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Hes­si­sches LAG, Ur­teil vom 04.05.2006, 14 Sa 18/06

   
Schlagworte: Bonus, Gehalt: Bonus
   
Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 14 Sa 18/06
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 04.05.2006
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Frankfurt am Main
   


Hes­si­sches
Lan­des­ar­beits­ge­richt  

Ak­ten­zei­chen:
14 Sa 18/06
16 Ca 4941/05 Ar­beits­ge­richt Frank­furt am Main  

 

Verkündet laut Pro­to­koll am 04. Mai 2006

An­ge­stell­te
Ur­kunds­be­am­tin der Geschäfts­stel­le

 

Im Na­men des Vol­kes !
Ur­teil

 

In dem Be­ru­fungs­ver­fah­ren

Be­ru­fungskläger und Kläger
Pro­zess­be­vollmäch­tigt.: 

Geschäfts­zei­chen

ge­gen

Be­ru­fungs­be­klag­te und Be­klag­te
Pro­zess­be­vollmäch­tigt.: 

Geschäfts­zei­chen

hat das Hes­si­sche Lan­des­ar­beits­ge­richt, Kam­mer 14, in Frank­furt am Main

auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 04. Mai 2006

durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Lan­des­ar­beits­ge­richt als Vor­sit­zen­den

und die eh­ren­amt­li­che Rich­te­rin

und die eh­ren­amt­li­che Rich­te­rin

als Bei­sit­ze­rin­nen für Recht er­kannt:

Die Be­ru­fung des Klägers ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Frank­furt vom 1. No­vem­ber 2005, Az.: 16 Ca 4941/05, wird zurück­ge­wie­sen.

Der Kläger hat die Kos­ten der Be­ru­fung zu tra­gen.

Die Re­vi­si­on wird zu­ge­las­sen.
 

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Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten um ei­ne Bo­nus­zah­lung für das Jahr 2004.

Die Be­klag­te und Be­ru­fungs­be­klag­te (im Fol­gen­den: Be­klag­te) er­bringt Fi­nanz­dienst­leis­tun­gen. Der Kläger und Be­ru­fungskläger (im Fol­gen­den: Kläger) war vom 01.04.2002 bis zum 30.09.2004 bei der Be­klag­ten als Be­ra­ter beschäftigt und im „A Geschäft„ ein­ge­setzt. Der Kläger kündig­te das Ar­beits­verhält­nis mit Schrei­ben vom 29.06.2004, zu­ge­gan­gen bei der Be­klag­ten am 30.06.2004 zum 30.09.2004. Gemäß Zif­fer 2. des Ar­beits­ver­tra­ges, auf des­sen In­halt Be­zug ge­nom­men wird (Bl. 11 - 14 d.A.) war nach Ab­lauf der 6-mo­na­ti­gen Pro­be­zeit ei­ne Kündi­gungs­frist von 3 Mo­na­ten zum Quar­tal ver­ein­bart.

Mit sei­ner am 07.06.2005 beim Ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen und der Be­klag­ten am 13.06.2005 zu­ge­stell­ten Kla­ge macht der Kläger ei­nen Bo­nus­an­spruch für das Jahr 2004 gel­tend. Hin­sicht­lich der Bo­nus­ver­ein­ba­rung heißt es un­ter Zif­fer 3. des Ar­beits­ver­tra­ges (Vergütung):

„Ih­re Brut­to­ge­halts­ver­ein­ba­rung ist außer­ta­rif­lich und beträgt jähr­lich EUR 49.200,00. B

Darüber hin­aus er­hal­ten Sie ei­nen ge­winn- und leis­tungs­abhängi­gen Bo­nus, der im ers­ten Jahr Ih­rer Be­triebs­zu­gehörig­keit EUR 7.700,00 nicht un­ter­schrei­ten wird und im Frühjahr des Fol­ge­jah­res zur Aus­zah­lung kommt. Da­nach neh­men Sie an dem in un­se­rem Hau­se übli­chen Bo­nus­sys­tem teil.

