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OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 21.09.2010, 1 U 184/10
Schlagworte: | Betriebsrat | |
Gericht: | Oberlandesgericht Frankfurt/Main | |
Aktenzeichen: | 1 U 184/10 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 21.09.2010 | |
Leitsätze: | 1. Der Betriebsrat ist im Rahmen der ihm nach dem BetrVG obliegenden Aufgaben, seines gesetzlichen Wirkungskreises teilrechtsfähig und insofern in der Lage, Verträge über zugehörige Hilfsgeschäfte zu schließen. Die Entgeltforderung aus dem Hilfsgeschäft, etwa dem Beratungsvertrag, richtet sich demgemäß gegen den Betriebsrat. Seine Mitglieder haften für derartige Verbindlichkeiten grundsätzlich nicht persönlich. 2. Eine Zahlungsklage des Beraters gegen den Betriebsrat ist wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, wenn der Betriebsrat die Abtretung seines gegen den Arbeitgeber gerichteten Freistellungsanspruchs angeboten hat. |
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Vorinstanzen: | Landgericht Frankfurt/Main, Urteil vom 29. Juni 2010, 2/23 O 453/08 | |
OLG Frankfurt am Main, 21.09.2010 - 1 U 184/10
Leitsatz
1. Der Betriebsrat ist im Rahmen der ihm nach dem BetrVG obliegenden Aufgaben, seines gesetzlichen Wirkungskreises teilrechtsfähig und insofern in der Lage, Verträge über zugehörige Hilfsgeschäfte zu schließen. Die Entgeltforderung aus dem Hilfsgeschäft, etwa dem Beratungsvertrag, richtet sich demgemäß gegen den Betriebsrat. Seine Mitglieder haften für derartige Verbindlichkeiten grundsätzlich nicht persönlich.
2. Eine Zahlungsklage des Beraters gegen den Betriebsrat ist wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, wenn der Betriebsrat die Abtretung seines gegen den Arbeitgeber gerichteten Freistellungsanspruchs angeboten hat.
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 29.6.2010 verkündete Urteil der 23. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage, soweit sie gegen den Beklagten zu 3. gerichtet ist, als unzulässig verworfen wird.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Streithelferin der Beklagten zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten oder ihre Streithelferin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
A. Die Klägerin berät Betriebsräte insbesondere zu betriebswirtschaftlichen Fragen. Sie nimmt den Beklagten zu 3. als Betriebsrat, die Beklagten zu 1. und 2. als dessen Vorsitzenden bzw. stellvertretende Vorsitzende zum Zeitpunkt der Auftragserteilung auf Zahlung des Beratungshonorars in Anspruch.
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Die Streithelferin der Beklagten, eine AG mit mehr als 300 Arbeitnehmern, plante im Jahre 2007 verschiedene Umstrukturierungsmaßnahmen, die zum Abbau und zur Verlegung zahlreicher Arbeitsplätze ins Ausland führen sollten. Der Beklagte zu 3. beschloss, sich im Verfahren über einen Interessenausgleich von der Klägerin betriebswirtschaftlich beraten zu lassen; den entsprechenden Auftrag erteilte der Beklagte zu 1. Nachdem die Klägerin ihre Beratungsleistungen erbracht hatte, rechnete sie diese gegenüber dem Beklagten zu 3. in einer Gesamthöhe von 86.762,90 € auf der Basis von „Tagewerken“ bzw. „Manntagen“ ab (Bl. 42 ff. d. A.). Der Beklagte zu 1. reichte diese Rechnungen an die Streithelferin zum Ausgleich weiter. Die Streithelferin zahlte nicht, u. A. weil sie der Ansicht war, die Klägerin habe ihre Leistungen unzureichend dokumentiert und nachgewiesen. Der Beklagte zu 3. beschloss, seinen gegen die Streithelferin gerichteten Anspruch auf Erstattung der bzw. Freistellung von den durch die klägerische Beratungsleistung entstandenen Kosten an die Klägerin abzutreten. Die Klägerin lehnte dieses Angebot ab.
Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes nimmt der Senat auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Beklagten zu 1. und 2. seien nicht passiv legitimiert. Der Beklagte zu 3. könne wegen seiner eingeschränkten Rechts- und Vermögensfähigkeit nicht auf Zahlung, sondern nur auf Abtretung seines gegen die Streithelferin gerichteten Freistellungsanspruchs in Anspruch genommen werden; ein Anspruch auf Abtretung sei nicht geltend gemacht worden, abgesehen davon, dass der Beklagte zu 3. diese bereits angeboten habe.
