HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

EuGH, Ur­teil vom 17.12.2015, C-407/14 - Ca­ma­cho

   
Schlagworte: Diskriminierung: Schadensersatz, Diskriminierung: Entschädigung, Diskriminierung: Geschlecht
   
Gericht: Europäischer Gerichtshof
Aktenzeichen: C-407/14
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 17.12.2015
   
Leitsätze: Art. 18 der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen ist dahin auszulegen, dass er, damit der durch eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts entstandene Schaden tatsächlich und wirksam ausgeglichen oder ersetzt wird, wobei dies auf eine abschreckende und angemessene Art und Weise geschehen muss, die Mitgliedstaaten, die die finanzielle Form wählen, verpflichtet, im Rahmen ihrer nationalen Rechtsordnungen - je nach ihren Rechtsvorschriften - Maßnahmen zu treffen, die die Zahlung von Schadensersatz an den Geschädigten vorsehen, der den entstandenen Schaden vollständig deckt.
Vorinstanzen: Juzgado de lo Social n° 1 de Córdoba
   

UR­TEIL DES GERICH­TSHOFS (Vier­te Kam­mer)

17. De­zem­ber 2015(*)

„Vor­la­ge zur Vor­ab­ent­schei­dung - So­zi­al­po­li­tik - Richt­li­nie 2006/54/EG - Gleich­be­hand­lung von Männern und Frau­en in Ar­beits- und Beschäfti­gungs­fra­gen - Dis­kri­mi­nie­ren­de Ent­las­sung - Art. 18 - Scha­dens­er­satz oder Entschädi­gung des tatsächlich er­lit­te­nen Scha­dens - Ab­schre­cken­der Cha­rak­ter - Art. 25 - Sank­tio­nen - Straf­scha­dens­er­satz“

In der Rechts­sa­che C-407/14

be­tref­fend ein Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chen nach Art. 267 AEUV, ein­ge­reicht vom Juz­ga­do de lo So­ci­al n° 1 de Córdo­ba (Ge­richt für So­zi­al- und Ar­beits­sa­chen Nr. 1 von Córdo­ba, Spa­ni­en) mit Ent­schei­dung vom 1. Au­gust 2014, beim Ge­richts­hof ein­ge­gan­gen am 27. Au­gust 2014, in dem Ver­fah­ren

María Au­xi­l­ia­do­ra Ar­jo­na Ca­ma­cho

ge­gen

Se­cu­ri­tas Se­gu­ri­dad Es­paña SA

erlässt

DER GERICH­TSHOF (Vier­te Kam­mer)

un­ter Mit­wir­kung des Präsi­den­ten der Drit­ten Kam­mer L. Bay Lar­sen in Wahr­neh­mung der Auf­ga­ben des Präsi­den­ten der Vier­ten Kam­mer, der Rich­ter J. Ma­le­n­ovský und M. Saf­jan (Be­richt­er­stat­ter) so­wie der Rich­te­rin­nen A. Prechal und K. Jürimäe,

Ge­ne­ral­an­walt: P. Men­goz­zi,

Kanz­ler: A. Ca­lot Es­co­bar,

auf­grund des schrift­li­chen Ver­fah­rens,

un­ter Berück­sich­ti­gung der Erklärun­gen

- von Frau Ar­jo­na Ca­ma­cho, ver­tre­ten durch R. Al­cai­de Aran­da, aboga­do,

- der spa­ni­schen Re­gie­rung, ver­tre­ten durch L. Ban­ci­el­la Ro­dríguez-Miñón und A. Ru­bio González Ale­jan­dro als Be­vollmäch­tig­te,

- der pol­ni­schen Re­gie­rung, ver­tre­ten durch B. Ma­jc­zy­na als Be­vollmäch­tig­ten,

- der Re­gie­rung des Ver­ei­nig­ten König­reichs, ver­tre­ten durch J. Kra­ehling als Be­vollmäch­tig­te, im Bei­stand von A. Ba­tes, Bar­ris­ter,

- der Eu­ropäischen Kom­mis­si­on, ver­tre­ten durch D. Rouss­a­nov und E. Ad­se­ra Ri­be­ra als Be­vollmäch­tig­te,

nach Anhörung der Schluss­anträge des Ge­ne­ral­an­walts in der Sit­zung vom 3. Sep­tem­ber 2015

fol­gen­des

Ur­teil

1 Das Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chen be­trifft die Aus­le­gung von Art. 18 der Richt­li­nie 2006/54/EG des Eu­ropäischen Par­la­ments und des Ra­tes vom 5. Ju­li 2006 zur Ver­wirk­li­chung des Grund­sat­zes der Chan­cen­gleich­heit und Gleich­be­hand­lung von Männern und Frau­en in Ar­beits- und Beschäfti­gungs­fra­gen (ABl. L 204, S. 23).
2 Es er­geht im Rah­men ei­nes Rechts­streits zwi­schen Frau Ar­jo­na Ca­ma­cho und der Se­cu­ri­tas Se­gu­ri­dad Es­paña SA (im Fol­gen­den: Se­cu­ri­tas Se­gu­ri­dad Es­paña) we­gen der Gewährung von Straf­scha­dens­er­satz an Frau Ar­jo­na Ca­ma­cho nach ih­rer ei­ne Dis­kri­mi­nie­rung auf­grund des Ge­schlechts dar­stel­len­den Ent­las­sung.

