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ARBEITSRECHT
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ENTSCHEIDUNGSREPORT FÜR DIE BETRIEBLICHE PRAXIS 10|2022

Update Arbeitsrecht 10|2022 vom 18.05.2022

Leitsatzreport

LAG Baden-Württemberg: Wirksamkeit von Freiwilligkeitsvorbehalten in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB)

Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 10.01.2022, 9 Sa 66/21

§§ 133; 151; 307 Abs. 1 Satz 2; 315; 611a Abs.2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

Leitsatz des Gerichts:

Ein in AGB vereinbarter vertraglicher Freiwilligkeitsvorbehalt ist nur dann wirksam, wenn er ausdrücklich darauf hinweist, dass spätere Individualabreden über vertraglich nicht geregelte Gegenstände oder über Sonderzuwendungen nicht vom Freiwilligkeitsvorbehalt erfasst werden (im Anschluss an BAG, Urteil vom 14. September 2011 – 10 AZR 526/10, Rn. 38 - 40; anders LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 12. Oktober 2021 - 11 Sa 33/21, S. 17 der Gründe).

Hintergrund:

In dem Arbeitsvertrag eines Angestellten fand sich ein Freiwilligkeitsvorbehalt, der einseitig vom Arbeitgeber vorformuliert war und daher zu den arbeitsvertraglichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) gehörte. Der Vorbehalt lautete: „Die Zahlung von Sonderzuwendungen insbesondere von Weihnachts- und/ oder Urlaubsgeld liegt im freien Ermessen des Arbeitgebers und begründet keinen Rechtsanspruch für die Zukunft, auch wenn die Zahlung mehrfach und ohne ausdrücklichen Vorbehalt der Freiwilligkeit erfolgt.“ Außerdem enthielten die arbeitsvertraglichen AGB folgende Schriftformklausel: „Mündliche Nebenabreden bestehen nicht. Änderung und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.“ Nachdem der Arbeitgeber von 2015 bis 2019 jeweils im Juni ein Urlaubsgeld in Höhe von zuletzt 1.522,50 EUR brutto und im November ein Weihnachtsgeld in Höhe von zuletzt 1.540,00 EUR brutto ohne Vorbehalt an den Arbeitnehmer gezahlt hatte, blieben diese Zahlungen im Jahr 2020 aus. Daher klagte der Arbeitnehmer auf die Gesamtsumme von 3.062,50 EUR brutto für 2020, hatte damit aber vor dem Arbeitsgericht Villingen-Schwenningen zunächst keinen Erfolg (Urteil vom 23.09.2021, 1 Ca 234/21). Das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg entschied dagegen zu seinen Gunsten. Das LAG ließ die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) zu, wo der Fall inzwischen liegt (Aktenzeichen des BAG: 10 AZR 109/22).

Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 10.01.2022, 9 Sa 66/21

 

Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag und allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) - Schriftformklausel

Handbuch Arbeitsrecht: Betriebliche Übung

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