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Ausnahmen vom Verbot der Sonntagsarbeit
13.12.2014. Arbeitnehmer dürfen im Allgemeinen am Sonntag nicht zur Arbeit gehen, denn das ist aus guten Gründen durch das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) verboten.
Allerdings gibt es vom Verbot der Sonntagsarbeit viele Ausnahmen, denn andernfalls müssten auch Krankenhäuser, Theater und Cafés am Sonntag geschlossen bleiben.
Mit diesen Ausnahmeregelungen hat es Hessen allerdings übertrieben, wie das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in einem aktuellen Urteil entschieden hat: BVerwG, Urteil vom 26.11.2014, 6 CN 1.13.
- In welchen Ausnahmefällen ist Sonntagsarbeit erlaubt?
- Im Streit: Sonntagsarbeit in hessischen Callcentern, Videotheken, öffentlichen Bibliotheken und Lotto- und Totogesellschaften
- Bundesverwaltungsgericht: Ausnahmeregelungen der Bedarfsgewerbeverordnung sind weitgehend unwirksam
In welchen Ausnahmefällen ist Sonntagsarbeit erlaubt?
Nach Art.139 der Weimarer Reichsverfassung (WRV) sind die Sonntage "als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt". Und da dieser Artikel der WRV von Art.140 Grundgesetz (GG) zum Bestandteil des GG gemacht wird, ist der Schutz der Sonntagsruhe verfassungsrechtlich festgeschrieben.
Dementsprechend verbietet § 9 Abs.1 ArbZG, Arbeitnehmer an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen von 0 bis 24 Uhr zu beschäftigen. Allerdings enthält bereits der folgende § 10 ArbZG eine lange Liste mit Ausnahmebetrieben, in denen sonntags gearbeitet werden darf, angefangen von den Not- und Rettungsdiensten über die Krankenhäuser und die Gaststätten bis hin zum Rundfunk und den Verkehrsbetrieben.
Darüber hinaus erlaubt es § 13 Abs.1 Nr. 2.a) ArbZG der Bundesregierung, "zur Vermeidung erheblicher Schäden unter Berücksichtigung des Schutzes der Arbeitnehmer und der Sonn- und Feiertagsruhe" weitere Ausnahmen per Rechtsverordnung festzulegen
"für Betriebe, in denen die Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonn- oder Feiertagen zur Befriedigung täglicher oder an diesen Tagen besonders hervortretender Bedürfnisse der Bevölkerung erforderlich ist".
Soweit die Bundesregierung von dieser Verordnungsermächtigung keinen Gebrauch macht, sind gemäß § 13 Abs.2 ArbZG die Bundesländer am Zug, genauer gesagt die Landesregierungen. Und gestützt auf diese Verordnungsermächtigung erließ die Hessische Landesregierung im Oktober 2011 die "Verordnung über die Zulassung der Beschäftigung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern an Sonn- und Feiertagen (Bedarfsgewerbeverordnung)" (Hessisches GVBl. I S.664).
Die Einzelheiten dieser Verordnung waren und sind politisch umstritten, wobei Kirchen und Gewerkschaften Ausnahmen vom Verbot der Sonntagsarbeit am liebsten gar nicht hätten, während es Wirtschaftsverbänden nicht liberal genug zugehen kann.
Im Streit: Sonntagsarbeit in hessischen Callcentern, Videotheken, öffentlichen Bibliotheken und Lotto- und Totogesellschaften
Nach § 1 Abs.1 Bedarfsgewerbeverordnung dürfen Arbeitnehmer an Sonntagen u.a. beschäftigt werden
- in Videotheken und öffentlichen Bibliotheken (§ 1 Abs.1 Nr.1 Bedarfsgewerbeverordnung),
- in der Getränkeindustrie und dem damit zusammenhängenden Großhandel (§ 1 Abs.1 Nr.4 Bedarfsgewerbeverordnung),
- in Fabriken zur Herstellung von Roh- und Speiseeis dem damit zusammenhängenden Großhandel (§ 1 Abs.1 Nr.5 Bedarfsgewerbeverordnung),
- im Buchmachergewerbe zur Annahme von Wetten für Veranstaltungen (§ 1 Abs.1 Nr.8 Bedarfsgewerbeverordnung),
- in Callcentern (§ 1 Abs.1 Nr.9 Bedarfsgewerbeverordnung), und
- in Lotto- und Totogesellschaften bei der elektronischen Geschäftsabwicklung (§ 1 Abs.1 Nr.10 Bedarfsgewerbeverordnung).
Auf einen entsprechenden Normenkontrollantrag der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und zweier evangelischer Gemeindeverbände hatte der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) entschieden, dass die o.g. Ausnahmeregelungen unwirksam sind (Hessischer VGH, Urteil vom 12.09.2013, 8 C 1776/12.N).
Denn die Ausnahmeregelungen in Nr.4, 5 und 9, die die Getränkeindustrie, die Eisfabrikation und dem damit zusammenhängenden Großhandel sowie die Callcenter betreffen, sind von so grundsätzlicher bzw. "wesentlicher" Bedeutung, dass sie vom Bundesgesetzgeber hätten getroffen werden müssen, so die hessischen Verwaltungsrichter.
Demgegenüber hatte der hessische Verordnungsgeber zwar für die Ausnahmen zugunsten der Videotheken und Bibliotheken (Nr.1) und der Lotto- und Totogesellschaften (Nr.10) die "passende Kragenweite", doch lagen hier nach Ansicht des VGH die gesetzlichen Voraussetzungen des ArbZG nicht vor. Denn das ArbZG verlangt, dass Ausnahmeregelungen "zur Vermeidung erheblicher Schäden" erforderlich sind, d.h. dass solche Schäden infolge des Verbotes der Sonntagsarbeit drohen. Davon kann aber bei Videotheken, Bibliotheken und bei Lotto- und Totogesellschaften keine Rede sein, so der VGH.