Recht­li­cher Rah­men

Uni­ons­recht

Richt­li­nie 76/207/EWG

3 Art. 6 der Richt­li­nie 76/207/EWG des Ra­tes vom 9. Fe­bru­ar 1976 zur Ver­wirk­li­chung des Grund­sat­zes der Gleich­be­hand­lung von Männern und Frau­en hin­sicht­lich des Zu­gangs zur Beschäfti­gung, zur Be­rufs­bil­dung und zum be­ruf­li­chen Auf­stieg so­wie in Be­zug auf die Ar­beits­be­din­gun­gen (ABl. L 39, S. 40) be­stimm­te in sei­ner ursprüng­li­chen Fas­sung:

„Die Mit­glied­staa­ten er­las­sen die in­ner­staat­li­chen Vor­schrif­ten, die not­wen­dig sind, da­mit je­der, der sich we­gen Nicht­an­wen­dung des Grund­sat­zes der Gleich­be­hand­lung im Sin­ne der Ar­ti­kel 3, 4 und 5 auf sei­ne Per­son für be­schwert hält, nach et­wai­ger Be­fas­sung an­de­rer zuständi­ger Stel­len sei­ne Rech­te ge­richt­lich gel­tend ma­chen kann.“

4 Die Richt­li­nie 76/207 wur­de durch die Richt­li­nie 2002/73/EG des Eu­ropäischen Par­la­ments und des Ra­tes vom 23. Sep­tem­ber 2002 (ABl. L 269, S. 15) geändert. Der 18. Erwägungs­grund der Richt­li­nie 2002/73 lau­tet:

„Der Ge­richts­hof hat ent­schie­den, dass der Gleich­be­hand­lungs­grund­satz nur dann als tatsächlich ver­wirk­licht an­ge­se­hen wer­den kann, wenn bei Verstößen ge­gen die­sen Grund­satz den Ar­beit­neh­mern, die Op­fer ei­ner Dis­kri­mi­nie­rung wur­den, ei­ne dem er­lit­te­nen Scha­den an­ge­mes­se­ne Entschädi­gung zu­er­kannt wird. Er hat fer­ner ent­schie­den, dass ei­ne im Vor­aus fest­ge­leg­te Höchst­gren­ze ei­ner wirk­sa­men Entschädi­gung ent­ge­gen­ste­hen kann und die Gewährung von Zin­sen zum Aus­gleich des ent­stan­de­nen Scha­dens nicht aus­ge­schlos­sen wer­den darf.“

5 Art. 6 der Richt­li­nie 76/207 wur­de durch die Richt­li­nie 2002/73 wie folgt neu ge­fasst:

„(1) Die Mit­glied­staa­ten stel­len si­cher, dass al­le Per­so­nen, die sich durch die Nicht­an­wen­dung des Gleich­be­hand­lungs­grund­sat­zes in ih­ren Rech­ten für ver­letzt hal­ten, ih­re Ansprüche aus die­ser Richt­li­nie auf dem Ge­richts‑ und/oder Ver­wal­tungs­weg so­wie, wenn die Mit­glied­staa­ten es für an­ge­zeigt hal­ten, in Sch­lich­tungs­ver­fah­ren gel­tend ma­chen können, selbst wenn das Verhält­nis, während des­sen die Dis­kri­mi­nie­rung vor­ge­kom­men sein soll, be­reits be­en­det ist.

(2) Die Mit­glied­staa­ten tref­fen im Rah­men ih­rer na­tio­na­len Rechts­ord­nung die er­for­der­li­chen Maßnah­men um si­cher­zu­stel­len, dass der ei­ner Per­son durch ei­ne Dis­kri­mi­nie­rung in Form ei­nes Ver­s­toßes ge­gen Ar­ti­kel 3 ent­stan­de­ne Scha­den - je nach den Rechts­vor­schrif­ten der Mit­glied­staa­ten - tatsächlich und wirk­sam aus­ge­gli­chen oder er­setzt wird, wo­bei dies auf ei­ne ab­schre­cken­de und dem er­lit­te­nen Scha­den an­ge­mes­se­ne Art und Wei­se ge­sche­hen muss; da­bei darf ein sol­cher Aus­gleich oder ei­ne sol­che Entschädi­gung nur in den Fällen durch ei­ne im Vor­aus fest­ge­leg­te Höchst­gren­ze be­grenzt wer­den, in de­nen der Ar­beit­ge­ber nach­wei­sen kann, dass der ei­nem/ei­ner Be­wer­ber/in durch die Dis­kri­mi­nie­rung im Sin­ne die­ser Richt­li­nie ent­stan­de­ne Scha­den al­lein dar­in be­steht, dass die Berück­sich­ti­gung sei­ner/ih­rer Be­wer­bung ver­wei­gert wird.

…“

6

Durch die Richt­li­nie 2002/73 wur­de auch Art. 8d in die Richt­li­nie 76/207 ein­gefügt. Die­ser hat fol­gen­den Wort­laut:

„Die Mit­glied­staa­ten le­gen die Re­geln für die Sank­tio­nen fest, die bei ei­nem Ver­s­toß ge­gen die ein­zel­staat­li­chen Vor­schrif­ten zur Um­set­zung die­ser Richt­li­nie zu verhängen sind, und tref­fen al­le er­for­der­li­chen Maßnah­men, um de­ren An­wen­dung zu gewähr­leis­ten.

