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HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

ArbG Nürn­berg, Ur­teil vom 04.09.2014, 10 Ca 2110/13

   
Schlagworte: Weisungsrecht, Krankheit
   
Gericht: Arbeitsgericht Nürnberg
Aktenzeichen: 10 Ca 2110/13
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 04.09.2014
   
Leitsätze:
Vorinstanzen:
   

Ar­beits­ge­richt Nürn­berg

Im Na­men des Vol­kes

EN­DURTEIL

In dem Rechts­streit

- Kläge­rin -

Pro­zess­be­vollmäch­tig­te/r:

ge­gen

- Be­klag­te -

Pro­zess­be­vollmäch­tig­te/r:

 

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hat die 10. Kam­mer des Ar­beits­ge­richts Nürn­berg auf Grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 4. Sep­tem­ber 2014 durch den Rich­ter am Ar­beits­ge­richt und die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter

für Recht er­kannt:

1. Das Versäum­nis­ur­teil des Ar­beits­ge­richts Nürn­berg vom 13.02.2014 bleibt zum Teil auf­recht­er­hal­ten, nämlich so­weit die Kla­ge ab­ge­wie­sen wur­de im Hin­blick auf die gel­tend ge­mach­te Lohn­ansprüche für April 2013, Mai 2013, Ju­ni 2013, Ju­li 2013 so­wie Au­gust 2013, so­wie im Hin­blick auf den gel­tend ge­mach­ten Wei­ter­beschäfti­gungs­an­trag.

2. Im übri­gen wird das Versäum­nis­ur­teil des Ar­beits­ge­richt Nürn­berg vom 13.02.2014 auf­ge­ho­ben und fest­ge­stellt, dass we­der die or­dent­li­che Kündi­gung vom 20.03.2013 noch die or­dent­li­che Kündi­gung vom 14.05.2013 das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis be­en­det hat.

3. Von den Kos­ten des Rechts­streits trägt die Kla­ge­par­tei die durch ih­re Säum­nis ver­ur­sach­ten Kos­ten, so­wie 6/11 der Kos­ten des Rechts­streits. Die Be­klag­te trägt 5/11 der Kos­ten des Rechts­streits.

4. Der Streit­wert wird auf € 28.886,-- fest­ge­setzt.

5. Ei­ne ge­son­der­te Zu­las­sung der Be­ru­fung er­folgt nicht.

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten über die Wirk­sam­keit zwei­er Ar­beit­ge­berkündi­gun­gen. Darüber hin­aus macht die Kläge­rin Zah­lungs­ansprüche gel­tend und be­gehrt Wei­ter­beschäfti­gung.

 

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von EUR 2.600,- an­ge­stellt. Bei der Be­klag­ten sind in der Re­gel mehr als zehn Ar­beit­neh­mer aus­sch­ließlich der zur Be­rufs­bil­dung Beschäftig­ten beschäftigt.

Mit Schrei­ben vom 20.03.2013 hat die Be­klag­te ge­genüber der Kläge­rin ei­ne or­dent­li­che Kündi­gung zum 31.05.2013 erklärt. An die­ser Kündi­gung möch­te die Be­klag­te nicht mehr fest­hal­ten. Mit Schrei­ben vom 14.05.2013 erklärte die Be­klag­te ei­ne wei­te­re or­dent­li­che Kündi­gung zum 31.07.2013, die der Kläge­rin am 14.05.2013 zu­ge­gan­gen ist.

Die Kläge­rin hat­te für den Zeit­raum 18.03.2013 bis 22.03.2013 Ur­laub be­an­tragt, der ihr nicht ge­neh­migt wor­den ist.

Die Kläge­rin war im Zeit­raum vom 20.03.2013 zunächst bis zum 12.04.2014, da­nach noch­mals bis zum 30.06.2013 ar­beits­unfähig krank ge­schrie­ben. Auch nach dem 30.06.2013 ist die Kläge­rin nicht mehr zur Ar­beit er­schie­nen.

Mit Schrei­ben vom 23.08.2013 bot die Be­klag­te der Kläge­rin ein Pro­zess­ar­beits­verhält­nis an. Hier­auf re­agier­te die Kläge­rin nicht.

Die Be­klag­te mahn­te die Kläge­rin we­gen un­ent­schul­dig­ten Feh­lens am 19.03.2013 schrift­lich ab. Die Be­klag­te er­hielt zwei wei­te­re Ab­mah­nun­gen we­gen Nich­t­er­schei­nens zum Per­so­nal­gespräch am 06.05.2013, so­wie we­gen Nich­t­er­schei­nens zum Per­so­nal­gespräch am 30.04.2013.

Mit Schrei­ben vom 07.05.2013 lud die Be­klag­te die Kläge­rin er­neut zu ei­nem Per­so­nal­gespräch am 10.05.2013, 12.00 Uhr, zu dem die Kläge­rin nicht er­schie­nen ist. Dar­auf­hin erklärte die Be­klag­te die streit­ge­genständ­li­che Kündi­gung vom 14.05.2013.

Mit ih­rer Kla­ge vom 28.03.2013, ein­ge­gan­gen beim Ar­beits­ge­richt Nürn­berg am 02.04.2013 und der Be­klag­ten zu­ge­stellt am 08.04.2013, wen­det sich die Kläge­rin ge­gen die Kündi­gung vom 20.03.2013. Mit Kla­ge­er­wei­te­rung vom 29.05.2013, ein­ge­gan­gen beim Ar­beits­ge­richt Nürn­berg am sel­ben Ta­ge und den Be­klag­ten­ver­tre­tern zu­ge­stellt am 03.06.2013 wen­det sich die Kläge­rin ge­gen die Kündi­gung vom 14.05.2013 und macht Ent­gelt­fort­zah­lung im Krank­heits­fall für April 2013 gel­tend.

