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Diskriminierung von Schwulen bei der Einstellung
29.05.2013. Die Diskriminierung von Schwulen und Lesben im Erwerbsleben ist durch verschiedene europäische Richtlinien verboten. Homosexuelle dürfen daher beim Zugang zur Beschäftigung und zu Berufsausbildungen nicht benachteiligt werden.
Abgesichert wird dieses Prinzip durch eine Beweiserleichterung: Wenn abgelehnte Stellenbewerber vor Gericht Tatsachen beweisen können, die eine verbotene Diskriminierung wegen seiner sexuellen Identität vermuten lassen, muss der Arbeitgeber nachweisen, dass die Benachteiligung sachlich gerechtfertigt war.
Um diesen Nachweis zu führen, müssen Arbeitgeber nicht unter Verletzung der Privatsphäre ihrer schwulen Beschäftigten belegen, dass sie in der Vergangenheit Schwule eingestellt haben: Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 25.04.2013, C-81/12 (FC Steaua Bucuresti).
- Wie widerlegt man als Arbeitgeber den Anschein einer schwulenfeindlichen Einstellungspolitik?
- Der Streitfall: Schwulenfeindliche Äußerungen eines bekannten Repräsentanten des SC Fotbal Club Steaua Bucuresti SA
- EuGH: Da es auf die formal-juristische Einstellungsbefugnis eines Vereinsmäzens nicht ankommt, hätte sich Steaua Bucuresti von den Äußerungen Herrn Becalis distanzieren müssen
Wie widerlegt man als Arbeitgeber den Anschein einer schwulenfeindlichen Einstellungspolitik?
Das Europarecht schreibt den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union vor, effektive Maßnahmen dagegen zu ergreifen, dass Arbeitnehmer wegen persönlicher Merkmale wie z.B. der sexuellen Identität beim Zugang zur Beschäftigung diskriminiert werden (Art. 4 der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 09.02.1976, Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2002/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.09.2002).
Hat der Arbeitgeber durch Fehler bei einer Stellenausschreibung oder durch öffentliche Äußerungen zu seiner Einstellungspolitik die Vermutung einer Diskriminierung erweckt, greift eine Umkehr der Beweislast ein: Dann muss er nachweisen, dass seine Maßnahmen nicht diskriminierend, sondern sachlich begründet sind.
Dabei kann sich der Anschein einer verbotenen Diskriminierung auch aus allgemein gehaltenen öffentlichen Äußerungen eines Arbeitgebers zu seiner Einstellungspolitik ergeben, d.h. ein individuelles "Opfer" ist nicht unbedingt erforderlich, wenn Antidiskriminierungsstellen Arbeitgeber wegen solcher öffentlicher Äußerungen zur Rechenschaft ziehen. Das hat der EuGH bereits vor einigen Jahren entschieden (EuGH, Urteil vom 10.07.2008, C-54/07 - Feryn, wir berichteten in: Arbeitsrecht aktuell: 08/086 Diskriminierung durch öffentliche Äußerung ohne konkretes Opfer).
In einem Entscheidung vom 25.04.2013 hat der Gerichtshof zwei damit zusammenhängende Fragen geklärt: Ist die schwulenfeindliche Einstellungspolitik eines Fußballvereins durch entsprechende öffentliche Äußerungen eines seiner "Repräsentanten" auch dann schon indiziert, wenn dieser Repräsentant keine formal-juristische Vertretungsbefugnis für Einstellungsentscheidungen des Vereins hat? Und wie könnte der Verein einen solche Vermutung widerlegen - etwa dadurch, dass er schwule Vereinsspieler benennt und dadurch deren Persönlichkeitsrechte verletzt?
Der Streitfall: Schwulenfeindliche Äußerungen eines bekannten Repräsentanten des SC Fotbal Club Steaua Bucuresti SA
Im Februar 2010 äußerte ein bekannter Großaktionär und "Patron" des rumänischen Fußballvereins FC Steaua Bucuresti, Herr Becali, öffentlich, "er" würde nicht einmal dann, "wenn sich der Steaua auflöste, (...) einen Homosexuellen in die Mannschaft nehmen". In seiner "Familie" habe "ein Schwuler nichts verloren", und der FC Steaua sei seine Familie.
Daraufhin zog Accept, eine rumänische Vereinigung zum Schutz der Rechte lesbischer, schwuler, bi- und transsexueller Personen, vor den Nationalen Rat für die Bekämpfung der Diskriminierung (CNCD) und legte dort Beschwerde gegen den SC Steaua București und gegen Herrn Becali ein.
