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VG Düs­sel­dorf, Ur­teil vom 09.03.2005, 26 K 8353/04

   
Schlagworte: Diskriminierung: Sexuelle Identität, Besoldung, Eingetragene Lebenspartnerschaft, Lebenspartner
   
Gericht: Verwaltungsgericht Düsseldorf
Aktenzeichen: 26 K 8353/04
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 09.03.2005
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: nachgehend:
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25.07.2006, 1 A 1368/05,
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 06.05.2008, 2 BvR 1830/06
   

Ver­wal­tungs­ge­richt Düssel­dorf, 26 K 8353/04


Te­nor:  Die Kla­ge wird auf Kos­ten des Klägers ab­ge­wie­sen. 
  Das Ur­teil ist hin­sicht­lich der Kos­ten vorläufig voll­streck­bar. Der Kläger darf die Voll­stre­ckung durch Si­cher­heits­leis­tung in Höhe von 110% des bei­zu­trei­ben­den Be­tra­ges ab­wen­den, wenn nicht die Be­klag­te zu­vor Si­cher­heit in glei­cher Höhe leis­tet.


Tat­be­stand:

Der am 00.0.1958 ge­bo­re­ne Kläger ist Be­am­ter im Diens­te der be­klag­ten Stadt. Am 21. Ju­li 2004 hat er mit Herrn G. H. vor dem Stan­des­be­am­ten des Stan­des­am­tes L gemäß § 1 Abs. 1 Le­bens­part­ner­schafts­ge­setz (LPartG) die Le­bens­part­ner­schaft be­gründet. Un­ter Be­ru­fung hier­auf be­an­trag­te er bei der Be­klag­ten mit Schrei­ben vom 27. Ju­li 2004 die Gewährung von Fa­mi­li­en­zu­schlag, was die­se mit Schrei­ben vom 5. Au­gust 2004 ab lehn­te. Den Wi­der­spruch des Klägers wies die Be­klag­te mit Wi­der­spruchs­be­scheid vom 9. De­zem­ber 2004 zurück.

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Am 29. De­zem­ber 2004 hat der Kläger Kla­ge er­ho­ben und die­se in der Fol­ge­zeit wei­ter be­gründet. Der Kläger be­an­tragt,

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die Be­klag­te un­ter Auf­he­bung ih­rer Be­schei­de vom 5. Au­gust 2004 und vom 9. De­zem­ber 2004 zu ver­pflich­ten, ihm an­trags­gemäß den Fa­mi­li­en­zu­schlag der Stu­fe 1 nach § 40 Abs. 1 BBesG zu gewähren und Zin­sen aus dem zu zah­len­den Be­trag in Höhe von 5 Pro­zent über dem Ba­sis­dis­kont­satz nach § 1 des Dis­kont­satzüber­lei­tungs­ge­setz seit Rechtshängig­keit zu zah­len.

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Die Be­klag­te be­an­tragt, 5

die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

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We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des Sach- und Streit­stan­des wird ergänzend Be­zug ge­nom­men auf den In­halt der Ge­richts­ak­te so­wie des bei­ge­zo­ge­nen Ver­wal­tungs­vor­gan­ges der Be­klag­ten.

 

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Ent­schei­dungs­gründe:

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Die Ent­schei­dung er­geht durch den Ein­zel­rich­ter und oh­ne münd­li­che Ver­hand­lung, auf die die Be­tei­lig­ten übe­rein­stim­mend ver­zich­tet ha­ben.

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Die zulässi­ge Kla­ge ist un­be­gründet. Der Be­scheid der Be­klag­ten ist rechtmäßig und ver­letzt den Kläger nicht in sei­nen Rech­ten (vgl. § 113 Abs. 5 Vw­GO). Der Kläger hat kei­nen An­spruch

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auf Gewährung ei­nes Fa­mi­li­en­zu­schla­ges der Stu­fe 1. Zur Be­gründung wird gemäß § 117 Abs. 5 Vw­GO auf die Gründe der an­ge­foch­te­nen Be­schei­de Be­zug ge­nom­men, de­nen das er­ken­nen­de Ge­richt folgt.

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Vgl. Ver­wal­tungs­ge­richt Düssel­dorf, Ge­richts­be­scheid vom 4. Ju­ni 2003 26 K 6075/02 - seit dem 17. De­zem­ber 2004 rechts­kräftig durch Nicht­zu­las­sungs­be­schluss des OVG NW, 6 A 3280/03 .

