluss an eine zunächst verlangte Elternzeit von zwei Jahren keiner Zustimmung des Arbeitgebers bedarf, hat grundsätzliche Bedeutung.
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