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ArbG Flens­burg, Be­schluss vom 24.06.2015, 1 BV 51/14

   
Schlagworte: Betriebsrat, Bestriebsratssitzung
   
Gericht: Arbeitsgericht Flensburg
Aktenzeichen: 1 BV 51/14
Typ: Beschluss
Entscheidungsdatum: 24.06.2015
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Nachgehend:
Landesarbeitsgericht, Schleswig-Holstein, 14.01.2016, 5 TaBV 45/15,
Bundesarbeitsgericht, 22.11.2017, 7 ABR 46/16,
Bundesarbeitsgericht, 7 ABN 30/16 (anhängig)
   

Ar­beits­ge­richt Flens­burg
Kam­mer 1

Ak­ten­zei­chen: 1 BV 51/14
(Bit­te bei al­len Schrei­ben an­ge­ben!)

Verkündet am 24.06.2015

 

als Ur­kunds­be­amt. d. Geschäfts­stel­le

Be­schluss

Im Na­men des Vol­kes

 

In dem Be­schluss­ver­fah­ren mit den Be­tei­lig­ten

 

pp.

 

hat die 1. Kam­mer des Ar­beits­ge­richts Flens­burg auf die Anhörung der Be­tei­lig­ten vom 24.06.2015 durch den Di­rek­tor des Ar­beits­ge­richts ... als Vor­sit­zen­den und d. eh­ren­amt­li­chen Rich­ter ... als Bei­sit­zer und d. eh­ren­amt­li­chen Rich­ter ... als Bei­sit­zer

be­schlos­sen:

 

Der An­trag wird zurück­ge­wie­sen.


 

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Rechts­mit­tel­be­leh­rung:

Ge­gen die­sen Be­schluss kann von d. Be­teil. zu 1. durch Ein­rei­chen ei­ner Be­schwer­de­schrift Be­schwer­de ein­ge­legt wer­den.

Die Be­schwer­de muss

bin­nen ei­ner Not­frist von ei­nem Mo­nat

nach Zu­stel­lung die­ses Be­schlus­ses schrift­lich beim Lan­des­ar­beits­ge­richt Schles­wig-Hol­stein, De­li­us­s­traße 22, 24114 Kiel ein­ge­legt wer­den.

Die Ein­rei­chung ei­nes Schrift­sat­zes ist elek­tro­nisch nur mit qua­li­fi­zier­ter Si­gna­tur und nur über das EGVP wirk­sam (EGVP = Elek­tro­ni­sches Ge­richts- und Ver­wal­tungs­post­fach; www.egvp.de).

Die Be­schwer­de­schrift muss die Be­zeich­nung des Be­schlus­ses, ge­gen den die Be­schwer­de ge­rich­tet wird so­wie die Erklärung ent­hal­ten, dass ge­gen die­sen Be­schluss Be­schwer­de ein­ge­legt wer­de.

Die Be­schwer­de ist, so­fern nicht be­reits in der Be­schwer­de­schrift er­folgt,

bin­nen zwei Mo­na­ten

nach Zu­stel­lung die­ses Be­schlus­ses schrift­lich ge­genüber dem Lan­des­ar­beits­ge­richt zu be­gründen.

Die Be­schwer­de und die Be­schwer­de­be­gründung müssen von ei­nem bei ei­nem deut­schen Ge­richt zu­ge­las­se­nen Rechts­an­walt un­ter­zeich­net sein; an sei­ne Stel­le können Ver­tre­ter der Ge­werk­schaf­ten oder von Ver­ei­ni­gun­gen von Ar­beit­ge­bern oder von Zu­sam­men­schlüssen sol­cher Verbände tre­ten, wenn die­se Per­so­nen kraft Sat­zung oder Voll­macht zur Ver­tre­tung be­fugt sind und der Zu­sam­men­schluss, der Ver­band oder de­ren Mit­glie­der Par­tei sind. An die Stel­le der vor­ge­nann­ten Ver­tre­ter können auch An­ge­stell­te ei­ner ju­ris­ti­schen Per­son, de­ren An­tei­le sämt­lich im wirt­schaft­li­chen Ei­gen­tum ei­ner die­ser Or­ga­ni­sa­tio­nen ste­hen, tre­ten, so­fern die ju­ris­ti­sche Per­son aus­sch­ließlich die Rechts­be­ra­tung der Ver­bands­mit­g­lie­der ent­spre­chend de­ren Sat­zung durchführt und der Ver­band für die Tätig­keit der Be­voll­mäch­tig­ten haf­tet. Ist die Par­tei Mit­glied ei­nes Ver­ban­des oder Spit­zen­ver­ban­des, kann sie sich auch durch ei­nen Ver­tre­ter ei­nes an­de­ren Ver­ban­des oder An­ge­stell­ten ei­ner der oben ge­nann­ten ju­ris­ti­schen Per­so­nen mit ver­gleich­ba­rer Aus­rich­tung ver­tre­ten las­sen.

