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HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

LAG Ba­den-Würt­tem­berg, Ur­teil vom 13.10.2016, 3 Sa 34/16

   
Schlagworte: Vorbeschäftigung, Befristung
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Aktenzeichen: 3 Sa 34/16
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 13.10.2016
   
Leitsätze:

1. Das Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG besteht zeitlich uneingeschränkt.

2. Ein Arbeitnehmer kann im Falle des Zahlungsverzugs des Arbeitgebers die Verzugsschadenpauschale nach § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB verlangen. Einer Anwendung von § 288 Abs. 5 BGB auf arbeitsrechtliche Forderungen steht § 12a ArbGG nicht entgegen.

Vorinstanzen: Arbeitsgericht Pforzheim, Urteil vom 13.04.2016, 6 Ca 395/15
   

Te­nor

I. Auf die Be­ru­fung der Kläge­rin wird das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Pforz­heim vom 13. April 2016 - 6 Ca 395/15 - un­ter Zurück­wei­sung der wei­ter­ge­hen­den Be­ru­fung teil­wei­se ab­geändert und zur Klar­stel­lung wie folgt ins­ge­samt neu ge­fasst:

1. Es wird fest­ge­stellt, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en nicht durch die Be­fris­tung vom 15. Sep­tem­ber 2014 zum 30. Sep­tem­ber 2015 ge­en­det hat.
2. Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an die Kläge­rin 144,- EUR nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 15. De­zem­ber 2015 zu zah­len.
3. Im Übri­gen wird die Kla­ge ab­ge­wie­sen.

II. Die Kos­ten des Rechts­streits tra­gen die Kläge­rin zu 1/4 und die Be­klag­te zu 3/4.

III. Für die Be­klag­te wird die Re­vi­si­on zum Bun­des­ar­beits­ge­richt zu­ge­las­sen. Für die Kläge­rin wird die Re­vi­si­on nicht zu­ge­las­sen.

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten darüber, ob ihr Ar­beits­verhält­nis auf­grund ei­ner Be­fris­tung zum 30. Sep­tem­ber 2015 ge­en­det hat, und um wei­ter­ge­hen­de vom Fort­be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses über den 30. Sep­tem­ber 2015 hin­aus abhängi­ge Zah­lungs­ansprüche.

Die am ... 1988 ge­bo­re­ne, ver­hei­ra­te­te Kläge­rin war bei der Be­klag­ten, die ein Han­dels­un­ter­neh­men be­treibt, im Zeit­raum vom 3. No­vem­ber 2008 bis 30. Ju­ni 2009 auf Ba­sis ei­nes Ar­beits­ver­trags vom 3. No­vem­ber 2008 und ei­ner Zu­satz­ver­ein­ba­rung vom 30. De­zem­ber 2008 (Bl. 11-13 d. ArbG-Ak­te) als ge­ringfügig Beschäftig­te tätig. 

Ab dem 15. Sep­tem­ber 2014 stell­te die Be­klag­te die Kläge­rin so­dann wie­der als teil­zeit­beschäftig­te Verkäufe­r­in zu ei­nem Brut­to­mo­nats­ge­halt von 739,50 EUR in ih­rer Fi­lia­le in M. ein. Ein von der Be­klag­ten un­ter dem Da­tum 15. Sep­tem­ber 2014 aus­ge­fer­tig­ter und un­ter­zeich­ne­ter Ar­beits­ver­trags­ent­wurf (Bl. 14-18 d. ArbG-Ak­te) ist von der Kläge­rin nicht un­ter­zeich­net wor­den. 

Die von bei­den Par­tei­en un­ter dem Da­tum 15. Sep­tem­ber 2014 un­ter­zeich­ne­te „Mit­ar­bei­ter­mel­dung“, we­gen de­ren Wort­lauts und Er­schei­nungs­bil­des auf Bl. 69 f. der ArbG-Ak­te ver­wie­sen wird, enthält ua. fol­gen­de Re­ge­lun­gen: 

„x Ein­stel­lung zum: 15.09.2014 Erst­be­fris­tung bis zum: 30.09.2015

Das Ar­beits­verhält­nis ist gem. § 14 Abs. 2 Tz­B­fG be­fris­tet und en­det mit Ab­lauf die­ser Be­fris­tung oh­ne dass es ei­ner Kündi­gung be­darf. Soll das Ar­beits­verhält­nis über den ge­nann­ten Ter­min fort­geführt wer­den, so be­darf es ei­ner aus­drück­li­chen Erklärung der Ar­beit­ge­be­rin in Form ei­ner Mit­ar­bei­ter­mel­dung“. 

Die Kläge­rin nahm am 17. Sep­tem­ber 2014 ih­re Tätig­keit auf. Sie war ab dem 15. Ja­nu­ar 2015 bis zum Be­ginn ih­res Mut­ter­schut­zes am 26. Ju­li 2015 ar­beits­unfähig er­krankt. Mit Schrei­ben vom 4. Au­gust 2015, das der Be­klag­ten am 7. Au­gust 2015 zu­ging, be­an­trag­te die Kläge­rin für die Zeit nach Ab­lauf der Mut­ter­schutz­frist El­tern­zeit bis zur Voll­endung des zwei­ten Le­bens­jah­res ih­res Kin­des. Am 1. Sep­tem­ber 2015 kam ihr Sohn zur Welt. Für den Zeit­raum vom 26. Ju­li bis 30. Sep­tem­ber 2015 zahl­te die Be­klag­te der Kläge­rin ei­ne Mut­ter­schafts­bei­hil­fe in Höhe von 4,50 EUR täglich. 

Auf ein Schrei­ben der Kläge­rin vom 3. Au­gust 2015, in dem die Un­wirk­sam­keit der er­folg­ten Be­fris­tung bis 30. Sep­tem­ber 2015 be­haup­tet wur­de, teil­te die Be­klag­te mit Schrei­ben vom 27. Au­gust 2015 mit, dass an der ver­ein­bar­ten Be­fris­tung mit Ab­lauf des 30. Sep­tem­ber 2015 fest­ge­hal­ten wer­de.

Die Kläge­rin hat vor­ge­tra­gen:

Das im Jahr 2008 im Rah­men ei­ner ge­ringfügi­gen Beschäfti­gung be­gründe­te Ar­beits­verhält­nis führe da­zu, dass das am 15. Sep­tem­ber 2014 neu be­gründe­te Ar­beits­verhält­nis nicht gem. § 14 Abs. 2 Tz­B­fG wirk­sam be­fris­tet wer­den konn­te. Die Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts vom 6. No­vem­ber 2011 (Az. 7 AZR 716/09), wo­nach ei­ne Zu­vor­beschäfti­gung im Sin­ne von § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG nicht ge­ge­ben sei, wenn das frühe­re Ar­beits­verhält­nis mehr als drei Jah­re zurück­liegt, hal­te im Hin­blick auf die Recht­spre­chung des Lan­des­ar­beits­ge­richts Ba­den-Würt­tem­berg vom 26. Sep­tem­ber 2013 (6 Sa 28/13) und vom 21. Fe­bru­ar 2014 (7 Sa 64/13) ei­ner recht­li­chen Prüfung nicht mehr stand. We­gen der Un­wirk­sam­keit der Be­fris­tung gem. § 14 Abs. 2 Tz­B­fG be­ste­he das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en un­be­fris­tet fort. 

Darüber hin­aus sei die Mit­ar­bei­ter­mel­dung vom 15. Sep­tem­ber 2014 laut Da­tum der Un­ter­schrifts­zei­le auch erst am 15. Sep­tem­ber 2014 und da­mit of­fen­sicht­lich erst nach Be­ginn des Ar­beits­verhält­nis­ses um 0.00 Uhr un­ter­zeich­net wor­den. Auch aus die­sem Grund sei im Hin­blick auf die erst nach Be­ginn des Ar­beits­verhält­nis­ses er­folg­te Be­fris­tung zunächst ein un­be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis ent­stan­den, das durch die im Lau­fe des Ta­ges un­ter­zeich­ne­te Mit­ar­bei­ter­mel­dung nicht wirk­sam be­fris­tet wor­den sei. 

Die Be­fris­tungs­ab­re­de in der Mit­ar­bei­ter­mel­dung genüge auch nicht dem Trans­pa­renz­ge­bot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Über­dies hand­le es sich um ei­ne über­ra­schen­de Klau­sel gem. § 305 c Abs. 1 BGB. Die Kläge­rin ha­be bei der Un­ter­zeich­nung der Mit­ar­bei­ter­mel­dung nicht da­mit rech­nen müssen, auch ei­ne Be­fris­tungs­ab­re­de ge­gen­zu­zeich­nen. Fer­ner erfülle die Klau­sel in der Mit­ar­bei­ter­mel­dung auch nicht die An­for­de­run­gen des Schrift­for­mer­for­der­nis­ses des § 14 Abs. 4 Tz­B­fG. 

Auf­grund der Un­wirk­sam­keit der Be­fris­tung sei die Be­klag­te ver­pflich­tet, ihr auch für den Zeit­raum vom 1. Ok­to­ber 2015 bis 1. No­vem­ber 2015 noch ei­ne Mut­ter­schafts­bei­hil­fe von 4,50 EUR täglich, ins­ge­samt al­so 144,- EUR, zu leis­ten.

Mit ih­rer am 2. Ok­to­ber 2015 beim Ar­beits­ge­richt Pforz­heim ein­ge­gan­ge­nen und mit Schrift­satz vom 9. De­zem­ber 2015, der Be­klag­ten am 14. De­zem­ber 2015 zu­ge­stellt, um den Zu­schuss zum Mut­ter­schafts­geld er­wei­ter­ten Kla­ge hat die Kläge­rin zu­letzt be­an­tragt: 

1. Es wird fest­ge­stellt, dass das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis nicht auf­grund der Be­fris­tungs­ver­ein­ba­rung vom 15. Sep­tem­ber 2014 am 30. Sep­tem­ber 2015 en­det, son­dern auf un­be­stimm­te Zeit fort­be­steht.

2. Es wird fest­ge­stellt, dass das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis auch nicht durch sons­ti­ge Be­en­di­gungs­tat­bestände en­det, son­dern über den 30. Sep­tem­ber 2015 hin­aus wei­ter­be­steht.

3. Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an die Kläge­rin ei­nen rückständi­gen Zu­schuss zum Mut­ter­schafts­geld in Höhe von 144,- EUR zu zah­len.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt,

die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Sie hat vor­ge­tra­gen: Die ge­ringfügi­ge Vor­beschäfti­gung der Kläge­rin vom 3. No­vem­ber 2008 bis 30. Ju­ni 2009 ste­he der sach­grund­lo­sen Be­fris­tung des über fünf Jah­re später ge­schlos­se­nen Ar­beits­ver­trags vom 15. Sep­tem­ber 2014 nicht ent­ge­gen, denn nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts (Ur­teil vom 6. April 2011 - 7 AZR 716/09) lie­ge ei­ne „Zu­vor-Beschäfti­gung“ im Sin­ne von § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG nicht vor, wenn das frühe­re Ar­beits­verhält­nis mehr als drei Jah­re zurück­lie­ge. Zur Ver­wirk­li­chung des Zwecks, „Be­fris­tungs­ket­ten“ zu ver­hin­dern, bedürfe es kei­nes le­bens­lan­gen An­schluss­ver­bots. Ein sol­ches wäre nach dem Norm­zweck so­gar über­schießend. Es würde dem Ar­beit­ge­ber die Möglich­keit neh­men, auf ei­ne un­si­che­re und schwan­ken­de Auf­trags­la­ge und wech­seln­de Markt­be­din­gun­gen durch Neu­ein­stel­lun­gen fle­xi­bel re­agie­ren zu können. Dem Ar­beit­neh­mer würde wie­der­um die Chan­ce ge­nom­men, als Al­ter­na­ti­ve zur Ar­beits­lo­sig­keit in ein be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis ein­zu­stei­gen und da­mit so­gar die Brücke zur Dau­er­beschäfti­gung zu schla­gen. Ein zeit­lich völlig un­be­schränk­tes Ver­bot der Vor­beschäfti­gung würde die durch Art. 2 Abs. 1 GG gewähr­leis­te­te Pri­vat­au­to­no­mie der Ar­beits­ver­trags­par­tei­en so­wie die Be­rufs­frei­heit des Ar­beit­neh­mers nach Art. 12 Abs. 1 GG völlig un­verhält­nismäßig be­schränken. Die vom Bun­des­ar­beits­ge­richt im We­ge der Rechts­fort­bil­dung vor­ge­nom­me­ne, sich an der re­gelmäßigen Verjährungs­frist des § 195 BGB ori­en­tie­ren­de Kon­kre­ti­sie­rung des Ver­bots der Vor­beschäfti­gung auf ei­nen Zeit­raum von drei Jah­ren er­schei­ne ge­eig­net, er­for­der­lich und an­ge­mes­sen, ei­nem et­wai­gen Miss­brauch durch so­ge­nann­te „Ket­ten­be­fris­tun­gen“ genügend vor­zu­beu­gen und die­ne dem In­ter­es­se der Rechts­si­cher­heit und dem Ver­trau­ens­schutz der Ar­beits­ver­trags­par­tei­en.

Der wirk­sa­men Be­fris­tung des Ar­beits­verhält­nis­ses ste­he auch nicht die Tat­sa­che ent­ge­gen, dass der be­fris­te­te Ar­beits­ver­trag erst am 15. Sep­tem­ber 2014 un­ter­zeich­net wor­den sei. Die Schrift­form des § 14 Abs. 4 Tz­B­fG sei ge­wahrt. Die Un­ter­schrift auf der Mit­ar­bei­ter­mel­dung (Bl. 69f. d. ArbG-Ak­te) sei durch bei­de Par­tei­en am 15. Sep­tem­ber 2014 er­folgt und so­mit vor Be­ginn des Ar­beits­verhält­nis­ses be­zie­hungs­wei­se vor am 17. Sep­tem­ber 2014 er­folg­ter Ar­beits­auf­nah­me durch die Kläge­rin. 

Die Be­fris­tungs­ab­re­de in der Mit­ar­bei­ter­mel­dung stel­le ei­ne In­di­vi­dua­la­b­re­de gemäß § 305b BGB dar. Sie ent­hal­te die „es­sen­ti­alia ne­go­tii“ ei­nes Ar­beits­ver­trags, ins­be­son­de­re Art und Be­ginn der Ar­beits­leis­tung und Höhe der Vergütung

We­gen der Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses zum 30. Sep­tem­ber 2015 sei die Be­klag­te auch nicht ver­pflich­tet, über den Be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses hin­aus den Zu­schuss zum Mut­ter­schafts­geld zu zah­len. 

Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge mit Ur­teil vom 13. April 2016 ab­ge­wie­sen und zur Be­gründung aus­geführt: Der als An­trag Zif­fer 2 ge­stell­te Fest­stel­lungs­an­trag sei man­gels Fest­stel­lungs­in­ter­es­ses un­zulässig. Im Übri­gen sei die Kla­ge zulässig aber un­be­gründet. Die Be­fris­tung sei wirk­sam und ha­be das Ar­beits­verhält­nis zum 30. Sep­tem­ber 2015 be­en­det. Die nach § 14 Abs. 4 Tz­B­fG er­for­der­li­che Schrift­form sei ge­wahrt, da die von bei­den Sei­ten am 15. Sep­tem­ber 2014 un­ter­zeich­ne­te Mit­ar­bei­ter­mel­dung ei­ne ein­deu­ti­ge Be­fris­tungs­ab­re­de ent­hal­te. Es lie­ge auch kein Ver­s­toß ge­gen § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG vor. Die Kam­mer schließe sich den ver­tret­ba­ren Ausführun­gen des Bun­des­ar­beits­ge­richts in sei­nem Ur­teil vom 6. No­vem­ber 2011 (7 AZR 716/09) an, wo­nach ei­ne Zu­vor-Beschäfti­gung im Sin­ne des § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG nicht vor­lie­ge, wenn das frühe­re Ar­beits­verhält­nis wie hier mehr als drei Jah­re zurück­lie­ge. Im Hin­blick auf die Funk­ti­on des Bun­des­ar­beits­ge­richts, ei­ne ein­heit­li­che Ge­set­zes­aus­le­gung und da­mit Rechts­si­cher­heit für die be­trof­fe­nen Par­tei­en zu gewähr­leis­ten, ha­be die Kam­mer ih­re Be­den­ken an der ju­ris­ti­schen Me­tho­dik des Bun­des­ar­beits­ge­richts zurück­ge­stellt. Da das Ar­beits­verhält­nis zum 30. Sep­tem­ber 2015 ge­en­det ha­be, sei die Be­klag­te nicht ver­pflich­tet, für den Zeit­raum vom 1. Ok­to­ber bis 1. No­vem­ber 2015 ei­nen Zu­schuss zum Mut­ter­schafts­geld zu leis­ten. 

Ge­gen das ihr am 19. April 2016 zu­ge­stell­te Ur­teil des Ar­beits­ge­richts hat die Kläge­rin am 27. April 2016 Be­ru­fung ein­ge­legt und die­se zu­gleich be­gründet. 

Die Kläge­rin trägt vor: Die Schrift­form des § 14 Abs. 4 Tz­B­fG sei nicht ge­wahrt. Das Ar­beits­ge­richt ha­be über­se­hen, dass die Un­ter­schrift auf der Mit­ar­bei­ter­mel­dung nicht der Be­fris­tungs­ab­re­de gel­te, son­dern die Kläge­rin mit der Un­ter­schrift le­dig­lich bestätigt ha­be, dass die auf der Rück­sei­te auf­geführ­ten all­ge­mei­nen In­for­ma­tio­nen zum Ar­beits­verhält­nis mit ihr erörtert wor­den sei­en. Bei der Be­fris­tungs­ab­re­de in der Mit­ar­bei­ter­mel­dung han­de­le es sich um ei­ne über­ra­schen­de Klau­sel gemäß § 305c Abs. 1 BGB, die in­trans­pa­rent sei und ge­gen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB ver­s­toße. Da­mit ha­be sich das Ar­beits­ge­richt eben­so we­nig aus­ein­an­der­ge­setzt wie mit dem Ein­wand, dass das Ar­beits­verhält­nis am 15. Sep­tem­ber 2014 um 0.00 Uhr zunächst un­be­fris­tet ent­stan­den sei und auf­grund des Ver­bots der Vor­beschäfti­gung nicht durch die Un­ter­zeich­nung der Mit­ar­bei­ter­mel­dung im Lau­fe des Ta­ges in ein be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis um­ge­wan­delt wor­den sei. Zu Recht ha­be das Lan­des­ar­beits­ge­richt Ba­den-Würt­tem­berg ent­schie­den, dass das Vor­beschäfti­gungs­ver­bot zeit­lich un­be­schränkt be­ste­he. Da die Ge­fahr be­ste­he, dass die Be­klag­te im Lau­fe des Ver­fah­rens zwei­ter In­stanz Kündi­gun­gen ge­genüber der Kläge­rin aus­spre­che, wer­de wei­ter­hin der all­ge­mei­ne Fest­stel­lungs­an­trag ge­stellt. We­gen des Fort­be­stands des Ar­beits­verhält­nis­ses über den 30. Sep­tem­ber 2015 hin­aus könne die Kläge­rin bis zum 1. No­vem­ber 2015 den der Höhe nach un­strei­ti­gen Zu­schuss zum Mut­ter­schafts­geld ver­lan­gen. Der Zins­an­spruch er­ge­be sich aus dem Ge­sichts­punkt des Ver­zugs, außer­dem ste­he der Kläge­rin gemäß § 288 Abs. 5 BGB ei­ne Pau­scha­le in Höhe von 40,-- EUR als Ver­zugs­scha­den zu. 

Die Kläge­rin be­an­tragt:


1. Das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Pforz­heim vom 13. April 2016, Ak­ten­zei­chen 6 Ca 395/15, wird geändert.

2. Es wird fest­ge­stellt, dass das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis nicht auf­grund der Be­fris­tungs­ver­ein­ba­rung vom 15. Sep­tem­ber 2014 am 30. Sep­tem­ber 2015 en­det, son­dern auf un­be­stimm­te Zeit fort­be­steht.

3. Es wird fest­ge­stellt, dass das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis auch nicht durch sons­ti­ge Be­en­di­gungs­tat­bestände en­det, son­dern über den 30. Sep­tem­ber 2015 hin­aus wei­ter­be­steht.

4. Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an die Kläge­rin 144,-- EUR nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz aus 139,50 EUR seit dem 1. No­vem­ber 2015 und aus 4,50 EUR seit dem 1. De­zem­ber 2015 so­wie zuzüglich ei­ner Pau­scha­le in Höhe von 40,-- EUR zu zah­len.