Die Zah­lung des Bo­nus er­folgt in je­dem Fal­le frei­wil­lig und be­gründet kei­nen Rechts­an­spruch für die Zu­kunft.

Der An­spruch auf Zah­lung ei­nes Bo­nus entfällt, wenn Sie am 01. April des Aus­zah­lungs­jah­res nicht mehr in ei­nem un­gekündig­ten Ar­beits­verhält­nis mit un­se­rem Hau­se ste­hen.
Bei Be­ginn des Ver­trags­verhält­nis­ses im Lau­fe ei­nes Ka­len­der­jah­res wer­den al­le Vergütun­gen zeit­an­tei­lig be­rech­net.„

Das Jah­res­ge­halt des Klägers be­lief sich zu­letzt gemäß Schrei­ben vom 15.03.2004 (Bl. 38 d.A.) auf € 55.200,00.

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Wei­te­re Re­ge­lun­gen zum Bo­nus­sys­tem sind in ei­ner Broschüre „Das Ziel­ver­ein­ba­rungs- und Be­ur­tei­lungs­sys­tem der B„ ent­hal­ten, die dem Kläger mit dem Ar­beits­ver­trag über­ge­ben wur­de (Bl. 16 d.A.). Da­nach setzt sich der Jah­res­bo­nus aus zwei Kom­po­nen­ten zu­sam­men, nämlich zu 40% aus dem Be­reichs- bzw. Ge­sell­schafts­er­geb­nis so­wie zu 60% aus der in­di­vi­du­el­len Leis­tung, wo­bei der in­di­vi­du­el­le Bo­nus­an­teil aus der Ziel­ver­ein­ba­rung und der hier­an an­knüpfen­den Be­ur­tei­lung ab­ge­lei­tet wird. Gemäß Schrei­ben vom 21.02.2003 (Bl. 36 d.A.) er­hielt der Kläger für das Beschäfti­gungs­jahr 2002 ei­nen Bo­nus in Höhe von € 10.000,00. Als Stan­dart­bo­nus für das Geschäfts­jahr 2003 wur­de ein Be­trag in Höhe von € 10.000,00 in Aus­sicht ge­nom­men. Auf die ent­spre­chen­de Gesprächs­no­tiz (An­la­ge K 5, Bl. 40 d.A.) wird Be­zug ge­nom­men. Gemäß Schrei­ben vom 15.03.2004 (Bl. 38 d.A.) wur­de ihm für das Geschäfts­jahr 2003 ein Bo­nus in Höhe von € 25.000,00 ge­zahlt. Für das Geschäfts­jahr 2004 war ein Stan­dard­bo­nus in Höhe von € 20.000,00 avi­siert. Auf die ent­spre­chen­de No­tiz (An­la­ge K 6, Bl. 42 d.A.) wird Be­zug ge­nom­men. In ei­nem Gespräch mit dem Kläger über die Zie­le für das Jahr 2004 im Fe­bru­ar 2004 schlos­sen die Par­tei­en ei­ne Ziel­ver­ein­ba­rung un­ter dem 24. Fe­bru­ar 2004, auf de­ren In­halt Be­zug ge­nom­men wird (Bl. 79 d.A.).

Nach Aus­spruch sei­ner Ei­genkündi­gung ar­bei­te­te der Kläger noch bis zum 31. Au­gust 2004 für die Be­klag­te, ab dem 01. Sep­tem­ber 2004 wur­de ihm bis zum Ab­lauf der Kündi­gungs­frist am 30.09.2004 Rest­ur­laub er­teilt. Auf das Schrei­ben vom 02.08.2004 bezüglich der Frei­stel­lung des Klägers (Bl. 108 d.A., An­la­ge K 10) wird Be­zug ge­nom­men.