Mit der Be­schwer­de­schrift soll ei­ne Aus­fer­ti­gung oder be­glau­big­te Ab­schrift des an­ge­foch­te­nen Be­schlus­ses vor­ge­legt wer­den. Die Geschäfts­stel­le des Lan­des­ar­beits­ge­richts bit­tet, Schriftsätze in fünf­fa­cher Fer­ti­gung ein­zu­rei­chen.

Für d. Be­teil. zu 2. ist ge­gen die­sen Be­schluss kein Rechts­mit­tel ge­ge­ben.


 

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1.

Das Ver­fah­ren be­trifft den Vergütungs­an­spruch des Be­tei­lig­ten zu 1. als Bei­sit­zer

zwei­er Ei­ni­gungs­stel­len, die bei der Be­tei­lig­ten zu 2. ge­bil­det wur­den.

Bei der Be­tei­lig­ten zu 2. wa­ren im Jahr 2011 Ei­ni­gungs­stel­len ge­bil­det wor­den. Ei­ne be­traf das The­ma „Über­stun­den“ und ei­ne wei­te­re das The­ma „Per­so­nal­ein­satz­p­la-nung“.

Die Be­triebs­par­tei­en hat­ten sich auf die Di­rek­to­rin des Ar­beits­ge­richts N... Frau R...-S... als Vor­sit­zen­de ge­ei­nigt.

Der Be­tei­lig­te zu 1. hat an Sit­zun­gen der Ei­ni­gungs­stel­le "Über­stun­den“ am 29.08. und 23.09.2011 so­wie an ei­ner Sit­zung der Ei­ni­gungs­stel­le „Per­so­nal­ein­satz­pla­nung“ am 27.09.2011 teil­ge­nom­men.

Die Fahrt­kos­ten für die­se drei Sit­zun­gen be­tru­gen für den Be­tei­lig­ten zu 1.974,61 € und die Über­nach­tungs­kos­ten 491,00 €.

Als Ho­no­rar hat der Be­tei­lig­te zu 1. 7/10 des von der Vor­sit­zen­den der Ei­ni­gungs­s­tel­le an­ge­setz­ten Ho­no­rars be­rech­net.

 

In ei­ner Me­dia­ti­ons­ver­ein­ba­rung, die am 26.9.2011 vor dem Ar­beits­ge­richt Flens­burg im Ver­fah­ren 1 BV 42/11 ge­schlos­sen wur­de, ist u. a. fol­gen­de Re­ge­lung ent­hal­ten:

„5. Es ver­bleibt bei dem Ei­ni­gungs­stel­len­ter­min vom 27.09.2011, an dem ne­ben den Her­ren L... und R... auf Be­triebs­rats­sei­te zwei Be­triebs­rats­mit­glie­der teil­neh­men wer­den. In die­sem Ter­min wird die­se Me­dia­ti­ons­ver­ein­ba­rung vor­ge­legt.

Die wei­te­re Fort­set­zung der lau­fen­den Ei­ni­gungs­stel­len­ver­fah­ren soll im Me­dia­ti­ons­ver­fah­ren the­ma­ti­siert wer­den. Sie soll nur im Ein­ver­neh­men er­fol­gen.“

Am 18.05.2011 fand ei­ne or­dent­li­che Sit­zung des Be­triebs­ra­tes statt, zu der ge­schäfts­ord­nungs­gemäß zu 12:00 Uhr ein­ge­la­den wor­den war. Die Ta­ges­ord­nung war den Ge­la­de­nen gemäß der Geschäfts­ord­nung des Be­triebs­ra­tes 10 Ta­ge vor­her mit­ge­teilt wor­den.