Die Be­klag­te be­an­tragt, 

die Be­ru­fung der Kläge­rin zurück­zu­wei­sen. 

Sie ver­tei­digt das ar­beits­ge­richt­li­che Ur­teil und trägt ergänzend vor: Das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en ha­be erst mit Un­ter­zeich­nung der Mit­ar­bei­ter­mel­dung be­gon­nen. Im Fal­le der nachträgli­chen schrift­li­chen Fi­xie­rung des Ar­beits­ver­trags be­gin­ne das Ar­beits­verhält­nis je­den­falls mit tatsäch­li­cher Ar­beits­auf­nah­me, die hier erst am 17. Sep­tem­ber 2014 er­folgt sei. Ge­setz­lich sei kei­ne Ver­pflich­tung vor­ge­se­hen, die Be­fris­tungs­ab­re­de in den Ar­beits­ver­trag auf­zu­neh­men. Viel­mehr könne ei­ne sol­che auch ge­son­dert ver­ein­bart wer­den. We­gen der Ein­zel­hei­ten des Sach- und Streit­stan­des wird auf die ge­wech­sel­ten Schriftsätze der Par­tei­en nebst An­la­gen und die Sit­zungs­nie­der­schrif­ten ver­wie­sen.

Ent­schei­dungs­gründe

Die zulässi­ge Be­ru­fung der Kläge­rin hat in der Sa­che über­wie­gend Er­folg.

A 

Die Be­ru­fung der Kläge­rin ist statt­haft (§ 64 Abs. 2 lit. b und lit. c ArbGG) und auch im Übri­gen zulässig, ins­be­son­de­re form- und frist­ge­recht ein­ge­legt und be­gründet wor­den (§ 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO). Bezüglich der in der Be­ru­fungs­in­stanz erst­mals ver­lang­ten Zin­sen liegt gem. § 264 Nr. 2 ZPO schon kei­ne Kla­geände­rung vor. Es kann da­hin­ge­stellt blei­ben, ob die in der Be­ru­fungs­in­stanz gleich­falls erst­mals ver­lang­te 40,- EUR-Pau­scha­le gem. § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB als Ne­ben­for­de­rung iSd. § 264 Nr. 2 ZPO an­zu­se­hen ist. Soll­te dies nicht der Fall sein, so wären je­den­falls die Vor­aus­set­zun­gen des § 533 ZPO für die dann vor­lie­gen­de Kla­geände­rung ge­ge­ben.

B

Die Be­ru­fung der Kläge­rin ist in der Sa­che über­wie­gend be­gründet, wes­halb das ar­beits­ge­richt­li­che Ur­teil un­ter Zurück­wei­sung der Be­ru­fung im Übri­gen teil­wei­se ab­zuändern war.

I. 

Dem An­trag fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en nicht auf­grund Be­fris­tung zum 30. Sep­tem­ber 2015 ge­en­det hat, war statt­zu­ge­ben. Da­bei kann zu Guns­ten der Be­klag­ten un­ter­stellt wer­den, dass die Par­tei­en durch die Un­ter­zeich­nung der Mit­ar­bei­ter­mel­dung vom 15. Sep­tem­ber 2014 ei­ne Be­fris­tungs­ab­re­de zum 30. Sep­tem­ber 2015 ge­schlos­sen ha­ben, die das For­mer­for­der­nis nach § 14 Abs. 4 Tz­B­fG erfüllt und auch nicht ge­gen §§ 305 ff. BGB verstößt. Denn die Un­wirk­sam­keit der Be­fris­tungs­ab­re­de folgt je­den­falls aus dem vor­lie­gen­den Ver­s­toß ge­gen § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG mit der Fol­ge, dass gem. § 16 Satz 1 Tz­B­fG das Ar­beits­verhält­nis über den 30. Sep­tem­ber 2015 hin­aus fort­be­steht.

1. Die Kläge­rin hat ih­re Be­fris­tungs­kon­troll­kla­ge in­ner­halb der 3-Wo­chen-Frist des § 17 Satz 1 Tz­B­fG ein­ge­reicht.

2. Die Kläge­rin war vom 3. No­vem­ber 2008 bis 30. Ju­ni 2009 auf­grund ei­nes be­fris­te­ten Ar­beits­ver­tra­ges bei der Be­klag­ten beschäftigt und da­mit „be­reits zu­vor“ iSd. § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG, wes­halb die Be­fris­tung vom 15. Sep­tem­ber 2014 un­wirk­sam ist.

Die Kam­mer folgt der über­zeu­gen­den frühe­ren Recht­spre­chung ver­schie­de­ner Se­na­te des Bun­des­ar­beits­ge­richts, wo­nach § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG ein zeit­lich un­be­grenz­tes An­schluss­ver­bot enthält. Durch­grei­fen­de uni­ons- oder ver­fas­sungs­recht­li­che Be­den­ken hier­ge­gen sind nicht er­sicht­lich.

a) Der 2. Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts hat hier­zu in sei­nen Ur­tei­len vom 6. No­vem­ber 2003 (2 AZR 690/02 - BA­GE 108, 269) und 13. Mai 2004 (2 AZR 426/03 - Ez­BAT SR 2y BAT Teil­zeit- und Be­fris­tungs­ge­setz Nr. 10) fol­gen­des aus­geführt:

„...

b) Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Re­vi­si­on ist § 14 Abs. 2 Tz­B­fG nicht te­leo­lo­gisch zu re­du­zie­ren. We­der der Wort­laut noch der Zweck oder die Ent­ste­hungs­ge­schich­te des Ge­set­zes ent­hal­ten hierfür aus­rei­chen­de An­halts­punk­te.

aa) Der Wort­laut der ge­setz­li­chen Be­stim­mung ist ein­deu­tig. Er spricht klar ge­gen ei­ne ein­schränken­de Re­ge­lung des § 14 Abs. 2 Tz­B­fG.

bb) Durch §§ 14ff. Tz­B­fG soll­te die Richt­li­nie 1999/70/EG um­ge­setzt wer­den. Mit den ge­setz­li­chen Vor­schrif­ten woll­te der Ge­setz­ge­ber ei­nen Schutz für be­fris­tet beschäftig­te Ar­beit­neh­mer vor Dis­kri­mi­nie­rung schaf­fen, die Auf­ein­an­der­fol­ge be­fris­te­ter Ar­beits­verträge ein­schränken und die Chan­cen be­fris­tet beschäftig­ter Ar­beit­neh­mer auf ei­ne Dau­er­beschäfti­gung ver­bes­sern (BT-Drucks. 14/4374 S. 1). Im Un­ter­schied zum frühe­ren Recht soll­te der An­schluss ei­ner er­leich­ter­ten Be­fris­tung oh­ne sach­li­chen Grund an ei­ne Be­fris­tung mit sach­li­chem Grund bei dem­sel­ben Ar­beit­ge­ber eben­so aus­ge­schlos­sen wer­den, wie ei­ne er­neu­te er­leich­ter­te Be­fris­tung oh­ne sach­li­chen Grund nach min­des­tens vier­mo­na­ti­ger Un­ter­bre­chung. Die Zulässig­keit der Be­fris­tung von Ar­beits­verträgen oh­ne sach­li­chen Grund soll­te auf den Fall der Neu­ein­stel­lung be­schränkt blei­ben (BT-Drucks. 14/4374 Sei­te 13). Auf die­se Wei­se soll­ten Be­fris­tungs­ket­ten ver­hin­dert wer­den, die durch ei­nen mehr­fa­chen Wech­sel von Be­fris­tun­gen mit und oh­ne Sach­grund ent­ste­hen konn­ten (BT-Drucks. 14/4374 Sei­te 14; BAG 15. Ja­nu­ar 2003 - 7 AZR 642/02 - EzA Tz­B­fG § 14 Nr. 3).

Es kann da­hin­ge­stellt blei­ben, ob die Richt­li­nie, wie die Re­vi­si­on meint, nicht den vollständi­gen Aus­schluss meh­re­rer sach­lich nicht be­gründe­ter Be­fris­tun­gen zwi­schen dem­sel­ben Ar­beit­ge­ber und Ar­beit­neh­mer for­dert und der na­tio­na­le Ge­setz­ge­ber mit der vor­lie­gen­den Re­ge­lung über das be­ab­sich­tig­te Ziel der Richt­li­nie hin­aus­ge­gan­gen ist. Ei­ne Über­schrei­tung des Schutz­stan­dards, den ei­ne Richt­li­nie gewähr­leis­ten will, bleibt dem na­tio­na­len Ge­setz­ge­ber un­be­nom­men (Preis NZA 2003 Son­der­bei­la­ge zu Heft 16 S. 19, 24 mwN). Selbst wenn er anläss­lich der Um­set­zung ei­ner Richt­li­nie wei­ter­ge­hen­de, von ihr nicht ge­for­der­te Schutz­nor­men für die be­fris­tet Beschäftig­ten schafft, so spricht dies al­lein nicht für ein ge­setz­ge­be­ri­sches „Re­dak­ti­ons­ver­se­hen“. Hier­zu be­darf es wei­te­rer An­halts­punk­te.“

Die­se Ausführun­gen hat der 2. Se­nat in sei­nem Ur­teil vom 13. Mai 2004 durch wört­li­che Wie­der­ho­lung be­kräftigt und ergänzend aus­geführt:

„3. Das An­schluss­ver­bot des § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG er­fasst nach sei­nem Wort­laut und dem Sinn und Zweck der Re­ge­lung den vor­lie­gen­den Sach­ver­halt. Das An­schluss­ver­bot enthält - an­ders als nach § 1 Abs. 3 BeschFG 1996 - auch kei­ne zeit­li­che Be­gren­zung (St­raub NZA 2001, 919, 926; Preis/Gott­hardt DB 2000, 2065, 2072; Bau­er NZA 2000, 1041, 1042; Kliemt NZA 2001, 296, 300; Ri­char­di/An­nuß DB 2000, 2201, 2204; Hromad­ka NJW 2000, 400, 401; Däubler ZIP 2001, 217, 224). Auf den zeit­li­chen Ab­stand zwi­schen dem frühe­ren Ar­beits­verhält­nis und dem nun­mehr oh­ne Sach­grund be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis kommt es grundsätz­lich nicht an“.