Die Sank­tio­nen, die auch Scha­den­er­satz­leis­tun­gen an die Op­fer um­fas­sen können, müssen wirk­sam, verhält­nismäßig und ab­schre­ckend sein. Die Mit­glied­staa­ten tei­len die­se Vor­schrif­ten der Kom­mis­si­on spätes­tens am 5. Ok­to­ber 2005 mit und un­ter­rich­ten sie un­verzüglich über al­le späte­ren Ände­run­gen die­ser Vor­schrif­ten.“

7 Nach Art. 34 Abs. 1 der Richt­li­nie 2006/54 hob sie die Richt­li­nie 76/207 mit Wir­kung vom 15. Au­gust 2009 auf.

Richt­li­nie 2006/54

8 In den Erwägungs­gründen 1, 33 und 35 der Richt­li­nie 2006/54 heißt es:

„(1) Die Richt­li­nie 76/207 … und die Richt­li­nie 86/378/EWG des Ra­tes vom 24. Ju­li 1986 zur Ver­wirk­li­chung des Grund­sat­zes der Gleich­be­hand­lung von Männern und Frau­en bei den be­trieb­li­chen Sys­te­men der so­zia­len Si­cher­heit [ABl. L 225, S. 40] wur­den er­heb­lich geändert. … Anläss­lich neu­er­li­cher Ände­run­gen der ge­nann­ten Richt­li­ni­en emp­fiehlt sich aus Gründen der Klar­heit ei­ne Neu­fas­sung so­wie die Zu­sam­men­fas­sung der wich­tigs­ten Be­stim­mun­gen auf die­sem Ge­biet mit ver­schie­de­nen Ent­wick­lun­gen auf­grund der Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs … in ei­nem ein­zi­gen Text.

(33) Der Ge­richts­hof hat ein­deu­tig fest­ge­stellt, dass der Gleich­be­hand­lungs­grund­satz nur dann als tatsächlich ver­wirk­licht an­ge­se­hen wer­den kann, wenn bei al­len Verstößen ei­ne dem er­lit­te­nen Scha­den an­ge­mes­se­ne Entschädi­gung zu­er­kannt wird. Es ist da­her an­ge­bracht, die Vor­ab­fest­le­gung ir­gend­ei­ner Höchst­gren­ze für ei­ne sol­che Entschädi­gung aus­zu­sch­ließen, außer in den Fällen, in de­nen der Ar­beit­ge­ber nach­wei­sen kann, dass der ei­nem Be­wer­ber in­fol­ge ei­ner Dis­kri­mi­nie­rung im Sin­ne die­ser Richt­li­nie ent­stan­de­ne Scha­den al­lein dar­in be­steht, dass die Berück­sich­ti­gung sei­ner Be­wer­bung ver­wei­gert wur­de.

(35) Die Mit­glied­staa­ten soll­ten wirk­sa­me, verhält­nismäßige und ab­schre­cken­de Sank­tio­nen fest­le­gen, die bei ei­ner Ver­let­zung der aus die­ser Richt­li­nie er­wach­sen­den Ver­pflich­tun­gen zu verhängen sind.“

9 Art. 1 die­ser Richt­li­nie be­stimmt:

„Ziel der vor­lie­gen­den Richt­li­nie ist es, die Ver­wirk­li­chung des Grund­sat­zes der Chan­cen­gleich­heit und Gleich­be­hand­lung von Männern und Frau­en in Ar­beits- und Beschäfti­gungs­fra­gen si­cher­zu­stel­len.

Zu die­sem Zweck enthält sie Be­stim­mun­gen zur Ver­wirk­li­chung des Grund­sat­zes der Gleich­be­hand­lung in Be­zug auf

b) Ar­beits­be­din­gun­gen ein­sch­ließlich des Ent­gelts,

Wei­ter enthält sie Be­stim­mun­gen, mit de­nen si­cher­ge­stellt wer­den soll, dass die Ver­wirk­li­chung durch die Schaf­fung an­ge­mes­se­ner Ver­fah­ren wirk­sa­mer ge­stal­tet wird.“

10 Art. 14 („Dis­kri­mi­nie­rungs­ver­bot“) Abs. 1 Buchst. c die­ser Richt­li­nie sieht vor:

„Im öffent­li­chen und pri­va­ten Sek­tor ein­sch­ließlich öffent­li­cher Stel­len darf es in Be­zug auf fol­gen­de Punk­te kei­ner­lei un­mit­tel­ba­re oder mit­tel­ba­re Dis­kri­mi­nie­rung auf­grund des Ge­schlechts ge­ben:

c) die Beschäfti­gungs- und Ar­beits­be­din­gun­gen ein­sch­ließlich der Ent­las­sungs­be­din­gun­gen so­wie das Ar­beits­ent­gelt nach Maßga­be von Ar­ti­kel [157 AEUV]“.

11 Art. 18 („Scha­den­er­satz oder Entschädi­gung“) die­ser Richt­li­nie lau­tet:

„Die Mit­glied­staa­ten tref­fen im Rah­men ih­rer na­tio­na­len Rechts­ord­nun­gen die er­for­der­li­chen Maßnah­men, um si­cher­zu­stel­len, dass der ei­ner Per­son durch ei­ne Dis­kri­mi­nie­rung auf­grund des Ge­schlechts ent­stan­de­ne Scha­den - je nach den Rechts­vor­schrif­ten der Mit­glied­staa­ten - tatsächlich und wirk­sam aus­ge­gli­chen oder er­setzt wird, wo­bei dies auf ei­ne ab­schre­cken­de und dem er­lit­te­nen Scha­den an­ge­mes­se­ne Art und Wei­se ge­sche­hen muss. Da­bei darf ein sol­cher Aus­gleich oder ei­ne sol­che Entschädi­gung nur in den Fällen durch ei­ne im Vor­aus fest­ge­leg­te Höchst­gren­ze be­grenzt wer­den, in de­nen der Ar­beit­ge­ber nach­wei­sen kann, dass der ei­nem Be­wer­ber durch die Dis­kri­mi­nie­rung im Sin­ne die­ser Richt­li­nie ent­stan­de­ne Scha­den al­lein dar­in be­steht, dass die Berück­sich­ti­gung sei­ner Be­wer­bung ver­wei­gert wur­de.“

