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ARBEITSRECHT AKTUELL // 09/081

Im Zeug­nis er­klär­te Be­reit­schaft, für Nach­fra­gen zur Ar­beits­qua­li­tät zur Ver­fü­gung zu ste­hen, ist zu strei­chen

Er­klärt sich der Ar­beit­ge­ber im Zeug­nis be­reit, Nach­fra­gen zur Qua­li­tät der er­brach­ten Ar­beits­leis­tun­gen zu be­ant­wor­ten, ist dies ei­ne Ab­wer­tung der Leis­tun­gen des Ar­beit­neh­mers: Ar­beits­ge­richt Her­ford, Ur­teil vom 01.04.2009, 2 Ca 1502/08
Wie weist man ge­hei­me Bot­schaf­ten in Zeug­nis­sen nach?

14.05.2009. Über Zeug­nise wird oft ge­strit­ten, so­gar vor Ge­richt. Denn da das Ar­beits­ver­hält­nis be­en­det ist, hat der (Ex-)Ar­beit­neh­mer we­ni­ger Scheu, auf Kon­fron­ta­ti­ons­kurs mit sei­nem (Ex-)Ar­beit­ge­ber zu ge­hen.

Und Zeug­nis­se sind viel­schich­ti­ge Tex­te, aus den man viel her­aus­le­sen kann, und manch­mal ent­hal­ten sie so­gar ge­hei­me (und dann be­son­ders ge­mei­ne) Bot­schaf­ten.

In ei­nem ak­tu­el­len Streit­fall hat das Ar­beits­ge­richt (ArbG) Her­ford ent­schie­den, dass das in ei­nem Zeug­nis ent­hal­ten An­ge­bot des Ar­beit­ge­bers, für Nach­fra­gen zur Ar­beits­qua­li­tät des aus­ge­schie­de­nen Ar­beit­neh­mers zur Ver­fü­gung zu ste­hen, als ei­ne ver­steck­te Ab­wer­tung der Leis­tun­gen des Ar­beit­neh­mers zu be­wer­ten ist. Ein sol­cher Hin­weis ist da­her er­satz­los zu strei­chen: Ar­beits­ge­richt Her­ford, Ur­teil vom 01.04.2009, 2 Ca 1502/08.

Ist die im Zeug­nis fest­ge­hal­te­ne Be­reit­schaft des Ar­beit­ge­bers, für Nach­fra­gen in be­zug auf die Ar­beits­qua­lität zur Verfügung zu ste­hen, ei­ne Ab­wer­tung der Leis­tun­gen des Ar­beit­neh­mers?

In Zeug­nis­sen fin­den sich im­mer wie­der For­mu­lie­run­gen, de­ren (ab­wer­ten­de oder po­si­ti­ve?) Be­deu­tung zwi­schen Ar­beit­ge­ber und Ar­beit­neh­mer strei­tig sind.

Da ein Ar­beit­neh­mer, der mit dem ihm er­teil­ten Ar­beits­zeug­nis nicht ein­ver­stan­den ist, vor Ge­richt zie­hen und Abände­rung des Zeug­nis­ses ver­lan­gen kann, wenn die­ses den recht­li­chen (Min­dest-)An­for­de­run­gen nicht ent­spricht, gibt es mitt­ler­wei­le zu vie­len ein­zel­nen For­mu­lie­run­gen Ge­richts­ur­tei­le, d.h. die Be­wer­tung häufig vor­kom­men­der Aus­sa­gen ist oft ar­beits­ge­richt­lich geklärt.

Nicht ent­schie­den wur­de bis­lang über die Fra­ge, was da­von zu hal­ten ist, wenn der Ar­beit­ge­ber in das Zeug­nis die For­mu­lie­rung auf­nimmt, für Nach­fra­gen be­tref­fend die vom Ar­beit­neh­mer er­brach­te Ar­beits­qua­lität zur Verfügung zu ste­hen.

Mit der Fra­ge, ob der be­trof­fe­ne Ar­beit­neh­mer die Strei­chung ei­nes sol­chen Hin­wei­ses aus dem Ar­beits­zeug­nis ver­lan­gen kann, hat­te sich das Ar­beits­ge­richt (ArbG) Her­ford mit ei­nem Ur­teil vom 01.04.2009 (2 Ca 1502/08) zu be­fas­sen.

Der Streit­fall: Ei­ne fünf Mo­na­te lang beschäftig­te Büroan­ge­stell­te wird mit ei­nem Zeug­nis ent­las­sen, in dem sich der Ar­beit­ge­ber an­bie­tet, Nach­fra­gen zur Ar­beits­qua­lität zu be­ant­wor­ten

Ei­ne von Ju­li bis An­fang De­zem­ber 2008 beschäftig­te kaufmänni­sche Mit­ar­bei­te­rin er­hielt bei Be­en­di­gung ih­res Ar­beits­verhält­nis­ses ein Zeug­nis, in dem sich fol­gen­de Be­mer­kung fand:

„Ger­ne ste­hen wir je­dem zukünf­ti­gen Ar­beit­ge­ber von Frau … hin­sicht­lich Nach­fra­gen über die Qua­lität der von ihr für uns ge­leis­te­ten Ar­beit zur Verfügung.“

Die Ar­beit­neh­me­rin zog vor das Ar­beits­ge­richt und be­an­trag­te, den Ar­beit­ge­ber zu ver­ur­tei­len, das ihr er­teil­te Zeug­nis durch Strei­chung des obi­gen Sat­zes zu ändern.

