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Darf die GDL für einen Lokführertarif streiken?
18.10.2007. Ein Streik ist an sich ein Arbeitsvertragsbruch, da die Streikenden ihre vertragliche Hauptpflicht, nämlich zu arbeiten, absichtlich nicht erfüllen.
Seit den 50er Jahren hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) allerdings in ständiger Rechtsprechung die rechtliche Zulässigkeit von Streikmaßnahmen anerkannt, falls bestimmte notwendige Voraussetzungen erfüllt sind.
Auf dieser Grundlage gilt in Deutschland entgegen vereinzelten politischen Unkenrufen von linker bis linksradikaler Seite ein ziemlich liberales Streikrecht.
Im einzelnen muss ein rechtmäßiger Streik folgende Bedingungen erfüllen, damit er rechtlich zulässig ist:
- Erstens muss er von einer Gewerkschaft organisiert sein („wilde“ Streiks sind verboten).
- Zweitens muss er auf den Abschluss eines Tarifvertrags gerichtet sein (an die Adresse der Politik gerichtete Streiks sind unzulässig).
- Drittens muss die Gewerkschaft mit dem Streik einen tarifrechtlich zulässigen Tarifvertrag erstreben (rechtlich unzulässige Tarifverträge dürfen nicht erstreikt werden).
- Viertens muss die Gewerkschaft Friedenspflicht beachten, die sich aus bestehenden Tarifverträgen ergibt.
- Fünftens darf der Streik nicht „unverhältnismäßig“ sein (Streiks mit dem Ziel einer ökonomischen „Vernichtung“ des Gegners sind unzulässig, woraus sich allerdings keine echten Grenzen ergeben, weil Gewerkschaften im Allgemeinen die Kuh, die sie melken wollen, nicht zu schlachten beabsichtigen).
In den vergangenen Monaten wurde die Zulässigkeit von Streiks der Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL) in dem Tarifkonflikt mit der Deutschen Bahn AG und ihren Konzerntöchtern bezweifelt, und zwar unter dem Aspekt der tarifrechtlichen Zulässigkeit eines speziell für Lokführer geltenden Spartentarifvertrags sowie weiterhin unter dem Aspekt einer - von der Deutsche Bahn AG behaupteten - angeblichen Unverhältnismäßigkeit.
Die tarifrechtliche Unzulässigkeit eines Lokführertarifvertrags - und damit die Widerrechtlichkeit von Streikmaßnahmen - leiten die Gegenspieler der GDL aus dem sog. Grundsatz der Tarifeinheit her.
Dieser Grundsatu besagt, dass bei mehreren in einem Betrieb auf dieselben Arbeitnehmergruppen rechtlich anzuwendenden Tarifverträgen letztlich nur einer zur Anwendung gelangen kann, d.h. dass die Tarifanwendung im Betrieb einheitlich erfolgen muss. Einzelheiten dieses Grundsatzes sind kompliziert und unter Juristen umstritten.
Aus diesem Grundsatz kann allerdings weder die tarifrechtliche Unzulässigkeit eines Lokführertarifvertrags hergeleitet werden. Und erst recht folgt aus dem Einheitsgrundsatz nicht die Unzulässigkeit eines Streiks, der auf einen solchen Tarifvertrags gerichtet ist.
Denn erstens spricht viel dafür, dass der Grundsatz der Tarifeinheit verfassungswidrig ist. Denn er stellt die Angehörigen der Gewerkschaft, deren Tarifvertrag diesem Grundsatz entsprechend verdrängt wird bzw. diesem Grundsatz zum Opfer fällt, nicht organisierten Arbeitnehmern gleich. Damit missachtet er ihre Entscheidung für eine Gewerkschaftszugehörigkeit:
Die aus § 4 Abs.1 TVG folgende zwingende Wirkung des Tarifvertrags für die beiderseits tarifgebundenen Arbeitsvertragsparteien, die ihrerseits das Grundrecht der Koalitionsfreiheit (Art.9 Abs.3 GG) konkretisiert, wird nämlich schlicht beiseite gewischt. Dies verletzt das Koalitionsgrundrecht der betroffenen Gewerkschaftsmitglieder.
Aus diesem Grunde dürften die - durchweg bereits recht lange zurück liegenden - Entscheidungen des BAG, die den Grundsatz der Tarifeinheit bestätigt haben, bei erneuter Befassung des Bundesarbeitsgerichts mit dieser Frage zur Disposition stehen. Sollte das BAG den Grundsatz der Tarifeinheit dennoch bestätigen, ist auch eine Korrektur dieser Rechtsprechung durch das BVerfG nicht ausgeschlossen.
Und zweitens setzt der Grundsatz der Tarifeinheit das wirksame Bestehen mehrerer, miteinander konkurrierender Tarifverträge gerade voraus. Wieso dieser Grundsatz - seine Vereinbarkeit mit der Verfassung einmal unterstellt - Arbeitskämpfe bereits im Vorfeld bzw. bei der Entstehung später möglicherweise konkurrierender Tarifverträge rechtlich verbieten sollte, ist daher nicht nachvollziehbar.
Dass zwei Tarifverträge miteinander konkurrieren und entsprechend dem Grundsatz der Tarifeinheit nur einer zur Anwendung gelangt, heißt noch lange nicht, dass der bei der Anwendung verdrängte Tarifvertrag tarifrechtlich unzulässig wäre, d.h. einen tarifrechtlich verbotenen Inhalt hätte.
Wenn der Grundsatz der Tarifeinheit nicht mit Erfolg gegen die Streiks der Lokführer ins Feld geführt werden kann, so könnten sie allenfalls wegen fehlender Verhältnismäßigkeit unzulässig sein.
Die hier in den letzten Wochen und Monaten zu hörenden Argumente (erhebliche wirtschaftliche (Folge-)Schäden beim Ausfall einiger weniger Zugverbindungen, besondere Belastung der Bahnkunden aufgrund der Urlaubszeit usw.) sind allerdings offensichtlich und von vornherein nicht geeignet, den Vorwurf der Unverhältnismäßigkeit zu untermauern.
Denn: Arbeitskampfmaßnahmen sollen „weh tun“, sonst wären sie sinnlos. Die Gefahr einer „wirtschaftlichen Vernichtung“ der Deutschen Bahn durch Lokführerstreiks wurde aber noch nicht einmal von der Deutschen Bahn behauptet. Eine solche Behauptung wäre auch abwegig.
Fazit: Ein Streik der Lokführer mag für viele ein Ärgernis sein, stellt aber aus juristischer Sicht eine rechtlich erlaubte und damit hinzunehmende Betätigung des Koalitionsgrundrechts des Streikenden und ihrer Gewerkschaft dar.
- Handbuch Arbeitsrecht: Streik und Streikrecht
- Handbuch Arbeitsrecht: Tarifeinheit, Grundsatz der Tarifeinheit
- Arbeitsrecht aktuell: 07/76 Lokführer dürfen im Güterverkehr und im Personenfernverkehr streiken
- Arbeitsrecht aktuell: 07/43 Verspätungen aufgrund des Streiks der Lokführer
- Arbeitsrecht aktuell: 07/23 Streik bei der Deutschen Bahn
Letzte Überarbeitung: 19. März 2020
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