12 Art. 25 („Sank­tio­nen“) der Richt­li­nie 2006/54 be­stimmt:

„Die Mit­glied­staa­ten le­gen die Re­geln für die Sank­tio­nen fest, die bei ei­nem Ver­s­toß ge­gen die ein­zel­staat­li­chen Vor­schrif­ten zur Um­set­zung die­ser Richt­li­nie zu verhängen sind, und tref­fen al­le er­for­der­li­chen Maßnah­men, um de­ren An­wen­dung zu gewähr­leis­ten. Die Sank­tio­nen, die auch Scha­den­er­satz­leis­tun­gen an die Op­fer um­fas­sen können, müssen wirk­sam, verhält­nismäßig und ab­schre­ckend sein. Die Mit­glied­staa­ten tei­len die­se Vor­schrif­ten der Kom­mis­si­on spätes­tens bis zum 5. Ok­to­ber 2005 mit und un­ter­rich­ten sie un­verzüglich über al­le späte­ren Ände­run­gen die­ser Vor­schrif­ten.“

13 Art. 27 („Min­dest­an­for­de­run­gen“) Abs. 1 die­ser Richt­li­nie lau­tet:

„Die Mit­glied­staa­ten können Vor­schrif­ten er­las­sen oder bei­be­hal­ten, die im Hin­blick auf die Wah­rung des Gleich­be­hand­lungs­grund­sat­zes güns­ti­ger als die in die­ser Richt­li­nie vor­ge­se­he­nen Vor­schrif­ten sind.“

Spa­ni­sches Recht

14 Art. 10 („Rechts­fol­gen dis­kri­mi­nie­ren­der Ver­hal­tens­wei­sen“) des Or­gan­ge­set­zes 3/2007 zur tatsächli­chen Gleich­stel­lung von Frau­en und Männern (Ley Orgáni­ca 3/2007 pa­ra la iguald­ad efec­tiva de mu­je­res y hom­bres) vom 22. März 2007 (BOE Nr. 71 vom 23. März 2007, S. 12611) be­stimmt:

„Rechts­hand­lun­gen und Klau­seln in Rechts­geschäften, die ei­ne Dis­kri­mi­nie­rung aus Gründen des Ge­schlechts dar­stel­len oder hier­zu führen können, sind nich­tig und un­wirk­sam und be­gründen ei­ne Haf­tung im Rah­men ei­nes Sys­tems tatsäch­li­cher, ef­fek­ti­ver und in ei­nem zu dem ent­stan­de­nen Scha­den an­ge­mes­se­nen Verhält­nis ste­hen­der Entschädi­gungs- und Scha­dens­er­satz­leis­tun­gen so­wie ge­ge­be­nen­falls im Rah­men ei­nes wirk­sa­men und ab­schre­cken­den, dis­kri­mi­nie­ren­den Ver­hal­tens­wei­sen vor­beu­gen­den Sank­ti­ons­sys­tems.“

15

Art. 183 („Scha­dens­er­satz“) Abs. 1 und 2 des Ge­set­zes 36/2011, Ar­beits- und So­zi­al­ge­richts­ge­setz (Ley 36/2011, re­gu­la­do­ra de la ju­ris­dic­ción so­ci­al) vom 10. Ok­to­ber 2011 (BOE Nr. 245 vom 11. Ok­to­ber 2011, S. 106584) lau­tet:

„1. Wird im Ur­teil ei­ne Rechts­ver­let­zung fest­ge­stellt, ent­schei­det das Ge­richt un­ter Berück­sich­ti­gung des im­ma­te­ri­el­len Scha­dens in­fol­ge der Grund­rechts­ver­let­zung so­wie der dar­aus fol­gen­den zusätz­li­chen Schäden über die Höhe des Scha­dens­er­sat­zes, der der kla­gen­den Par­tei we­gen Dis­kri­mi­nie­rung oder ei­ner an­de­ren Ver­let­zung ih­rer Grund­rech­te und Grund­frei­hei­ten ge­ge­be­nen­falls zu­steht.

2. Das Ge­richt ent­schei­det über die Höhe des Scha­dens, der zurück­hal­tend zu ver­an­schla­gen ist, wenn der Nach­weis sei­ner ge­nau­en Höhe zu schwie­rig oder zu kost­spie­lig ist, um das Op­fer an­ge­mes­sen zu entschädi­gen und es im Rah­men des Mögli­chen in sei­ne La­ge vor der Rechts­ver­let­zung zurück­zu­ver­set­zen und um zum Ziel der Scha­dens­ver­mei­dung bei­zu­tra­gen.“