Die Klägerin begründet ihre Berufung mit Rechtsausführungen. Das Landgericht hätte nicht durch die Einzelrichterin entscheiden dürfen, sondern die Sache wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeit der Kammer zur Übernahme vorlegen müssen.
Der Beklagte zu 3. habe als Beratungshonorar vertragsgemäß eine Zahlung und nicht nur eine Abtretung geschuldet; die Frage, ob er hierzu außerstande sei, sei dem Vollstreckungsverfahren vorzubehalten. Die Beklagten zu 1. und 2. hafteten für die Schuld des Beklagten zu 3. analog § 128 HGB ; die Annahme des Landgerichts, eine persönliche Haftung der Mitglieder eines Betriebsrats für dessen Rechtshandlungen mit Außenwirkung lasse Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit von Betriebsräten besorgen, sei in tatsächlicher Hinsicht unzureichend fundiert.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des landgerichtlichen Urteils die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin
1. 86.762,90 € nebst 8 Prozentpunkten Zinsen oberhalb des Basiszinssatzes aus
- 52.276,70 € seit dem 25.2.2008, - 34.486,20 € seit dem 7.4.2008,
2. 1.999,32 € vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst 5 Prozentpunkten Zinsen oberhalb des Basiszinssatzes hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagten und ihre Streithelferin beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das landgerichtliche Urteil.
Die Beklagten haben in der Berufungsverhandlung auf Befragen des Senats klargestellt, dass sie – insoweit übereinstimmend mit dem Vortrag ihrer Streithelferin – den zeitlichen Aufwand der Klägerin für die streitgegenständlichen Beratungsleistungen bestreiten. Der Beklagte zu 3. hat der Klägerin – ebenfalls in der Berufungsverhandlung – nochmals die Abtretung seines Freistellungsanspruchs gegen seine Streithelferin angeboten.
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B. Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet. Das Landgericht hat die Klage jedenfalls im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Beklagten zu 1. und 2. schulden der Klägerin das dieser gebührende Beratungshonorar nicht; Schuldner der Klägerin ist vielmehr allein der Beklagte zu 3. Soweit die Klage gegen diesen gerichtet ist, ist sie mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig; die Klägerin ist gehalten, auf der Grundlage der Abtretung des dem Beklagten zu 3. zustehenden Freistellungsanspruchs die Streithelferin der Beklagten vor dem zuständigen Arbeitsgericht in Anspruch zu nehmen. Im Einzelnen:
I. Die Besetzungsrüge der Klägerin greift nicht durch. Eine fehlerhafte Besetzung des Erstgerichts stellt einen wesentlichen Verfahrensmangel dar, der nur im Falle der Notwendigkeit einer umfangreichen und aufwändigen Beweisaufnahme eine Zurückverweisung nach § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO rechtfertigt; hieraus folgt, dass das Berufungsgericht die ordnungsgemäße Besetzung des Erstgerichts dahin gestellt sein lassen und selbst eine Entscheidung zur Sache treffen kann (vgl. BGH NJW 2008, 1672; KG BauR 2009, 1931 ). Von dieser Befugnis hat der Senat Gebrauch gemacht. Angesichts dessen ist das Verhältnis zwischen § 348 Abs. 4 ZPO und Art. 101 Abs. 1 S. 2 ZPO hier ebenso wenig zu vertiefen wie die Frage, ob eine Vorlage der Sache an die Kammer zur Übernahme nach § 348 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 ZPO geboten gewesen wäre.
II. Die Klage ist unbegründet, soweit sie gegen die Beklagten zu 1. und 2. gerichtet ist. Vertragspartner der Klägerin und damit deren Vergütungsschuldner ( § 611 Abs. 1 Halbs. 2 BGB ) ist ausschließlich der Beklagte zu 3. Für eine auf diesen Honoraranspruch bezogene persönliche Haftung der Beklagten zu 1. und 2. fehlt eine gesetzliche Grundlage.