Mit wei­te­rer Kla­ge­er­wei­te­rung vom 20.06.2013, ein­ge­gan­gen beim Ar­beits­ge­richt Nürn­berg am sel­ben Ta­ge und den Be­klag­ten­ver­tre­tern zu­ge­stellt am 26.06.2013, macht die Kläge­rin wei­ter Lohn­ansprüche für Mai 2013 gel­tend.

 

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Mit wei­te­rer Kla­ge­er­wei­te­rung vom 14.08.2013, ein­ge­gan­gen beim Ar­beits­ge­richt Nürn­berg am sel­ben Ta­ge und den Be­klag­ten­ver­tre­tern zu­ge­stellt am 16.08.2013, macht die Kläge­rin wei­ter Lohn­ansprüche für Ju­ni und Ju­li 2013 gel­tend.

Mit wei­te­rer Kla­ge­er­wei­te­rung vom 30.09.2013, ein­ge­gan­gen beim Ar­beits­ge­richt Nürn­berg am sel­ben Ta­ge und den Be­klag­ten­ver­tre­tern zu­ge­stellt am 08.10.2013, macht die Kläge­rin wei­ter Lohn­ansprüche für Au­gust 2013 gel­tend.

In der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 13.02.2014 er­ging kla­ge­ab­wei­sen­des Versäum­nisur-teil, das den Kläger­ver­tre­tern am 18.02.2014 zu­ge­stellt wor­den ist und ge­gen das die­se mit Schrift­satz vom 25.02.2014, ein­ge­gan­gen am sel­ben Ta­ge beim Ar­beits­ge­richt Nürn­berg, Ein­spruch ein­ge­legt ha­ben.

Die Kläge­rin ist der Auf­fas­sung, dass die streit­ge­genständ­li­chen Kündi­gun­gen so­zi­al nicht ge­recht­fer­tigt und da­mit un­wirk­sam sei­en, da ein Kündi­gungs­grund nicht vor­lie­ge. Da­bei sei­en die aus­ge­spro­che­nen Ab­mah­nun­gen der Be­klag­ten un­be­acht­lich. Die Kläge­rin ha­be am 18.03. und 19.03.2013 nicht un­ent­schul­digt ge­fehlt, son­dern tatsächlich für die Be­klag­te ge­ar­bei­tet und zwar in Ho­me­of­fice, die sei­tens der Be­klag­ten üblich und ge­neh­migt sei. Dies fol­ge ins­be­son­de­re aus ei­ner Email des Geschäftsführers der Be­klag­ten an die Kläge­rin vom 18.03.2013. Gleich­wohl könne recht­lich da­hin­ste­hen, ob die Kläge­rin an ge­nann­ten Ta­gen un­ent­schul­digt ge­fehlt hat­te, da die­se Ab­mah­nung je­den­falls nicht ein­schlägig sei für den Kündi­gungs­grund der Kündi­gung vom 14.05.2013. So­weit die Be­klag­te der Kläge­rin in­so­weit vor­wer­fe, wie­der­holt nicht an Per­so­nal­gesprächen teil­ge­nom­men zu ha­ben, sei der Kläge­rin ei­ne Pflicht­ver­let­zung nicht vor­zu­wer­fen. In­so­weit sei die Kläge­rin auf­grund ih­rer Ar­beits­unfähig­keit nicht in der La­ge ge­we­sen, an ei­nem Per­so­nal­gespräch teil­zu­neh­men: Auch sei­en die In­hal­te des be­ab­sich­tig­ten Gespräches nicht recht-zei­tig mit­ge­teilt wor­den. In­so­weit sei ins­be­son­de­re auch die Ab­mah­nung we­gen Nich­t­er­schei­nens zum Per­so­nal­gespräch am 06.05.2013 un­wirk­sam.

Im Hin­blick auf die gel­tend ge­mach­ten Zah­lungs­ansprüche sei die Kläge­rin ent­ge­gen der Be­haup­tung der Be­klag­ten auch nicht leis­tungs­un­wil­lig ge­we­sen, so dass ihr Ent­gelt­fort­zah­lung im Krank­heits­fall zu­ste­he. Dies fol­ge ins­be­son­de­re aus dem Um­stand, dass die Kläge­rin am 18.03. und 19.03 2013 tatsächlich ge­ar­bei­tet ha­be. Ab 20.03.2013 sei die Kläge­rin an­sch­ließend er­krankt. Auch das Be­gehr der Kläge­rin vom 18.03.2013 auf Ge-

 

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währung von Ur­laub, das die Be­klag­te ab­ge­lehnt ha­be, ste­he dem nicht ent­ge­gen. Auch das an­ge­bo­te­ne Pro­zess­ar­beits­verhält­nis ha­be die Kläge­rin nicht an­neh­men müssen.

Die Kläge­rin be­an­tragt zu­letzt:

I. Das Versäum­nis­ur­teil des Ar­beits­ge­richts Nürn­berg vom 13.02.2014, Az. 10 Ca 2110/13, wird auf­ge­ho­ben

II. Es wird fest­ge­stellt, dass die or­dent­li­che Kündi­gung der Be­klag­ten vom 20.03.2013 das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en nicht be­en­det hat.

