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Wettbewerbsverbot ohne Entschädigung, aber mit salvatorischer Klausel?
23.03.2017. Im Sommer 2015 entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm über einen Fall, in dem ein Handelsunternehmen eine Verkäuferin zu einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot verpflichtete, dabei aber keine Karenzentschädigung zusagte. Im Allgemeinen führt das zur Nichtigkeit der Vereinbarung.
Hier enthielt der Arbeitsvertrag aber eine salvatorische Klausel, der zufolge nichtige Vereinbarungen durch wirksame ersetzt werden sollten, die dem Willen der Vertragsparteien am ehesten entsprechen würden. Unter Berufung auf diese Klausel hielt das LAG das Wettbewerbsverbot für wirksam und verurteilte den Arbeitgeber zur Zahlung einer Karenzentschädigung (wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 15/316 Wettbewerbsverbot ohne Gegenleistung).
Gestern hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) den Fall andersherum entschieden: BAG, Urteil vom 22.03.2017, 10 AZR 448/15 (Pressemeldung des BAG).
- Kann ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ohne Karenzentschädigung wirksam sein, wenn der Vertrag eine salvatorische Klausel enthält?
- Handelsunternehmen verpflichtet Teilzeitkraft zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot ohne Karenzentschädigung, aber bei 10.000,00 EUR Vertragsstrafe
- BAG: Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ohne Karenzentschädigung ist auch dann nichtig, wenn der Vertrag eine salvatorische Klausel enthält
Kann ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ohne Karenzentschädigung wirksam sein, wenn der Vertrag eine salvatorische Klausel enthält?
Bei der Gestaltung von vorformulierten Arbeitsverträgen im Arbeitgeberauftrag kommt es immer wieder vor, dass sich einzelne Klauseln als unwirksam herausstellen. Denn Arbeitgeber als Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) müssen die gesetzlichen Vorschriften zur AGB-Kontrolle beachten, und daran scheitern manche Klauseln. Gegen solche und ähnliche Probleme sollen salvatorische Klauseln helfen.
Salvatorische Klauseln gibt es in verschiedenen Varianten. In den meisten Fällen sollen sie bewirken, dass infolge einer rechtlich unwirksamen vertraglichen Vereinbarung nicht der ganze Vertrag unwirksam wird (Erhaltungsklausel), und/oder sie sollen sicherstellen, dass unwirksame Vereinbarungen durch rechtlich wirksame Regelungen ersetzt werden, die den wirtschaftlichen Zielen des Vertrages und den Absichten der Vertragsparteien am besten entsprechen (Ersetzungsklausel).
Obwohl das AGB-Recht für unklare und/oder unangemessene Klauseln die Rechtsfolge vorsieht, dass diese Klauseln insgesamt nichtig sind und stattdessen das Gesetzesrecht gilt, sind sog. salvatorische Klauseln in Form von Ersetzungsklauseln auch in vorformulierten Arbeitsverträgen beliebt. Dahinter steht auch die Überlegung, dass Ersetzungsklauseln zwar möglicherweise hinter dem gesetzlichen AGB-Recht zurückstehen müssen, aber jedenfalls (aus Arbeitgebersicht) nicht schaden können.
Dass Ersetzungsklauseln entgegen dieser weit verbreiteten Meinung ziemlich gefährlich sein können, zeigt das Beispiel nachvertraglicher Wettbewerbsverbote. Mit solchen Vereinbarungen verpflichten sich Arbeitnehmer, ihrem Arbeitgeber auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorübergehend keine Konkurrenz zu machen, wofür sie eine Karenzentschädigung erhalten müssen.
Gemäß § 74 Abs.2 Handelsgesetzbuch (HGB) sind solche Vereinbarungen nur verbindlich, wenn die Karenzentschädigung mindestens die Hälfte des Gesamtgehalts beträgt. Liegt sie darunter, ist das Wettbewerbsverbot unverbindlich. Dann hat der Arbeitnehmer die Wahl, ob er sich trotzdem daran halten will (dann bekommt er nur die geringe Entschädigung in vereinbarter Höhe) oder nicht (dann kann er seinem Ex-Arbeitgeber Wettbewerb machen, bekommt aber kein Geld). Ein Wettbewerbsverbot, das gar keine Geldleistung des Arbeitgebers enthält, ist nicht nur unverbindlich, sondern nichtig, d.h. sie hat gar keine Rechtswirkungen.
An dieser Stelle kommen salvatorische Klauseln ins Spiel. Sie könnten (theoretisch) dazu führen, dass Wettbewerbsverbote, die gar keine Karenzentschädigung vorsehen und daher eigentlich nichtig sind, durch wirksame Regelungen ersetzt werden. Im Ergebnis führt eine „harmlose“ salvatorische Klausel zu wirtschaftlich bedeutsamen Vertragspflichten beider Parteien, die ohne die Klausel nicht bestehen würden.