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Ergänzend ist fest­zu­hal­ten: Der be­haup­te­te An­spruch er­gibt sich nicht aus § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG. Hier­nach wird der Fa­mi­li­en­zu­schlag der Stu­fe 1 nur an "ver­hei­ra­te­te" Be­am­te ge­zahlt, die ei­ne Ehe im Sin­ne von Ar­ti­kel 6 Abs. 1 GG mit ei­nem Part­ner des je­weils an­de­ren Ge­schlechts ge­schlos­sen ha­ben.

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Vgl. nur Sch­weg­mann/Sum­mer/San­der, Bun­des­be­sol­dungs­ge­setz, Kom­men­tar (Stand: 1. De­zem­ber 2002), § 40 Rd­nr. 5.

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Ei­ne ein­ge­tra­ge­ne Le­bens­part­ner­schaft nach den Vor­schrif­ten des LPartG ist "kei­ne Ehe i.S. von Art. 6 I GG", son­dern "ein ali­ud zur Ehe".

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Vgl. Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt, Ur­teil vom 17. Ju­li 2002 1 BvF 1/01, 2/01 , NJW 2002 S. 2543 (2548 und 2549).

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Ein ent­spre­chen­der An­spruch auf Zah­lung ei­nes Fa­mi­li­en­zu­schla­ges er­gibt sich auch nicht aus den Vor­schrif­ten des LPartG. Das Nicht­be­ste­hen ei­ner ent­spre­chen­den ge­setz­li­chen Vor­schrift bzw. ei­nes sol­chen An­spruchs verstößt auch we­der ge­gen das be­son­de­re Dis­kri­mi­nie­rungs­ver­bot des Art. 3 Abs. 3 GG noch ge­gen den all­ge­mei­nen Gleich­heits­satz des Art. 3 Abs. 1 GG. Le­bens­part­ner­schaf­ten nach dem LPartG müssen schon des­halb nicht in je­der Be­zie­hung ei­ner Ehe nach Ar­ti­kel 6 Abs. 1 GG gleich ge­stellt wer­den, weil nur für die Ehe ein ver­fas­sungs­recht­li­cher Auf­trag zur Förde­rung be­steht.

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Vgl. Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt, a.a.O., S. 2548.

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Be­reits dies recht­fer­tigt die (ge­ringfügi­ge) Bes­ser­stel­lung ver­hei­ra­te­ter Be­am­ter im oben ge­nann­ten Sin­ne im Ver­gleich zu sol­chen, die ei­ne Le­bens­part­ner­schaft im Sin­ne des LPartG be­gründet ha­ben. In der jet­zi­gen Rechts­la­ge liegt im Übri­gen auch kein Ver­s­toß ge­gen die Richt­li­nie 2000/78/EG des Ra­tes vom 27. No­vem­ber 2000 (Amts­blatt der Eu­ropäischen Ge­mein­schaf­ten vom 2. De­zem­ber 2000 (L 303/16)) zur Fest­le­gung ei­nes all­ge­mei­nen Rah­mens für die Ver­wirk­li­chung der Gleich­be­hand­lung in Beschäfti­gung und Be­ruf. Ins­be­son­de­re er­kennt das Ge­richt we­der ei­ne un­mit­tel­ba­re noch ei­ne mit­tel­ba­re Dis­kri­mi­nie­rung des Klägers (und sei­nes Part­ners) auf Grund des sach­li­chen Un­ter­schei­dungs­kri­te­ri­ums ei­ner Ehe nach Art. 6 Abs. 1 GG und ei­ner ein­ge­tra­ge­nen Le­bens­part­ner­schaft nach dem LPartG.

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Die vom Kläger an­ge­spro­che­ne Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts, 19

vgl. Ur­teil vom 29. April 2004 6 AZR 101/03 ,

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zum Bun­des­an­ge­stell­ten­ta­rif (BAT) kann nicht auf die spe­zi­al­ge­setz­li­chen be­am­ten- und be­sol­dungs­recht­li­chen Vor­schrif­ten über­tra­gen wer­den. Mit Rück­sicht auf die bis­lang sämt­lich ge­schei­ter­ten Ge­set­zes­in­itia­ti­ven, die Le­bens­part­ner­schaft be­sol­dungs­recht­lich der Ehe gleich zu stel­len, liegt un­ge­ach­tet al­ler wei­te­ren Un­ter­schie­de zwi­schen Ta­rif­recht ei­ner­seits und Be­sol­dungs­recht an­de­rer­seits be­reits kei­ne un­be­wuss­te, durch rich­ter­li­che Ana­lo­gie ausfüllungsfähi­ge Re­ge­lungslücke vor.

