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LAG Nürn­berg, Ur­teil vom 27.08.2008, 4 Sa 36/08

   
Schlagworte: Betriebsübergang
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Nürnberg
Aktenzeichen: 4 Sa 36/08
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 27.08.2008
   
Leitsätze:

Es liegt kein Betriebsübergang auf den neuen Betreiber einer Werkskantine vor, wenn dieser nicht mehr selbst vor Ort Speisen frisch zubereitet und keine Köche mehr einsetzt, sondern nur noch zentral zubereitete Speisen aufgewärmt und ausgegeben werden und sich hierdurch der Personalbedarf halbiert und auf Hilfspersonal beschränkt. Es fehlt diesbezüglich an der Wahrung der betrieblichen Identität des Kantinenbetriebs.

Vorinstanzen: Arbeitsgericht Würzburg, Urteil vom 14.12.2007, 3 Ca 1067/07
   

4 Sa 36/08

3 Ca 1067/07
(Ar­beits­ge­richt Würz­burg)

Verkündet am: 27.08.2008

 

Lan­des­ar­beits­ge­richt Nürn­berg


UR­TEIL


In dem Rechts­streit

 

A...

- Kläge­rin und Be­ru­fungs­be­klag­te -

Pro­zess­be­vollmäch­tig­te/r:
...


Fir­ma B...,
ver­tre­ten durch den Geschäftsführer C...,

- Bei­ge­tre­te­ne -

Pro­zess­be­vollmäch­tig­te/r.:
...

- 2 -

g e g e n


Fir­ma D... ,
ver­tre­ten durch den Geschäftsführer E...


- Be­klag­te und Be­ru­fungskläge­rin -


Pro­zess­be­vollmäch­tig­te/r:
...


erlässt die 4. Kam­mer des Lan­des­ar­beits­ge­richts Nürn­berg auf Grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 16. Ju­li 2008 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Lan­des­ar­beits­ge­richt R o t h und die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Herr­mann und Beer


im Na­men des Vol­kes

fol­gen­des


Ur­teil:

1. Die Be­ru­fung der Be­klag­ten ge­gen das En­dur­teil des Ar­beits­ge­richts Würz­burg vom 14.12.2007, Az.: 3 Ca 1067/07, wird auf Kos­ten der Be­ru­fungsführe­rin zurück­ge­wie­sen.


2. Die Re­vi­si­on wird zu­ge­las­sen.

 

Tat­be­stand:

Die Par­tei­en strei­ten über den Fort­be­stand ih­res Ar­beits­verhält­nis­ses.

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Die am 24.09.1979 ge­bo­re­ne Kläge­rin ist bei der Be­klag­ten bzw. ih­rer Rechts­vorgänge­rin ab dem 05.08.2002 als Küchen­hil­fe beschäftigt und be­zog zu­letzt ei­ne Brut­to­mo­nats­vergütung in Höhe von EUR 1.280,--.


Sie be­fin­det sich seit dem 07.12.2003 we­gen der Ge­burt drei­er Kin­der fort­lau­fend in Mut­ter­schutz bzw. El­tern­zeit; dies zu­min­dest noch bis Sep­tem­ber 2009.


Die Be­klag­te be­wirt­schaf­te­te bis zum 31.12.2006 auf der Ba­sis der schrift­li­chen Ver­ein­ba­run­gen vom 11.11.1996 und 01.12.2002 (Ko­pi­en Bl. 86 – 89 d.A.) drei Be­triebs­re­stau­rants der ört­li­chen F... Nie­der­las­sung an drei un­ter­schied­li­chen Stand­or­ten im Würz­bur­ger Raum. Ent­spre­chend der Re­ge­lung in § 3 Abs. 4 der Ver­ein­ba­rung vom 11.11.1996, in den Kan­ti­nen­be­trie­ben selbst zu­be­rei­te­te Spei­sen an­zu­bie­ten, setz­te die Be­klag­te für die fri­sche Zu­be­rei­tung der Spei­sen vor Ort je­weils ei­nen Koch und ein bis zwei Küchen­hil­fen ein.
Die Fir­ma F... AG kündig­te das Ver­trags­verhält­nis mit der Be­klag­ten zum 31.12.2006. Mit Wir­kung ab dem 01.01.2007 über­nahm die Fir­ma B... die Be­wirt­schaf­tung der drei Be­triebs­re­stau­rants. Von die­ser Fir­ma wer­den je­doch kei­ne Spei­sen mehr vor Ort frisch zu­be­rei­tet son­dern in ih­rer Menü-Ma­nu­fak­tur zen­tral vor­ge­fer­tig­te Spei­sen le­dig­lich in den Kan­ti­neküchen in ei­nem so­ge­nann­ten Kon-vek­to­ma­ten auf­gewärmt und an­sch­ließend aus­ge­ge­ben. Dem­ent­spre­chend wer­den von die­ser Fir­ma in den Küchen kei­ne Köche mehr ein­ge­setzt son­dern aus­sch­ließlich Küchen­hilfs­per­so­nal.