1. Der als Dienstvertrag im Sinne des § 611 BGB einzuordnende Beratungsvertrag ist zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 3. zustande gekommen. Dieser schuldet der Klägerin das Honorar.
a) Die Auslegung der beiderseitigen Vertragserklärungen lässt bei der gebotenen Berücksichtigung ihrer Begleitumstände ( § 164 Abs. 1 S. 2 BGB ) keinen vernünftigen Zweifel daran, dass der Beklagte zu 3. als Gremium den Beratungsauftrag an die Klägerin erteilte und nicht etwa der die Willenserklärung abgebende Beklagte zu 1. persönlich. Der Beklagte zu 3. hatte beschlossen, sich zur Vorbereitung der Verhandlungen über einen Interessenausgleich in Ausübung seines aus § 111 S. 2 BetrVG folgenden Rechts fachkundiger Hilfe der Klägerin zu versichern. Die Beratung sollte dem Beklagten zu 3. zur Erfüllung seiner im Interesse der Belegschaft wahrzunehmenden Aufgaben, nicht dem Beklagten zu 1. persönlich erteilt werden, zugute kommen. Generell ist es eine Erfahrungstatsache, dass Betriebsratsmitglieder nur ganz ausnahmsweise privatrechtliche Verpflichtungen in finanzieller Hinsicht zu übernehmen bereit sind (vgl. BAG AP Nr. 7 zu § 87 BetrVG 1972 „Betriebskantine“ [unter II 1 b cc der Entscheidungsgründe]); im Streitfall sind besondere Umstände, die unzweifelhaft auf einen Willen des Beklagten zu 1. schließen ließen, sich persönlich zu verpflichten, weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Beklagte zu 2. kommt als Vertragspartnerin von vornherein nicht in Betracht, weil sie keine Willenserklärung abgegeben, sondern sich darauf beschränkt hat, dem Beschluss des Beklagten zu 3. über die Beauftragung der Klägerin zuzustimmen.
b) Der Beklagte zu 3. scheidet nicht deshalb als Vertragspartner der Klägerin aus, weil er nicht rechtsfähig wäre und demgemäß keine Verträge schließen, durch solche weder Ansprüche erwerben noch Verbindlichkeiten begründen könnte. Richtig ist vielmehr, dass der Betriebsrat im Rahmen der ihm nach dem BetrVG obliegenden Aufgaben, seines gesetzlichen Wirkungskreises teilrechtsfähig (vgl. BAG, a. a. O. [unter II 2 a der Entscheidungsgründe]; AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 71 [unter B II 1 der Entscheidungsgründe]; NZA 2005, 123, 124 [BAG 29.09.2004 - 1 ABR 30/03] ; AP BetrVG 1972 § 54 Nr. 12 [Tz. 50]; LG Lüneburg, Urt. v. 25.10.2007 – 4 O 160/07, juris-Rn. 24 ff.; Hessischer VGH, Beschluss v. 03.08.2009 - 1 A 1474/09.Z , juris-Rn. 2; Fitting, BetrVG, 25. Aufl. 2010, § 1 Rn. 205 ff.; Oetker NZA 2002, 465, 471 f.; Richardi, BetrVG, 12. Aufl. 2010, Einl. Rn. 111 ff.) und insofern in der Lage ist, Verträge über zugehörige Hilfsgeschäfte zu schließen (so ausdrücklich Fitting, a. a. O. Rn. 207; Oetker, a. a. O.; Richardi, a. a. O., Rn. 113; ähnlich BAG NZA 2005, 123, 124 [BAG 29.09.2004 - 1 ABR 30/03] [„außerhalb seines gesetzlichen Wirkungskreises nicht“]; AP BetrVG 1972 § 54 Nr. 12 [Tz. 48, 50, zur Beschaffung eines Versammlungsraumes]; LG
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Lüneburg, a. a. O., juris-Rn. 26; LAG Hamm BeckRS 2009, 74322 [unter B II 1 der Entscheidungsgründe, zur Buchung einer Schulung]); die Entgeltforderung aus dem Hilfsgeschäft, etwa dem Beratungsvertrag, richtet sich demgemäß gegen den Betriebsrat (vgl. Fitting, a. a. O., § 40 Rn. 17, § 111 Rn. 124; Oetker, a. a. O., 472). § 40 Abs. 1 BetrVG begründet einen gegen den Arbeitgeber gerichteten Anspruch des Betriebsrats auf Freistellung von Kosten, die ihm zur Wahrnehmung seiner Aufgaben entstanden sind, etwa durch die Beauftragung von sachverständigen Beratern in der Art der Klägerin (vgl. BAG AP Nr. 55 zu § 80 BetrVG 1972 [unter B I der Gründe]; LAG Hamm BeckRS 2005, 43283 [unter B II 1, 3 der Gründe]; Fitting, a. a. O., § 1 Rn. 207, § 40 Rn. 16); der Freistellungsanspruch verwandelt sich nach einer Abtretung an den Berater in dessen Hand zu einem Zahlungsanspruch gegen den Arbeitgeber (vgl. BAG AP Nr. 55 zu § 80 BetrVG 1972 [unter B I der Entscheidungsgründe]; AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 71 [unter B II 3 der Entscheidungsgründe]). Dieser in der Rechtsprechung gesicherte Freistellungsanspruch setzt denknotwendig eine Verbindlichkeit des Betriebsrats voraus, von der der Arbeitgeber diesen freizustellen hat, auf die sich die Freistellung bezieht (so zutr. Fitting, a. a. O., § 1 Rn. 207). Die Gegenansicht, die den Arbeitgeber als einzig möglichen Vertragspartner des vom Betriebsrat eingeschalteten Beraters ansieht (vgl. etwa Besgen, in:
BeckOK BetrVG, Stand: 01.06.2011, Edition 20, § 1 Rn. 54, 56; Koch, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 11. Auflage 2011, § 1 Rn. 18) überzeugt schon deshalb nicht, abgesehen davon, dass eine Vertretungsmacht des Betriebsrats für den Arbeitgeber kaum zu begründen ist (vgl. LG Lüneburg, a. a. O., juris-Rn. 32).