Aus­gangs­ver­fah­ren und Vor­la­ge­fra­ge

16 Frau Ar­jo­na Ca­ma­cho wur­de am 1. Ju­li 2012 von Se­cu­ri­tas Se­gu­ri­dad Es­paña als Si­cher­heits­be­diens­te­te für ei­ne Voll­zeittätig­keit in ei­ner Ju­gend­straf­voll­zugs­an­stalt in Córdo­ba (Spa­ni­en) ein­ge­stellt. Sie wur­de am 24. April 2014 ent­las­sen.
17 Da sie mit ih­rer Kündi­gung nicht ein­ver­stan­den war, be­an­trag­te Frau Ar­jo­na Ca­ma­cho am 6. Mai 2014 bei der Schieds­stel­le für ar­beits­recht­li­che Strei­tig­kei­ten in Córdo­ba die Durchführung ei­nes Güte­ver­fah­rens mit ih­rer Ar­beit­ge­be­rin. Die­ses blieb er­geb­nis­los.
18

Am 26. Mai 2014 reich­te Frau Ar­jo­na Ca­ma­cho beim Juz­ga­do de lo So­ci­al n° 1 de Córdo­ba (Ge­richt für So­zi­al- und Ar­beits­sa­chen Nr. 1 von Córdo­ba) Kündi­gungs­schutz­kla­ge ein und brach­te vor, dass die Kündi­gung für un­wirk­sam zu erklären sei.

19 Hier­zu mach­te Frau Ar­jo­na Ca­ma­cho im Haupt­an­trag gel­tend, dass ih­re Kündi­gung u. a. ei­ne Dis­kri­mi­nie­rung auf­grund des Ge­schlechts dar­stel­le. Sie for­der­te Scha­dens­er­satz in Höhe von 6 000 Eu­ro für den er­lit­te­nen Scha­den.
20 Das vor­le­gen­de Ge­richt teilt mit, dass es da­von aus­ge­he, dass die Kündi­gung von Frau Ar­jo­na Ca­ma­cho ei­ne Dis­kri­mi­nie­rung auf­grund des Ge­schlechts dar­stel­le und dass es in dem Ur­teil, das es nach der Ant­wort des Ge­richts­hofs verkünden wer­de, die Be­weis­mit­tel dar­le­gen wer­de, auf de­nen die­se Fest­stel­lung be­ru­he.
21 Des Wei­te­ren wer­de sein zu er­las­sen­des Ur­teil auch nähe­re An­ga­ben zu den Gründen ent­hal­ten, aus de­nen es da­von aus­ge­he, dass ein Be­trag in Höhe von 3 000 Eu­ro als Scha­dens­er­satz für den vollständi­gen Aus­gleich des von Frau Ar­jo­na Ca­ma­cho we­gen ih­rer Kündi­gung auf­grund des Ge­schlechts er­lit­te­nen Scha­dens aus­rei­che.
22 Al­ler­dings stellt sich das vor­le­gen­de Ge­richt die Fra­ge, ob es Frau Ar­jo­na Ca­ma­cho in An­wen­dung von Art. 18 der Richt­li­nie 2006/54, wo­nach der Scha­den auf ei­ne ab­schre­cken­de Art und Wei­se aus­zu­glei­chen oder zu er­set­zen ist, über den vollständi­gen Aus­gleich des von ihr er­lit­te­nen Scha­dens hin­aus­ge­hen­den Scha­dens­er­satz in Form von Straf­scha­dens­er­satz zu­er­ken­nen muss, um für ih­re ehe­ma­li­ge Ar­beit­ge­be­rin und für an­de­re Ar­beit­ge­ber ein Ex­em­pel zu sta­tu­ie­ren.
23 Das vor­le­gen­de Ge­richt weist dar­auf hin, dass es den Be­griff „Straf­scha­dens­er­satz“ im spa­ni­schen Recht nicht gibt.
24 Un­ter die­sen Umständen hat der Juz­ga­do de lo So­ci­al n° 1 de Córdo­ba (Ge­richt für So­zi­al- und Ar­beits­sa­chen Nr. 1 von Córdo­ba) be­schlos­sen, das Ver­fah­ren aus­zu­set­zen und dem Ge­richts­hof fol­gen­de Fra­ge zur Vor­ab­ent­schei­dung vor­zu­le­gen:

Kann Art. 18 der Richt­li­nie 2006/54, wo­nach die Entschädi­gung des Op­fers ei­ner Dis­kri­mi­nie­rung auf­grund des Ge­schlechts (nicht nur tatsächlich, wirk­sam und auf ei­ne dem er­lit­te­nen Scha­den an­ge­mes­se­ne Art und Wei­se zu ge­sche­hen hat, son­dern auch) ab­schre­cken­den Cha­rak­ter ha­ben muss, da­hin aus­ge­legt wer­den, dass das na­tio­na­le Ge­richt zu ei­nem zusätz­li­chen, an­ge­mes­se­nen Straf­scha­dens­er­satz ver­ur­tei­len kann, al­so zu ei­nem zusätz­li­chen Be­trag, der zwar über den vollständi­gen Aus­gleich des von dem Op­fer er­lit­te­nen tatsächli­chen Scha­dens hin­aus­geht, aber für an­de­re (ne­ben dem ei­gent­li­chen Scha­dens­ver­ur­sa­cher) ein Ex­em­pel sta­tu­iert, so­fern die­ser Be­trag sich in den Gren­zen des Verhält­nismäßigen hält, und zwar auch dann, wenn die Rechts­fi­gur des Straf­scha­dens­er­sat­zes sei­ner Rechts­tra­di­ti­on fremd ist?