Der Kläger hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, dass die im Ar­beits­ver­trag ent­hal­te­ne Stich­tags­re­ge­lung un­zulässig sei. Des Wei­te­ren hat er be­haup­tet, dass er so­wohl die in­di­vi­du­el­len mit ihm ver­ein­bar­ten Zie­le er­reicht ha­be, eben­so er­ge­be sich aus dem Geschäfts­er­geb­nis der Be­klag­ten, dass sie zur Zah­lung ei­nes Bo­nus ver­pflich­tet sei.

Der Kläger hat be­an­tragt,

die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an den Kläger € 40.200,00 nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 15. April 2005 zu zah­len.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt,

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die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Die Be­klag­te hat die Ver­ein­ba­rung im Ar­beits­ver­trag als zulässig und wirk­sam an­ge­se­hen, so­weit es die dort ent­hal­te­ne Stich­tags­re­ge­lung be­trifft. Zu­dem sei der An­spruch des Klägers auch der Höhe nach nicht aus­rei­chend be­gründet.

Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge durch Ur­teil vom 01.11.2005 ab­ge­wie­sen. Zur Be­gründung hat es im We­sent­li­chen aus­geführt, dass es sich bei der im Ar­beits­ver­trag ver­ein­bar­ten Bo­nus­zu­sa­ge um ei­ne Zah­lung mit Misch­cha­rak­ter han­de­le. Durch die Stich­tags­klau­sel sei die Son­der­zah­lung mit ei­nem Gra­ti­fi­ka­ti­ons­cha­rak­ter ver­bun­den. Der Zweck der Son­der­zah­lung las­se sich al­lein aus den Vor­aus­set­zun­gen, die ver­trag­lich ver­ein­bart sei­en, ab­lei­ten. An­ge­sichts der Höhe der Bo­nus­zah­lung lie­ge auch kei­ne übermäßig lan­ge Bin­dungs­dau­er vor.

Ge­gen die­ses Ur­teil, auf des­sen Tat­be­stand und Ent­schei­dungs­gründe zur Ergänzung des Sach- und Streit­stan­des Be­zug ge­nom­men wird (Bl. 125 ff. d.A.) und das dem Kläger am 09.12.2005 zu­ge­stellt wor­den ist, hat der Kläger mit Schrift­satz, der am 05.01.2006 beim Hes­si­schen Lan­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­gen ist, Be­ru­fung ein­ge­legt und die­se mit Schrift­satz vom 27.01.2006 im Ein­zel­nen be­gründet.

Der Kläger wie­der­holt und ver­tieft sei­nen Vor­trag aus dem ers­ten Rechts­zug. Er ver­tritt wei­ter­hin die Auf­fas­sung, dass es sich an­ge­sichts der Leis­tungs­kom­po­nen­te der Bo­nus­zah­lung, die mit 60% über­wie­ge, um ei­ne rei­ne Vergütung im en­ge­ren Sin­ne han­de­le. Ent­spre­chend sei auch der Fort­be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses kei­ne An­spruchs­vor­aus­set­zung, da er die Leis­tung je­den­falls an­tei­lig be­reits er­bracht ha­be. Zu­dem ha­be der Kläger auch die in den Ziel­vor­ga­ben ge­re­gel­ten Vor­aus­set­zun­gen der Bo­nus­zah­lung erfüllt, nach­dem er an zahl­rei­chen Pro­jek­ten maßgeb­lich und er­folg­reich be­tei­ligt ge­we­sen sei. Die Qua­lität sei­ner Ar­beits­wei­se las­se sich auch aus der Ge­halts­erhöhung im April 2004 ab­lei­ten. Sch­ließlich wei­se auch das Be­reichs- und Ge­sell­schafts­er­geb­nis der Be­klag­ten ein Vo­lu­men aus, das we­sent­lich über dem des Vor­jah­res lie­ge. Zur Höhe ver­tritt er die Auf­fas­sung, dass die Bo­nus­zah­lung min­des­tens in Höhe von 100% des an­tei­li­gen Grund­ge­halts für das Jahr 2004 an­zu­set­zen sei. Auch un­ter Berück­sich­ti­gung der §§ 305 ff. BGB lie­ge ein Ver­s­toß ge­gen das Trans­pa­renz­ge­bot vor. Sch­ließlich sei auch die Bin­dungs­dau­er un­an­ge­mes­sen lang und stel­le ei­ne un­zulässi­ge Kündi­gungs­er­schwe­rung dar.