 

Die­se Sit­zung fand dann tatsächlich von 14.36 Uhr bis 17.16 Uhr statt. Sie wur­de von der da­ma­li­gen Be­triebs­rats­vor­sit­zen­den B... ge­lei­tet.

 

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Die or­dent­li­che Sit­zung war ver­scho­ben wor­den, da von 10.00 Uhr bis 14.35 Uhr ei­ne außer­or­dent­li­che Sit­zung statt­fand, die von dem stell­ver­tre­ten­den Be­triebs­rats­vor­sit­zen­den H... ge­lei­tet wor­den war. Zu die­ser Sit­zung war nicht früher als ei­nen Tag vor­her und oh­ne Mit­tei­lung der Ta­ges­ord­nung ein­ge­la­den wor­den. Die Ta­ges­ord­nung wur­de zu Be­ginn der außer­or­dent­li­chen Sit­zung mit­tels Bea­mer den Teil­neh­mern na­he­ge­bracht.

Die Ta­ges­ord­nung der außer­or­dent­li­chen Sit­zung, die sei­tens des Be­tei­lig­ten zu 1. vor­ge­legt wur­de, enthält u. a. fol­gen­de Ta­ges­ord­nungs­punk­te:

„Top 22 Be­schluss des Be­triebs­rats zur An­ru­fung der Ei­ni­gungs­stel­le zum Ab­schluss ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung zum The­ma „Ar­beits­zeit im Ver­kauf“; Fest­le­gung des Vor­sit­zen­den und der Bei­sit­zer der Ei­ni­gungs­stel­le; Be­stel­lung von RA L... von der Te­le­kanz­lei Li... & Part­ner/RA K..., Herr R..., Frau B..., Herr M... als Bei­sit­zer/Ver­fah­rens­be­vollmäch­tig­ten

...

Top 38 Be­schluss des Be­triebs­rats zur An­ru­fung der Ei­ni­gungs­stel­le zum Ab­schluss ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung zum The­ma „Über­stun­den“; Fest­le­gung des Vor­sit­zen­den und der Bei­sit­zer der Ei­ni­gungs­stel­le; Be­stel­lung von RA L... von der Te­le­kanz­lei Li... & Part­ner/RA K..., Herr R..., Frau B..., Herr M... als Bei­sit-zer/Ver­fah­rens­be­vollmäch­tig­ten“

Das Pro­to­koll enthält zu dem Ta­ges­ord­nungs­punkt 22 u. a. fol­gen­den Text:

„Als Bei­sit­zer des Be­triebs­rats wer­den nach­fol­gen­de Per­so­nen be­nannt:
1. D. B..., 2. S. H. L..., 3. R. R..., 4. C. K..., 5. T. M...
Bei nied­ri­ge­rer Bei­sit­zer­an­zahl gilt die je­wei­lig oben ge­nann­te Rei­hen­fol­ge.“

Hin­sicht­lich des Ta­ges­ord­nungs­punk­tes 38 enthält das Pro­to­koll u. a. fol­gen­den Text:

„Als Bei­sit­zer des Be­triebs­rats wer­den nach­fol­gen­de Per­so­nen be­nannt:
1. D. B..., 2. S. H. L..., 3. R. R..., 4. C. K..., 5. T. M...
Bei nied­ri­ge­rer Bei­sit­zer­an­zahl gilt die je­wei­lig oben ge­nann­te Rei­hen­fol­ge.“

Als Ab­stim­mungs­er­geb­nis ist für den Ta­ges­ord­nungs­punkt 22 fest­ge­hal­ten, dass zum Zeit­punkt der Be­schluss­fas­sung 18 Be­triebs­rats­mit­glie­der an­we­send wa­ren und 16 Ja-Stim­men, kei­ne Nein-Stim­me und 2 Ent­hal­tun­gen ab­ge­ge­ben wur­den. Hin-


 

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sicht­lich des Ta­ges­ord­nungs­punk­tes 38 ist fest­ge­hal­ten, dass 19 Be­triebs­rats­mit­g­lie­der an­we­send wa­ren, 16 Ja-Stim­men, kei­ne Nein-Stim­men und 3 Ent­hal­tun­gen ab­ge­ge­ben wur­den.