Zur Vor­la­ge­fra­ge

25 Mit sei­ner Fra­ge möch­te das vor­le­gen­de Ge­richt wis­sen, ob Art. 18 der Richt­li­nie 2006/54 da­hin aus­zu­le­gen ist, dass ei­ner Per­son, da­mit der ihr durch ei­ne Dis­kri­mi­nie­rung auf­grund des Ge­schlechts ent­stan­de­ne Scha­den tatsächlich und wirk­sam auf ei­ne ab­schre­cken­de Art und Wei­se aus­ge­gli­chen oder er­setzt wird, über Scha­dens­er­satz als Aus­gleich hin­aus auch Straf­scha­dens­er­satz zu­zu­spre­chen ist.
26 Nach Art. 18 der Richt­li­nie 2006/54 tref­fen die Mit­glied­staa­ten im Rah­men ih­rer na­tio­na­len Rechts­ord­nun­gen die er­for­der­li­chen Maßnah­men, um si­cher­zu­stel­len, dass der ei­ner Per­son durch ei­ne Dis­kri­mi­nie­rung auf­grund des Ge­schlechts ent­stan­de­ne Scha­den - je nach den Rechts­vor­schrif­ten der Mit­glied­staa­ten - tatsächlich und wirk­sam aus­ge­gli­chen oder er­setzt wird, wo­bei dies auf ei­ne ab­schre­cken­de und dem er­lit­te­nen Scha­den an­ge­mes­se­ne Art und Wei­se ge­sche­hen muss und ein sol­cher Aus­gleich nur dann durch ei­ne im Vor­aus fest­ge­leg­te Höchst­gren­ze be­grenzt wer­den kann, wenn die Berück­sich­ti­gung ei­ner Be­wer­bung ver­wei­gert wur­de.
27 Die­se Be­stim­mung gibt den Wort­laut von Art. 6 Abs. 2 der Richt­li­nie 76/207 in der durch die Richt­li­nie 2002/73 geänder­ten Fas­sung wie­der.
28 Wie aus dem 18. Erwägungs­grund der Richt­li­nie 2002/73 her­vor­geht, änder­te die­se Art. 6 der Richt­li­nie 76/207, um der Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs, ins­be­son­de­re den Ur­tei­len Mar­shall (C-271/91, EU:C:1993:335) und Draehm­pa­ehl (C-180/95, EU:C:1997:208), Rech­nung zu tra­gen.
29 In die­sem Zu­sam­men­hang ist dar­auf hin­zu­wei­sen, dass der Ge­richts­hof im Rah­men der Aus­le­gung von Art. 6 der Richt­li­nie 76/207, die durch die Richt­li­nie 2006/54 auf­ge­ho­ben und er­setzt wur­de, fest­ge­stellt hat, dass die Mit­glied­staa­ten die Maßnah­men tref­fen müssen, die not­wen­dig sind, da­mit je­der, der sich durch ei­ne die­ser Richt­li­nie zu­wi­der­lau­fen­de Dis­kri­mi­nie­rung für be­schwert hält, sei­ne Rech­te ge­richt­lich gel­tend ma­chen kann. Zu die­ser Ver­pflich­tung gehört es, dass die­se Maßnah­men so wirk­sam sind, dass das Ziel der Richt­li­nie 76/207 er­reicht wird, und dass sich die be­trof­fe­nen Per­so­nen vor den na­tio­na­len Ge­rich­ten tatsächlich auf sie be­ru­fen können (vgl. Ur­tei­le Mar­shall, C-271/91, EU:C:1993:335, Rn. 22, und Paquay, C-460/06, EU:C:2007:601, Rn. 43).
30 Nach der Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs schreibt Art. 6 der Richt­li­nie 76/207 den Mit­glied­staa­ten im Fall ei­ner Ver­let­zung des Dis­kri­mi­nie­rungs­ver­bots kei­ne be­stimm­te Maßnah­me vor, son­dern belässt den Mit­glied­staa­ten nach Maßga­be der un­ter­schied­li­chen denk­ba­ren Sach­ver­hal­te die Frei­heit der Wahl un­ter den ver­schie­de­nen, zur Ver­wirk­li­chung des Ziels die­ser Richt­li­nie ge­eig­ne­ten Lösun­gen (vgl. Ur­tei­le von Col­son und Ka­mann, 14/83, EU:C:1984:153, Rn. 18, Mar­shall, C-271/91, EU:C:1993:335, Rn. 23, und Paquay, C-460/06, EU:C:2007:601, Rn. 44).
31 Die Maßnah­men, durch die tatsächli­che Chan­cen­gleich­heit wie­der­her­ge­stellt wer­den kann, müssen je­doch ei­nen tatsächli­chen und wirk­sa­men Rechts­schutz gewähr­leis­ten und ei­ne wirk­lich ab­schre­cken­de Wir­kung ge­genüber dem Ar­beit­ge­ber ha­ben (vgl. Ur­tei­le von Col­son und Ka­mann, 14/83, EU:C:1984:153, Rn. 23 und 24, Draehm­pa­ehl, C-180/95, EU:C:1997:208, Rn. 25, und Paquay, C-460/06, EU:C:2007:601, Rn. 45).
32 Die­se Er­for­der­nis­se ma­chen die Berück­sich­ti­gung der Be­son­der­hei­ten je­des ein­zel­nen Fal­les ei­ner Ver­let­zung des Gleich­heits­grund­sat­zes not­wen­dig. Im Fall ei­ner dis­kri­mi­nie­ren­den Ent­las­sung kann je­doch die Gleich­heit oh­ne Wie­der­ein­stel­lung der dis­kri­mi­nier­ten Per­son oder aber fi­nan­zi­el­len Aus­gleich des ihr ent­stan­de­nen Scha­dens nicht wie­der­her­ge­stellt wer­den (Ur­teil Mar­shall, C-271/91, EU:C:1993:335, Rn. 25).
33 Wird schließlich als Maßnah­me zur Er­rei­chung des Ziels der Wie­der­her­stel­lung tatsäch­li­cher Chan­cen­gleich­heit die fi­nan­zi­el­le Wie­der­gut­ma­chung gewählt, so muss die­se an­ge­mes­sen in dem Sin­ne sein, dass sie es er­laubt, die durch die dis­kri­mi­nie­ren­de Ent­las­sung tatsächlich ent­stan­de­nen Schäden gemäß den an­wend­ba­ren staat­li­chen Re­geln in vol­lem Um­fang aus­zu­glei­chen (vgl. Ur­tei­le Mar­shall, C-271/91, EU:C:1993:335, Rn. 26, und Paquay, C-460/06, EU:C:2007:601, Rn. 46).
34 Folg­lich ging aus Art. 6 der Richt­li­nie 76/207 in sei­ner ursprüng­li­chen wie in sei­ner geänder­ten Fas­sung so­wie aus der in den Rn. 29 bis 33 des vor­lie­gen­den Ur­teils an­geführ­ten Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs her­vor, dass die wirk­lich ab­schre­cken­de Wir­kung, die durch die­sen Art. 6 er­reicht wer­den soll­te, nicht be­deu­te­te, ei­ner Per­son, der durch ei­ne Dis­kri­mi­nie­rung auf­grund des Ge­schlechts ein Scha­den ent­stan­den war, Straf­scha­dens­er­satz zu­zu­er­ken­nen, der über den vollständi­gen Aus­gleich des ihr tatsächlich ent­stan­de­nen Scha­dens hin­aus­geht und ei­ne Sank­ti­ons­maßnah­me dar­stellt.