Der CNCD ließ Milde walten. Dem Verein hielt er zugute, dass die strittigen Äußerungen Herrn Becalis "außerhalb des Geltungsbereichs eines möglichen Arbeitsverhältnisses" lägen, da Herr Becali keine Einstellungen vornehmen könnte. Und Herrn Becali belegte der CNCD nur mit einer Verwarnung. Denn eine schärfere Sanktion sieht das rumänische Recht nicht vor, da der Beschluss des CNCD später als sechs Monate nach den stritten Äußerungen erging.
Daraufhin legte Accept den Fall einem rumänischen Gericht vor, dem Curte de Apel Bucuresti. Das Gericht setzte das Verfahren aus und fragte den EuGH, ob die diskriminierenden Äußerungen eines nicht vertretungsberechtigten Geldgebers eines Fußballvereins dem Verein zuzurechnen sind. Außerdem wollte das Gericht wissen, wie der Verein eigentlich die - hier möglicherweise gegebene - Vermutung einer schwulenfeindlichen Einstellungspolitik widerlegen sollte, wenn nicht dadurch, dass er schwule Vereinsspieler namhaft macht, was aber deren Persönlichkeitsrecht verletzen würde. Schließlich hatte der Curte de Apel Bucuresti Zweifel daran, dass eine bloße Verwarnung eine ausreichende Sanktion darstellt.
EuGH: Da es auf die formal-juristische Einstellungsbefugnis eines Vereinsmäzens nicht ankommt, hätte sich Steaua Bucuresti von den Äußerungen Herrn Becalis distanzieren müssen
Der EuGH stellte klar, dass es auf die formal-juristische Befugnis Herrn Becalis, Vereinsspieler einzustellen, nicht ankommt. Da er ein bekannter Geldgeber des Vereins war, führten seine schwulenfeindlichen Äußerungen zu der Vermutung, dass sich auch "sein" Verein, der FC Steaua Bucaresti, von diesen Prinzipien leiten lässt.
Um die Vermutung einer schwulenfeindlichen Einstellungspolitik zu widerlegen, ist es laut EuGH nicht erforderlich, die sexuelle Identität von Vereinsspielern offen zu legen. So hätte es genügt, wenn sich der Verein von den diskriminierenden Äußerungen Herrn Becalis öffentlich distanziert und/oder wenn er auf Antidiskriminierungs-Bestimmungen in seinen Einstellungsrichtlinien verwiesen hätte.
Schließlich deutet der Gerichtshof an, dass die hier gegen Herrn Becali verhängte Verwarnung unzureichend sein dürfte, überließ die Entscheidung dieser Frage aber dem rumänischen Gericht.
Fazit: Um eine schwulenfeindliche Einstellungspolitik zu widerlegen, müssen Arbeitgeber nicht nachweisen, dass sie in der Vergangenheit Schwule eingestellt haben und um wen es sich dabei konkret handelt. Beruht die Vermutung einer verbotenen Schwulendiskriminierung wie hier im Streitfall allein auf allgemeinen öffentlichen Äußerungen von Repräsentanten des Arbeitgebers (und nicht auf Fehlern in einem konkreten Auswahlverfahren), kann sie recht leicht auch durch gegenteilige öffentliche Distanzierungen bzw. Klarstellungen widerlegt werden.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 25.04.2013, C-81/12 (FC Steaua Bucuresti)
- Europäischer Gerichtshof, Pressemitteilung Nr. 52/13 vom 25.04.2013, zum Urteil vom 25.04.2013, C-81/12 (FC Steaua Bucuresti)
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierung - Allgemein
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierung - Rechte Betroffener
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierungsverbote - Sexuelle Identität
- Arbeitsrecht aktuell: 13/119 Beweislast für Diskriminierung bei der Einstellung
- Arbeitsrecht aktuell: 12/381 Hinterbliebenenrente auch für Lebenspartner von DO-Angestellten
- Arbeitsrecht aktuell: 12/024 Diskriminierung bei der Bewerbung
- Arbeitsrecht aktuell: 10/115 Auskunftsanspruch für abgelehnte Stellenbewerber?
- Arbeitsrecht aktuell: 08/086 Diskriminierung durch öffentliche Äußerung ohne konkretes Opfer
Letzte Überarbeitung: 16. November 2020
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