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Der Kläger be­an­tragt,

das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Frank­furt am Main vom 01.11.2005, Az.: 16 Ca 4941/05 - ab­zuändern und die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an den Kläger € 40.200,00 brut­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 15.04.2005 zu zah­len.

Die Be­klag­te be­an­tragt,

die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

Die Be­klag­te ver­tei­digt das an­ge­foch­te­ne Ur­teil un­ter Wie­der­ho­lung und Ver­tie­fung ih­res Vor­trags aus dem ers­ten Rechts­zug. Sie ver­tritt die Auf­fas­sung, die Stich­tags­re­ge­lung sei zulässig, sie sei zu­dem aus­rei­chend klar im Ar­beits­ver­trag ver­ein­bart. Ent­schei­dend sei nicht die Be­zeich­nung der Zah­lung, son­dern de­ren Funk­ti­on. Nach­dem der Kläger erst kur­ze Zeit bei der Be­klag­ten tätig ge­we­sen sei und le­dig­lich über ge­rin­ge Be­rufs­er­fah­rung verfügt ha­be, sei ei­ne ent­spre­chen­de Bin­dung auch zulässig ge­we­sen. An­ge­sichts der Ar­beit des Klägers in ei­nem Pro­jekt­team könne auch nicht von ei­ner maßgeb­li­chen Leis­tung des Klägers ge­spro­chen wer­den, zu­mal er an un­ter­schied­li­chen Pro­jek­ten mit­ge­ar­bei­tet ha­be, dies un­ter maßgeb­li­cher Lei­tung er­fah­re­ner Mit­ar­bei­ter. Zu­dem fin­de auch die Be­rech­nungs­wei­se des Klägers zur Höhe des Bo­nus kei­nen Nie­der­schlag in den ver­trag­li­chen Re­ge­lun­gen. Eben­so we­nig ha­be er die mit ihr ver­ein­bar­ten Zie­le er­reicht. Sch­ließlich lie­ge auch kei­ne übermäßige Bin­dungs­dau­er vor.

We­gen des wei­te­ren Sach­vor­trags der Par­tei­en wird auf den In­halt der in der münd­li­chen Ver­hand­lung vor­ge­tra­ge­nen Schriftsätze der Par­tei­en, ins­be­son­de­re die Be­ru­fung des Klägers vom 27.01.2006 so­wie die Be­ru­fungs­er­wi­de­rung der Be­klag­ten vom 15.02.2006 Be­zug ge­nom­men.

Ent­schei­dungs­gründe

Die gem. den §§ 8 Abs. 2 ArbGG, 511 ZPO so­wie nach dem Wert des

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und ord­nungs­gemäß ein­ge­legt wor­den (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519 und 520 ZPO).

Die Be­ru­fung hat je­doch in der Sa­che kei­nen Er­folg, da sie un­be­gründet ist. Das Ar­beits­ge­richt hat mit zu­tref­fen­den Erwägun­gen die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Das Be­ru­fungs­ge­richt folgt in vol­lem Um­fang den Gründen der an­ge­foch­te­nen Ent­schei­dung und macht sich die­se voll in­halt­lich zu Ei­gen, § 69 Abs. 2 ArbGG. Zur Ver­mei­dung unnöti­ger Wie­der­ho­lun­gen wird auf die­se ver­wie­sen.