Die Fir­ma B... teil­te der Be­klag­ten mit Schrei­ben vom 20.11.2006 (Ko­pie Bl. 6 d.A.) mit, dass auf­grund des geänder­ten Küchen- und Be­wirt­schaf­tungs­sys­tems und der da­mit zu­sam­menhängen­den un­ter­schied­li­chen Qua­li­fi­ka­ti­on des er­for­der­li­chen Per­so­nals von kei­nem Be­triebsüber­gang aus­ge­gan­gen wer­den könne. Die Be­klag­te ih­rer­seits teil­te den in den Be­triebs­re­stau­rants ein­ge­setz­ten Mit­ar­bei­tern mit Schrei­ben vom 27.11.2006 (Ko­pie Bl. 7 d.A.) mit, dass zum 01.01.2007 ein Be¬triebsüber­gang auf die Fir­ma B... statt­ge­fun­den ha­be. Sie kündig­te die Ar­beits­verhält­nis­se der bis­her ein­ge­setz­ten drei Köche/Köchin­nen und emp­fahl den drei ein­ge­setz­ten Küchen­hilfs­kräften, ih­re Ar­beits­kraft ab dem 01.01.2007 der neu­en Be­trei­be­rin an­zu­bie­ten. Dies teil­te sie der Fir­ma B... mit Schrei­ben vom 12.12.2006 (Ko­pie Bl. 4, 5 d.A.) mit und ver­wies in die­sem Schrei­ben auch auf den Über­gang des Ar­beits­verhält­nis­ses der in El­tern­zeit be­find­li­chen Kläge­rin.


Nach­dem sich die Fir­ma B... der Kläge­rin ge­genüber ge­wei­gert hat­te, sie nach dem En­de der El­tern­zeit wei­ter­zu­beschäfti­gen, hat die Kläge­rin mit ih­rer am 29.05.2007 beim Ar­beits­ge­richt Würz­burg ein­ge­reich­ten Kla­ge den Fort­be­stand ih­res Ar­beits­verhält­nis­ses mit der Be­klag­ten gel­tend ge­macht.
Der Fir­ma B... (künf­tig: Bei­ge­tre­te­ne) hat sie mit Schrift­satz vom 10.10.2007 den Streit verkündet. Die­se Fir­ma ist dar­auf­hin sei­tens der Kläge­rin dem Rechts­streit bei­ge­tre­ten.


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We­gen der Anträge der Par­tei­en und ih­res nähe­ren Vor­brin­gens im erst­in­stanz­li­chen Ver­fah­ren wird auf den Tat­be­stand der an­ge­foch­te­nen Ent­schei­dung Be­zug ge­nom­men.


Das Ar­beits­ge­richt Würz­burg hat mit En­dur­teil vom 14.12.2007 der Kla­ge statt­ge­ge­ben.


Ge­gen das dem da­ma­li­gen Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten der Be­klag­ten am 14.01.2008 zu­ge­stell­te Ur­teil hat der nun­meh­ri­ge Pro­zess­be­vollmäch­tig­te mit Schrift­satz vom 16.01.2008, beim Lan­des­ar­beits­ge­richt Nürn­berg ein­ge­gan­gen am 17.01.2008, Be­ru­fung ein­ge­legt und sie in­ner­halb der bis 14.04.2008 verlänger­ten Be­gründungs­frist mit Schrift­satz vom 07.04.2008, beim Lan­des­ar­beits­ge­richt Nürn­berg ein­ge­gan­gen am 08.04.2008, be­gründet.


