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ArbG Dortmund, Urteil vom 23.10.2012, 5 Ca 2205/12
Schlagworte: | Überstunden, Überstundenklage, Schätzung | |
Gericht: | Arbeitsgericht Dortmund | |
Aktenzeichen: | 5 Ca 2205/12 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 23.10.2012 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | ||
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Zahlung von Überstundenvergütung.
Der 1956 geborene Kläger war vom 01.05.2011 bis zum 01.05.2012 bei der Beklagten als Busfahrer beschäftigt. Zuvor war er der Beklagten für den Zeitraum 1.4.2011 bis 28.4.2011 zur betrieblichen Erprobung gemäß § 46 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB III zugewiesen worden. Der Kläger war ausschließlich im Linienverkehr beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis lag ein Arbeitsvertrag vom 29.04.2011 zugrunde, in dem es unter anderem heißt:
§ 1 Inhalt, Beginn und Dauer des Arbeitsverhältnisses
Der AN wird ab 01.05.2011 bis 01.05.2012 im Rahmen eines gewerblichen befristeten Arbeitsverhältnisses als Busfahrer in Vollzeit beschäftigt.
§ 3 Arbeitsentgelt
Der Arbeitnehmer erhält monatlich 1800,00 € brutto zzgl. 6,00 € (> 8 Std.) bzw. 12,00 € (> 14 Std.) Spesen pro Arbeitstag....
§ 4 Arbeitszeit
Die Arbeitszeit ist dem Arbeitnehmer bekannt. Er hat im Monat 2 Samstage und jeden Sonntag frei...
...
§ 8 Aufgaben des Arbeitnehmers/Betrieblicher Ablauf
...
7. Vor Antritt einer jeden Fahrt ist eine Abfahrtskontrolle am Fahrzeug durchzuführen. Falls Fahrzeuge Mängel aufweisen, so ist ein Mängelzettel auszufüllen...
Wegen des weiteren Inhalts des Arbeitsvertrages wird auf Bl. 4 ff. d.A. verwiesen.
Sowohl während seiner Erprobung als auch nach Abschluss des Arbeitsvertrages war der Kläger auf 14 verschiedenen, feststehenden Touren eingesetzt. Während dieser Touren hatte der Kläger Pausenzeiten, die sich aus den Linienfahrplänen ergaben und die bis zu
4 Stunden betrugen.
Am 5.5.2011 erstellte die Beklagte eine Bescheinigung gegenüber der Bundesagentur für Arbeit (Bl. 9 d.A.), in der eine regelmäßige Arbeitszeit von wöchentlich 40 Stunden bescheinigt wurde
Mit seiner am 15.05.2012 bei Gericht eingegangenen Klage begehrt der Kläger die Vergütung von 649,65 zwischen dem 01.05.2011 und dem 01.05.2012 geleisteten Überstunden. Zur Darlegung der Überstunden verweist er auf die als Anlagen 4-14 beigefügten Stundenaufstellungen. Aus diesen Aufstellungen seien die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden ersichtlich. Auszugehen sei von einer vertraglich vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden, wie dies die Beklagte gegenüber der Bundesagentur für Arbeit bescheinigt habe. Soweit die Beklagte auf § 4 des Arbeitsvertrages verweise, sei diese Klausel zu unbestimmt und damit unwirksam. Die über 40 Wochenstunden hinaus geleisteten Arbeitsstunden seien als Überstunden zu vergüten. Da der Kläger im Linienverkehr eingesetzt gewesen sei, seien dabei sämtliche zwischen Abfahrt vom und Ankunft am Betriebssitz liegenden Stunden als Arbeitszeit zu vergüten. Das gleiche gelte für sämtliche Vor- und Nachbereitungsarbeiten. Bei seiner Stundenberechnung habe der Kläger jeweils eine Stunde Pausenzeit pro Tag in Abzug gebracht.