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ARBEITSRECHT AKTUELL // 09/189

Än­de­rungs­kün­di­gung: Ver­ständ­lich­keit des Än­de­rungs­an­ge­bots

Än­de­rungs­kün­di­gung: "We­ni­ger" ist manch­mal doch nicht "Mehr": Ar­beits­ge­richt Düs­sel­dorf, Ur­teil vom 02.06.2009, 7 Ca 1010/09
Bildsymbol Treppe abwärts Mit ei­ner Än­de­rungs­kün­di­gung geht es oft "ab­wärts" für be­trof­fe­ne Ar­beit­neh­mer
15.10.2009. Will ein Ar­beit­ge­ber den Ar­beits­ver­trag än­dern und lässt sich der Ar­beit­neh­mer dar­auf nicht ein, kann er ei­ne Än­de­rungs­kün­di­gung aus­spre­chen. In die­sem Fall er­klärt er ei­ne Kün­di­gung, lässt dem Ar­beit­neh­mer aber gleich­zei­tig die Wahl, das Ar­beits­ver­hält­nis zu ge­än­der­ten Ar­beits­be­din­gun­gen fort­zu­set­zen.

Das Ar­beits­ge­richt Düs­sel­dorf hat­te vor kur­zem zu ent­schei­den, wann ein Än­de­rungs­an­ge­bot im Rah­men ei­ner Än­de­rungs­kün­di­gung aus­rei­chend be­stimmt ist, al­so wie ge­nau die neue Tä­tig­keit des Ar­beit­neh­mers in dem Än­de­rungs­an­ge­bot be­schrie­ben wer­den muss: Ar­beits­ge­richt Düs­sel­dorf, Ur­teil vom 02.06.2009, 7 Ca 1010/09.

War­um spielt bei ei­ner Ände­rungskündi­gung das Ände­rungs­an­ge­bot die ent­schei­den­de Rol­le?

Wer vom Ar­beit­ge­ber ei­ne Ände­rungskündi­gung be­kommt, kann auf je­den Streit ver­zich­ten und hat dann die Wahl, ob er die vor­ge­schla­ge­nen Ver­tragsände­run­gen ein­fach ak­zep­tiert oder ach­sel­zu­ckend sei­nen Hut nimmt, d.h. zu ei­nem an­de­ren Ar­beit­ge­ber wech­selt oder sich ar­beits­los mel­det. Wer sich mit der Ände­rungskündi­gung nicht ab­fin­den möch­te, kann das Ände­rungs­an­ge­bot ab­leh­nen und ge­gen die Kündi­gung Kündi­gungs­schutz­kla­ge er­he­ben, ris­kiert da­bei aber den Ver­lust sei­nes Ar­beits­plat­zes, falls er den Pro­zess ver­liert. Für vie­le Ar­beit­neh­mer ist es da­her am bes­ten, von der Möglich­keit des § 2 Kündi­gungs­schutz­ge­setz (KSchG) Ge­brauch zu ma­chen.

Das be­deu­tet, dass man das Ände­rungs­an­ge­bot un­ter dem Vor­be­halt an­nimmt, dass die vom Ar­beit­ge­ber vor­ge­schla­ge­ne Ände­rung der Ar­beits­be­din­gun­gen so­zi­al ge­recht­fer­tigt ist, d.h. den An­for­de­run­gen des KSchG ent­spricht. Die­se Vor­ge­hens­wei­se setzt natürlich vor­aus, dass das KSchG auf­grund der mehr als sechs­mo­na­ti­gen Beschäfti­gungs­dau­er und der Größe des Be­triebs (mehr als zehn Ar­beit­neh­mer) an­wend­bar ist.

Stellt das Ar­beits­ge­richt fest, dass die Ände­rung bzw. Ver­schlech­te­rung der Ver­trags­be­din­gun­gen so­zi­al nicht ge­recht­fer­tigt war, bleibt der Ar­beit­neh­mer zu den al­ten Be­din­gun­gen beschäftigt. An­dern­falls bleibt es bei den geänder­ten Be­din­gun­gen, de­nen der Ar­beit­neh­mer be­reits un­ter dem Vor­be­halt des § 2 KSchG zu­ge­stimmt hat­te. Wie auch im­mer der Ände­rungs­schutz­pro­zess aus­geht: Der Be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses ist außer Streit und da­her nicht gefähr­det.

Vor ei­ni­gen Mo­na­ten hat­te das Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG) be­kräftigt, dass die Ge­nau­ig­keit des vom Ar­beit­ge­ber un­ter­brei­te­ten Ände­rungs­an­ge­bo­tes Vor­aus­set­zung ei­ner wirk­sa­men Ände­rungskündi­gung ist (BAG, Ur­teil vom 15.01.2009, 2 AZR 641/07, wir be­rich­te­ten in Ar­beits­recht ak­tu­ell: 09/020 Ände­rungskündi­gung - Ge­nau­ig­keit des Ände­rungs­an­ge­bots). Das Ände­rungs­an­ge­bot muss so ein­deu­tig sein, dass die ein­fa­che An­nah­me­erklärung des Ar­beit­neh­mers („Ja, ein­ver­stan­den“) genügt, um ei­nen ge­nau fest­ge­leg­ten neu­en Ver­trags­in­halt in Gel­tung zu set­zen.

Der Fall des Ar­beits­ge­richts Düssel­dorf zeigt, dass eng­li­sche Stel­len­be­zeich­nun­gen zu un­ge­nau sein können.