In sei­nem ei­ne Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de zurück­wei­sen­den Be­schluss vom 29. Ju­li 2009 (7 AZN 368/09 - ZTR 2009, 544) hat der 7. Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts aus­geführt:

„I. 1. Die von der Be­klag­ten auf Sei­te 2 der Be­schwer­de­be­gründung for­mu­lier­te Rechts­fra­ge zur zeit­li­chen Reich­wei­te des An­schluss­ver­bots hat kei­ne grundsätz­li­che Be­deu­tung iSd § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG, da sie nicht klärungs­bedürf­tig ist. Das Bun­des­ar­beits­ge­richt hat be­reits ent­schie­den, dass es auf den zeit­li­chen Ab­stand zwi­schen dem frühe­ren Ar­beits­verhält­nis und dem nun­mehr oh­ne Sach­grund be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis ... eben­so we­nig an­kommt wie auf die Art der vor­he­ri­gen Tätig­keit des Ar­beit­neh­mers in dem Be­trieb oder für den Be­triebs­in­ha­ber... Die Zu­las­sung der Re­vi­si­on ist nicht we­gen der ver­ein­zelt im Schrift­tum geäußer­ten Kri­tik (zB. ErfK/Müller-Glöge 9. Aufl. § 14 Tz­B­fG Rn. 98) an die­ser Recht­spre­chung ge­bo­ten. Der Se­nat hält eben­so wie der Zwei­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts den Wort­laut des § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG für ein­deu­tig. Die von Müller-Glöge an­geführ­ten Ar­gu­men­te sind über­dies nicht neu, son­dern be­reits un­mit­tel­bar nach In­kraft­tre­ten des Teil­zeit- und Be­fris­tungs­ge­set­zes von den Befürwor­tern ei­ner ein­schränken­den Aus­le­gung des An­schluss­ver­bots an­geführt wor­den“.

b) Die von der Be­klag­ten ge­gen die­se Recht­spre­chung un­ter Hin­weis auf zwei ab­wei­chen­de Ur­tei­le des 7. Se­nats des Bun­des­ar­beits­ge­richts aus dem Jahr 2011 vor­ge­brach­ten Ar­gu­men­te über­zeu­gen nicht.

aa) Der Wort­laut des § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG, wo­nach der Ab­schluss ei­nes be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis­ses mit dem­sel­ben Ar­beit­ge­ber oh­ne Vor­lie­gen ei­nes Sach­grun­des un­zulässig ist, wenn zwi­schen den Ar­beits­ver­trags­par­tei­en „be­reits zu­vor“ ein Ar­beits­verhält­nis be­stan­den hat, ist, wie das Bun­des­ar­beits­ge­richt in den un­ter a) zi­tier­ten Ent­schei­dun­gen zu­tref­fend aus­geführt hat, ein­deu­tig. „Be­reits zu­vor“ be­deu­tet, dass je­des frühe­re Ar­beits­verhält­nis der Be­fris­tung ent­ge­gen­steht (Sie­vers Tz­B­fG 5. Aufl., § 14 Rn. 513), gleich ob es erst we­ni­ge Ta­ge oder vie­le Jah­re zu­vor be­en­det wor­den war. Das Ad­verb „zu­vor“ be­deu­tet „zeit­lich vor­her­ge­hend“. Für die Ein­deu­tig­keit der Wort­be­deu­tung spricht auch die ge­set­zes­sys­te­ma­ti­sche Text­ver­glei­chung. So­fern der Ge­setz­ge­ber auf ei­nen un­mit­tel­bar vor Ab­schluss des be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis­ses be­ste­hen­den Zeit­raum ab­stel­len woll­te, hat er dies auch aus­drück­lich so for­mu­liert, et­wa in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Tz­B­fG („Be­fris­tung im An­schluss an ei­ne Aus­bil­dung oder ein Stu­di­um“) oder in § 14 Abs. 3 Satz 1 Tz­B­fG („un­mit­tel­bar vor Be­ginn des be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis­ses min­des­tens vier Mo­na­te beschäfti­gungs­los“) (LAG Ba­den-Würt­tem­berg 21. Fe­bru­ar 2014 - 7 Sa 64/13 - LA­GE Tz­B­fG § 14 Nr. 82). Auch in An­be­tracht der Vorgänger­re­ge­lun­gen zu § 14 Abs. 2 Tz­B­fG spricht al­les dafür, dass es für das An­schluss­ver­bot in § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG grundsätz­lich nicht auf den zeit­li­chen Ab­stand zum frühe­ren Ar­beits­verhält­nis an­kommt. Der Ge­setz­ge­ber muss­te dies nicht durch ein „je­mals zu­vor“ noch­mals un­ter­strei­chen oder gar „zu­vor“ durch „in al­ler Ver­gan­gen­heit“ er­set­zen (Kitt­ner/Däubler/Zwan­zi­ger-Däubler/Wro­blew­ski KSchR, 9. Aufl. § 14 Tz­B­fG Rn. 158 b). § 1 BeschFG 1985 als Vorgänger­re­ge­lung be­stimm­te, dass ei­ne Neu­ein­stel­lung nicht vor­lag, wenn zu ei­nem vor­ge­hen­den Ar­beits­verhält­nis mit dem­sel­ben Ar­beit­ge­ber ein en­ger sach­li­cher Zu­sam­men­hang be­stand, der nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BeschFG 1985 an­zu­neh­men war, wenn zwi­schen den Ar­beits­verhält­nis­sen ein Zeit­raum von we­ni­ger als vier Mo­na­ten lag. Vor die­sem Hin­ter­grund hätte ei­ne aus­drück­li­che Re­ge­lung na­he­ge­le­gen, wenn der Ge­setz­ge­ber des Tz­B­fG un­ter ei­nem „Zu­vor“-Ar­beits­verhält­nis nur ein sol­ches ver­stan­den hätte, das in ei­nem zeit­li­chen Zu­sam­men­hang mit dem neu be­gründe­ten be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis steht (vgl. Gräfl FS für Jobst-Hu­ber­tus Bau­er 2010, 378, 380).

bb) Auch die Ge­setz­ge­bungs­ge­schich­te spricht ein­deu­tig für ein in § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG un­be­schränk­tes An­schluss­ver­bot. Dies be­le­gen die Ge­set­zes­ma­te­ria­li­en, die zur Er­fas­sung des ob­jek­ti­ven Wil­lens des Ge­setz­ge­bers her­an­zu­zie­hen sind (BVerfG 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10, 2 BvR 2883/10, 2 BvR 2155/11 - NJW 2013, 1058).

Nach dem Wil­len des Ge­setz­ge­bers soll­te ei­ne sach­grund­lo­se Be­fris­tung nur bei ei­ner „Neu­ein­stel­lung“ zulässig sein (BT-Drucks. 14/4374, S. 14), wor­un­ter er die „erst­ma­li­ge Beschäfti­gung ei­nes Ar­beit­neh­mers durch ei­nen Ar­beit­ge­ber“ ver­stand. Nach dem Mot­to „ein­mal und nie wie­der“ (Kliemt NZA 2001, 299) soll­te dem Ar­beit­ge­ber ein ein­zi­ges Mal die Ge­le­gen­heit zur be­fris­te­ten Beschäfti­gung oh­ne Sach­grund ein­geräumt wer­den, da­nach „le­bensläng­lich“ nicht mehr (KR/Lip­ke 11. Aufl., § 14 Tz­B­fG Rn. 564). Die Ge­set­zes­for­mu­lie­rung „be­reits zu­vor“ ist al­so nicht et­wa ein Ver­se­hen oder ei­ne Un­ge­nau­ig­keit, son­dern wur­de ganz be­wusst gewählt und bringt das Re­ge­lungs­an­lie­gen des Ge­setz­ge­bers zu­tref­fend zum Aus­druck (Höpfner NZA 2011, 893, 897). Kla­rer kann sich der his­to­ri­sche Ge­setz­ge­ber nicht äußern (Bruns BB 2013, 3125, 3126).

Im Ge­setz­ge­bungs­ver­fah­ren stieß die Ab­sicht, ei­ne sach­grund­lo­se Be­fris­tung nur bei ei­ner Neu­ein­stel­lung zu­zu­las­sen, auf Kri­tik (so die Mit­glie­der der Uni­ons­frak­ti­on, vgl. BT-Drucks. 14/4625, S. 19). Der Sach­verständi­ge Preis wies vor dem Aus­schuss für Ar­beit und So­zi­al­ord­nung des Bun­des­ta­ges dar­auf hin, dass das Ziel, Ket­ten­be­fris­tun­gen zu ver­mei­den, auch mit Hil­fe ei­ner zweijähri­gen Sperr­zeit er­reicht wer­den könne (BT-Drucks. 14/4625, S. 18). Die­ser Vor­schlag wur­de von dem Aus­schuss aber nicht in die Be­schluss­emp­feh­lung an den Deut­schen Bun­des­tag über­nom­men (Heidl RdA 2009, 297, 299).

Viel­mehr ent­schied sich der Ge­setz­ge­ber für ei­ne nur „ein­ma­li­ge Möglich­keit der Be­fris­tung oh­ne Sach­grund“ (BT-Drucks. 14/4374, S. 14). Dass der Ge­setz­ge­ber ein zeit­lich un­be­schränk­tes An­schluss­ver­bot ge­re­gelt hat (Dörner, Der be­fris­te­te Ar­beits­ver­trag 2. Aufl. Rn. 432; HK-Tz­B­fG/Boecken 4. Aufl. § 14 Rn. 121; Kliemt NZA 2001, 296, 300; Kos­sens ju­ris­PR-ArbR 47/2013, An­mer­kung 2; KR/Lip­ke 11. Aufl. § 14 Tz­B­fG Rn. 575f.; Mei­nel/Heyn/Herms Tz­B­fG 5. Aufl. § 14 Rn. 259; MüKoBGB/Hes­se 6. Aufl., Tz­B­fG § 14 Rn. 79), be­le­gen auch die par­la­men­ta­ri­schen Initia­ti­ven zur Ände­rung von § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG nach In­kraft­tre­ten des Teil­zeit- und Be­fris­tungs­ge­set­zes im Jahr 2001. Ei­ne Viel­zahl von der Bun­des­re­gie­rung, aus der Mit­te des Bun­des­ta­ges und von Länder­sei­te ein­ge­brach­ter Ge­set­zes­entwürfe, die ei­ne zeit­li­che Be­gren­zung des Vor­beschäfti­gungs­ver­bots vor­sa­hen, blie­ben al­le­samt er­folg­los (vgl. hier­zu im Ein­zel­nen: LAG Ba­den-Würt­tem­berg 21. Fe­bru­ar 2014 - 7 Sa 64/13 - LA­GE Tz­B­fG § 14 Nr. 82).