Die mit der Be­ru­fung vor­ge­brach­ten An­grif­fe, mit de­nen der Kläger sein erst­in­stanz­li­ches Vor­brin­gen ver­tieft, recht­fer­ti­gen kei­ne an­de­re Be­ur­tei­lung. Im Ein­zel­nen gilt Fol­gen­des:
1.
Ent­spre­chend der durch das Ar­beits­ge­richt vor­ge­nom­me­nen Aus­le­gung han­delt es sich bei der strei­ti­gen Zah­lung nicht um ei­ne rei­ne Bo­nus­re­ge­lung, son­dern um ei­ne Zah­lung mit Misch­cha­rak­ter. An­knüpfend an die ständi­ge Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts kommt es bei der Be­ur­tei­lung der Rechts­qua­lität ei­ner Son­der­vergütung nicht auf de­ren Be­zeich­nung an, son­dern dar­auf, wie die Ver­trags­par­tei­en im Ar­beits­ver­trag die An­spruchs­vor­aus­set­zun­gen fest­ge­legt ha­ben. Er­kenn­bar ver­folgt der Ar­beit­ge­ber mit der Son­der­zah­lung nicht al­lein nur ei­ne mögli­che Be­tei­li­gung des Ar­beit­neh­mers am Geschäfts­er­geb­nis - dies in Form von 40% der Son­der­zah­lung, die an das je­wei­li­ge Geschäfts­er­geb­nis des Be­reichs an­knüpft so­wie fer­ner der Ho­no­rie­rung der Leis­tung, wo­bei dies durch den 60%igen An­teil der Son­der­zah­lung aus­ge­drückt wird, der der Bo­nus­re­ge­lung auf der Grund­la­ge der mit dem Kläger ge­schlos­se­nen Ziel­ver­ein­ba­rung zu­grun­de liegt. Hin­zu kommt, wie aus dem Ar­beits­ver­trag er­sicht­lich, auch der Gra­ti­fi­ka­ti­ons­cha­rak­ter der Zah­lung, der in der Stich­tags­re­ge­lung zum Aus­druck kommt. An­spruchs­vor­aus­set­zung ist in­so­weit ein un­gekündig­tes Ar­beits­verhält­nis am 01. April des Aus­zah­lungs­jah­res. Mit der ständi­gen Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts (Ur­teil vom 17.04.1996 - 10 AZR 558/95 - Ju­ris) so­wie an­sch­ließend der Ent­schei­dung des Hes­si­schen Lan­des­ar­beits­ge­richts vom 28.11.2001 (7 Sa 1517/01) kommt es in­so­weit nicht auf die Ver­wen­dung des Be­griffs „Bo­nus„ an, son­dern auf die in der Ver­ein­ba­rung fest­ge­leg­ten An­spruchs­vor­aus­set­zun­gen, die den Gra­ti­fi­ka­ti­ons­cha­rak­ter deut­lich ma­chen.

2.

- 7 -

Die im Ar­beits­ver­trag ent­hal­te­ne Re­ge­lung stellt auch kei­nen Ver­s­toß ge­gen das Trans­pa­renz­ge­bot dar.

