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ARBEITSRECHT AKTUELL // 01/01

Kein An­spruch auf "Wunsch­for­mel" im Zeug­nis

Bun­des­ar­beits­ge­richt be­grenzt Zeug­nis­an­spruch: Bun­des­ar­beits­ge­richt, Ur­teil vom 20.02.2001, 9 AZR 44/00
Zeugnis mit Stempel, Datum und Unterschrift Kön­nen Zeug­nis­se auch oh­ne Wunsch­for­mel gut sein?
13.03.2001. Wohl­wol­len­de Zeug­nis­se en­den im­mer öf­ter mit ei­ner ab­schlie­ßen­den "Dan­kens- und Be­dau­ern­sor­mel", in der dem Ar­beit­neh­mer für die ge­leis­te­te Ar­beit ge­dankt wird, man sein Aus­schei­den be­dau­ert und ihm für sei­nen wei­te­ren be­ruf­li­chen und pri­va­ten Le­bens­weg al­les Gu­te wünscht.

Das Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG) hat kürz­lich über die Fra­ge ent­schie­den, ob der Ar­beit­neh­mer ei­ne sol­che ab­schlie­ßen­de For­mu­lie­rung von Rechts we­gen be­an­spru­chen kann oder ob der Ar­beit­ge­ber frei dar­über ent­schei­den kann, ob er ein Zeug­nis mit oder oh­ne ei­ne sol­che For­mel er­tei­len möch­te (BAG, Ur­teil vom 20.02.2001, 9 AZR 44/00).

Kein gu­tes Zeug­nis oh­ne ab­sch­ließen­de Wunsch- und Dan­kes­for­mel?

Es hat sich seit lan­gem ein­gebürgert, dem Ar­beit­neh­mer im letz­ten Ab­satz ei­nes Zeug­nis­ses für die ge­leis­te­te Ar­beit zu dan­ken, ggf. sein Aus­schei­den zu be­dau­ern und ihm für die Zu­kunft gu­te Wünsche mit auf den Weg zu ge­ben.

Frag­lich und zwi­schen ver­schie­de­nen Au­to­ren und Ge­rich­ten um­strit­ten ist aber, ob der Ar­beit­neh­mer von Rechts we­gen be­an­spru­chen kann, daß die­se Dan­kes-, Be­dau­erns- und Wunsch­for­mel in das Ar­beits­zeug­nis auf­ge­nom­men wird - oder ob der Ar­beit­ge­ber die­se Fra­ge nach sei­nem Gus­to ent­schei­den kann.

Nach ver­brei­te­ter Einschätzung fällt es je­den­falls ne­ga­tiv auf, wenn die­se For­mel am En­de des Zeug­nis­ses fehlt. Da­mit ist die Fra­ge auf­ge­wor­fen, ob das Feh­len ei­ner sol­chen Schluss­for­mel als recht­lich un­zulässi­ges "Ge­heim­zei­chen" an­ge­se­hen wer­den kann. Zu die­sen Fra­gen hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG) mit Ur­teil vom 20.01.2001 (9 AZR 44/00) Stel­lung ge­nom­men. 

Der Streit­fall: Ar­beit­neh­mer mit Zeug­nis­no­te "gut" klagt auf ergänzen­de Wunsch- und Dan­kes­for­mel

Die Kläge­rin be­gehrt Ergänzung des ihr er­teil­ten Ar­beits­zeug­nis­ses vom Ar­beit­ge­ber. In dem er­teil­ten und von der Kläge­rin be­an­stan­de­ten Ar­beits­zeug­nis wird Führung und Leis­tung be­ur­teilt und ihr be­schei­nigt, sie ha­be die über­tra­ge­nen Auf­ga­ben im­mer zu­verlässig und ge­wis­sen­haft zur volls­ten Zu­frie­den­heit erfüllt.

Die Kläge­rin be­an­stan­de­te das Zeug­nis als un­vollständig und ver­lang­te, fol­gen­de Schlußfor­mel auf­zu­neh­men: "Wir be­dau­ern ihr Aus­schei­den und dan­ken ihr für die stets gu­te Zu­sam­men­ar­beit. Für die Zu­kunft wünschen wir Frau H. al­les Gu­te und wei­ter­hin viel Er­folg."

Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat zwar ei­nen An­spruch der Kläge­rin auf ei­ne Erklärung des Ar­beit­ge­bers, ihr Aus­schei­den wer­de be­dau­ert, ver­neint. Al­ler­dings hielt es den Ar­beit­ge­ber für recht­lich ver­pflich­tet, der Kläge­rin al­les Gu­te zu wünschen. Der Ar­beit­ge­ber hätte der Kläge­rin außer­dem im Zeug­nis für die stets gu­te Zu­sam­men­ar­beit zu dan­ken.

BAG: Kei­ne recht­li­che Pflicht des Ar­beit­ge­bers, dem Ar­beit­neh­mer im Zeug­nis al­les Gu­te zu wünschen und ihm zu dan­ken

Das Bun­des­ar­beits­ge­richt hat zu­guns­ten des Ar­beit­ge­bers ent­schie­den und auf sei­ne Re­vi­si­on hin das Ur­teil des LAG auf­ge­ho­ben. Zur Be­gründung heißt es:

Schlußfor­meln würden in Zeug­nis­sen zwar viel­fach ver­wen­det. Ein An­spruch hier­auf be­ste­he aber nicht. Nach § 630 BGB wie auch nach an­de­ren ge­setz­li­chen Vor­schrif­ten über das Zeug­nis ha­be der Ar­beit­ge­ber dem Ar­beit­neh­mer bei Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses ein Zeug­nis über Art und Dau­er des Ar­beits­verhält­nis­ses so­wie über Führung und Leis­tung zu er­tei­len. Die von der Kläge­rin be­gehr­te Schlußfor­mel be­tref­fe aber we­der ih­re Führung noch ih­re Leis­tung. Sie gehöre da­her nicht zu dem ge­setz­lich be­stimm­ten Min­des­tin­halt ei­nes Zeug­nis­ses.

Außer­dem sei das Zeug­nis so zu for­mu­lie­ren, daß es aus sich her­aus verständ­lich sei. Es dürfe des­halb kei­ne "Ge­heim­zei­chen" ent­hal­ten, aus de­nen sich ei­ne Dis­tan­zie­rung des Ar­beit­ge­bers vom Zeug­nis­text er­ge­be. Das Feh­len ei­ner Schlußfor­mel ist nach An­sicht des Bun­des­ar­beits­ge­richts je­doch kein sol­ches "Ge­heim­zei­chen".

Die­se Re­spre­chung ist auf die seit dem 01.01.2003 gel­ten­de und - an­ders als die bis­he­ri­gen, in vie­len Ge­set­zen ver­streu­ten Vor­schrif­ten - für al­le Ar­beit­neh­mer­grup­pen glei­cher­maßen maßgeb­li­che Neu­re­ge­lung des Zeug­nis­an­spruchs in § 109 Ge­wO zu über­tra­gen, da die­se ge­setz­li­che Re­ge­lung an dem bis­he­ri­gen Rechts­zu­stand nichts ändern, son­dern die­sen nur fest­schrei­ben soll­te.

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Letzte Überarbeitung: 1. November 2018

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