Die­ser zwei­fels­frei zu Ta­ge ge­tre­te­ne ge­setz­ge­be­ri­sche Wil­le ist bei ei­nem ver­gleichs­wei­se „jun­gen“ Ge­setz wie dem Teil­zeit- und Be­fris­tungs­ge­setz hoch zu ge­wich­ten (Stau­din­ger/Preis (2016) BGB § 620 Rn. 184).

c) Ver­fas­sungs­recht­li­che Be­den­ken ge­gen die­se Rechts­la­ge sind nicht ver­an­lasst, ins­be­son­de­re liegt kein Ver­s­toß ge­gen die Be­rufs­frei­heit (Art. 12 GG) des Ar­beit­ge­bers oder Ar­beit­neh­mers vor.

Sol­che Be­den­ken scheint auch das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt bis­her nicht ge­hegt zu ha­ben, das zwei ge­gen die Ur­tei­le des Bun­des­ar­beits­ge­richts vom 6. No­vem­ber 2003 (2 AZR 690/02) und 13. Mai 2004 (2 AZR 426/03) ge­rich­te­te Ver­fas­sungs­be­schwer­den mit Be­schlüssen vom 11. No­vem­ber 2004 (1 BvR 930/04 - ju­ris) zurück­ge­wie­sen hat. De­ren Be­gründung lau­tet je­weils wie folgt:

„Die Ver­fas­sungs­be­schwer­de ist nicht zur Ent­schei­dung an­zu­neh­men, weil die Vor­aus­set­zun­gen des § 93 a Abs. 2 BVerfGG nicht vor­lie­gen. Die Ver­fas­sungs­be­schwer­de hat kei­ne grundsätz­li­che ver­fas­sungs­recht­li­che Be­deu­tung. Ih­re An­nah­me ist auch nicht zur Durch­set­zung des von dem Be­schwer­deführer als ver­letzt be­zeich­ne­ten Ver­fas­sungs­rechts an­ge­zeigt. Die Ver­fas­sungs­be­schwer­de hat kei­ne Aus­sicht auf Er­folg. An­halts­punk­te dafür, dass die an­ge­grif­fe­ne Ent­schei­dung ge­gen die Be­rufs­frei­heit (Art. 12 Abs. 1 GG) des Be­schwer­deführers verstößt, sind nicht er­sicht­lich“.

Das un­ein­ge­schränk­te Vor­beschäfti­gungs­ver­bot verstößt auch nicht ge­gen das Grund­recht des Ar­beit­ge­bers aus Art. 12 Abs. 1 GG. Die ge­setz­li­chen Re­ge­lun­gen zur Be­fris­tung von Ar­beits­verhält­nis­sen be­tref­fen die Be­rufs­ausübungs­frei­heit des Ar­beit­ge­bers (ArbG Braun­schweig 3. April 2014 - 5 Ca 463/13 - LA­GE Tz­B­fG § 14 Nr. 83). Der Grund­rechts­schutz be­schränkt sich da­her auf die Ab­wehr übermäßig be­las­ten­der und nicht zu­mut­ba­rer Auf­la­gen (Höpfner NZA 2011, 893, 899). Ei­ne Ver­let­zung der Be­rufs­frei­heit des Ar­beit­ge­bers kommt schon des­halb nicht in Be­tracht, weil die­ser den Be­wer­ber zu mögli­chen Vor­beschäfti­gun­gen be­fra­gen und ggfs. auf an­de­re Be­wer­ber aus­wei­chen kann, die zu­vor noch nicht bei ihm beschäftigt wa­ren (Höpfner aaO). Die Ge­set­zes­be­gründung (BT-Drucks. 14/4374 S. 19) stellt ge­ra­de das Fra­ge­recht des Ar­beit­ge­bers nach Vor­beschäfti­gun­gen - mit der Fol­ge des An­fech­tungs­rechts des Ar­beit­ge­bers bei wahr­heits­wid­ri­gen An­ga­ben des Ar­beit­neh­mers - her­aus (Mei­nel/Heyn/Herms Tz­B­fG 5. Aufl. § 14 Rn. 259).

Hin­zu­kommt, dass es dem Ge­setz­ge­ber oh­ne wei­te­res möglich ge­we­sen wäre, sach­grund­lo­se Be­fris­tun­gen völlig zu ver­bie­ten (KR/Lip­ke 11. Aufl. § 14 Tz­B­fG Rn. 573; MüKoBGB/Hes­se 6. Aufl. Tz­B­fG § 14 Rn. 79; Stau­din­ger/Preis (2016) BGB § 620 Rn. 183). Dem ste­hen auch kei­ne uni­ons- oder ver­fas­sungs­recht­li­chen Be­den­ken ent­ge­gen (KR/Lip­ke 11. Aufl. § 14 Tz­B­fG Rn. 573; Mei­nel/Heyn/Herms Tz­B­fG 5. Aufl. § 14 Rn. 259). Ist er so­mit nicht ver­pflich­tet, über­haupt die Möglich­keit zu schaf­fen, Ar­beits­verhält­nis­se sach­grund­los zu be­fris­ten, so muss es ihm auch möglich sein, die Möglich­kei­ten zur Ver­ein­ba­rung ei­ner sach­grund­lo­sen Be­fris­tung zu be­schränken (Sie­vers Tz­B­fG 5. Aufl. § 14 Rn. 515). Das Bun­des­ar­beits­ge­richt hat in sei­ner ab­zu­leh­nen­den Ent­schei­dung vom 21. Sep­tem­ber 2011 (7 AZR 375/10 - BA­GE 139, 213) dar­auf ab­ge­stellt, dass das vom Ge­setz­ge­ber mit der Re­ge­lung des § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG ver­folg­te Ziel, dafür zu sor­gen, dass sach­grund­lo­se Be­fris­tun­gen nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Tz­B­fG nicht zu Be­fris­tungs­ket­ten miss­braucht wer­den können, kein zeit­lich völlig un­be­schränk­tes Ver­bot der Vor­beschäfti­gung er­for­de­re. Der 7. Se­nat ver­kennt da­bei, dass der Ge­setz­ge­ber mit dem Teil­zeit- und Be­fris­tungs­ge­setz zwar auch, aber nicht aus­sch­ließlich das Ziel ver­folgt hat, Ket­ten­be­fris­tun­gen zu ver­mei­den (Höpfner NZA 2011, 893, 897; Kitt­ner/Däubler/Zwan­zi­ger-Däubler/Wro­blew­ski KSchR 9. Aufl. § 14 Tz­B­fG Rn. 158). Be­ab­sich­tigt war auch die wei­te­re Be­schränkung der im Beschäfti­gungsförde­rungs­ge­setz 1996 noch er­laub­ten mehr­fa­chen Nut­zung der sach­grund­lo­sen Be­fris­tung (KR/Lip­ke 11. Aufl. § 14 Tz­B­fG Rn. 573). Darüber hin­aus sol­len durch die Be­schränkung auf „ei­ne Chan­ce bei ei­nem Ar­beit­ge­ber“ nach dem ge­setz­ge­be­ri­schen Verständ­nis an­de­re Ar­beit­neh­mer die Möglich­keit er­hal­ten, an­stel­le des be­reits ein­ge­stell­ten Ar­beit­neh­mers über ei­ne sach­grund­lo­se Be­fris­tung in ein Ar­beits­verhält­nis zu ge­lan­gen (Schaub/Koch Ar­beits­rechts­hand­buch 16. Aufl. § 39 Rn. 13). De­ren Beschäfti­gungs­chan­cen blen­det der 7. Se­nat völlig aus. Der Ge­setz­ge­ber ist aber dar­in frei, die po­ten­zi­ell oder tatsächlich ein­stel­lungs­hem­men­de Wir­kung des Vor­ent­hal­tens von Möglich­kei­ten zur sach­grund­lo­sen Be­fris­tung um an­de­rer so­zi­al­po­li­ti­scher Zie­le Wil­len in Kauf zu neh­men (Mei­nel/Heyn/Herms Tz­B­fG 5. Aufl. § 14 Rn. 259). Ihm kommt auf dem Ge­biet der Ar­beits­markt-, So­zi­al- und Wirt­schafts­ord­nung ein be­son­ders weit­ge­hen­der Einschätzungs- und Pro­gno­se­vor­rang zu. Es ist vor­nehm­lich sei­ne Sa­che, auf der Grund­la­ge sei­ner ar­beits­markt-, so­zi­al- und wirt­schafts­po­li­ti­schen Vor­stel­lun­gen und Zie­le und un­ter Be­ach­tung der Sach­ge­setz­lich­kei­ten des be­tref­fen­den Sach­ge­biets zu ent­schei­den, wel­che Maßnah­men er im In­ter­es­se des Ge­mein­wohls er­grei­fen will (BVerfG 29. De­zem­ber 2004 - 1 BvR 2283/03, 1 BvR 2504/03, 1 BvR 2582/03 - AP AEntG § 3 Nr. 2 = EzAÜG GG Nr. 7 = NZA 2005, 153). Soll dem Ar­beits­su­chen­den die Über­brückungs­funk­ti­on be­fris­te­ter Ar­beits­verhält­nis­se zu­gu­te kom­men, so ist dies häufig durch Sach­grund­be­fris­tun­gen möglich. Ge­ra­de wenn dies nicht möglich ist, muss das Zurück­drängen der sach­grund­lo­sen Be­fris­tung als ei­ne ge­setz­ge­be­ri­sche Grund­ent­schei­dung zur ef­fek­ti­ven Un­ter­bin­dung der früher prak­ti­zier­ten krea­ti­ven For­men der Ket­ten­be­fris­tung, und da­mit für die Auf­recht­er­hal­tung des un­be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis­ses als die Re­gel­form für Ar­beits­verhält­nis­se an­er­kannt wer­den (so zu­tref­fend Laux/Schlach­ter Tz­B­fG § 14 Rn 94).

Dem­ent­spre­chend hat­te der 7. Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts in sei­nem Ur­teil vom 18. Ok­to­ber 2006 (7 AZR 145/06 - BA­GE 120, 34) noch for­mu­liert: „Durch die Re­ge­lung in § 14 Abs. 2 Satz 1 und 2 Tz­B­fG soll der Ar­beit­ge­ber ver­an­lasst wer­den, den Ar­beit­neh­mer nach Ausschöpfung der Möglich­keit zur sach­grund­lo­sen Be­fris­tung ent­we­der un­be­fris­tet bzw. im Rah­men ei­ner Sach­grund­be­fris­tung wei­ter­zu­beschäfti­gen oder bei wei­ter be­ste­hen­dem vorüber­ge­hen­den Ar­beits­kräfte­be­darf ei­nen an­de­ren Ar­beit­neh­mer be­fris­tet ein­zu­stel­len (BT-Drucks. 14/4473, S. 14)“.