2.1
Grundsätz­lich geht das Ge­richt - dem Vor­trag des Klägers fol­gend - da­von aus, dass das Trans­pa­renz­ge­bot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB auf den vor­lie­gen­den Ver­trag an­zu­wen­den ist. Es han­delt sich bei dem Ar­beits­ver­trag des Klägers um vor­for­mu­lier­te Ver­trags­be­din­gun­gen im Sinn des § 305 Abs. 1 BGB. Unschädlich ist in­so­weit, wenn ein­zel­ne Be­din­gun­gen des Ar­beits­ver­tra­ges, so mögli­cher­wei­se die Re­ge­lung über die Höhe des Ge­halts oder die Zah­lung ei­nes leis­tungs­abhängi­gen Bo­nus im ers­ten Jahr der Be­triebs­zu­gehörig­keit, ein­zeln aus­ge­han­delt wur­den. Die fol­gen­den Re­ge­lun­gen, so die Be­stim­mun­gen über die Frei­wil­lig­keit der Bo­nus­zah­lung, die Re­ge­lung über den Stich­tag so­wie die an­tei­li­ge Vergütungs­re­ge­lung für ei­ne un­terjähri­ge Beschäfti­gung, tau­chen je­doch in Ar­beits­verträgen auf , die die Be­klag­te übli­cher­wei­se für die­sen Per­so­nen­kreis ver­wen­det. Dies ist ge­richts­be­kannt. In­so­weit ist zu über­prüfen, ob gem. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB ei­ne un­an­ge­mes­se­ne Be­nach­tei­li­gung dar­aus fol­gen kann, dass ei­ne Be­stim­mung in den all­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen nicht klar und verständ­lich ist.

2.2
Die hier strei­ti­ge Re­ge­lung ist je­doch auch für ju­ris­ti­sche Lai­en nach­voll­zieh­bar und deut­lich. Zwar wird, so­weit es die Bo­nus­zah­lung be­trifft, auf ei­ne bei der Be­klag­ten übli­che Bo­nus­re­ge­lung Be­zug ge­nom­men, die selbst nicht In­halt des Ar­beits­ver­tra­ges ist. Ent­schei­dend ist je­doch, dass die maßgeb­li­che Fra­ge des un­gekündig­ten Ar­beits­verhält­nis­ses an ei­nem be­stimm­ten Stich­tag aus­rei­chend klar und über­sicht­lich so­wie sys­te­ma­tisch un­ter den Vergütungs­be­stim­mun­gen des Ver­tra­ges auf­geführt ist, we­der ist sie an ver­steck­ter Stel­le ge­re­gelt noch un­verständ­lich. Zwar mag es sein, dass die Zah­lung ei­nes Bo­nus in der Re­gel nicht vom Er­rei­chen ei­nes be­stimm­ten Stich­ta­ges abhängig ge­macht wird, son­dern al­len­falls mit ei­nem Fällig­keits­da­tum ver­bun­den wird. Je­doch schei­det bei der Ver­trags­ge­stal­tung auch ei­ne Ver­wechs­lung mit ei­nem Fällig­keits­da­tum aus, da die Fällig­keit im vor­her­ge­hen­den Ab­satz ge­re­gelt wird, wenn dort das Frühjahr des Fol­ge­jah­res als Aus­zah­lungs­zeit­punkt be­stimmt wird.

3.
Die im Ar­beits­ver­trag ent­hal­te­ne Re­ge­lung stellt auch kei­ne un­an­ge­mes­se­ne Be­nach­tei­li­gung des Klägers im Sin­ne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB dar.

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3.1
Dem Kläger fol­gend ist die im Ar­beits­ver­trag ent­hal­te­ne Re­ge­lung in­halt­lich am Maßstab des § 307 BGB dar­auf­hin zu über­prüfen, ob ei­ne un­an­ge­mes­se­ne Be­nach­tei­li­gung des Ver­trags­part­ners vor­liegt. In­so­weit kann al­ler­dings weit­ge­hend auf die bis­he­ri­ge Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts zurück­ge­grif­fen wer­den, die die Ver­ein­bar­keit der­ar­ti­ger Stich­tags­re­ge­lun­gen mit dem Rechts­ge­dan­ken des § 622 Abs. 6 BGB so­wie mit Art. 12 GG über­prüft und er­kannt hat, dass Stich­tags­re­ge­lun­gen mit den ge­setz­li­chen Be­stim­mun­gen nicht kol­li­die­ren.