III. Es wird fest­ge­stellt, dass die or­dent­li­che Kündi­gung der Be­klag­ten vom 14.05.2013 das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en nicht be­en­det hat.

IV. Es wird fest­ge­stellt, dass das Ar­beits­verhält­nis auch nicht durch an­de­re Be­en­di­gungs­tat­bestände en­det, son­dern auf un­be­stimm­te Zeit fort­be­steht.

V. Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an die Kläge­rin ei­nen Be­trag in Höhe von € 2.626,00 brut­to zzgl. Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem je­wei­li­gen Ba­sis­zins­satz seit Rechtshängig­keit (Lohn für April 2013) zu be­zah­len.

VI. Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an die Kläge­rin ei­nen Be­trag in Höhe von € 2.626,00 brut­to zzgl. Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem je­wei­li­gen Ba­sis­zins­satz seit Rechtshängig­keit (Lohn für Mai 2013) zu be­zah­len.

VII. Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an die Kläge­rin ei­nen Be­trag in Höhe von € 2.626,00 brut­to zzgl. Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem je­wei­li­gen Ba­sis­zins­satz seit Rechtshängig­keit (Lohn für Ju­ni 2013) zu be­zah­len.

VIII. Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an die Kläge­rin ei­nen Be­trag in Höhe von € 2.626,00 brut­to zzgl. Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem je­wei­li­gen Ba­sis­zins­satz seit Rechtshängig­keit (Lohn für Ju­li 2013) zu be­zah­len.

IX. Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an die Kläge­rin ei­nen Be­trag in Höhe von € 2.626,00 brut­to zzgl. Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem je­wei­li­gen Ba­sis­zins­satz seit Rechtshängig­keit (Lohn für Au­gust 2013) zu be­zah­len.

X. Im Fal­le des Ob­sie­gens mit dem An­trag zu I. und II. wird die Be­kla­ge ver­ur­teilt, die Kläge­rin bis zum rechts­kräfti­gen Ab­schluss des Kündi­gungs­schutz­ver­fah­rens zu un­veränder­ten ar­beits­ver­trag­li­chen Be­din­gun­gen als Be­ra­te­rin zu ei­nem mo­nat­li­chen Brut­to­ge­halt in Höhe von € 2.626,00 zu beschäfti­gen.

 

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XI. Die Be­klag­te trägt die Kos­ten des Rechts­streits.

Die Be­klag­te be­an­tragt:

Die Kla­ge wird ab­ge­wie­sen

Die Be­klag­te ist der Auf­fas­sung, dass die Kündi­gung vom 14.05.2013 das Ar­beits­verhält­nis zum 31.07.2013 be­en­det ha­be. An der Kündi­gung vom 20.03.2013 wer­de nicht mehr fest­ge­hal­ten. Grund für die Kündi­gung vom 14.05.2013 sei, dass die Kläge­rin ent­ge­gen ih­rer ar­beits­ver­trag­li­chen Ver­pflich­tung nicht am Per­so­nal­gespräch vom 10.05.2014 teil­ge­nom­men ha­be. Auf­grund der vor­aus­ge­gan­ge­nen Ab­mah­nun­gen sei die Kündi­gung so­zi­al ge­recht­fer­tigt. Krank­heits­be­ding­te Ar­beits­unfähig­keit be­deu­te nicht, dass auch die Teil­nah­me an ei­nem Per­so­nal­gespräch nicht möglich sei. Die An­ord­nung des Per­so­nal­gesprächs während der Ar­beits­unfähig­keit sei vom Di­rek­ti­ons­recht des Ar­beit­ge­bers ge­deckt. Die Kläge­rin sei recht­zei­tig, am 07.05.2013, zu dem für den 10.05.2013, 12.00 Uhr vor­ge­se­he­nen Gespräch ein­ge­la­den wor­den. Die­ses Schrei­ben (An­la­ge A 10) ha­be auch den aus­drück­li­chen Hin­weis ent­hal­ten, dass im Fal­le der Nicht­teil­nah­me am Per­so­nal­gespräch die Kläge­rin mit ar­beits­recht­li­chen Kon­se­quen­zen bis hin zur Kündi­gung rech­nen müsse. Die Be­klag­te be­strei­tet mit Nicht­wis­sen, dass die Kläge­rin an die­sem Gespräch krank­heits­be­dingt nicht teil­neh­men konn­te. Die Be­klag­te ha­be auch nicht von der Kläge­rin er­war­tet, am 10.05.2Ö14 ih­re ar­beits­ver­trag­li­che Tätig­keit auf­zu­neh­men.