 

Das Pro­to­koll enthält so­dann nach dem Ta­ges­ord­nungs­punkt 43 den Ver­merk ei­ner Pau­se von 13.06 Uhr bis 13.35 Uhr und so­dann fol­gen­den Text:

„Kei­ne Einwände der Ta­ges­ord­nung und Uhr kei­ne Einwände ge­gen die außer­or­dent­li­che Sit­zung, ein­stim­mig an­ge­nom­men (26 BR – Mit­glie­der)“

 

Der Be­tei­lig­te zu 1. be­haup­tet, dass die Teil­neh­mer an der außer­or­dent­li­chen und an der or­dent­li­chen Be­triebs­rats­sit­zung iden­tisch ge­we­sen sei­en. Die La­dung sei für bei­de Sit­zun­gen ord­nungs­gemäß er­folgt.

Er ist der Auf­fas­sung, dass in der außer­or­dent­li­chen Sit­zung hin­sicht­lich sei­ner Be­stel­lung als Bei­sit­zer der Ei­ni­gungs­stel­len ord­nungs­gemäß Be­schlüsse ge­fasst wor­den sei­en.

 

Es sei ir­re­le­vant, ob die Mit­glie­der ei­nen Tag vor­her un­ter Mit­tei­lung der kom­plet­ten Ta­ges­ord­nung ge­la­den wor­den sei­en. Nach der Recht­spre­chung des BAG, Ur­teil vom 15.04.2014, Az.: 1 ABR 2/13 (B) sei ein et­wai­ger Man­gel durch ein­stim­mi­gen Be­schluss ge­heilt wor­den. Aus dem vor­ge­leg­ten Pro­to­koll er­ge­be sich, dass 26 Be­triebs­rats­mit­glie­der - und so­mit al­le Teil­neh­mer an bei­den Sit­zun­gen - be­schlos­sen hätten, dass kei­ne Einwände ge­gen die Ta­ges­ord­nung er­ho­ben würden.

 

Der Be­tei­lig­te zu 1. be­an­tragt,

der An­trags­geg­ne­rin wird auf­ge­ge­ben, an den An­trag­stel­ler 8.129,61 EUR brut­to zzgl. Zin­sen in Höhe von 5 %-Punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 04.11.2012 zu zah­len.

 

Die Be­tei­lig­te zu 2. be­an­tragt voll­umfäng­li­che Ab­wei­sung des An­tra­ges.

 

Die Be­tei­lig­te zu 2. ist der Auf­fas­sung, dass in der Sit­zung am 18.05.2011 kein ord­nungs­gemäßer Be­triebs­rats­be­schluss ge­fasst wor­den sei.


 

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Zum ei­nen be­haup­tet die Be­tei­lig­te zu 2., dass die La­dung zur außer­or­dent­li­chen Sit­zung nicht ord­nungs­gemäß und recht­zei­tig er­folgt sei und be­strei­tet, dass dies ei­nen Tag vor­her er­folg­te. Zu­dem hätten ein­zel­ne Mit­glie­der zu der außer­or­dent­li­chen Sit­zung nicht er­schei­nen können und es hätten auch kei­ne Er­satz­mit­glie­der nachrücken können. Dar­aus sei zu erklären, war­um bei 31 Be­triebs­rats­mit­glie­dern le­dig­lich 19 bis 20 Be­triebs­rats­mit­glie­der an den Ab­stim­mun­gen teil­ge­nom­men hät­ten. Die Be­tei­lig­te zu 2. meint, dass es bei recht­zei­ti­ger Ein­la­dung kon­tro­ver­se Dis­kus­sio­nen über die Ta­ges­ord­nungs­punk­te ge­ge­ben hätte. Die Be­tei­lig­te zu 2. meint, dass auch kei­ne Hei­lung auf der Grund­la­ge der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­rich­tes er­folgt sei, da ein ge­son­der­ter Be­schluss hin­sicht­lich der Ta­ges­ord­nung nicht er­gan­gen sei. Dies hätte am An­fang der Sit­zung er­fol­gen müssen.