35 Die­se Fest­stel­lung wird da­durch bestätigt, dass bei ei­ner dis­kri­mi­nie­ren­den Ent­las­sung der in fi­nan­zi­el­ler Form gewähr­te Scha­dens­aus­gleich, wie in Rn. 32 des vor­lie­gen­den Ur­teils an­ge­ge­ben, ei­ne Al­ter­na­ti­ve dar­stellt.
36 Wie der Ge­ne­ral­an­walt in Nr. 32 sei­ner Schluss­anträge aus­geführt hat, ist kei­ne we­sent­li­che Ände­rung im Uni­ons­recht ein­ge­tre­ten, die da­zu führ­te, dass Art. 18 der Richt­li­nie 2006/54 in­so­weit an­ders aus­zu­le­gen wäre als Art. 6 der Richt­li­nie 76/207.
37 Da­mit der durch ei­ne Dis­kri­mi­nie­rung auf­grund des Ge­schlechts ent­stan­de­ne Scha­den tatsächlich und wirk­sam aus­ge­gli­chen oder er­setzt wird, wo­bei dies auf ei­ne ab­schre­cken­de und an­ge­mes­se­ne Art und Wei­se ge­sche­hen muss, ver­pflich­tet Art. 18 der Richt­li­nie 2006/54 wie schon Art. 6 der Richt­li­nie 76/207 die Mit­glied­staa­ten, die die fi­nan­zi­el­le Form wählen, da­her, im Rah­men ih­rer na­tio­na­len Rechts­ord­nun­gen Maßnah­men zu tref­fen, die - je nach den Rechts­vor­schrif­ten der Mit­glied­staa­ten - die Zah­lung von Scha­dens­er­satz an den Geschädig­ten vor­se­hen, der den ent­stan­de­nen Scha­den vollständig deckt, sieht aber kei­ne Zah­lung von Straf­scha­dens­er­satz vor.
38 Im Übri­gen le­gen die Mit­glied­staa­ten gemäß Art. 25 der Richt­li­nie 2006/54 die Re­geln für die Sank­tio­nen fest, die bei ei­nem Ver­s­toß ge­gen die ein­zel­staat­li­chen Vor­schrif­ten zur Um­set­zung die­ser Richt­li­nie zu verhängen sind, und tref­fen al­le er­for­der­li­chen Maßnah­men, um de­ren An­wen­dung zu gewähr­leis­ten. Außer­dem müssen nach die­ser Be­stim­mung die Sank­tio­nen, die „auch Scha­den­er­satz­leis­tun­gen an die Op­fer um­fas­sen können“, wirk­sam, verhält­nismäßig und ab­schre­ckend sein.
39 Während durch Art. 18 der Richt­li­nie 2006/54 ei­ne Entschädi­gung oder ein Aus­gleich für den dem Geschädig­ten ent­stan­de­nen Scha­den vor­ge­schrie­ben wer­den soll, ist dem Wort­laut von Art. 25 die­ser Richt­li­nie al­so zu ent­neh­men, dass er den Mit­glied­staa­ten die Möglich­keit zum Er­lass von Maßnah­men einräumt, mit de­nen ei­ne Dis­kri­mi­nie­rung auf­grund des Ge­schlechts in Form von dem Op­fer zu­er­kann­tem Scha­dens­er­satz ge­ahn­det wer­den soll.
40 So­mit er­laubt Art. 25 der Richt­li­nie 2006/54 den Mit­glied­staa­ten, Maßnah­men zu tref­fen, die die Zah­lung von Straf­scha­dens­er­satz an das Op­fer ei­ner Dis­kri­mi­nie­rung auf­grund des Ge­schlechts vor­se­hen, ver­pflich­tet sie aber nicht da­zu.
41 Im sel­ben Sin­ne be­stimmt Art. 27 Abs. 1 die­ser Richt­li­nie, dass die Mit­glied­staa­ten Vor­schrif­ten er­las­sen oder bei­be­hal­ten können, die im Hin­blick auf die Wah­rung des Gleich­be­hand­lungs­grund­sat­zes güns­ti­ger als die in die­ser Richt­li­nie vor­ge­se­he­nen Vor­schrif­ten sind.
42 Im vor­lie­gen­den Fall weist das vor­le­gen­de Ge­richt dar­auf hin, dass es den Be­griff „Straf­scha­dens­er­satz“ im spa­ni­schen Recht nicht gibt.
43 Art. 25 der Richt­li­nie 2006/54 sieht un­ter sol­chen Umständen - wenn es kei­ne Be­stim­mung des na­tio­na­len Rechts gibt, auf de­ren Grund­la­ge Straf­scha­dens­er­satz an ei­ne durch ei­ne Dis­kri­mi­nie­rung auf­grund des Ge­schlechts geschädig­te Per­son ge­zahlt wer­den kann - nicht vor, dass der na­tio­na­le Rich­ter den­je­ni­gen, von dem die­se Dis­kri­mi­nie­rung aus­geht, selbst zu ei­nem sol­chen Scha­dens­er­satz ver­ur­tei­len kann.
44 Außer­dem ist, an­ge­nom­men, ein Mit­glied­staat be­sch­ließt den Er­lass von Maßnah­men, die die Zu­er­ken­nung von Straf­scha­dens­er­satz an die dis­kri­mi­nier­te Per­son ermögli­chen, die Be­stim­mung der Kri­te­ri­en für die Er­mitt­lung des Um­fangs der Sank­ti­on Auf­ga­be des in­ner­staat­li­chen Rechts des ein­zel­nen Mit­glied­staats, wo­bei der Äqui­va­lenz- und der Ef­fek­ti­vitäts­grund­satz zu be­ach­ten sind (vgl. ent­spre­chend Ur­tei­le Man­fre­di u. a., C-295/04 bis C-298/04, EU:C:2006:461, Rn. 92, Do­nau Che­mie u. a., C-536/11, EU:C:2013:366, Rn. 25 bis 27, und Hir­mann, C-174/12, EU:C:2013:856, Rn. 40).
45 Nach al­le­dem ist auf die Vor­la­ge­fra­ge zu ant­wor­ten, dass Art. 18 der Richt­li­nie 2006/54 da­hin aus­zu­le­gen ist, dass er, da­mit der durch ei­ne Dis­kri­mi­nie­rung auf­grund des Ge­schlechts ent­stan­de­ne Scha­den tatsächlich und wirk­sam aus­ge­gli­chen oder er­setzt wird, wo­bei dies auf ei­ne ab­schre­cken­de und an­ge­mes­se­ne Art und Wei­se ge­sche­hen muss, die Mit­glied­staa­ten, die die fi­nan­zi­el­le Form wählen, ver­pflich­tet, im Rah­men ih­rer na­tio­na­len Rechts­ord­nun­gen - je nach ih­ren Rechts­vor­schrif­ten - Maßnah­men zu tref­fen, die die Zah­lung von Scha­dens­er­satz an den Geschädig­ten vor­se­hen, der den ent­stan­de­nen Scha­den vollständig deckt.