Die Be­klag­te meint, das Ar­beits­verhält­nis der Kläge­rin sei mit Wir­kung zum 01.10.2007 auf die neue Be­trei­be­rin der Be­triebs­re­stau­rants über­ge­gan­gen, denn es ha­be zu die­sem Zeit­punkt ein Be­triebsüber­gang statt­ge­fun­den, dem die Kläge­rin nicht wi­der­spro­chen ha­be. Die neue Be­trei­be­rin ha­be die Be­wirt­schaf­tung der drei Werks­kan­ti­nen zu iden­ti­schen Ver­trags­be­din­gun­gen über­nom­men. Die Öff­nungs­zei­ten, Be­triebs­abläufe und An­ge­bots­pa­let­ten sei­en im We­sent­li­chen un­verändert ge­blie­ben. Ei­ne nen­nens­wer­te Ände­rung ha­be sich le­dig­lich dar­aus er­ge­ben, dass nicht mehr vor Ort fri­sche Spei­sen zu­be­rei­tet son­dern le­dig­lich vor­ge­fer­tig­te Spei­sen auf­gewärmt würden. Des­halb sei­en auch kei­ne Köche über­nom­men wor­den, sehr wohl aber – zu­min­dest zeit­wei­se – die bis­her ein­ge­setz­ten Küchen­hilfs­kräfte. Un­ter Berück­sich­ti­gung der bis­he­ri­gen höchst­rich­ter­li­chen Recht­spre­chung sei von der Wah­rung der Be­triebs­i­den­tität und da­mit dem Vor­lie­gen ei­nes Be­triebsüber­gangs aus­zu­ge­hen. Der Be­triebs­zweck sei nämlich eben­so un­verändert ge­blie­ben wie der Kun­den­kreis und die zum Ein­satz kom­men­den sach­li­chen Be­triebs­mit­tel. Bei der Um­stel­lung von frisch zu­be­rei­te­ten auf vor­ge­fer­tig­te Spei­sen hand­le es sich um kei­ne we­sent­li­che Ände­rung des Be­triebs­kon­zepts. In die­sem Zu­sam­men­hang scha­de auch nicht, dass die bis­her dort täti­gen drei Köche/Köchin­nen nicht über­nom­men wor­den sei­en. Da die Kläge­rin selbst nicht mit der Zu­be­rei­tung der Spei­sen be­fasst ge­we­sen sei, sei ihr Ar­beits­be­reich bei der neu­en Be­trei­be­rin nach wie vor vor­han­den.

 

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Die Be­klag­te und Be­ru­fungskläge­rin be­an­tragt:


Das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Würz­burg vom 14.12.2007 - Az.: 3 Ca 1067/07 – wird wie folgt ab­geändert:


I. Die Kla­ge wird ab­ge­wie­sen.


II. Die Kläge­rin und Be­ru­fungs­be­klag­te hat die Kos­ten des Rechts­streits zu tra­gen. Die durch die Ne­benin­ter­ven­ti­on ver­ur­sach­ten Kos­ten trägt die Bei­ge­tre­te­ne.


Die Kläge­rin und Be­ru­fungs­be­klag­te be­an­tragt:


Die Be­ru­fung wird kos­ten­pflich­tig zurück­ge­wie­sen.


Zur Be­gründung trägt sie vor, von ei­nem Be­triebsüber­gang zum 01.01.2007 könne nicht aus­ge­gan­gen wer­den. Die neue Be­trei­be­rin ha­be nämlich gra­vie­ren­de Ände­run­gen in der Be­triebs­or­ga­ni­sa­ti­on und den Be­triebs­me­tho­den da­durch vor­ge­nom­men, dass sie die Spei­sen nicht mehr durch ei­ge­ne Köche in den Kan­ti­nen zu­be­rei­ten las­se, son­dern zen­tral zu­be­rei­te­te Spei­sen nach ih­rer An­lie­fe­rung nur noch vor Ort erwärmt würden. Mit den drei Köchen sei ein Großteil der Be­leg­schaft nicht über­nom­men wor­den. Zwangsläufig würde auch ei­ne Viel­zahl von Küchen­gerätschaf­ten zur Zu­be­rei­tung von Spei­sen nicht mehr benötigt. Da­mit sei­en auch we­sent­li­che sach­li­che Be­triebs­mit­tel nicht über­nom­men wor­den.