Zu den gel­tend ge­mach­ten Zah­lungs­ansprüchen ist die Be­klag­te der Auf­fas­sung, dass sol­che nicht be­ste­hen. Die Kläge­rin sei be­reits vor der ärzt­lich at­tes­tier­ten Ar­beits­unfähig­keit leis­tungs­un­wil­lig ge­we­sen. Die Be­klag­te be­strei­tet, dass die Kläge­rin am 18.03. und 19.02.2013 für die Be­klag­te ge­ar­bei­tet ha­be. In­so­weit rügt die Be­klag­te den Vor­trag der Kläge­rin als un­sub­stan­ti­iert, da die­se kei­ner­lei Ausführun­gen darüber er­brin­ge, was sie kon­kret am 18.03.2013 und 19.03.2013 ge­ar­bei­tet ha­ben will. Ins­be­son­de­re be­strei­tet die Be­klag­te, dass der Kläge­rin Ho­me­of­fice ge­neh­migt wor­den sei. Für den 19.03.2013 ha­be die Kläge­rin auch kei­ner­lei An­trag auf Ge­neh­mi­gung von Ho­me­of­fice ge­stellt. Viel­mehr stel­le sich der Sach­ver­halt so dar, dass die Kläge­rin nach dem nicht ge­neh­mig­ten Ur­laub zunächst un­ent­schul­digt fehl­te und sich an­sch­ließend krank schrei­ben ließ. Dies sei ein-

 

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deu­ti­ges In­diz für die Leis­tungs­un­wil­lig­keit der Kläge­rin. Gestützt wer­de dies ins­be­son­de­re aus der Email der Kläge­rin vom 18.03.2013 (An­la­ge A 12), in der die Kläge­rin mit­teil­te, dass sie Zeit brau­che, um das or­dent­lich zu über­den­ken. Auch dar­in, dass die Kläge­rin die An­nah­me des Pro­zess­ar­beits­verhält­nis­ses ver­wei­gert ha­be, sei ein In­diz für de­ren Leis­tungs­un­wil­lig­keit zu se­hen. Die Be­klag­te be­strei­tet die kon­kre­ten Ar­beits­unfähig­keits­zei­ten der Kläge­rin nach Ab­lauf der Kündi­gungs­frist mit Nicht­wis­sen.

We­gen des wei­te­ren Vor­tra­ges der Par­tei­en und den Ein­zel­hei­ten des Sach- und Streit­stan­des wird gemäß §§ 46 Abs.2 ArbGG, 495 Abs. 1, 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO auf die ge­wech­sel­ten Schriftsätze nebst An­la­gen und die Sit­zungs­pro­to­kol­le Be­zug ge­nom­men.

Ent­schei­dungs­gründe

Der zulässi­ge Ein­spruch ge­gen das Versäum­nis­ur­teil vom 13.02.2014 ist zum Teil be­gründet, wes­halb das Versäum­nis­ur­teil le­dig­lich zum Teil auf­recht zu er­hal­ten war. Die bei­den streit­ge­genständ­li­chen Kündi­gun­gen sind un­wirk­sam. Zah­lungs­ansprüche der Kläge­rin be­ste­hen nicht.

I.

Der gemäß § 338 ZPO statt­haf­te und form­ge­recht (§ 340 ZPO) ein­ge­leg­te Ein­spruch vom 25.02.2014 ge­gen das Versäum­nis­ur­teil vom 13.02.2014, das den Kläger­ver­tre­tern ge­gen Emp­fangs­be­kennt­nis am 18.02.2014 zu­ge­stellt wor­den ist, er­folg­te frist­ge­recht in­ner­halb der Wo­chen­frist des § 59 Satz 1 ArbGG. Der Ein­spruch ist zulässig. Rechts­fol­ge des zulässi­gen Ein­spruchs ist die Rück­ver­set­zung des Pro­zes­ses gemäß § 342 ZPO.

 

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II.

Der Rechts­weg zu den Ar­beits­ge­rich­ten ist gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 a) und b) ge­ge­ben. Das Ar­beits­ge­richt Nürn­berg ist ört­lich zuständig, da die Be­klag­te hier ih­ren Sitz hat, §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 12,17 ZPO. Die Kla­ge ist zulässig.

III.

Die Kla­ge ist nur be­gründet, so­weit sie sich ge­gen die bei­den or­dent­li­chen Ar­beit­ge­berkündi­gun­gen vom 20.03.2013 und 14.05.2013 rich­tet (1). Die gel­tend ge­mach­ten Zah­lungs­ansprüche be­ste­hen nicht (2). Auch der gel­tend ge­mach­te Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruch be­steht nicht (3).

1. So­wohl die Kündi­gung vom 20.03.2013, als auch die Kündi­gung vom 14.05.2013 sind so­zi­al nicht ge­recht­fer­tigt und da­mit un­wirk­sam, § 1 Abs. 1, Abs. 2 KSchG.

a) Die Kläge­rin setz­te sich je­weils recht­zei­tig in­ner­halb der Drei­wo­chen­frist des § 4 Satz 1 KSchG ge­gen die Kündi­gun­gen zur Wehr. Ge­gen die Kündi­gung vom 20.03.2013 er­hob die Kläge­rin am 02.04.2013 Kündi­gungs­schutz­kla­ge, ge­gen die Kündi­gung vom 14.05.2013 mit Kla­ge­er­wei­te­rung vom 29.05.2013.

b) Das Kündi­gungs­schutz­ge­setz ist vor­lie­gend an­wend­bar, da die Be­klag­te un­strei­tig mehr als 10 Ar­beit­neh­mer i.S.d. § 23 Abs. 1 KSchG beschäftigt und die Kläge­rin zum Zeit­punkt der Kündi­gung länger als sechs Mo­na­te bei der Be­klag­ten beschäftigt war, § 1 Abs. 1 KSchG.

c) Die Kündi­gung vom 20.03.2013 ist so­zi­al nicht ge­recht­fer­tigt und da­mit un­wirk­sam. Die Be­klag­te selbst möch­te an die­ser Kündi­gung nicht mehr fest­hal­ten. Dem­ent­spre­chend hat sie kei­ne Tat­sa­chen vor­ge­tra­gen, die zur Recht­fer­ti­gung die­ser Kündi­gung her­an­ge­zo­gen wer­den könn­ten. Da­her ist da­von aus­zu­ge­hen, dass die­se Kündi­gung so­zi­al nicht ge­recht­fer­tigt und da­mit un­wirk­sam ist, § 1 Abs. 1, Abs. 2 KSchG.