 

Die Be­tei­lig­te zu 2. be­strei­tet auch, dass der Be­tei­lig­te zu 1. als Bei­sit­zer der Ei­ni­gungs­stel­le tätig ge­wor­den sei. Die­ser sei viel­mehr auf­grund ei­nes Rechts zum ge­werk­schaft­li­chen Tätig­wer­den im Be­trieb bei den Ei­ni­gungs­stel­len­sit­zun­gen an­we­send ge­we­sen.

 

Aus der Me­di­ta­ti­ons­ver­ein­ba­rung er­ge­be sich nicht, dass hier­durch ein be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­ches Schuld­verhält­nis be­gründet wer­den soll­te. Außer­dem sei die Erklärung nur für den 27.09.2011 ab­ge­ge­ben wor­den.

 

2.

Der An­trag war zurück­zu­wei­sen, da er un­be­gründet ist.

 

2.1.

Der An­trag ist im Be­schluss­ver­fah­ren zulässig, da ei­ne be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­che Strei­tig­keit (Ho­no­raran­spruch gemäß § 76 a Be­trVG) han­delt, § 2a Abs. 1 Z. 1 ArbGG.

Die ört­li­che Zuständig­keit folgt aus § 82 Abs. 1 ArbGG.


 

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2.2.

Der An­trag ist un­be­gründet, da dem Be­tei­lig­ten zu 1. auf­grund des Um­stan­des, dass ein wirk­sa­mer Be­triebs­rats­be­schluss für sei­ne Be­stel­lung nicht vor­liegt, ein Ho­no­rar­an­spruch nicht zu­steht.

 

2.2.1.

Grundsätz­lich be­steht der An­spruch ei­nes ex­ter­nen Bei­sit­zers ei­ner Ei­ni­gungs­stel­le auf Vergütung gemäß § 76 a Abs. 3 Be­trVG.

Dem Be­triebs­rat steht es nämlich frei, auch ex­ter­ne Bei­sit­zer zu be­nen­nen (BAG vom 28.05.2014, 7 ABR 36/12, zi­tiert nach ju­ris).

Der Vergütungs­an­spruch setzt je­doch vor­aus, dass der Bei­sit­zer durch ei­nen wirk­sa­men Be­triebs­rats­be­schluss be­stellt wur­de (Wen­ning-Mor­gen­tha­ler, Die Ei­ni­gungs­stel­le, 6. Auf­la­ge, Sei­te 31).

 

2.2.2.

Vor­lie­gend liegt ein ord­nungs­gemäß er­gan­ge­ner Be­triebs­rats­be­schluss nicht vor, so­dass ein Ho­no­raran­spruch des Be­tei­lig­ten zu 1. nicht ge­ge­ben ist.

Zum ei­nen liegt kei­ne ord­nungs­gemäße Ein­la­dung zu der außer­or­dent­li­chen Be­triebs­rats­sit­zung vor (un­ten 2.2.2.1.) und die­ser Man­gel wur­de auch nicht wirk­sam ge­heilt (hier­zu un­ten 2.2.2.2.).

 

2.2.2.1.

Der Be­triebs­rats­vor­sit­zen­de hat gemäß § 29 Abs. 2 Satz 3. Be­trVG „die Mit­glie­der des Be­triebs­ra­tes zu den Sit­zun­gen recht­zei­tig un­ter Mit­tei­lung der Ta­ges­ord­nung zu la­den.“

Die Mit­glie­der des Be­triebs­ra­tes wur­den vor­lie­gend frühes­tens ei­nen Tag vor der Sit­zung ge­la­den.

Die Ein­la­dung zur außer­or­dent­li­chen Sit­zung war so­mit nicht "recht­zei­tig un­ter Mit­tei­lung der Ta­ges­ord­nung“ er­folgt.

Wie sich aus der vor­ge­leg­ten Ta­ges­ord­nung er­gibt, han­delt es sich samt und son­ders nicht um so eil­bedürf­ti­ge Ta­ges­ord­nungs­punk­te, dass ei­ne La­dungs­frist von

 

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ei­nem Tag noch als recht­zei­tig an­ge­se­hen wer­den könn­te. Je­doch auch dann, wenn man - was vor­lie­gend nicht er­sicht­lich ist - ei­ne Eil­bedürf­tig­keit an­neh­men woll­te, ist die La­dung oh­ne Mit­tei­lung der Ta­ges­ord­nung er­folgt. So­mit sind die not­wen­di­gen Vor­aus­set­zun­gen des § 29 Abs. 2 Satz 3 Be­trVG nicht erfüllt.