Hin­sicht­lich wei­te­rer Ein­zel­hei­ten wird auf den In­halt der im Be­ru­fungs­ver­fah­ren ge­wech­sel­ten Schriftsätze ver­wie­sen.


Von ei­ner wei­ter­ge­hen­den Dar­stel­lung des Tat­be­stan­des wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG ab­ge­se­hen.


Ent­schei­dungs­gründe:


I.


Die Be­ru­fung ist zulässig.
Sie ist statt­haft, § 64 Abs. 1, Abs. 2 c ArbGG und auch in der ge­setz­li­chen Form und Frist ein­ge­legt und be­gründet wor­den, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO.

 

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II.


Die Be­ru­fung ist sach­lich nicht be­gründet.
Das Erst­ge­richt hat mit zu­tref­fen­der Be­gründung der Kla­ge statt­ge­ge­ben, denn das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en en­de­te nicht mit Wir­kung zum 31.12.2006. Ein Be­triebsüber­gang auf die Bei­ge­tre­te­ne und ein Ein­tritt die­ser Fir­ma in das Ar­beits­verhält­nis der Kläge­rin mit Wir­kung zum 01.01.2007 gem. § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB hat nämlich nicht statt­ge­fun­den.


1. Das Erst­ge­richt ist zu­tref­fend da­von aus­ge­gan­gen, dass die Dar­le­gungs- und Be­weis­last für das Vor­lie­gen ei­nes Be­triebsüber­gangs auf die Bei­ge­tre­te­ne bei der Be­klag­ten liegt, denn die­se hat sich auf die Be­en­di­gung des Ver­trags­verhält­nis­ses mit der Kläge­rin in­fol­ge ei­nes Be­triebsüber­gangs be­ru­fen (vgl. KR-Pfeif­fer, 8. Aufl., § 613 a BGB Rz 99-100 m.w.N.). Dies ent­spricht dem all­ge­mei­nen pro­zes­sua­len Grund­satz, dass je­de Par­tei die für sie güns­ti­gen Tat­sa­chen dar­zu­le­gen und zu be­wei­sen hat (vgl. hier­zu Zöller-Gre­ger, ZPO,
26. Aufl., vor § 284 Rz 17).


2. Bei wer­ten­der Be­trach­tung al­ler Ge­samt­umstände hat die Be­klag­te den Nach­weis nicht er­bracht, dass die Bei­ge­tre­te­ne un­ter Wah­rung der be­trieb­li­chen Iden­tität die bis­her von ihr be­wirt­schaf­te­ten Kan­ti­nen wei­ter­geführt hat und gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB in das Ar­beits­verhält­nis mit der Kläge­rin ein­ge­tre­ten ist.