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Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 154 Abs. 1 Vw­GO; die Ent­schei­dung über die vorläufi­ge Voll­streck­bar­keit folgt aus § 167 VwG() i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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Rechts­mit­tel­be­leh­rung: 23

Ge­gen die­ses Ur­teil kann in­ner­halb ei­nes Mo­nats nach Zu­stel­lung des vollständi­gen Ur­teils bei dem Ver­wal­tungs­ge­richt Düssel­dorf (Bas­ti­ons­traße 39, 40213 Düssel­dorf oder

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Post­fach 20 08 60, 40105 Düssel­dorf) die Zu­las­sung der Be­ru­fung be­an­tragt wer­den. Der An­trag muss das an­ge­foch­te­ne Ur­teil be­zeich­nen.

24

In­ner­halb von zwei Mo­na­ten nach Zu­stel­lung des vollständi­gen Ur­teils sind die Gründe dar­zu­le­gen, aus de­nen die Be­ru­fung zu­zu­las­sen ist.

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Die Be­ru­fung ist nur zu­zu­las­sen, 26

1. wenn ernst­li­che Zwei­fel an der Rich­tig­keit des Ur­teils be­ste­hen,

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2. wenn die Rechts­sa­che be­son­de­re tatsächli­che oder recht­li­che Schwie­rig­kei­ten auf­weist,

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3. wenn die Rechts­sa­che grundsätz­li­che Be­deu­tung hat,

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4. wenn das Ur­teil von ei­ner Ent­schei­dung des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts für das Land Nord­rhein-West­fa­len, des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts, des Ge­mein­sa­men Se­nats der Obers­ten Ge­richtshöfe des Bun­des oder des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts ab­weicht und auf die­ser Ab­wei­chung be­ruht oder

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5. wenn ein der Be­ur­tei­lung des Be­ru­fungs­ge­richts un­ter­lie­gen­der Ver­fah­rens­man­gel gel­tend ge­macht wird und vor­liegt, auf dem die Ent­schei­dung be­ru­hen kann.

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Die Be­gründung ist, so­weit sie nicht be­reits mit dem An­trag vor­ge­legt wor­den ist, bei dem Ober­ver­wal­tungs­ge­richt für das Land Nord­rhein-West­fa­len (Ae­gi­dii­kirch­platz 5, 48143 Müns­ter oder Post­fach 6309, 48033 Müns­ter) ein­zu­rei­chen.

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Über den An­trag ent­schei­det das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt für das Land Nord­rhein-West­fa­len. 33

Bei der An­trag­stel­lung und Zu­las­sungs­be­gründung muss sich je­der Be­tei­lig­te durch ei­nen Rechts­an­walt oder Rechts­leh­rer an ei­ner deut­schen Hoch­schu­le im Sin­ne des Hoch­schul­rah­men­ge­set­zes mit Befähi­gung zum Rich­ter­amt als Be­vollmäch­tig­ten ver­tre­ten las­sen. Ju­ris­ti­sche Per­so­nen des öffent­li­chen Rechts und Behörden können sich auch durch Be­am­te oder An­ge­stell­te mit Befähi­gung zum Rich­ter­amt so­wie Di­plom­ju­ris­ten im höhe­ren Dienst, Ge­bietskörper­schaf­ten auch durch Be­am­te oder An­ge­stell­te mit Befähi­gung zum Rich­ter­amt der zuständi­gen Auf­sichts­behörde oder des je­wei­li­gen kom­mu­na­len Spit­zen­ver­ban­des des Lan­des, dem sie als Mit­glied zu­gehören, ver­tre­ten las­sen (§ 67 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 Vw­GO). Auf die be­son­de­ren Re­ge­lun­gen in § 67 Abs. 1 Sätze 4 bis 7 Vw­GO wird hin­ge­wie­sen.

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Die An­trags­schrift und die Zu­las­sungs­be­gründungs­schrift sol­len möglichst drei­fach ein­ge­reicht wer­den.

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Korf­ma­cher 36

Be­schluss:

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Der Streit­wert wird auf 4.105,92 Eu­ro fest­ge­setzt.

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Gründe:

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Die Fest­set­zung des Streit­wer­tes ist nach § 52 Abs. 3 GKG i.d.F. des KostRMoG vom 05.05.2004 er­folgt.

 

 

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