Die recht­zei­ti­ge La­dung dient da­zu, dass die Be­triebs­rats­mit­glie­der sich auf die Be­triebs­rats­sit­zung vor­be­rei­ten können. Hier­zu ist zwin­gend er­for­der­lich, dass ih­nen auch die Ta­ges­ord­nung recht­zei­tig zu­geht.

Da­mit ist fest­zu­hal­ten, dass die La­dung nicht ord­nungs­gemäß war.

Die­ser Man­gel stellt ei­nen we­sent­li­chen Ver­fah­rens­ver­s­toß dar, der grundsätz­lich zur Un­wirk­sam­keit der auf ei­ner sol­chen Sit­zung ge­fass­ten Be­schlüsse führt (BAG vom 15.04.2014, a.a.O.).

 

2.2.2.2.

Vor­lie­gend ist der Man­gel nicht ge­heilt wor­den.

Zum Zeit­punkt der hier strei­ti­gen Be­schluss­fas­sung galt noch der vom Bun­de­sar­beits­ge­richt auf­ge­stell­te Grund­satz, dass ein La­dungs­man­gel hin­sicht­lich der Ta­ges­ord­nung in Form der Ergänzung der Ta­ges­ord­nung auf der Sit­zung durch ei­nen ein­stim­mi­gen Be­schluss ge­heilt wer­den könne. Vor­aus­set­zung war je­doch, dass al­le Be­triebs­rats­mit­glie­der vollständig er­schie­nen wa­ren und ein­stim­mig der Ergänzung zu­stim­men (vgl. nur BAG vom 24.05.2006, 7 AZR 201/05, zi­tiert nach ju­ris).

Die­se Recht­spre­chung wur­de in der Ent­schei­dung vom 15.04.2014 (1 ABR 2/13 (B) a.a.O.) un­ter Auf­ga­be der frühe­ren Recht­spre­chung mo­di­fi­ziert.

Das Bun­des­ar­beits­ge­richt ver­tritt nun­mehr fol­gen­de Auf­fas­sung:

„Für die Hei­lung ei­nes Ver­fah­rens­man­gels im Sin­ne des § 29 Abs. 2 Satz 3 Be­trVG reicht es nach dem Zweck die­ser La­dungs­vor­schrift aus, dass al­le Be­triebs­rats­mit­glie­der ein­sch­ließlich er­for­der­li­cher Er­satz­mit­glie­der recht­zei­tig zur Sit­zung ge­la­den wor­den sind und die be­schlussfähig (§ 33 Abs. 2 Be­trVG) Er­schie­ne­nen auf die­ser Sit­zung ei­ne Ergänzung oder Er­stel­lung der Ta­ges­ord­nung ein­stim­mig be­sch­ließen.“ (BAG vom 15.04.2014, Rn. 35-zi­tiert nach ju­ris).

 

Die Kam­mer geht da­von aus, dass auch ei­ne sol­che, durch die neue Rechtsp­re­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts er­leich­ter­te, Hei­lung auf der außer­or­dent­li­chen

 

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Sit­zung vom 18.05.2011 nicht statt­ge­fun­den hat.

 

Zum ei­nen lässt das Bun­des­ar­beits­ge­richt of­fen, ob für die Ergänzung der Ta­ges­ord­nung ein ge­son­der­ter vor­he­ri­ger Be­schluss er­for­der­lich ist oder die­ser in­zi­dent im Rah­men der Be­schluss­fas­sung über den ergänz­ten Ta­ges­ord­nungs­punkt er­fol­gen kann.

Die Kam­mer ist der Auf­fas­sung, dass die Hei­lungsmöglich­keit eng aus­zu­le­gen ist, um Ma­ni­pu­la­tio­nen auf der Be­triebs­rats­sit­zung zu ver­mei­den. Zwar ist den be­schlussfähig Er­schie­ne­nen nun­mehr die Möglich­keit ein­geräumt, die Ta­ges­ord­nung ad hoc zu er­wei­tern. Dies setzt nach Auf­fas­sung der Kam­mer je­doch vor­aus, dass sich die er­schie­ne­nen Be­triebs­rats­mit­glie­der die­ses Ak­tes be­wusst sind. Ein sol­ches Be­wusst­sein kann nur da­durch ge­schaf­fen wer­den, dass über die Ergänzung der Ta­ges­ord­nung durch ei­nen ge­son­der­ten Be­schluss be­fun­den wird.