 

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d) Doch auch die or­dent­li­che Kündi­gung vom 14.05.2013 zum 31.07.2013 ist so­zi­al nicht ge­recht­fer­tigt und da­mit un­wirk­sam, § 1 Abs.1, Abs. 2 KSchG. Zur Be­gründung die­ser Kündi­gung be­ruft sich die Be­klag­te dar­auf, dass die Kläge­rin ent­ge­gen der An­wei­sung der Be­klag­ten vom 07.05.2013 am 10.05.2013 um 12.00 Uhr nicht zum Per­so­nal­gespräch er­schie­nen ist. Mit­hin be­ruft sich die Be­klag­te auf ver­hal­tens­be­ding­te Gründe iSd § 1 Abs. 2 KSchG.

aa) Ei­ne Kündi­gung ist aus Gründen im Ver­hal­ten des Ar­beit­neh­mers gemäß § 1 Abs. 2 KSchG so­zi­al ge­recht­fer­tigt, wenn der Ar­beit­neh­mer sei­ne Ver­trags­pflich­ten er­heb­lich ver­letzt hat, das Ar­beits­verhält­nis da­durch auch künf­tig kon­kret be­ein­träch­tigt wird, ei­ne zu­mut­ba­re Möglich­keit ei­ner an­de­ren, ei­ne wei­te­re Störung zu­verlässig aus­sch­ließen­de Beschäfti­gung nicht be­steht und die Lösung des Ar­beits­verhält­nis­ses in Abwägung der In­ter­es­sen bei­der Ver­trags­tei­le bil­li­gens­wert und an­ge­mes­sen er­scheint (BAG v. 28.10.2010 — 2 AZR 293/09).

Für die ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung gilt das Pro­gno­se­prin­zip. Ei­ne ne­ga­ti­ve Pro­gno­se liegt vor, wenn aus der kon­kre­ten Ver­trags­pflicht­ver­let­zung und der dar­aus re­sul­tie­ren­den Ver­tragsstörung ge­schlos­sen wer­den kann,-der Ar­beit­neh­mer wer­de auch künf­tig den Ar­beits­ver­trag nach ei­ner Kündi­gungs­an­dro­hung er­neut in glei­cher oder ähn­li­cher Wei­se ver­let­zen. Des­halb setzt die Kündi­gung we­gen ei­ner Ver­trags­pflicht­ver­let­zung re­gelmäßig ei­ne vor­aus­ge­gan­ge­ne ein­schlägi­ge Ab­mah­nung vor­aus. Liegt ei­ne ord­nungs­gemäße Ab­mah­nung vor und ver­letzt der Ar­beit­neh­mer er­neut sei­ne Ar­beits­ver­trags­pflich­ten, kann re­gelmäßig da­von aus­ge­gan­gen wer­den, es wer­de auch zukünf­tig zu wei­te­ren Ver­tragsstörun­gen kom­men. Außer­dem ist die Ab­mah­nung als mil­de­res Mit­tel in An­wen­dung des Verhält­nismäßig­keits­grund­sat­zes ei­ner Kündi­gung vor­zu­zie­hen, wenn durch de­ren Aus­spruch das Ziel der ord­nungs­gemäßen Ver­trags­erfüllung er­reicht wer­den kann.

Dem­ent­spre­chend ist die Ab­mah­nung re­gelmäßig Wirk­sam­keits­vor­aus­set­zung für ei­ne ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung (st. Rspr, vgl. et­wa BAG Urt. v. 31.05.2007, 2 AZR 200/06).

bb) Un­ter Zu­grun­de­le­gung vor­ste­hen­der Grundsätze ist die Kam­mer der Auf­fas­sung, dass vor­lie­gend kein aus­rei­chen­der Kündi­gungs­grund vor­liegt, die die Auflösung des

 

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Ar­beits­verhält­nis­ses un­ter Abwägung der In­ter­es­sen bei­der Ver­trags­tei­le als bil­li­gens­wert und an­ge­mes­sen er­schei­nen lässt. Zwar be­ruft sich die Be­klag­te in ih­ren Schriftsätzen auf ver­schie­de­ne Ab­mah­nun­gen, die ge­genüber der Kläge­rin aus­ge­spro­chen wa­ren. Ins­be­son­de­re wären in­so­weit die un­ter An­la­ge A 5 und A 8 vor­ge­leg­ten Ab­mah­nun­gen als ein­schlägig an­zu­se­hen, da der Kläge­rin dort je­weils ihr Nich­t­er­schei­nen zu ei­nem Per­so­nal­gespräch am 30.04.2013 (An­la­ge A 8) so­wie am 06.05.2013 (An­la­ge A 5) vor­ge­wor­fen wor­den ist. Je­doch war die Kläge­rin nach Auf­fas­sung der Kam­mer nicht zur Teil­nah­me an die­sen Per­so­nal­gesprächen ver­pflich­tet. Ei­ne sol­che Ver­pflich­tung konn­te sich nur aus dem Di­rek­ti­ons­recht des Ar­beit­ge­bers, § 106 Satz 1 Ge­wO, er­ge­ben, wenn die je­wei­li­ge Wei­sung zur Teil­nah­me bil­li­gem Er­mes­sen ent­sprach, § 106 Satz 3 Ge­wO. Dies war je­doch nicht der Fall.