a. Nach ständi­ger Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts (Ur­teil vom 13.06.2006 – 8 AZR 271/05 – AP Nr. 305 zu § 613 a BGB; vom 11.12.1997 – 8 AZR 426/94 – AP Nr. 171 zu § 613 a BGB; vom 11.09.1997 – 8 AZR 555/95 – NZA 1998, 31; je­weils m.w.N.) setzt die Vor­schrift des § 613 a Abs. 1 BGB den rechts­geschäft­li­chen Über­gang ei­nes Be­trie­bes oder Be­triebs­teils auf ei­nen an­de­ren In­ha­ber un­ter Wah­rung der Iden­tität der be­tref­fen­den wirt­schaft­li­chen Ein­heit vor­aus. Der Be­griff der wirt­schaft­li­chen Ein­heit be­zieht sich auf ei­ne or­ga­ni­sa­to­ri­sche Ge­samt­heit von Per­so­nen und Sa­chen zur auf Dau­er an­ge­leg­ten Ausübung ei­ner wirt­schaft­li­chen Tätig­keit mit ei­ge­ner Ziel­set­zung. Bei der Prüfung, ob ei­ne sol­che Ein­heit über­ge­gan­gen ist, müssen sämt­li­che den be­tref­fen­den Vor­gang kenn­zeich­nen­den Tat­sa­chen berück­sich­tigt wer­den. Da­zu gehören als Teil­as­pek­te der Ge­samtwürdi­gung na­ment­lich die Art des be­tref­fen­den Un­ter­neh­mens oder Be­trie­bes, der et­wai­ge Über­gang der ma­te­ri­el­len Be­triebs­mit­tel wie Gebäude und be­weg­li­che Güter, der Wert der im­ma­te­ri­el­len Ak­ti­ve im Zeit­punkt des Über­gangs, die et­wai­ge Über­nah­me der Haupt­be­leg­schaft, der et­wai­ge Über­gang der Kund­schaft so­wie der Grad der Ähn­lich­keit zwi­schen den vor und nach dem Über­gang ver­rich­te­ten Tätig­kei­ten und die Dau­er ei­ner even­tu­el­len Un­ter­bre­chung die­ser Tätig­keit. Ei­ne Ein­heit darf al­ler­dings nicht nur als bloße Tätig­keit ver­stan­den wer­den. Die Iden­tität der

 

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Ein­heit er­gibt sich auch aus an­de­ren Merk­ma­len, wie ih­rem Per­so­nal, ih­ren Führungs­kräften, ih­rer Ar­beits­or­ga­ni­sa­ti­on, ih­ren Be­triebs­me­tho­den und ge­ge­be­nen­falls den ihr zur Verfügung ste­hen­den Be­triebs­mit­teln. Den für das Vor­lie­gen ei­nes Über­gangs maßgeb­li­chen Kri­te­ri­en kommt je nach der aus­geübten Tätig­keit und je nach den Pro­duk­ti­ons-und Be­triebs­me­tho­den un­ter­schied­li­ches Ge­wicht zu.


b. Im Rah­men der vor­zu­neh­men­den Ge­samtwürdi­gung kann sich die Be­klag­te hin­sicht­lich der Be­ja­hung ei­nes Be­triebsüber­gangs er­folg­reich auf die Teil­as­pek­te be­ru­fen, dass die Zweck­rich­tung der be­trieb­li­chen Tätig­keit die­sel­be ge­blie­ben ist, nämlich die Mit­ar­bei­ter der ört­li­chen Nie­der­las­sung der Fir­ma F... AG (nun­mehr G... AG) in den Be­triebs­kan­ti­nen kostengüns­tig zu ver­pfle­gen. Es hat sich in­so­weit auch an dem Kun­den­stamm nichts geändert. Es wer­den zu­dem die­sel­ben Räum­lich­kei­ten ge­nutzt und ei­ne Un­ter­bre­chung der be­trieb­li­chen Tätig­keit hat nicht statt­ge­fun­den.


c. Das wei­te­re Kri­te­ri­um für das Vor­lie­gen ei­nes Be­triebsüber­gangs, dass die im Rah­men des Be­wirt­schaf­tungs­ver­tra­ges von der Fir­ma G... AG zur Verfügung ge­stell­ten sach­li­chen Be­triebs­mit­tel (ins­be­son­de­re Kühlräume, die Küchen­ein­rich­tung, Küchen­geräte, Ge­schirr) die­sel­ben ge­blie­ben sind wie zur Zeit der Be­wirt­schaf­tung der Kan­ti­nen durch die Be­klag­te, kann nicht mit der er­for­der­li­chen Si­cher­heit fest­ge­stellt wer­den.


Die Kläge­rin hat dies­bezüglich be­haup­tet, dass auf­grund des Um­stan­des, dass von der Bei­ge­tre­te­nen die Spei­sen nicht mehr vor Ort frisch zu­be­rei­tet wer­den, von ihr ein Großteil der Be­triebs­mit­tel nicht über­nom­men wor­den sind, ins­be­son­de­re ei­ne Viel­zahl von Küchen­gerätschaf­ten.
Hier­von ist auch das Erst­ge­richt im Rah­men sei­ner Ge­samtwürdi­gung aus­ge­gan­gen.