Handelsunternehmen verpflichtet Teilzeitkraft zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot ohne Karenzentschädigung, aber bei 10.000,00 EUR Vertragsstrafe
Im Streitfall hatte eine teilzeitbeschäftigte Handelskauffrau ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot unterschrieben, das ihr für die gesetzliche Höchstdauer von zwei Jahren jegliche Konkurrenz verbot. Für jeden Verstoß gegen das Verbot sollte sie 10.000,00 EUR Vertragsstrafe zahlen (bei einem Gehalt von zuletzt 1.209,38 EUR brutto). Eine Karenzentschädigung sollte sie dafür nicht bekommen. Allerdings enthielt der Vertrag folgende salvatorische Klausel:
"Sollte eine Bestimmung dieses Vertrages nichtig oder unwirksam sein, so soll dadurch der Vertrag im Übrigen in seinem rechtlichen Bestand nicht berührt werden. Anstelle der nichtigen oder unwirksamen Bestimmung soll eine angemessene Regelung gelten, die, soweit rechtlich möglich, dem am nächsten kommt, was die Vertragsparteien gewollt haben oder nach dem Sinn und Zweck dieses Vertrages gewollt hätten, sofern sie bei Abschluss dieses Vertrages die Nichtigkeit oder Unwirksamkeit bedacht hätten."
Nach Ihrem Ausscheiden zum Ende 2013 verlangte die Kauffrau Karenzentschädigung in Höhe des gesetzlichen Minimums, d.h. in Höhe von 604,69 EUR pro Monat, da sie ihrem Ex-Arbeitgeber keine Konkurrenz machte. Das Arbeitsgericht Rheine verurteilte die Arbeitgeber zur Zahlung (Urteil vom 27.11.2014, 4 Ca 1218/14) und auch das LAG Hamm hielt das Wettbewerbsverbot wegen der salvatorischen Klausel für wirksam, so dass der Arbeitgeber zahlen musste (LAG Hamm, Urteil vom 05.06.2015, 10 Sa 67/15, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 15/316 Wettbewerbsverbot ohne Gegenleistung).
BAG: Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ohne Karenzentschädigung ist auch dann nichtig, wenn der Vertrag eine salvatorische Klausel enthält
Anders als das LAG Hamm kam das BAG gestern zu dem Ergebnis, dass das Wettbewerbsverbot nichtig war. Zur Begründung heißt es dazu in der derzeit allein vorliegenden BAG-Pressemeldung:
Nachvertragliche Wettbewerbsverbote ohne jede Karenzentschädigung sind nichtig, so das BAG. In einem solchen Fall kann der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer nicht verlangen, dass er Wettbewerb unterlässt, und der Arbeitnehmer hat seinerseits keinen Anspruch auf eine Karenzentschädigung.
Daran ändern auch salvatorische Klauseln nichts. Denn Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen bei Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses sofort rechtliche Klarheit darüber haben, ob ein Wettbewerbsverbot gilt oder nicht. Die Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit eines Wettbewerbsverbots muss sich daher unmittelbar aus der Vereinbarung selbst ergeben, so die Erfurter Richter. Das ist nicht der Fall bei salvatorischen Klauseln. Bei der Anwendung solcher Klauseln sind nämlich juristische Wertungen erforderlich, da es darauf ankommt, ob die Vertragsparteien in Kenntnis der Nichtigkeit eines Wettbewerbsverbots eine wirksame Vereinbarung abgeschlossen hätten.
Mit diesem Urteil hat das BAG nicht etwa bekräftigt, dass nachvertragliche Wettbewerbsverbote ohne jeglichen Anspruch auf eine Karenzentschädigung nichtig sind, denn das gilt unbestrittenermaßen.
Vielmehr hat das BAG klargestellt, dass die verbreiteten salvatorischen Klauseln, die sich meist versteckt auf den letzten Seiten umfangreicher Verträge finden, nicht die Folge haben, dass Wettbewerbsabreden ohne Entschädigungsregelung im Ergebnis doch als Wettbewerbsvereinbarungen mit Entschädigungsregelung anzusehen und daher gültig sind.
Fazit: Auch wenn der hier zu entscheidende Streitfall zugunsten des Arbeitgebers ausgegangen ist, hat das BAG-Urteil vor allem Vorteile für Arbeitnehmer. Denn wer sich beruflich verändern möchte, sollte Klarheit darüber haben, welche neuen Arbeitgeber und/oder selbstständige Tätigkeiten erlaubt sind und welche verboten.
Hier bleibt es bei der Regel, dass ein wirksames Wettbewerbsverbot entweder eine ausdrückliche Karenzgeldregelung oder zumindest einen Verweis auf die ergänzende Geltung der §§ 74 ff. Handelsgesetzbuch (HGB) enthalten muss und/oder auf eine im Ermessen des Arbeitgebers liegende Karenzentschädigung.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.03.2017, 10 AZR 448/15 (Pressemeldung des BAG)
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.03.2017, 10 AZR 448/15
- Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 05.06.2015, 10 Sa 67/15
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag und Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)
- Handbuch Arbeitsrecht: Wettbewerbsverbot
- Arbeitsrecht aktuell: 18/032 Rücktritt vom nachvertraglichen Wettbewerbsverbot
- Arbeitsrecht aktuell: 15/316 Wettbewerbsverbot ohne Gegenleistung
- Arbeitsrecht aktuell: 14/133 Wettbewerbsklausel mit unbestimmter Karenzentschädigung
- Arbeitsrecht aktuell: 13/216 Karenzentschädigung nach Ermessen des Arbeitgebers
- Arbeitsrecht aktuell: 12/113 Wettbewerbsverbot - Anrechnung von Arbeitslosengeld auf die Karenzentschädigung?
- Arbeitsrecht aktuell: 06/07 BAG: Karenzabrede auch bei pauschalem Verweis auf HGB
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das BAG seine Entscheidungsgründe veröffentlicht. Das vollständig begründete Urteil des BAG finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 6. Februar 2018
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