3.2
Ge­gen­stand der Über­prüfung ist ins­be­son­de­re, ob ei­ne be­stimm­te Re­ge­lung zu ei­ner übermäßig lan­gen Bin­dungs­dau­er führt. Wann ei­ne sol­che lan­ge Bin­dung an­ge­nom­men wer­den kann, hängt nach ständi­ger Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts von den Umständen des Ein­zel­falls ab.

a) Da­bei ist grundsätz­lich auf un­ter­schied­li­che Aus­wir­kun­gen ei­ner Stich­tags­re­ge­lung ge­genüber ei­ner Rück­zah­lungs­re­ge­lung ab­zu­stel­len.
Im Un­ter­schied zu ei­ner Rück­zah­lungs­klau­sel bin­det ei­ne Stich­tags­klau­sel ei­nen Ar­beit­neh­mer in ge­rin­ge­rem Um­fang. Die Rück­zah­lungs­klau­sel be­deu­tet für den Ar­beit­neh­mer, dass er ei­ne be­reits er­hal­te­ne Vergütung wie­der zurück­zah­len muss, während ei­ne Stich­tags­re­ge­lung außer­halb des Be­zugs­zeit­raums le­dig­lich ei­ne Vergütungs­er­war­tung zu­nich­te macht. Hin­zu kommt, dass häufig die­se Vergütungs­er­war­tung der Höhe nach noch nicht ab­sch­ließend geklärt ist, son­dern - wie im Fall des Klägers auch - noch von ei­ner Be­ur­tei­lung der Leis­tung durch den
Ar­beit­ge­ber abhängig ist. Eben­so ist häufig un­be­kannt, wie sich das Geschäfts­er­geb­nis dar­stellt. Vor dem Hin­ter­grund die­ser grundsätz­lich un­ter­schied­li­chen Funk­tio­nen und Vor­aus­set­zun­gen lehnt auch die Recht­spre­chung ei­ne Gleich­stel­lung von Bin­dungs­klau­seln mit Stich­tags­re­ge­lun­gen ei­ner­seits und Rück­zah­lungs­klau­seln an­de­rer­seits ab (BAG, Ur­teil vom 30.11.1989 - 6 AZR 21/88 - Ju­ris).

b) Die Recht­spre­chung stellt des Wei­te­ren ab auf die Länge der Bin­dungs­dau­er so­wie die Fra­ge, wie vie­le Kündi­gungsmöglich­kei­ten ein Ar­beit­neh­mer aus­las­sen muss, um ei­ne Gra­ti­fi­ka­ti­on be­hal­ten zu können. Nach die­sen Grundsätzen kann ei­ne

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Son­der­zah­lung, die ein zwei­fa­ches Mo­nats­ge­halt nicht er­reicht, ei­ne Bin­dung über den 30. Ju­ni des Fol­ge­jah­res nicht be­wir­ken. Ei­ne über den 30.06. hin­aus­ge­hen­de Bin­dung ist nur möglich, wenn es sich um ei­ne be­acht­li­che Zu­wen­dung han­delt, die je­den­falls ein zwei­fa­ches Mo­nats­ge­halt er­rei­chen müss­te. So­weit es das Aus­las­sen von Kündi­gungsmöglich­kei­ten be­trifft, liegt dem Ar­beits­ver­trag ei­ne Kündi­gungs­frist von 3 Mo­na­ten zum Quar­tal zu­grun­de. Ent­spre­chend müss­te der Kläger, woll­te er sei­nen An­spruch auf den Bo­nus be­hal­ten, so­wohl die Kündi­gungsmöglich­keit zum 31.03. als auch die zum 30.06. des Fol­ge­mo­nats ver­strei­chen las­sen. Ei­ne ers­te Kündi­gung käme erst zum 30.09. des Fol­ge­jah­res in Be­tracht. Ent­spre­chend er­streckt sich die Bin­dungs­dau­er auf bis zu 9 Mo­na­ten des Fol­ge­jah­res.

c) Sch­ließlich ist - wie oben be­reits an­ge­ge­ben - auch auf die Höhe der Zah­lung im Verhält­nis zum Grund­ge­halt ab­zu­stel­len.