2. Für die Honorarschuld des Beklagten zu 3. haften die Beklagten zu 1. und 2. nicht.
a) Dem BetrVG ist eine persönliche Einstandspflicht der Mitglieder des Betriebsrates für die von diesem im Rahmen seines gesetzlichen Wirkungskreises begründeten Verbindlichkeiten nicht zu entnehmen. Für eine Haftung nach gesellschafts- oder vereinsrechtlichen Grundsätzen, insbesondere für eine entsprechende Anwendung des § 128 HGB ist kein Raum. Der Betriebsrat unterscheidet sich grundlegend von einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer OHG. Seine rechtliche Struktur wird durch das BetrVG in eigenständiger, von gesellschaftsrechtlichen Grundmustern abweichender Weise abschließend geprägt. Die in ihm verbundenen Personen haben sich nicht vertraglich zur Förderung eines gemeinsamen Zweckes verbunden; ihre Zugehörigkeit zu diesem Gremium beruht vielmehr wesentlich auf dem Willen Dritter, der wählenden Belegschaft. Die im landgerichtlichen Urteil sinngemäß angestellte Erwägung, die Funktionsfähigkeit des Betriebsrats dürfe durch persönliche Haftungsrisiken aus Rechtsgeschäften mit Außenwirkung nicht beeinträchtigt werden (vgl. ähnlich Fitting, a. a. O., § 1 Rn. 206), hat angesichts dessen allenfalls ergänzende Bedeutung.
b) Die Notwendigkeit einer persönlichen Haftung der Betriebsratsmitglieder lässt sich auch nicht auf die Billigkeitserwägung der Klägerin stützen, der Berater habe unzureichenden Einblick in die Tatsachen, die für den Bestand und den Umfang des dem Betriebsrat gegen den Arbeitgeber nach § 40 Abs. 1 BetrVG zustehenden Freistellungsanspruchs maßgebend sind. Nach der Rechtsprechung des BAG (AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 71, unter B II 2 b bb (3) der Gründe), der der Senat auch insoweit folgt, fällt die Beurteilung des Umfangs dieses Freistellungsanspruchs, hier des ex ante aus Sicht des Betriebsrats vertretbar als erforderlich eingeschätzten Beratungsaufwandes in den Risikobereich des vom Betriebsrat beauftragten anwaltlichen Beraters. Für die Klägerin, die sich gerade auf die betriebswirtschaftliche Beratung von Betriebsräten spezialisiert hat, kann nichts Anderes gelten. Jedenfalls einen auf die Beratung von Betriebsräten spezialisierten Sachverständigen trifft eine dienstvertragliche Nebenpflicht des Inhalts, den Betriebsrat vor hinsichtlich seiner Erforderlichkeit und damit hinsichtlich seiner Erstattungsfähigkeit zweifelhaftem Beratungsaufwand zu warnen; eine Verletzung dieser Verpflichtung hat einen Schadensersatzanspruch auf Befreiung von den Honorarteilen zur Folge, die auf den nicht vertretbar als erforderlich anzusehenden Beratungsaufwand entfallen. Eine diesbezügliche Beratung hat die Klägerin dem Beklagten zu 3. unstreitig nicht erteilt. Die Frage des erforderlichen Aufwands im Einzelfall darf zudem nicht mit der des gesetzlichen Wirkungskreises des Betriebsrats vermengt werden. Der gesetzliche Wirkungskreis ist mit den Aufgaben beschrieben, die der Betriebsrat nach dem BetrVG hat; es ist möglich, dass der Betriebsrat zur Lösung einer derartigen Aufgabe einen
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auch aus der maßgebenden Sicht ex ante unvertretbaren Aufwand betreibt. Die Divergenz zwischen seiner – im Ausgangspunkt, abgesehen vom o. a. Schadensersatzanspruch – höheren Honorarschuld und seinem Erstattungsanspruch fällt in den Risikobereich des besonders fachkundigen Beraters.