 

Die Kam­mer geht im Ein­klang mit der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts da­von aus, dass das Pro­to­koll ei­nen ho­hen Be­weis­wert hat (Be­schluss vom 30. Sep­tem­ber 2014,1 ABR 32/13-zi­tiert nach ju­ris).

Die Rich­tig­keit des Pro­to­kolls ist sei­tens der Be­tei­lig­ten zu 2. auch nicht qua­li­fi­ziert in­fra­ge ge­stellt wor­den.

Vor­lie­gend ist ein sol­cher Be­schluss vor Ab­stim­mung über die Ta­ges­ord­nungs­punk­te 22 und 38 nicht er­folgt, son­dern al­len­falls, was un­ten noch wei­ter aus­geführt wer­den wird, nach der Pau­se und nach dem Ta­ges­ord­nungs­punkt 43.

Je­doch auch dann, wenn man ei­ne in­zi­den­te Be­schluss­fas­sung über die Er­wei­te­rung der Ta­ges­ord­nung in der Ab­stim­mung über die Ta­ges­ord­nungs­punk­te 22 und 38 se­hen und zu­las­sen woll­te, ist die­se nicht ein­stim­mig er­gan­gen, da sich zwei bzw. drei Be­triebs­rats­mit­glie­der der Stim­me ent­hal­ten ha­ben.

 

Der nach der Pau­se ge­fass­te Be­schluss konn­te den Man­gel nach Auf­fas­sung der Kam­mer nicht hei­len, da er erst nachträglich er­gan­gen ist. Aus den aus­geführ­ten Gründen ist es je­doch er­for­der­lich, dass der Hei­lungs­be­schluss hin­sicht­lich der Ta­ges­ord­nung vor Ab­stim­mung über den je­wei­li­gen er­wei­ter­ten Ta­ges­ord­nungs­punkt ge­fasst wird.


 

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Soll­te man an­neh­men - die­ser Rechts­auf­fas­sung folgt die Kam­mer nicht - , dass ein sol­cher Hei­lungs­be­schluss auch nachträglich er­fol­gen kann, so ist hier fest­zu­stel­len, dass sich dem Pro­to­koll nicht ein­deu­tig ent­neh­men lässt, dass die Ta­ges­ord­nung hin­sicht­lich der zu­vor ab­ge­han­del­ten Punk­te nachträglich ergänzt wer­den soll­te. Das Pro­to­koll lässt auch die Aus­le­gung zu, dass sich der Be­schluss le­dig­lich auf die noch fol­gen­den Punk­te er­streckt.

 

Aus der Me­dia­ti­ons­ver­ein­ba­rung vom 26.09.2011 er­gibt sich nichts an­de­res, da dort kein Vergütungs­an­spruch ge­re­gelt wur­de und er­sicht­lich auch nicht be­ab­sich­tigt war, et­wai­ge Mängel in der Be­schluss­fas­sung des Be­triebs­ra­tes zu hei­len. Zu­dem ist der Me­dia­ti­ons­ver­ein­ba­rung nicht zu ent­neh­men, in wel­cher Rol­le der Be­tei­lig­te zu 1. für den Be­triebs­rat in der Ei­ni­gungs­stel­le agie­ren soll­te.

 

Aus all­dem er­gibt sich, dass ei­ne Hei­lung des La­dungs­man­gels hin­sicht­lich der Ta­ges­ord­nung nicht statt­ge­fun­den hat, so­dass ein ord­nungs­gemäßer Be­schluss des Be­triebs­ra­tes hin­sicht­lich der Be­stel­lung des Be­tei­lig­ten zu 1. als Bei­sit­zer der Ei­ni­gungs­stel­le nicht vor­liegt. Des­halb ist auch ein Ho­no­raran­spruch nicht ge­ge­ben. Hier­aus er­gibt sich das Er­for­der­nis der Zurück­wei­sung des An­tra­ges.

 

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