Schließlich ist nach Ansicht des VGH auch die Ausnahmeregelungen zugunsten der Buchmacher (Nr.8) unwirksam, weil sie zu weit gefasst und damit zu unbestimmt ist. Hier hätte sich die Rechtsverordnung ausdrücklich auf die Buchmachertätigkeit zur Annahme von Pferdewetten beschränken müssen.
Bundesverwaltungsgericht: Ausnahmeregelungen der Bedarfsgewerbeverordnung sind weitgehend unwirksam
Das BVerwG hat das Urteil des Hessischen VGH überwiegend bestätigt.
Ebenso wie die hessischen Richter bewerteten auch ihre Leipziger Kollegen die Ausnahmeregelungen zugunsten von Videotheken und Bibliotheken (Nr.1) und von Lotto- und Totogesellschaften (Nr.10) als sachlich nicht gerechtfertigt.
Denn "DVDs, Computerspiele oder Bücher für eine Nutzung am Sonn- oder Feiertag" können auch "vorausschauend schon an Werktagen ausgeliehen werden". Hier kann keine Rede davon sein, dass das Verbot der Sonntagsarbeit einen "erheblichen Schaden" nach sich ziehen würde. Dies gilt auch für die Beschäftigung von Arbeitnehmern in Lotto- und Totogesellschaften zur elektronischen Geschäftsabwicklung, die an Sonn- und Feiertagen schlicht nicht erforderlich ist.
Auch die generelle Erlaubnis zur Sonntagsarbeit in Callcentern (Nr.9) ist unwirksam. Das folgt nach Ansicht des BVerwG aber nicht daraus, dass eine solche Erlaubnis nur vom Gesetzgeber hätte getroffen werden können (so aber der VGH), sondern daraus, dass die Verordnung zu weit gefasst ist bzw. nicht danach unterscheidet, für welche Art von Unternehmen bzw. für welche Branche das Callcenter tätig wird. Dass Callcenter-Arbeiten aber generell auch an Sonntagen erforderlich sein sollten, lässt sich nicht feststellen, so die Leipziger Richter.
Über die Wirksamkeit der Ausnahmeregelungen für die Getränkeindustrie, die Eisfabrikation und den damit zusammenhängenden Großhandel (Nr.4 und 5) muss der VGH erneut entscheiden. Denn anders als der VGH war das BVerwG der Meinung, diese Regelungen seien nicht bereits deshalb unwirksam, weil über sie wegen ihrer Wesentlichkeit für den Sonn- und Feiertagsschutz nur der (Bundes-)Gesetzgeber hätte entscheiden können, nicht aber die Hessische Landesregierung per Rechtsverordnung.
Somit kommt es im weiteren Verfahren darauf an, ob die Sonntagsarbeit in der Getränkeindustrie, der Eisfabrikation und in dem damit zusammenhängenden Großhandel "zur Deckung täglicher Bedürfnisse der Bevölkerung erforderlich" ist. Hier müssen die Kapazitäten der Hersteller und die Nachfrage zu Spitzenzeiten, vor allem im Sommer bei längeren Hitzeperioden, geklärt werden. Mit diesen Fragen wird der VGH daher im weiteren Verlauf des Verfahrens beschäftigen müssen.
Gegen die Antragsteller hat das BVerwG nur im Falle der Buchmacher (Nr.8) entschieden. Deren Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen durfte die Hessische Verordnung zulassen. Denn die Annahme von Wetten deckt einen spezifischen Sonn- und Feiertagsbedarf, der als Bestandteil des Freizeiterlebnisses nur an Ort und Stelle befriedigt werden kann, was Sonntagsarbeit einschließt.
Fazit: Die wichtigsten Ausnahmen vom Verbot der Sonntagsarbeit sind bereits in § 10 ArbZG festgelegt, so dass der Spielraum für ergänzende Rechtsverordnungen gering ist. Schaut man auf § 1 Abs.1 Bedarfsgewerbeverordnung, kann man die unproblematischen Ausnahmen daher an einer Hand abzählen.
Sie betreffen das Bestattungsgewerbe, die Arbeit in Garagen und Parkhäusern, das Besichtigen von Immobilien, die Tätigkeit in Musterhaus-Ausstellungen und das Buchmachergewerbe. "Große Wirtschaftspolitik" lässt sich mit solchen Detailregelungen sicherlich nicht machen.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 26.11.2014, 6 CN 1.13 (Pressemitteilung des Gerichts)
- Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 12.09.2013, 8 C 1776/12.N
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitszeit und Arbeitszeitrecht
- Arbeitsrecht aktuell: 11/194 Voller Freizeitausgleich für Überschreitungen der Höchstarbeitszeit bei der Feuerwehr
- Arbeitsrecht aktuell: 09/235 Ladenöffnungszeiten an Adventssonntagen
- Arbeitsrecht aktuell: 09/090 Pflicht zur Sonntagsarbeit auch ohne arbeitsvertragliche Grundlage
- Arbeitsrecht aktuell: 09/011 Europaparlament stoppt Reform der Arbeitszeitrichtlinie
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das BVerwG seine Entscheidungsgründe veröffentlicht. Das vollständig begründete Urteil des BVerwG finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 16. November 2020
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