Kos­ten

46 Für die Par­tei­en des Aus­gangs­ver­fah­rens ist das Ver­fah­ren ein Zwi­schen­streit in dem beim vor­le­gen­den Ge­richt anhängi­gen Rechts­streit; die Kos­ten­ent­schei­dung ist da­her Sa­che die­ses Ge­richts. Die Aus­la­gen an­de­rer Be­tei­lig­ter für die Ab­ga­be von Erklärun­gen vor dem Ge­richts­hof sind nicht er­stat­tungsfähig.

Aus die­sen Gründen hat der Ge­richts­hof (Vier­te Kam­mer) für Recht er­kannt:

Art. 18 der Richt­li­nie 2006/54/EG des Eu­ropäischen Par­la­ments und des Ra­tes vom 5. Ju­li 2006 zur Ver­wirk­li­chung des Grund­sat­zes der Chan­cen­gleich­heit und Gleich­be­hand­lung von Männern und Frau­en in Ar­beits- und Beschäfti­gungs­fra­gen ist da­hin aus­zu­le­gen, dass er, da­mit der durch ei­ne Dis­kri­mi­nie­rung auf­grund des Ge­schlechts ent­stan­de­ne Scha­den tatsächlich und wirk­sam aus­ge­gli­chen oder er­setzt wird, wo­bei dies auf ei­ne ab­schre­cken­de und an­ge­mes­se­ne Art und Wei­se ge­sche­hen muss, die Mit­glied­staa­ten, die die fi­nan­zi­el­le Form wählen, ver­pflich­tet, im Rah­men ih­rer na­tio­na­len Rechts­ord­nun­gen - je nach ih­ren Rechts­vor­schrif­ten - Maßnah­men zu tref­fen, die die Zah­lung von Scha­dens­er­satz an den Geschädig­ten vor­se­hen, der den ent­stan­de­nen Scha­den vollständig deckt.

Un­ter­schrif­ten

* Ver­fah­rens­spra­che: Spa­nisch.

Quel­le: Ge­richts­hof der Eu­ropäischen Uni­on (EuGH), http://cu­ria.eu­ro­pa.eu

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