Un­strei­tig war die Kläge­rin im Zeit­raum vom 20.03.2013 bis 30.06.2013 ar­beits­unfähig er­krankt. Aus­weis­lich der un­ter An­la­gen K 7 und K 8 vor­ge­leg­ten Emails der Kläge­rin so­wie ih­rer Rechts­anwältin an die Be­klag­te, war die Kläge­rin bei dem für den 30.04.2013 vor­ge­se­he­nen Per­so­nal­gespräch auch nicht un­ent­schul­digt. Viel­mehr wur­de am 29.04.2013 aus­weis­lich der Email in An­la­ge K 8 dar­auf hin­ge­wie­sen dass
die Kläge­rin ge­sund­heit­lich nicht in der La­ge sei, den Ter­min wahr­zu­neh­men. Auch wur­de um Mit­tei­lung ge­be­ten, was denn im Per­so­nal­gespräch ge­nau be­spro­chen wer­den soll­te.

Glei­ches gilt für die Ab­mah­nung we­gen Feh­lens am Ter­min 06.05.2010 (An­la­ge A 5). Auch hier ließ sich die Kläge­rin aus­weis­lich der recht­zei­tig über­sand­ten Email vom 03.05.2010 (An­la­ge K 10) recht­zei­tig we­gen Krank­heit ent­schul­di­gen. Auch ist in­so­weit die sehr kurz­fris­ti­ge An­be­rau­mung des Gesprächs durch Schrei­ben vom 02.05.2013 (An­la­ge K 9), das die Kläge­rin erst am 03.05.2013 er­hal­ten hat­te und zwar oh­ne Mit­tei­lung von zu be­spre­chen­den The­men, zu berück­sich­ti­gen.

Der Kam­mer ist im Hin­blick auf bei­de Ab­mah­nun­gen auch nicht nach­voll­zieh­bar, wes­halb an­ge­sichts des Um­stan­des, dass die Kläge­rin oh­ne­hin noch krank ge­schrie­ben war - letzt­lich un­strei­tig bis zum 30.06.2013 - das Per­so­nal­gespräch drin­gend während der Ar­beits­unfähig­keit statt­fin­den muss­te und wes­halb ein Zu­war­ten mit die­sem Gespräch nicht bis zur Ge­sun­dung der Kläge­rin möglich ge­we­sen sein soll­te. Die­ser Um­stand ist im Hin­blick auf die Bil­lig­keitsprüfung der Ausübung des ar­beit­ge­ber­sei­ti­gen Di­rek­ti­ons­rechts nach § 106 Ge­wO je­doch be­acht­lich.

 

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Ins­ge­samt hält die Kam­mer da­her die bei­den ein­schlägi­gen Ab­mah­nun­gen nicht für ge­recht­fer­tigt. Die Kläge­rin war ar­beits­unfähig krank ge­schrie­ben und fehl­te je­weils nicht un­ent­schul­digt. Umstände für ei­ne be­son­de­re Eil­bedürf­tig­keit des Per­so­nal­gesprächs sind nicht er­sicht­lich. Ein Pflicht­ver­s­toß der Kläge­rin be­steht nicht. Ein Ar­beit­neh­mer ist nicht ver­pflich­tet, zu jed­we­dem Gespräch dem Ar­beit­ge­ber zur Verfügung zu ste­hen (BAG 23.06.2009 — 2 AZR 606/08). Dies gilt um­so mehr für Zei­ten der Ar­beits­unfähig­keit.

So­weit die Be­klag­te die Kläge­rin we­gen un­ent­schul­dig­ten Feh­lens am 18.03. und 19.03.2013 ab­ge­mahnt hat­te, ist die­se Ab­mah­nung nicht kündi­gungs­re­le­vant, da sie nicht ein­schlägig ist. Die Kläge­rin fehl­te am 10.05.2013 nicht un­ent­schul­digt.

Zu dem­sel­ben Er­geb­nis ge­langt die Kam­mer im Hin­blick auf den Kündi­gungs­vor­wurf der Nicht­teil­nah­me am Per­so­nal­gespräch vom 10.05.2014. Auch dies­bezüglich er­scheint es der Kam­mer zwei­fel­haft, ob die Wei­sung zur Teil­nah­me an die­sem Gespräch trotz Ar­beits­unfähig­keit der Kläge­rin bil­li­gem Er­mes­sen iSd § 106 Ge­wO ent­spricht. Dem­ent­spre­chend dürf­te schon kei­ne Pflicht­ver­let­zung der Kläge­rin vor­lie­gen. Je­den­falls wäre die Auflösung des Ar­beits­verhält­nis­ses nach Abwägung der bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen je­doch nicht bil­li­gens­wert und an­ge­mes­sen. Dies vor al­lem des­halb, da für die Kam­mer nicht er­sicht­lich ist, wes­halb die­ses Per­so­nal­gespräch dring­lich ge­we­sen sein soll. Der Ter­min vom 10.05.2013 mit der oh­ne­hin letzt­lich bis min­des­tens En­de Ju­ni 2013 ar­beits­unfähig krank ge­schrie­be­nen Kläge­rin hätte leicht ver­scho­ben wer­den können, oh­ne dass der Be­klag­ten hier­aus Nach­tei­le ent­stan­den wären. An­ge­sichts des Um­stan­des, dass auch die bei­den vor­he­ri­gen Ab­mah­nun­gen we­gen Nich­t­er­schei­nens zum Per­so­nal­gespräch un­wirk­sam wa­ren, ist kein aus­rei­chen­des bil­li­gens­wer­tes In­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers an ei­ner Auflösung des Ar­beits­verhält­nis­ses im Hin­blick auf die Kündi­gung vom 14.05.2013 er­kenn­bar. Da­mit ist die­se Kündi­gung so­zi­al nicht ge­recht­fer­tigt und un­wirk­sam.