Die Be­klag­te be­haup­tet in die­sem Zu­sam­men­hang zwar, dass die Be­wirt­schaf­tung der drei Werks­kan­ti­nen durch die Bei­ge­tre­te­ne zu iden­ti­schen Ver­trags­be­din­gun­gen er­fol­ge und sie in den bis­he­ri­gen Räum­lich­kei­ten auch die wei­te­ren Be­triebs­mit­tel (In­stal­la­tio­nen, Gerätschaf­ten und Ein­rich­tungs­ge­genstände) wei­ter ei­gen­wirt­schaft­lich nut­ze. Da dem vor­ge­leg­ten bis­he­ri­gen Ver­trag we­der die In­ven­tar­lis­te bei­lag noch von der Be­klag­ten die be­haup­te­ten iden­ti­schen Ver­trags­in­hal­te un­ter Be­weis ge­stellt wor­den sind, kann die­ser Teil­as­pekt nicht zu­guns­ten der Be­klag­ten berück­sich­tigt wer­den.


Ihm kommt im Rah­men der Ge­samtwürdi­gung auch nicht das ent­schei­den­de Ge­wicht zu. In­so­fern kann da­hin­ge­stellt blei­ben, ob Tei­le der Küchen­ein­rich­tung und der Gerätschaf­ten, die für die La­ge­rung von fri-

 

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schen Le­bens­mit­teln und die Zu­be­rei­tung der Spei­sen vor Ort bis­her er­for­der­lich ge­we­sen sind und künf­tig nicht mehr benötigt wer­den, aus dem In­halt des Be­wirt­schaf­tungs­ver­tra­ges her­aus­ge­nom­men wor­den sind oder nicht.

d. Ge­gen die Wah­rung der bis­he­ri­gen be­trieb­li­chen Iden­tität und Bei­be­hal­tung der wirt­schaft­li­chen Ein­heit spre­chen die Umstände, dass in­fol­ge des Weg­falls der zen­tra­len Tätig­keit ei­ner Küche, nämlich des Zu­be­rei­tens von Spei­sen, sich we­sent­li­che Ar­beits­in­hal­te geändert ha­ben und da­mit auch wich­ti­ge As­pek­te der Ar­beits­or­ga­ni­sa­ti­on und der Be­triebs­me­tho­den. Fer­ner hat sich das Ar­beits­vo­lu­men ganz er­heb­lich re­du­ziert, denn die bis­her von der Be­klag­ten ein­ge­setz­te Be­leg­schaft (3 Köche/ Köchin­nen und 3 Hilfs­kräfte) wur­de um die Hälf­te re­du­ziert. Dras­tisch verändert hat sich zu­dem das An­for­de­rungs­pro­fil des ein­ge­setz­ten Per­so­nals.
Das ge­sam­te qua­li­fi­zier­te Küchen­per­so­nal, das mit der rich­ti­gen Be­hand­lung und Be­ar­bei­tung der fri­schen Le­bens­mit­tel und mit der Zu­be­rei­tung der Spei­sen be­traut war, ist gänz­lich zum Weg­fall ge­ra­ten. So­wohl was die Quan­tität als auch die Qua­lität der Ar­beitstätig­keit an­langt, die in den Werks­kan­ti­nen zu ver­rich­ten ist, ist ei­ne we­sent­li­che Ände­rung ein­ge­tre­ten. Tätig­kei­ten, die ein qua­li­fi­zier­tes Fach­wis­sen er­for­dern sind er­satz­los ent­fal­len. Dies gilt hin­sicht­lich der Ein­la­ge­rung und Be­hand­lung fri­scher Le­bens­mit­tel (Fleisch, Fisch, Gemüse), die Ein­hal­tung dies­bezügli­chen Hy­gie­ne­stan­dards, die Vor­be­rei­tung die­ser Le­bens­mit­tel zur an­sch­ließen­den Zu­be­rei­tung, die Zu­be­rei­tung der Spei­sen selbst und de­ren Vor­hal­tung zur zeit­lich ge­straff­ten Aus­ga­be. Nach dem neu­en Be­wirt­schaf­tungs­kon­zept der Bei­ge­tre­te­nen müssen an­ge­lie­fer­te vor­ge­fer­tig­te Spei­sen nur noch kurz­zei­tig zwi­schen­ge­la­gert und auf­gewärmt wer­den um in un­mit­tel­ba­ren An­schluss aus­ge­ge­ben wer­den zu können.
Das Haupt­per­so­nal ei­ner Küche, nämlich das Koch­per­so­nal, mit sei­nem Fach­wis­sen und sei­nen tech­ni­schen Fer­tig­kei­ten ist nach die­sem Be­wirt­schaf­tungs­kon­zept nicht mehr er­for­der­lich. Der Küchen­be­trieb hat da­mit im Hin­blick auf das er­for­der­li­che Per­so­nal und sei­ne Qua­li­fi­ka­ti­on ei­ne we­sent­lich an­de­re Struk­tur er­hal­ten. In­so­fern kann von ei­ner Wah­rung der be­trieb­li­chen Iden­tität des Kan­ti­nen­be­triebs nicht aus­ge­gan­gen wer­den. Dem Weg­fall der Haupttätig­keit ei­ner Küche, der Zu­be­rei­tung von Spei­sen, und des Haupt­per­so­nals, nämlich dem Koch­per­so­nal, kommt im Rah­men der wer­ten­den Ge­samtwürdi­gung die ent­schei­den­de Be­deu­tung zu.