Ein Ver­s­toß ge­gen Art. 3 GG liegt nicht vor (vgl. LAG Ber­lin-Bran­den­burg 27. Fe­bru­ar 2009 - 13 Sa 2170/08 - LA­GE Tz­B­fG § 14 Nr. 50; KR/Lip­ke 11. Aufl. § 14 Tz­B­fG Rn. 572).

d) Fer­ner fehlt es für die Recht­spre­chung des 7. Se­nats des Bun­des­ar­beits­ge­richts aus dem Jahr 2011 auch an ei­ner em­pi­ri­schen Grund­la­ge. So­weit er­sicht­lich lie­gen kei­ne Un­ter­su­chun­gen zur Fra­ge vor, in­wie­fern ein Ar­beit­ge­ber im Hin­blick auf ei­ne „Zu­vor-Beschäfti­gung“ von der Ein­stel­lung ei­nes Ar­beit­neh­mers ab­sieht oder aber die­sen dann un­be­fris­tet oder be­fris­tet gem. § 14 Abs. 1 Tz­B­fG ein­stellt (LAG Ba­den-Würt­tem­berg 21. Fe­bru­ar 2014 - 7 Sa 64/13 - LA­GE Tz­B­fG § 14 Nr. 82; Ha­Ko-Mest­werdt 5. Aufl. § 14 Tz­B­fG Rn. 199).

3. Die Be­klag­te kann sich bezüglich der am 15. Sep­tem­ber 2014 ver­ein­bar­ten Be­fris­tung des Ar­beits­verhält­nis­ses der Par­tei­en bis zum 30. Sep­tem­ber 2015 nicht dar­auf be­ru­fen, sie ha­be im Hin­blick auf die Ent­schei­dung des 7. Se­nats des Bun­des­ar­beits­ge­richts vom 6. April 2011 (7 AZR 716/09) auf die Wirk­sam­keit der ver­ein­bar­ten Be­fris­tung ver­trau­en dürfen.

a) Nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts (26. Ju­ni 1991 - 1 BvR 779/85 - NJW 1991, 2549) be­steht kein schutzwürdi­ges Ver­trau­en, wenn die fach­ge­richt­li­che Recht­spre­chung, von der ab­ge­wi­chen wer­den soll, „auf so er­heb­li­che Kri­tik ges­toßen ist, dass der un­veränder­te Fort­be­stand die­ser Recht­spre­chung nicht ge­si­chert er­schei­nen konn­te“ (vgl. da­zu Gräf ju­ris­PR - ArbR 29/2013 An­mer­kung 2). Die über den Ein­zel­fall hin­aus­rei­chen­de Wir­kung fach­ge­richt­li­cher Ge­set­zes­aus­le­gung be­ruht nur auf der Über­zeu­gungs­kraft ih­rer Gründe so­wie der Au­to­rität und den Kom­pe­ten­zen des Ge­richts (BAG 23. März 2010 - 9 AZR 128/09 - BA­GE 134, 1). Auch wenn höchst­rich­ter­li­che Ent­schei­dun­gen kei­ne dem Ge­set­zes­recht ver­gleich­ba­re Rechts­bin­dun­gen er­zeu­gen, son­dern le­dig­lich die Rechts­la­ge in ei­nem kon­kre­ten Fall fest­stel­len, darf der Bürger den­noch auf die von der höchst­rich­ter­li­chen Recht­spre­chung fest­ge­stell­te Rechts­la­ge ver­trau­en, wenn sich ei­ne Ände­rung der Recht­spre­chung nicht im Rah­men der vor­her­seh­ba­ren Ent­wick­lung hält (BAG 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - BA­GE 130, 119).

b) Aus­ge­hend von die­sen Grundsätzen ist ein schutzwürdi­ges Ver­trau­en der Be­klag­ten in die Recht­spre­chung des 7. Se­nats des Bun­des­ar­beits­ge­richts aus dem Jahr 2011 nicht ge­ge­ben. Bis zu des­sen Ur­teil vom 6. April 2011 (7 AZR 716/09) ent­sprach es der ge­fes­tig­ten und weit­hin un­an­ge­foch­te­nen Recht­spre­chung des 2. und 7. Se­nats des Bun­des­ar­beits­ge­richts, dass § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG ein zeit­lich un­be­schränk­tes An­schluss­ver­bot be­inhal­tet. Die Ände­rung der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts folg­te über­ra­schend (Gräf ju­ris­PR - ArbR 29/2013 An­mer­kung 2) und sorg­te für ei­nen Pau­ken­schlag (Höpfner NZA 2011, 893). An­ge­sichts der über­wie­gend deut­li­chen Kri­tik im Schrift­tum an die­ser Recht­spre­chungsände­rung durf­te die Be­klag­te im Zeit­punkt des Ab­schlus­ses der im Streit ste­hen­den Be­fris­tung im Sep­tem­ber 2014 nicht von ei­nem un­veränder­ten Fort­be­stand die­ser Recht­spre­chung aus­ge­hen (vgl. LAG Ba­den-Würt­tem­berg 21. Fe­bru­ar 2014 - 7 Sa 64/13 - LA­GE Tz­B­FG § 14 Nr. 82). So­weit die neue Recht­spre­chung über­haupt Zu­stim­mung fand, dann al­len­falls un­ter prak­ti­schen, nicht aber un­ter me­tho­di­schen Ge­sichts­punk­ten (vgl. im Ein­zel­nen KR/Lip­ke 11. Aufl. § 14 Tz­B­fG Rn. 568f).

Auch der 7. Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts scheint sei­ne Recht­spre­chung zur Aus­le­gung des § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­FG nicht als ge­si­chert an­zu­se­hen. Für die­se An­nah­me spricht je­den­falls der Um­stand, dass er mit Be­schluss vom 25. Ju­ni 2014 (7 AZN 336/14) ei­ner Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de ge­gen ein Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Rhein­land-Pfalz vom 24. Ja­nu­ar 2014 (1 Sa 490/13-ju­ris) statt­ge­ge­ben hat, in dem das Lan­des­ar­beits­ge­richt un­ter Zu­grun­de­le­gung der geänder­ten Recht­spre­chung des 7. Se­nats ei­ne Be­fris­tungs­kon­troll­kla­ge ab­ge­wie­sen hat­te.

4. Un­er­heb­lich ist, dass die „Zu­vor“-Beschäfti­gung der Kläge­rin bei der Be­klag­ten im Rah­men ei­nes auf Ge­ringfügig­keits­ba­sis geführ­ten Ar­beits­verhält­nis­ses er­folg­te. Ein Ar­beits­verhält­nis iSd. § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG liegt vor, wenn die Leis­tung von Diens­ten nach Wei­sung des Dienst­be­rech­tig­ten und ge­gen Zah­lung von Ent­gelt Schwer­punkt des durch pri­vat­recht­li­chen Ver­trag be­gründe­ten Rechts­verhält­nis­ses ist (BAG 24. Fe­bru­ar 2016 - 7 AZR 712/13 - NZA 2016, 758). Auf den zeit­li­chen Um­fang der Ar­beits­ver­pflich­tung kommt es nicht an, eben­so we­nig auf den In­halt der ver­ein­bar­ten Ar­beits­leis­tung.

II.

Der all­ge­mei­ne Fest­stel­lungs­an­trag ist un­zulässig. Die Kläge­rin hat bezüglich des Fest­stel­lungs­in­ter­es­ses nur vor­ge­tra­gen, dass die Ge­fahr wei­te­rer Kündi­gun­gen der Be­klag­ten im Lau­fe des Ver­fah­rens zwei­ter In­stanz be­ste­he. Dies ist un­zu­rei­chend. Die Kläge­rin hat da­mit nicht wie er­for­der­lich im Zeit­punkt des Schlus­ses der münd­li­chen Ver­hand­lung in der Be­ru­fungs­in­stanz kon­kre­ten Tat­sa­chen­vor­trag zur Möglich­keit wei­te­rer strei­ti­ger Be­en­di­gungs­tat­bestände ge­hal­ten (vgl. LAG Hamm 13. März 2001 - 11 Sa 724/00 - ju­ris; KR/Fried­rich/Klo­se 11. Aufl. § 4 KSchG Rn. 298 f.).

III. 

1. Der für den Fall des Er­folgs mit der Ent­fris­tungs­kla­ge ge­stell­te Zah­lungs­an­trag ist zur Ent­schei­dung an­ge­fal­len. 

2. Die Kläge­rin kann für den Zeit­raum vom 1. Ok­to­ber 2015 bis 1. No­vem­ber 2015 gem. § 14 Abs. 1 MuSchG ei­nen Zu­schuss zum Mut­ter­schafts­geld in Höhe von 32 x 4,50 EUR = 144,- EUR be­an­spru­chen. 

a) Wie un­ter I. dar­ge­legt be­steht das Ar­beits­verhält­nis über den 30. Sep­tem­ber 2015 hin­aus fort. Der An­spruch auf Zu­schuss zum Mut­ter­schafts­geld ist sei­ner Rechts­na­tur nach ein ge­setz­lich be­gründe­ter An­spruch auf teil­wei­se Fort­zah­lung des Ar­beits­ent­gelts. Die Vergütungs­pflicht des Ar­beit­ge­bers wird während der Zei­ten der Beschäfti­gungs­ver­bo­te nach § 3 Abs. 2, § 6 Abs. 1 MuSchG trotz feh­len­der Ar­beits­leis­tung nicht in vol­lem Um­fang auf­ge­ho­ben, son­dern be­steht nach Maßga­be des § 14 Abs. 1 MuSchG fort (BAG 29. Ja­nu­ar 2003 - 5 AZR 701/01 - AP MuSchG 1968 § 14 Nr. 20 = EzA MuSchG § 14 Nr. 16). Der Zu­schuss ist für die Zeit der Schutz­fris­ten nach § 3 Abs. 2, § 6 Abs. 1 MuSchG und für den Tag der Ent­bin­dung zu zah­len (BAG 7. No­vem­ber 2007 - 5 AZR 883/06 - AP MuSchG 1968 § 3 Nr. 21 = EzA MuSchG § 3 Nr. 10).