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 6644,14 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit dem 4.4.2012 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass der Kläger die behaupteten Überstunden schon nicht schlüssig dargelegt habe, indem er lediglich seine Reisekostenabrechnungen vorgelegt habe. Ferner fehle es an einer nachvollziehbaren Darstellung der Pausenzeiten; zwischen den Parteien sei eine Pausenzeit von einer Stunde pro Tag nicht vereinbart worden. Vielmehr sei mit dem Kläger vereinbart worden, dass er täglich die ihm bekannten Bustouren fahre, die eine unterschiedliche Länge hätten, so dass die wöchentliche Arbeitszeit in geringem Umfang variiere könne. Außerdem habe der Kläger keine Überstunden, sondern lediglich die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit abgeleistet. Die dazu getroffene Regelung in § 4 des Arbeitsvertrages sei wirksam; bei der Formulierung "die Arbeitszeit ist dem Arbeitgeber bekannt" handele es sich lediglich um eine Tatsachenfeststellung, denn dem Kläger sei aufgrund seiner Erprobungszeit im April 2011 bekannt gewesen, welche Touren er fahren müsse und welche Arbeitszeit sich daraus ergebe. Außerdem sei ausweislich § 1 des Arbeitsvertrages ein Vollzeitarbeitsverhältnis vereinbart worden; dies umfasse die gesetzlich zulässige Höchstarbeitszeit von durchschnittlich 48 Stunden pro Woche. Der Kläger habe keine 649,62 Überstunden geleistet. Ein Anspruch auf Überstundenvergütung sei zudem verwirkt, da der Kläger seit Beginn des Arbeitsverhältnisses zu keinem Zeitpunkt die Vergütung von Überstunden verlangt habe.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie deren Anlagen und auf die Sitzungsprotokolle verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die von ihm verlangte Überstundenvergütung.
I.
1. Ein Anspruch auf Überstundenvergütung scheidet schon aus, da der Kläger die von ihm behaupteten Überstunden nicht schlüssig dargelegt hat.
a) Zur Begründung eines Anspruchs auf Überstundenvergütung hat der Arbeitnehmer darzulegen und - im Bestreitensfall - zu beweisen, dass er Arbeit in einem die Normalarbeitszeit übersteigenden zeitlichen Umfang verrichtet hat. Dazu hat er darzulegen und zu beweisen, welche Normalarbeitszeit vereinbart worden ist und an welchen Tagen und zu welchen Tageszeiten er über die übliche Arbeitszeit hinaus gearbeitet hat. Ist streitig, ob Arbeitsleistungen erbracht wurden, hat der Arbeitnehmer darzulegen, welche (geschuldete) Tätigkeit er ausgeführt hat. Je nach der Einlassung des Arbeitgebers besteht eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast (BAG, Urteil vom 29. Mai 2002 - 5 AZR 370/01 - EzA BGB § 611 Mehrarbeit Nr. 10; Urteil vom 25.05.2005, 5 AZR 319/04, EzA § 611 BGB 2002 Mehrarbeit Nr. 1). Der Anspruch auf Überstundenvergütung setzt des Weiteren voraus, dass die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt oder geduldet wurden oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig waren (BAG, Urteil vom 17. April 2002 - 5 AZR 644/00 - AP BGB § 611 Mehrarbeitsvergütung Nr. 40).
b) Ihrer Darlegungslast genügen weder Arbeitnehmer noch Arbeitgeber durch die bloße Bezugnahme auf die den Schriftsätzen als Anlagen beigefügte Stundenaufstellungen oder sonstige Aufzeichnungen. Anlagen können lediglich zur Erläuterung des schriftsätzlichen Vortrags dienen, diesen aber nicht ersetzen (BGH 2. Juli 2007 - II ZR 111/05 - Rn. 25 mwN, NJW 2008, 69; vgl. auch BVerfG 30. Juni 1994 - 1 BvR 2112/93 - zu III 2 a der Gründe, NJW 1994, 2683). Die Darlegung der Leistung von Überstunden durch den Arbeitnehmer bzw. die substantiierte Erwiderung hierauf durch den Arbeitgeber hat vielmehr entsprechend § 130 Nr. 3 und Nr. 4 ZPO schriftsätzlich zu erfolgen. Beigefügte Anlagen können den schriftsätzlichen Vortrag lediglich erläutern oder belegen, verpflichten das Gericht aber nicht, sich die unstreitigen oder streitigen Arbeitszeiten aus
den Anlagen selbst zusammenzusuchen (BAG, Urteil vom 16.5.2012, 5 AZR 347/11, NZA 2012, 939-942).