2. Die sei­tens der Kläge­rin gel­tend ge­mach­ten Zah­lungs­ansprüche be­ste­hen nicht. In­so­weit ist für die Kam­mer schon nicht er­sicht­lich, wor­aus die gel­tend ge­mach­ten Zah­lungs­ansprüche fol­gen sol­len. In­so­weit liegt le­dig­lich im Hin­blick auf die Kla­ge­er­wei­te­rung vom 29.05.2013 Sach­vor­trag vor, dass der Zah­lungs­an­spruch für April 2013 in

 

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Höhe von EUR 2.626,- brut­to als Ent­gelt­fort­zah­lung im Krank­heits­fall gel­tend ge­macht wird, § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG, da die Kläge­rin im April 2013 ar­beits­unfähig er­krankt ge­we­sen sei. Für die in den Kla­ge­er­wei­te­run­gen vom 20.06.2013, 14.08.2013 so­wie 30.09.2013 wur­den le­dig­lich pau­schal und oh­ne nähe­re Be­gründung oder Sach­vor­trag Ansprüche für die Mo­na­te Mai bis ein­sch­ließlich Au­gust in Höhe von je­weils EUR 2.626,- brut­to kla­ge­wei­se gel­tend ge­macht. Mit ge­richt­li­chem Be­schlüssen vom 02.04.2014 (BI. 174 d.A.) und vom 30.04.2014 (BI. 193 d.A.) er­folg­ten ent­spre­chen­de Hin­wei­se an die Kla­ge­par­tei. Trotz die­ser Hin­wei­se mit Schrift­satz­frist hier­zu hat die Kla­ge­par­tei kei­nen wei­te­ren Sach­vor­trag ge­lie­fert, wor­aus die gel­tend ge­mach­ten Zah­lungs­ansprüche für Mai 2013 bis Au­gust 2013 fol­gen sol­len. Ins­be­son­de­re wäre in­so­weit auch zu berück­sich­ti­gen, dass die Kläge­rin un­strei­tig bis ein­sch­ließlich 30.06.2013 ar­beits­unfähig krank war und Ent­gelt­fort­zah­lung gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG le­dig­lich bis zur Dau­er von ma­xi­mal 6 Wo­chen ge­schul­det ist.

Da­her kommt vor­lie­gend le­dig­lich Ent­gelt­fort­zah­lung im Krank­heits­fall für die Dau­er von sechs Wo­chen ab Be­ginn der Ar­beits­unfähig­keit (20.03.2013) in Be­tracht, mit­hin bis zum 02.05.2013. Nach Auf­fas­sung der Kam­mer ist je­doch auch die­ser An­spruch vor­lie­gend nicht ge­ge­ben. Zwar war die Kläge­rin in­so­weit un­strei­tig ar­beits­unfähig krank. Je­doch kann sich die Be­klag­te zu Recht dar­auf be­ru­fen, dass der Kläge­rin be­reits vor dem 20.03.2013 der er­for­der­li­che Leis­tungs­wil­le fehl­te. Da­her war die Kläge­rin nicht in­fol­ge der Ar­beits­unfähig­keit durch Krank­heit an ih­rer Ar­beits­leis­tung ver­hin­dert, was je­doch Vor­aus­set­zung für den An­spruch gemäß § 3 Abs.1 Satz 1 EFZG ist. Dies folgt für die Kam­mer dar­aus, dass die Kläge­rin be­reits vor ih­rer Ar­beits­unfähig­keit am 18.03.2013 und 19.03.2013 un­ent­schul­digt ge­fehlt hat­te. Zwar be­haup­tet die Kläge­rin in­so­weit, dass sie an die­sen Ta­gen für die Be­klag­te im Ho­me­of­fice ge­ar­bei­tet ha­be. Die Be­klag­te hat dies je­doch be­strit­ten. Da­her wäre es an der Kläge­rin ge­we­sen, sub­stan­ti­iert vor­zu­tra­gen, was sie in wel­chem zeit­li­chen Um­fang an ge­nann­ten Ta­gen für die Be­klag­te ge­ar­bei­tet ha­ben will. Trotz ent­spre­chen­den Hin­wei­ses durch das Ge­richt im Be­schluss vom 30.04.2014 (BI. 193 d.A.) hat die Kla­ge­par­tei kei­nen wei­te­ren Sach­vor­trag er­bracht. Da­mit ist der Vor­trag der Be­klag­ten, die Kläge­rin ha­be an ge­nann­ten Ta­gen nicht ge­ar­bei­tet, zu­ge­stan­den. Dem­nach fehl­te die Kläge­rin be­reits vor ih­rer Ar­beits­unfähig­keit un­ent­schul­digt. Da­hin­ste­hen kann in­so­weit, ob bei der Be­klag­ten die Ar­beit in Ho­me­of­fice üblich, bzw. im Hin­blick auf die Kläge­rin ge­neh­migt

 

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war. Denn die Kläge­rin un­ter­ließ es in­so­weit, vor­zu­tra­gen, was kon­kret sie in Ho­me­of­fice ge­ar­bei­tet ha­ben will.