Bei ei­ner vor­zei­ti­gen Ent­bin­dung verlängert sich gem. § 6 Abs. 1 Satz 2 MuSchG die achtwöchi­ge Schutz­frist des § 6 Abs. 1 Satz 1 MuSchG um den Zeit­raum, der gem. § 3 Abs. 2 MuSchG nicht in An­spruch ge­nom­men wer­den konn­te. Die Mut­ter erhält so­mit den Fris­tan­teil zurück, der ihr durch die früher als er­rech­net er­folg­te Ent­bin­dung ver­lo­ren ge­gan­gen ist. Die Schutz­frist be­ginnt gem. § 187 Abs. 1 BGB an dem auf die Ent­bin­dung fol­gen­den Tag (ErfK/Schlach­ter 16. Aufl. MuSchG § 6 Rn. 4).

b) Bei der Kläge­rin be­gann die Schutz­frist so­mit am 2. Sep­tem­ber 2015 zu lau­fen. Die am 27. Ok­to­ber 2015 en­den­de achtwöchi­ge Schutz­frist wur­de im Hin­blick dar­auf, dass der Sohn der Kläge­rin am 1. Sep­tem­ber 2015 und da­mit fünf Ta­ge vor dem er­rech­ne­ten Ge­burts­ter­min zur Welt kam, um fünf Ta­ge verlängert und lief des­halb mit dem 1. No­vem­ber 2015 ab.

Die Höhe des An­spruchs beträgt 4,50 EUR je Ka­len­der­tag, für den Zeit­raum vom 1. Ok­to­ber 2015 bis 1. No­vem­ber 2015 so­mit 144,- EUR.

3. Die gel­tend ge­mach­te Pau­scha­le von 40,- EUR war der Kläge­rin nicht zu­zu­spre­chen, da die hierfür nach § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB er­for­der­li­chen Vor­aus­set­zun­gen nicht vor­lie­gen.

a) § 288 Abs. 5 BGB lau­tet wie folgt:

„Der Gläubi­ger ei­ner Ent­gelt­for­de­rung hat bei Ver­zug des Schuld­ners, wenn die­ser kein Ver­brau­cher ist, außer­dem ei­nen An­spruch auf Zah­lung ei­ner Pau­scha­le in Höhe von 40,- EUR. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Ent­gelt­for­de­rung um ei­ne Ab­schlags­zah­lung oder sons­ti­ge Ra­ten­zah­lung han­delt. Die Pau­scha­le nach Satz 1 ist auf ei­nen ge­schul­de­ten Scha­dens­er­satz an­zu­rech­nen, so­weit der Scha­den in Kos­ten der Rechts­ver­fol­gung be­gründet ist“.

Die Abs. 5 und 6 des § 288 BGB wur­den durch Art. 1 Nr. 3 des Ge­set­zes zur Bekämp­fung von Zah­lungs­ver­zug im Geschäfts­ver­kehr und zur Ände­rung des Er­neu­er­ba­re-En­er­gi­en-Ge­set­zes vom 22. Ju­li 2014 (BGBl. I, 1218), das mit Wir­kung zum 29. Ju­li 2014 in Kraft ge­tre­ten ist, in das BGB ein­gefügt. Das Ge­setz dient der Um­set­zung der Richt­li­nie 2011/7/EU vom 16. Fe­bru­ar 2011 zur Bekämp­fung von Zah­lungs­ver­zug im Geschäfts­ver­kehr (im Fol­gen­den: Zah­lungs­ver­zugs­richt­li­nie), mit der ei­ne „Kul­tur der un­verzügli­chen Zah­lung“ ge­schaf­fen wer­den soll (vgl. Erwägungs­grund 12 der Zah­lungs­ver­zugs­richt­li­nie). In die­ser ist in Art. 6 ge­re­gelt:

„Entschädi­gung für Bei­trei­bungs­kos­ten

(1) Die Mit­glieds­staa­ten stel­len si­cher, dass in Fällen, in de­nen gem. Art. 3 oder Art. 4 im Geschäfts­ver­kehr Ver­zugs­zin­sen zu zah­len sind, der Gläubi­ger ge­genüber dem Schuld­ner ei­nen An­spruch auf Zah­lung ei­nes Pau­schal­be­trags von min­des­tens 40,- EUR hat.

(2) Die Mit­glieds­staa­ten stel­len si­cher, dass der in Abs. 1 ge­nann­te Pau­schal­be­trag oh­ne Mah­nung und als Entschädi­gung für die Bei­trei­bungs­kos­ten des Gläubi­gers zu zah­len ist.

(3) Der Gläubi­ger hat ge­genüber dem Schuld­ner zusätz­lich zu dem in Abs. 1 ge­nann­ten Pau­schal­be­trag ei­nen An­spruch auf an­ge­mes­se­nen Er­satz al­ler durch den Zah­lungs­ver­zug des Schuld­ners be­ding­ten Bei­trei­bungs­kos­ten, die die­sen Pau­schal­be­trag über­schrei­ten. Zu die­sen Kos­ten können auch Aus­ga­ben zählen, die durch die Be­auf­tra­gung ei­nes Rechts­an­walts oder ei­nes In­kas­so­un­ter­neh­mens ent­ste­hen.“

Das In­kraft­tre­ten der neu­en Abs. 5 und 6 des § 288 BGB re­gelt Art. 229 § 34 EGBGB, der be­stimmt:

„Die §§ 271a, 286, 288, 308 und 310 des Bürger­li­chen Ge­setz­buchs in der seit dem 29.07.2014 gel­ten­den Fas­sung sind nur auf ein Schuld­verhält­nis an­zu­wen­den, das nach dem 28.07.2014 ent­stan­den ist. Ab­wei­chend von Satz 1 sind die dort ge­nann­ten Vor­schrif­ten auch auf ein vor­her ent­stan­de­nes Dau­er­schuld­verhält­nis an­zu­wen­den, so­weit die Ge­gen­leis­tung nach dem 30.06.2016 er­bracht wird.“

Die Vor­aus­set­zun­gen des Art. 229 § 34 Satz 1 EGBGB sind im vor­lie­gen­den Fall erfüllt. Das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en wur­de mit Wir­kung zum 15. Sep­tem­ber 2014 be­gründet und so­mit nach dem 28. Ju­li 2014.

b) Die Neu­re­ge­lung zur Ver­zugs­scha­den­pau­scha­le in § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB, die zum All­ge­mei­nen Teil des Schuld­rechts zählt, ist auch im Ar­beits­recht an­wend­bar, da kei­ne Be­reichs­aus­nah­me vor­liegt (zu­tref­fend Lembke FA 2014, 357, 358; Rich­ter Ar­bRAk­tu­ell 2016, 229, 230; aA ArbG Düssel­dorf 12. Mai 2016 - 2 Ca 5416/15 - ju­ris; Dil­ler NZA 2015, 1095, 1096; Pa­landt/Grüne­berg BGB 75. Aufl. § 288 Rn. 15).

aa) Der deut­sche Ge­setz­ge­ber hat in Ab­wei­chung von der Zah­lungs­ver­zugs­richt­li­nie, die in ih­rem Erwägungs­grund acht be­stimmt, dass die Richt­li­nie nicht für Geschäfte mit Ver­brau­chern gel­ten „soll­te“, den An­wen­dungs­be­reich des § 288 Abs. 5 BGB nicht auf Verträge zwi­schen Un­ter­neh­mern be­schränkt, son­dern auch Ver­brau­cher in der Rol­le des Gläubi­gers mit­er­fasst (Korch NJW 2015, 2212, 2213). Die über­schießen­de Um­set­zung der Richt­li­nie be­gründet der Ge­setz­ge­ber (BT-Drucks. 18/1309, Sei­te 19) da­mit, es sol­le ver­mie­den wer­den, dass Ver­brau­cher, die Gläubi­ger von Nicht­ver­brau­chern sind, ge­genüber Nicht­ver­brau­chern schlech­ter ge­stellt wer­den. Das ist eu­ro­pa­recht­lich zulässig, weil die Richt­li­nie kei­ne Voll­har­mo­ni­sie­rung be­wir­ken soll (Korch NJW 2015, 2212, 2213; Rich­ter Ar­bRAk­tu­ell 2016, 229, 230).

Schon dies spricht im Ge­gen­satz zur Auf­fas­sung von Dil­ler, der ausführt, dass sich der Ge­setz­ge­ber über die An­wend­bar­keit des § 288 Abs. 5 BGB im Ar­beits­recht „kei­ne be­son­de­ren Ge­dan­ken ge­macht“ ha­be (NZA 2015, 1095), dafür, dass der Ge­setz­ge­ber die An­wend­bar­keit von § 288 Abs. 5 BGB im Ar­beits­recht be­ab­sich­tigt hat. Für die Kon­stel­la­ti­on von Ver­brau­chern, die ei­nen Ent­gelt­an­spruch ge­gen ein Un­ter­neh­men ha­ben, dürf­ten Ansprüche auf Ar­beits­ent­gelt den Haupt­an­wen­dungs­fall bil­den. Es spricht viel dafür, dass der Ge­setz­ge­ber mit der Übe­r­erfüllung der Zah­lungs­ver­zugs­richt­li­nie ge­zielt den Schutz von Ar­beit­neh­mern im Blick hat­te (Rich­ter Ar­bRAk­tu­ell 2016, 229, 230).

bb) Die von Dil­ler (NZA 2015, 1095, 1096) ver­tre­te­ne Auf­fas­sung, wo­nach § 12a ArbGG ei­ne spe­zi­al­ge­setz­li­che Aus­nah­me­re­ge­lung be­inhal­te, die in ih­rem An­wen­dungs­be­reich § 288 Abs. 5 BGB ver­dränge, ist ab­zu­leh­nen. Sei­ner Auf­fas­sung nach wäre es sys­tem­wid­rig, wenn der Ar­beit­neh­mer bei außer­ge­richt­li­cher Gel­tend­ma­chung die 40,-- EUR-Pau­scha­le er­hiel­te, aber auf den höhe­ren Kos­ten bei Ein­schal­tung ei­nes Rechts­an­walts im Hin­blick auf § 12a ArbGG sit­zen­blie­be.