III. Die Klage ist unzulässig, soweit sie gegen den Beklagten zu 3. gerichtet ist. Es fehlt insoweit am Rechtsschutzbedürfnis.
1. Den Grundsätzen über das Erfordernis des Rechtsschutzbedürfnisses liegt der Gedanke zugrunde, dass niemand die Gerichte als Teil der Staatsgewalt unnütz, schlechthin sinnlos bemühen (vgl. BGHZ 54, 181, 184 ; BGH NJW 1978, 2031, 2032 [BGH 14.03.1978 - VI ZR 68/76] ; 1996, 2035, 2037; st. Rspr.) und dass der Gläubiger den Schuldner nicht unnötig mit einem Prozess behelligen darf (vgl. BGHR ZPO vor § 1/Rechtsschutzinteresse Vollstreckungstitel 1). Leistungsklagen dienen der Durchsetzung eines behaupteten Anspruchs. Ihr Wesen liegt darin, dass der Gläubiger „auf Befriedigung“ klagt und der Schuldner „zur Befriedigung“ des Gläubigers verurteilt wird. Bedarf es einer solchen Verurteilung „zur Befriedigung“ des Gläubigers schon nach seinem eigenen Vorbringen nicht, so fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Leistungsanspruch gleichwohl gerichtlich geltend gemacht wird, ohne dass es auf eine Erfüllung im Sinne des § 362 BGB ankommt (vgl. BGHR ZPO vor § 1/Rechtsschutzbedürfnis Leistungsklage 1).
2. Die Klage gegen den Beklagten zu 3. ist in diesem Sinne unnütz und schlechthin sinnlos unabhängig davon, ob dieser – wozu der Senat mit der Klägerin neigt – Zahlung des Honorars schuldet oder – wie das Landgericht dies angenommen hat – nur eine Abtretung des gegen die Streithelferin als Arbeitgeberin gerichteten Freistellungsanspruchs. Da der Beklagte zu 3. wie jeder Betriebsrat abgesehen von seinen aus § 40 Abs. 1 BetrVG folgenden Ansprüchen von Gesetzes wegen dauerhaft vermögenslos ist, könnte auch die Vollstreckung eines Zahlungsurteils allein zur Pfändung und Überweisung des Freistellungsanspruchs führen, dessen Abtretung der Beklagte zu 3. der Klägerin bereits vorgerichtlich und nochmals in der Berufungsverhandlung angeboten hat. Auch ein Zahlungsurteil gegen den Beklagten zu 3. würde für die Klägerin nichts an der Notwendigkeit ändern, die Streithelferin vor dem Arbeitsgericht auf Zahlung in Anspruch zu nehmen, ihre im arbeitsgerichtlichen Verfahren anfallenden Kosten zu tragen und den Beweis für die Tatsachen zu führen, die den überwiesenen Anspruch aus § 40 Abs. 1 BetrVG gegen die Streithelferin begründen. Die Klage gegen den Beklagten zu 3. ist demgemäß ersichtlich ungeeignet, die Lage der Klägerin hinsichtlich der Befriedigung ihrer Honorarforderung gegenüber der Lage zu verbessern, die bestünde, wenn sie sein Abtretungsangebot angenommen hätte. Die Klägerin hat gegen den Beklagten zu 3. keinen durchsetzbaren Anspruch darauf, dass er seinerseits die Streithelferin vor dem Arbeitsgericht auf Freistellung in Anspruch nimmt.
IV. Der Senat lässt die Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO zu, weil die entscheidungserheblichen Fragen der Haftung des Betriebsrats und seiner Mitglieder für auf der externen Beratung des Betriebsrats beruhende Verbindlichkeiten in Rechtsprechung und Schrifttum nicht ausreichend geklärt sind. Die übrigen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1 , 101 Abs. 1 , 708 Nr. 11 , 711 ZPO .
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