Der ver­klag­te Ar­beit­ge­ber mein­te, er ha­be das Zeug­nis kor­rekt er­stellt. In der Ge­samt­kon­zep­ti­on des Zeug­nis­ses sei der strei­ti­ge Hin­weis als po­si­ti­ves Si­gnal für künf­ti­ge Ar­beit­ge­ber zu ver­ste­hen. Im­mer­hin be­kun­de der al­te Ar­beit­ge­ber sei­ne Be­reit­schaft, das von der Kläge­rin im Zeug­nis ge­zeich­ne­te po­si­ti­ve Bild auch te­le­fo­nisch zu bestäti­gen.

Ar­beits­ge­richt Her­ford: Erklärt sich der Ar­beit­ge­ber im Zeug­nis be­reit, Nach­fra­gen zur Qua­lität der er­brach­ten Ar­beits­leis­tun­gen zu be­ant­wor­ten, ist dies ei­ne Ab­wer­tung der Leis­tun­gen des Ar­beit­neh­mers

Das Ar­beits­ge­richt gab der Kläge­rin recht und ver­ur­teil­te den Ar­beit­ge­ber, das er­teil­te Zeug­nis so zu ändern, dass die strei­ti­ge Be­mer­kung ge­stri­chen wird. Zur Be­gründung be­ruf sicht das Ge­richt auf § 109 Abs. 2 Satz 2 Ge­wer­be­ord­nung (Ge­wO).

Nach die­ser Vor­schrift muss ein Zeug­nis klar und verständ­lich for­mu­liert sein. Es darf kei­ne Merk­ma­le oder For­mu­lie­run­gen ent­hal­ten, die ver­steck­te Bot­schaf­ten ent­hal­ten, d.h. den Zweck ha­ben, ver­deck­te bzw. aus dem Wort­laut nicht er­sicht­li­che Aus­sa­gen über den Ar­beit­neh­mer zu tref­fen. In der strei­ti­gen For­mu­lie­rung sah das Ge­richt ei­ne sol­che ver­steck­te Ab­wer­tung der Leis­tun­gen der Ar­beit­neh­me­rin.

Selbst wenn es die Be­klag­te – nach ih­rem Be­kun­den - nur gut mit der Kläge­rin ge­meint ha­ben soll­te, wäre die ob­jek­ti­ve Aus­sa­ge des strei­ti­gen Sat­zes nach An­sicht des Ge­richts den­noch an­ders zu be­wer­ten. Ein „ob­jek­ti­ver und be­son­ne­ner Le­ser“ des um­strit­te­nen Zeug­nis­ses könne das An­ge­bot der Be­klag­ten, für Nach­fra­gen bezüglich der Qua­lität der von der Kläge­rin ge­leis­te­ten Ar­beit zur Verfügung zu ste­hen, nur als ei­ne ver­deck­te Aus­sa­ge ver­ste­hen, dass die im Zeug­nis ent­hal­te­ne Leis­tungs­be­ur­tei­lung nicht den wirk­li­chen Leis­tun­gen ent­spre­chen soll.

Ergänzend ver­weist das Ge­richt dar­auf, dass die strit­ti­ge For­mu­lie­rung sehr „un­gewöhn­lich und über­ra­schend“ ist und da­her dem Le­ser des Zeug­nis­ses ei­ne an­de­re Aus­sa­ge über die Leis­tungs­qua­lität der Kläge­rin na­he­legt, als sich aus der äußeren Form und dem Wort­laut des Zeug­nis­ses er­gibt.

Dem Ur­teil ist zu­zu­stim­men. Die vom Ar­beit­ge­ber gewähl­te For­mu­lie­rung ist ei­ne kla­re und sehr weit­ge­hen­de Ab­wer­tung der Leis­tun­gen der Ar­beit­neh­me­rin. Sie ent­spricht et­wa der For­mu­lie­rung, der Ar­beit­neh­mer ha­be sich „nach Kräften bemüht, die mit sei­nem Ar­beits­platz ver­bun­de­nen An­for­de­run­gen zu erfüllen“. Ar­beit­ge­ber, die ei­ne sol­che Be­wer­tung für rich­tig hal­ten, soll­ten zu ihr auch ste­hen, d.h. die No­te „man­gel­haft“ of­fen ver­ge­ben.

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Letzte Überarbeitung: 1. November 2018

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