Be­zo­gen auf die oben ent­wi­ckel­ten Grundsätze be­ste­hen an der Länge des Bin­dungs­zeit­raums so­wie des­sen La­ge kei­ne Be­den­ken. Das Ge­richt un­ter­stellt zunächst zu­guns­ten des Klägers, dass die Recht­spre­chung zur Bin­dungs­dau­er bei Gra­ti­fi­ka­tio­nen auf den strei­ti­gen Fall an­zu­wen­den ist, ob­wohl - wie oben un­ter a) aus­geführt - Un­ter­schie­de zwi­schen Rück­zah­lungs­klau­seln und Stich­tags­re­ge­lun­gen be­ste­hen, die in der Re­gel da­zu führen, dass ein Ar­beit­neh­mer durch Rück­zah­lungs­klau­seln stärker be­ein­träch­tigt wird. Die Recht­spre­chung lässt je­doch auch bei Rück­zah­lungs­klau­seln ei­ne Bin­dungs­dau­er zu, die über den 30.06. ei­nes Fol­ge­jah­res hin­aus­geht, je­den­falls dann, wenn es sich um ei­ne Zah­lung in er­heb­li­cher Höhe han­delt. Mit dem hier für den Kläger aus­ge­lob­ten Stan­dard­bo­nus in Höhe von € 20.000,00 han­delt es sich um ei­ne zu er­war­ten­de Zah­lung, die das Mo­nats­ein­kom­men des Klägers von zu­letzt € 4.600,00 um ein Vier­fa­ches über­steigt.

3.3
Be­den­ken be­ste­hen auch nicht in­so­weit, als der va­ria­ble und vom Fort­be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses abhängi­ge Vergütungs­be­stand­teil ei­ne der­ar­ti­ge Höhe er­reicht, dass dies al­lein schon zu ei­ner un­an­ge­mes­se­nen Kündi­gungs­er­schwe­rung führt. Zunächst ist der Kläger mit ei­nem Grund­ge­halt in Höhe von € 4.600,00 mo­nat­lich ab­ge­si­chert. Der zu er­war­ten­de Bo­nus - je­den­falls so­weit es den Stan­dard­bo­nus be­trifft - stellt nicht den we­sent­li­chen Teil der Vergütung dar. Auch in­so­weit liegt durch ei­ne Stich­tags­re­ge­lung kei­ne un­an­ge­mes­se­ne Be­nach­tei­li­gung des Klägers vor. Mit der Recht­spre­chung des Hes­si­schen Lan­des­ar­beits­ge­richts (vgl. Ur­teil vom 23.01.2006 - 7 Sa 786/05) lie­gen selbst dann kei­ne Be­den­ken ge­gen ei­ne der­ar­ti­ge Re­ge­lung vor,

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wenn die zu er­war­ten­de Bo­nus­re­ge­lung fast die Höhe ei­nes Jah­res­fest­ge­halts er­reicht. Dies gilt je­den­falls dann, wenn ei­ne übli­che Grund­ab­si­che­rung des Klägers durch mo­nat­li­che vor­be­halts­lo­se Zah­lun­gen er­reicht wird.

4.
Auch un­ter Berück­sich­ti­gung der Re­ge­lung des §§ 305 ff. BGB, ins­be­son­de­re nach Durchführung ei­ner In­halts­kon­trol­le gem. § 307 BGB, er­weist sich die Re­ge­lung als zulässig - dies in Übe­rein­stim­mung mit der bis­he­ri­gen Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts.

Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 97 ZPO.

Im Hin­blick auf die grundsätz­li­chen Fra­gen, ins­be­son­de­re die Übe­rein­stim­mung der bis­he­ri­gen Recht­spre­chung mit §§ 305 ff. BGB war die Re­vi­si­on gem. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zu­zu­las­sen.

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