c) Ist die Klage danach nicht ausreichend substantiiert und damit nicht schlüssig, so ist sie abzuweisen. In Zivilprozessen, in denen beide Parteien anwaltlich vertreten sind, darf die Vorschrift des § 139 ZPO nicht dazu dienen, unschlüssige Klagen schlüssig zu machen. Zu den Grundlagen der Rechtsverfolgung im Zivilprozess gehört das Vorbringen von Tatsachen, aus deren lückenloser Folge sich - ihre Richtigkeit unterstellt - der geltend gemachte Anspruch herleiten lassen muss. Ist die klagende Partei anwaltlich vertreten, so bedarf es keines Hinweises des Gerichts (BGH 09.11.1983, VIII ZR 349/82, AP Nr. 5 zu § 139 ZPO).
d) Gemessen daran hat der Kläger die geleisteten Überstunden nicht schlüssig dargelegt, indem er auf seine Aufzeichnungen verweist, die zudem lediglich eine tägliche Anfangs- und Endzeit und– ohne Berechnung der Arbeitsstunden an den einzelnen Tagen – eine Summe der geleisteten Monatsstunden enthalten. Insbesondere da zwischen den Parteien streitig ist, welche Zeit für die Vor- und Nachbereitung anzusetzen ist und in welchem Umfang Stand- und Pausenzeiten zu berücksichtigen sind, wäre es Aufgabe des Klägers gewesen, im Einzelnen schriftsätzlich vorzutragen, an welchen Tagen er in welchem Umfang gefahren ist und in welchem Umfang er bei den von ihm zugrunde gelegten Zeiten Vor- und Nachbereitungszeiten sowie Stand- und Pausenzeiten berücksichtigt hat. Schon bei einem stichprobenartigen Abgleich der von der Beklagten mit Schriftsatz vom 30.07.2012 dargelegten, verschiedenen Touren mit den vom Kläger behaupteten Arbeitszeiten ergibt sich, dass der Kläger an jedem Tag andere Zeiten für die Vor- und Nachbereitung berücksichtigt und diese großzügig „gerundet“ hat. Es war vorliegend nicht Aufgabe der Kammer, sich aus den Anlagen des Klägers zusammenzusuchen, welche Zeiten – unstreitige – Fahrtzeiten waren und in welchem Umfang die vom Kläger behaupteten Überstunden streitige Vor- bzw. Nachbereitungszeiten und Standzeiten sowie Pausen enthalten.
Darauf war der Kläger nicht nach § 139 ZPO hinzuweisen, da er anwaltlich vertreten war (s.o.). Zu einem Hinweis des Gerichts bestand im vorliegenden Falle aber auch schon deshalb kein Anlass, weil die Beklagte auf die unzulängliche Substantiierung des Klagevorbringens in ihren Schriftsätzen vom 09.07.2012 und vom 30.07.2012 ausdrücklich hingewiesen hat. Darauf hätte der anwaltlich vertretene Kläger bis zum Kammertermin reagieren können und müssen (vgl. BGH Urteil vom 2. Oktober 1979 - VI ZR 245/78 unter 3. b) = NJW 1980, 223, 224). Dies hat er nicht getan.
2. Da schon eine schlüssige Darlegung der Überstunden nicht erfolgt ist, kann dahingestellt bleiben, welche Arbeitszeit zwischen den Parteien vereinbart worden ist. Dahingestellt bleiben kann auch, ob die sich aus den Linienfahrplänen ergebenden Standzeiten als Arbeitszeiten zu vergüten sind und ob ein Vergütungsanspruch möglicherweise verwirkt ist.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 2 ArbGG, § 91 ZPO. Die Entscheidung über 35 den Streitwert gründet sich auf §§ 61 Abs. 1, 46 Abs. 2 ArbGG, § 3 ZPO.
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