Für die An­nah­me der Leis­tungs­un­wil­lig­keit ist für die Kam­mer wei­ter maßgeb­lich, dass die Kläge­rin ge­ra­de für den re­le­van­ten Zeit­raum vom 18.03.2013 bis 22.03.2013 Ur­laub be­an­tragt hat­te. Die­ser Ur­laub wur­de von der Be­klag­ten un­strei­tig nicht ge­neh­migt. Statt ih­re Ar­beit dann ent­spre­chend ih­rer ar­beits­ver­trag­li­chen Ver­pflich­tung am 18.03.2013 an­zu­tre­ten, fehl­te die Kläge­rin statt des­sen un­ent­schul­digt. Erst ab 20.03.2013 ließ sie sich ar­beits­unfähig krank schrei­ben. Ge­ra­de die­ser Zu­sam­men­hang mit dem nicht ge­neh­mig­ten Ur­laub legt für die Kam­mer den feh­len­den Leis­tungs­wil­len na­he.

Die­ses Er­geb­nis wird noch durch das Ver­hal­ten der Kläge­rin im Pro­zess gestützt. Trotz An­ord­nung des persönli­chen Er­schei­nens der Kläge­rin zu den Kam­mer­ter­mi­nen er­schien die­se nicht. Die Rechts­ver­tre­ter der Kläge­rin teil­ten in der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 13.02.2014 (BI. 161 d.A.) aus­weis­lich des Sit­zungs­pro­to­kolls mit, dass sie die Kläge­rin letzt­ma­lig im Herbst 2013 spre­chen konn­ten und seit­dem trotz ent­spre­chen­der Ver­su­che kei­nen Kon­takt mehr zur Kläge­rin hat­ten. Auch dies legt für die Kam­mer na­he, dass der Kläge­rin we­der am Aus­gang des Pro­zes­ses noch an der Wei­ter­beschäfti­gung bei der Be­klag­ten ge­le­gen war. Auch die Tat­sa­che, dass die Kläge­rin das ihr mit Schrei­ben vom 23.08.2013 an­ge­bo­te­ne Pro­zess­ar­beits­verhält­nis ab­ge­lehnt hat­te, stützt die­se An­nah­me.

Dem­ent­spre­chend schei­det vor­lie­gend ein An­spruch aus § 3 Abs.1 Satz 1 EFZG aus.

3. Der gel­tend ge­mach­te Wei­ter­beschäfti­gungs­an­spruch be­steht eben­falls nicht. Zwar wa­ren die bei­den streit­ge­genständ­li­chen Kündi­gun­gen un­wirk­sam. Je­doch war die Kläge­rin nach vor­ste­hen­den Fest­stel­lun­gen be­reits vor dem 20.03.2013 leis­tungs­un­wil­lig. Bis heu­te ist nicht er­kenn­bar, dass sich sei­tens der Kläge­rin hier­an et­was geändert hat, was sich ins­be­son­de­re auch in der Nicht­an­nah­me des Pro­zess­ar­beits­verhält­nis­ses zeigt. Ein vor Aus­spruch ei­ner Kündi­gung leis­tungs­un­wil­li­ger Ar­beit­neh­mer muss ei­nen wie­der ge­fass­ten Leis­tungs­wil­len nach außen ge­genüber dem Ar­beit­ge­ber kund­tun. Da­zu reicht ein „Lip­pen­be­kennt­nis" nicht aus. Viel­mehr ist es re­gelmäßig er­for­der­lich, den neu ge­won­ne­nen Leis­tungs­wil­len im Rah­men des Zu­mut­ba­ren durch ein tatsächli­ches Ar­beits­an­ge­bot zu do­ku­men­tie­ren (BAG 22.02.2012 — 5 .AZR 249/11). Die Kläge­rin hielt es da­ge­gen noch nicht ein­mal für not­wen­dig, der Auf­for­de-

 

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rung zum persönli­chen Er­schei­nen zu den Ge­richts­ter­mi­nen zu fol­gen. Ein tatsächli­ches Ar­beits­an­ge­bot an die Be­klag­te hat die Kläge­rin nicht er­bracht. Dem­ent­spre­chend be­steht kein An­spruch auf Wei­ter­beschäfti­gung.

lV.

Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 92 Abs.1, 95 ZPO. Die Be­klag­te un­ter­lag mit den bei­den Kündi­gun­gen, die Kläge­rin mit ih­ren Zah­lungs­ansprüchen, so­wie dem Wei­ter­beschäfti­gungs­an­trag. Die Säum­nis­kos­ten hat die Kläge­rin zu tra­gen.

Die Streit­wert­fest­set­zung be­ruht auf § 61 Abs. 1 ArbGG. Die Ent­schei­dung über die Zu­las­sung der Be­ru­fung be­ruht auf § 64 Abs. 3 a) ArbGG. Ei­ne ge­son­der­te Zu­las­sung der Be­ru­fung war nicht ver­an­lasst. Bei­de Sei­ten können nach Maßga­be fol­gen­der Rechts­mit­tel­be­leh­rung Be­ru­fung ein­le­gen.

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