3. Von der dar­le­gungs- und be­weis­pflich­ti­gen Be­klag­ten wer­den kei­ne kon­kre­ten Tat­sa­chen dafür vor­ge­tra­gen, es sei le­dig­lich ein Be­triebs­teil, dem die Kläge­rin zu­ge­ord­net war, auf die Bei­ge­tre­te­ne rechts­geschäft­lich über­ge­gan­gen.

 

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Auch bei dem Er­werb ei­nes Be­triebs­teils ist es er­for­der­lich, das die wirt­schaft­li­che Ein­heit ih­re Iden­tität bei dem Be­triebs­er­wer­ber be­wahrt. Be­triebs­tei­le sind Teil­ein­hei­ten (Teil­or­ga­ni­sa­tio­nen) des Be­triebs. Es muss sich um ei­ne selbständi­ge, ab­trenn­ba­re or­ga­ni­sa­to­ri­sche Ein­heit han­deln, die in­ner­halb des be­trieb­li­chen Ge­samt­zwecks ei­nen Teil­zweck erfüllt. Der Teil­be­triebsüber­gang setzt vor­aus, dass die über­nom­me­nen Be­triebs­mit­tel be­reits bei dem frühe­ren Be­triebs­in­ha­ber die Qua­lität ei­nes Be­triebs­teils hat­ten (vgl. BAG vom 13.02.2003 – 8 AZR 102/02 – AP Nr. 245 zu § 613 a BGB; vom 24.04.1997 - 8 AZR 848/94 – NZA 1998, 253; vom 11.09.1997, aaO).

Von der Be­klag­ten wer­den kei­ne kon­kre­ten Tat­sa­chen dafür vor­ge­tra­gen, dass in­ner­halb der von ihr be­wirt­schaf­te­ten Kan­ti­ne mit ei­nem Per­so­nal­stand von we­ni­gen Mit­ar­bei­tern (re­gelmäßig ein Koch und ei­ne Hilfs­kraft) ab­trenn­ba­re or­ga­ni­sa­to­ri­sche Ein­hei­ten be­stan­den ha­ben. Nach ih­rem Sach­vor­trag ist das Hilfs­per­so­nal auch in der Küche ein­ge­setzt wor­den, um dort Ne­bentätig­kei­ten (Aufräum- Rei­ni­gungs- und Spültätig­kei­ten) aus­zuüben. In­so­fern sind Koch-und Hilfs­per­so­nal oh­ne ei­ne or­ga­ni­sa­to­ri­sche Tren­nung in ei­ner be­trieb­li­chen Ein­heit ein­ge­setzt wor­den.


III.