Zweck der Ver­zugs­kos­ten­pau­scha­le gemäß § 288 Abs. 5 BGB so­wie des der Norm zu­grun­de­lie­gen­den Art. 6 Abs. 1 der Zah­lungs­ver­zugs­richt­li­nie ist die pau­scha­le Entschädi­gung des Gläubi­gers für sei­ne in­ter­nen Bei­trei­bungs- und Mahn­kos­ten (Frei­tag ZIP 2015, 1805, 1806). Der pau­scha­le An­spruch auf 40,-- EUR ent­steht un­abhängig von ei­nem tatsächli­chen Ver­zugs­scha­den (BT-Drucks. 18/1309, Sei­ten 11 u. 19). Auch wenn der Ar­beit­neh­mer im erst­in­stanz­li­chen ar­beits­ge­richt­li­chen Ver­fah­ren grundsätz­lich kei­ne Er­stat­tung sei­ner Rechts­ver­fol­gungs­kos­ten ver­lan­gen kann, soll er gemäß § 288 Abs. 5 BGB im Ver­zugs­fall we­nigs­tens ei­ne ge­rin­ge­re (pau­scha­le) Entschädi­gung er­hal­ten (Rich­ter Ar­bRAk­tu­ell 2016, 229, 231). Des­halb kann nach hie­si­ger Auf­fas­sung kei­nem Zwei­fel un­ter­lie­gen, dass die Re­ge­lung des § 12a ArbGG nicht den Gel­tungs­be­reich von § 288 Abs. 5 BGB ein­schränkt son­dern al­len­falls um­ge­kehrt (vgl. Rich­ter Ar­bRAk­tu­ell 2016, 229, 231). Ei­ne plan­wid­ri­ge, un­be­ab­sich­tig­te Ge­set­zeslücke ist nicht er­sicht­lich (so aber ArbG Düssel­dorf 12. Mai 2016 - 2 Ca 5416/15 - ju­ris).

cc) Ent­ge­gen Dil­ler (NZA 2015, 1095, 1096) muss das Be­ru­fungs­ge­richt ei­ne in ers­ter In­stanz zu­er­kann­te 40,-- EUR-Pau­scha­le nicht ge­ge­be­nen­falls wie­der ab­er­ken­nen. Al­len­falls könn­te ei­ne An­rech­nung der Ver­zug­s­pau­scha­le im Kos­ten­fest­set­zungs­ver­fah­ren er­wo­gen wer­den (Rich­ter Ar­bRAk­tu­ell 2016, 229, 231).

dd) Ob die Er­stre­ckung des § 288 Abs. 5 BGB auf Ar­beits­verhält­nis­se rechts­po­li­tisch ver­fehlt ist (so Dil­ler NZA 2015, 1095), kann hier da­hin­ste­hen, da die Ge­rich­te auch zur An­wen­dung ei­ner Ge­set­zes­norm ver­pflich­tet sind, de­ren rechts­po­li­ti­sche Sinn­haf­tig­keit zwei­fel­haft er­schei­nen mag.

c) Bei der For­de­rung der Kläge­rin han­delt es sich um ei­ne Ent­gelt­for­de­rung im Sin­ne des § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB. Un­ter die­sen Be­griff fal­len al­le Zah­lun­gen ei­nes Geld­be­trags für vom Gläubi­ger zu er­brin­gen­de oder be­reits er­brach­te Ge­gen­leis­tun­gen (Korch NJW 2015, 2212, 2213). Im Ar­beits­recht ist al­so er­for­der­lich, aber auch aus­rei­chend, dass es sich um ei­ne For­de­rung han­delt, die im Sy­mal­lag­ma des Ar­beits­verhält­nis­ses steht (Dil­ler NZA 2015, 1095, 1096). Dies ist beim hier streit­ge­genständ­li­chen Ar­beit­ge­ber­zu­schuss zum Mut­ter­schafts­geld nach dem un­ter B. III. 2. a) Aus­geführ­ten der Fall.

d) Die Kläge­rin als Ar­beit­neh­me­rin kann den An­spruch nach § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB ge­gen ih­re Ar­beit­ge­be­rin gel­tend ma­chen. Die Be­klag­te als ju­ris­ti­sche Per­son, die den Ar­beits­ver­trag im Rah­men ih­rer ge­werb­li­chen Tätig­keit ab­ge­schlos­sen hat, ist Un­ter­neh­me­rin im Sin­ne des § 14 Abs. 1 BGB und da­mit nicht Ver­brau­che­rin.

e) Ein An­spruch der Kläge­rin nach § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB schei­tert aber an dem Um­stand, dass die Be­klag­te mit der Zah­lung des Zu­schus­ses zum Mut­ter­schafts­geld nicht wie er­for­der­lich in Ver­zug ge­ra­ten ist. § 286 Abs. 4 BGB be­stimmt, dass der Schuld­ner nicht in Ver­zug kommt, so­lan­ge die Leis­tun­gen in­fol­ge ei­nes Um­stands un­ter­bleibt, den er nicht zu ver­tre­ten hat. Die Be­klag­te hat dar­auf ver­wie­sen, dass sie zur Zah­lung des Zu­schus­ses für den Zeit­raum ab 1. Ok­to­ber 2015 nicht ver­pflich­tet sei, weil das Ar­beits­verhält­nis der Kläge­rin un­ter Zu­grun­de­le­gung der Recht­spre­chung des 7. Se­nats des Bun­des­ar­beits­ge­richts aus dem Jahr 2011 zur „Zu­vor“-Beschäfti­gung im Sin­ne des § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG mit Ab­lauf des 30. Sep­tem­ber 2015 be­en­det wor­den sei. Da­mit kann sie sich auf zu ih­ren Guns­ten be­ste­hen­de ak­tu­el­le höchst­rich­ter­li­che Recht­spre­chung be­ru­fen, die ihr Ver­tre­tenmüssen im Sin­ne des § 286 Abs. 4 BGB aus­sch­ließt (BAG 12. No­vem­ber 1992 - 8 AZR 503/91 - BA­GE 71, 350). Dies gilt auch dann, wenn die­se Recht­spre­chung wie hier im Schrift­tum über­wie­gend auf Ab­leh­nung ges­toßen ist (BGH 18. De­zem­ber 1962 - I ZR 54/61 - NJW 1963, 651).

Es kann da­hin­ge­stellt blei­ben, ob das Ver­schul­dens­er­for­der­nis des § 286 Abs. 4 BGB mit der Zah­lungs­ver­zugs­richt­li­nie im Ein­klang steht (dies be­zwei­felnd MüKoBGB/Ernst BGB § 288 Rn. 30). Da die Gel­tung der Re­ge­lung zur Ver­zug­s­pau­scha­le für Ar­beits­verträge nicht er­for­der­lich ist, son­dern es sich in­so­weit um ei­ne über­schießen­de Um­set­zung der Richt­li­nie han­delt, be­darf es kei­ner ein­schränken­den richt­li­ni­en­kon­for­men Aus­le­gung ge­gen den Wort­laut (ArbG Düssel­dorf 12. Mai 2016 - 2 Ca 5416/15 - ju­ris).

Dass die Be­klag­te hätte er­ken­nen können, dass das Ar­beits­verhält­nis der Kläge­rin aus an­de­ren, von der Fra­ge der „Zu­vor“-Beschäfti­gung un­abhängi­gen Gründen fort­be­stand, ist nicht er­sicht­lich. Die Par­tei­en ha­ben zu den Umständen, wie es zur Un­ter­zeich­nung der Mit­ar­bei­ter­mel­dung vom 15. Sep­tem­ber 2014 durch die Kläge­rin kam und ob und ge­ge­be­nen­falls wann münd­li­che Ab­spra­chen hin­sicht­lich ei­ner Be­fris­tung des Ar­beits­verhält­nis­ses ge­trof­fen wor­den wa­ren (hier­zu APS/Grei­ner 4. Aufl. Tz­B­fG § 14 Rn. 477ff.), nicht vor­ge­tra­gen. Ein Ver­s­toß der in der Mit­ar­bei­ter­mel­dung, die un­zwei­fel­haft aus­sch­ließlich All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB und kei­ne In­di­vi­dua­la­b­re­den enthält, ver­ein­bar­ten Be­fris­tung des Ar­beits­verhält­nis­ses ge­gen §§ 305 ff. BGB ist nicht er­sicht­lich. Die Re­ge­lung ist nicht un­an­ge­mes­sen be­nach­tei­li­gend im Sin­ne des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, ei­ne über­ra­schen­de Klau­sel liegt schon des­halb nicht vor, weil die Kläge­rin den vor­ge­leg­ten Ar­beits­ver­trags­ent­wurf nicht un­ter­zeich­net hat­te und des­halb da­mit rech­nen muss­te, auch in an­de­rem Zu­sam­men­hang rechts­er­heb­li­che Erklärun­gen un­ter­brei­tet zu be­kom­men.

4. Aus dem un­ter B. III. 3. e) dar­ge­leg­ten Grund kann die Kläge­rin auch kei­ne Ver­zugs­zin­sen nach § 288 Abs. 1 BGB be­an­spru­chen. Ihr wa­ren aber gemäß §§ 288 Abs. 1 Satz 2, 291 BGB Rechtshängig­keits­zin­sen in ge­setz­li­cher Höhe zu­zu­spre­chen, da die­se un­abhängig vom Ver­zug­s­ein­tritt zu zah­len sind (Dil­ler NZA 2015, 1095, 1097; Jer­ger/Ze­hent­bau­er NJW 2016, 1353, 1355).

Die Ver­zin­sungs­pflicht be­ginnt mit dem Fol­ge­tag der Rechtshängig­keit (BAG 16. Sep­tem­ber 2008 - 9 AZR 791/07 - BA­GE 127, 367; 25. April 2007 - 10 AZR 586/06 - ju­ris; 30. Ok­to­ber 2001 - 1 AZR 65/01 - BA­GE 99, 266).

C

I.

Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Kam­mer hat das Maß des Un­ter­lie­gens der Kläge­rin im Rah­men der Be­stands­schutz­strei­tig­keit im Hin­blick auf den un­zulässi­gen all­ge­mei­nen Fest­stel­lungs­an­trag, dem kein ei­genständi­ger Streit­wert zu­kommt, mit ei­nem Vier­tel be­wer­tet.

II.

1. Ge­gen die­ses Ur­teil war für die Be­klag­te gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG we­gen Di­ver­genz das Rechts­mit­tel der Re­vi­si­on zu­zu­las­sen. Es weicht von den Ur­tei­len des 7. Se­nats des Bun­des­ar­beits­ge­richts vom 6. April 2011 (7 AZR 716/09) und 21. Sep­tem­ber 2011 (7 AZR 375/10) ab.

2. Für die Kläge­rin kommt die Zu­las­sung der Re­vi­si­on nicht in Be­tracht, da die hierfür er­for­der­li­chen Vor­aus­set­zun­gen nach § 72 Abs. 2 ArbGG nicht ge­ge­ben sind.

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