1. Die Be­klag­te hat die Kos­ten ih­rer er­folg­lo­sen Rechts­mit­tels zu tra­gen, § 97 Abs. 1 ZPO.


2. Hin­sicht­lich der Fra­ge der Wah­rung der be­trieb­li­chen Iden­tität bei der hier streit­ge­genständ­li­chen Ände­rung der Be­wirt­schaf­tungs­form ei­ner Kan­ti­ne wird dem Rechts­streit grundsätz­li­che Be­deu­tung gemäß § 72 Abs. 2 Zif­fer 1 ArbGG bei­ge­mes­sen.


Rechts­mit­tel­be­leh­rung:


Ge­gen die­ses Ur­teil kann die Be­klag­te Re­vi­si­on ein­le­gen.
Für die Kläge­rin ist ge­gen die­ses Ur­teil kein Rechts­mit­tel ge­ge­ben.


Die Re­vi­si­on muss in­ner­halb ei­ner Frist von ei­nem Mo­nat ein­ge­legt und in­ner­halb ei­ner Frist von zwei Mo­na­ten be­gründet wer­den.


Bei­de Fris­ten be­gin­nen mit der Zu­stel­lung des in vollständi­ger Form ab­ge­fass­ten Ur­teils, spätes­tens aber mit Ab­lauf von fünf Mo­na­ten nach der Verkündung des Ur­teils.

 

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Die Re­vi­si­on muss beim Bun­des­ar­beits­ge­richt, Hu­go-Preuß-Platz 1, 9084 Er­furt, Post­an­schrift: Bun­des­ar­beits­ge­richt, 99113 Er­furt;
Te­le­fax-Num­mer: 0361 2636-2000 ein­ge­legt und be­gründet wer­den.


Die Re­vi­si­ons­schrift und die Re­vi­si­ons­be­gründung müssen von ei­nem Rechts­an­walt un­ter­zeich­net sein.
Es genügt auch die Un­ter­zeich­nung durch ei­nen Be­vollmäch­tig­ten der Ge­werk­schaf­ten und von Ver­ei­ni­gun­gen von Ar­beit­ge­bern so­wie von Zu­sam­men­schlüssen sol­cher Verbände
- für ih­re Mit­glie­der
- oder für an­de­re Verbände oder Zu­sam­men­schlüsse mit ver­gleich­ba­rer Aus­rich­tung und de­ren Mit­glie­der
oder
von ju­ris­ti­schen Per­so­nen, de­ren An­tei­le sämt­lich in wirt­schaft­li­chem Ei­gen­tum ei­ner der im vor­ge­nann­ten Ab­satz be­zeich­ne­ten Or­ga­ni­sa­tio­nen ste­hen,
- wenn die ju­ris­ti­sche Per­son aus­sch­ließlich die Rechts­be­ra­tung und Pro­zess­ver­tre­tung die­ser Or­ga­ni­sa­ti­on und ih­rer Mit­glie­der oder an­de­re Verbände oder Zu­sam­men­schlüsse mit ver­gleich­ba­rer Aus­rich­tung und de­ren Mit­glie­der ent­spre­chend de­ren Sat­zung durchführt
- und wenn die Or­ga­ni­sa­ti­on für die Tätig­keit der Be­vollmäch­tig­ten haf­tet.
In je­dem Fall muss der Be­vollmäch­tig­te die Befähi­gung zum Rich­ter­amt ha­ben.


Zur Möglich­keit der Re­vi­si­ons­ein­le­gung mit­tels elek­tro­ni­schen Do­ku­ments wird auf die Ver­ord­nung über den elek­tro­ni­schen Rechts­ver­kehr beim Bun­des­ar­beits­ge­richt vom 09.03.2006 (BGBl. I, 519 ff.) hin­ge­wie­sen. Ein­zel­hei­ten hier­zu un­ter http://www.bun­des­ar­beits­ge­richt.de/.


Roth 

Vor­sit­zen­der Rich­ter

am Lan­des­ar­beits­ge­richt

 

Herr­mann 

Eh­ren­amt­li­cher Rich­ter

 

Beer

Eh­ren­amt­li­cher Rich­ter

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