Streit im IT-Un­ter­neh­men: Zurück­stu­fung vom "Re­gio­nal Sa­les Ma­na­ger" zum "Cust­o­m­er Re­la­ti­ons­hip Ma­na­ger"

Der kla­gen­de Ar­beit­neh­mer war bei ei­nem Soft­ware-Un­ter­neh­men als „Re­gio­nal Sa­les Ma­na­ger ITSM“ beschäftigt. Er ar­bei­te­te von zu Hau­se bzw. ei­nem dort ein­ge­rich­te­ten Heim­ar­beits­platz aus, d.h. er be­such­te von dort aus die Kun­den des Ar­beit­ge­bers. Sein Jah­res­ge­halt be­trug 90.000 EUR brut­to zuzüglich va­ria­bler Vergütungs­be­stand­tei­le.

Nach­dem der Ar­beit­ge­ber dem Ar­beit­neh­mer schon ein­mal gekündigt, die Kündi­gung dann je­doch wie­der zurück­ge­nom­men hat­te, nahm er ei­nen er­neu­ten An­lauf und sprach zum 30.04.2009 ei­ne or­dent­li­che Ände­rungskündi­gung aus. Er bot dem Ar­beit­neh­mer da­bei an, künf­tig im In­nen­dienst als „Cust­o­m­er Re­la­ti­ons­hip Ma­na­ger“ zu ei­nem Fix­ge­halt von nur noch 50.000 EUR brut­to pro Jahr zu ar­bei­ten.

Ne­ben der Hal­bie­rung der Be­zah­lung soll­te die vom Ar­beit­ge­ber an­ge­bo­te­ne Tätig­keit künf­tig we­nig ver­ant­wor­tungs­voll und ab­wechs­lungs­reich sein. Denn künf­tig soll­te er nur noch mögli­che Neu­kun­den im In­ter­net her­aus­su­chen und Ter­mi­ne für Außen­dienst­mit­ar­bei­ter ver­ein­ba­ren.

Da­her nahm der gekündig­te Ar­beit­neh­mer das Ände­rungs­an­ge­bot un­ter dem Vor­be­halt sei­ner so­zia­len Recht­fer­ti­gung an (§ 2 KSchG) und er­hob Ände­rungs­schutz­kla­ge vor dem Ar­beits­ge­richt Düssel­dorf.

Ar­beits­ge­richt Düssel­dorf: Ar­beit­neh­mer müssen er­ken­nen können, wie ih­re Tätig­keit gemäß dem Ände­rungs­an­ge­bot aus­se­hen soll

Das Ar­beits­ge­richt gab dem Ar­beit­neh­mer recht, und zwar mit dem Ar­gu­ment, dass das Ände­rungs­an­ge­bot des Ar­beit­ge­bers zu un­be­stimmt ge­we­sen war.

Der Ar­beit­neh­mer konn­te nämlich nicht er­ken­nen, wie sei­ne künf­ti­ge Tätig­keit ent­spre­chend dem Ände­rungs­an­ge­bot aus­se­hen soll­te, so die Düssel­dor­fer Rich­ter. Der Be­griff „Cust­o­m­er Re­la­ti­on Ma­na­ger“, al­so Kun­den­be­zie­hungs­ma­na­ger, ist nach An­sicht des Ar­beits­ge­richts nichts­sa­gend und be­schreibt da­her nicht die künf­tig ge­schul­de­te Tätig­keit des Ar­beit­neh­mers.

Denn um die Kun­de­pfle­ge müssen sich fast al­le Be­trie­be bemühen, so dass die­se Auf­ga­be ein „wei­tes Feld“ ist, so das Ge­richt. Un­ter Kun­de­pfle­ge kann man die Ge­win­nung neu­er Kun­den, die Re­ak­ti­vie­rung al­ter Kun­den­be­zie­hun­gen und/oder die Pfle­ge von Be­stands­kun­den ver­ste­hen. Im Er­geb­nis kann "Kun­den­pfle­ge" auf völlig un­ter­schied­li­che Tätig­kei­ten hin­aus­lau­fen, d.h. es kann um die Be­treu­ung von Da­ten­beständen, um die Aus­wer­tung von Da­ten oder auch um Kon­tak­tie­rung von Kun­den und An­ge­bots­er­stel­lung ge­hen.

Wel­che Auf­ga­ben der Kläger im vor­lie­gen­den Fall künf­tig hätte er­le­di­gen sol­len, hätte der Ar­beit­ge­ber da­her in sei­nem Ände­rungs­an­ge­bot ge­nau­er als nur mit „Cust­o­m­er Re­la­ti­ons­hip Ma­na­ger“ erklären müssen.

Fa­zit: Die Ent­schei­dung des Ar­beits­ge­richts Düssel­dorf ist rich­tig. Der Ar­beit­neh­mer muss ja in­ner­halb kur­zer Frist auf der Grund­la­ge des Ände­rungs­an­ge­bots ent­schei­den, ob er die an­ge­bo­te­ne(n) Ver­tragsände­rung(en) an­neh­men, un­ter dem Vor­be­halt des § 2 KSchG an­neh­men, gar nicht an­neh­men und Kündi­gungs­schutz­kla­ge er­he­ben oder sich ein­fach mit sei­ner Ent­las­sung ab­fin­den soll. Die­se kom­pli­zier­te Ent­schei­dung kann er aber nur tref­fen, wenn der Ar­beit­ge­ber die künf­ti­gen Auf­ga­ben ge­nau be­schreibt und das Ände­rungs­an­ge­bot nicht nur mit lee­ren Worthülsen spickt.

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Letzte Überarbeitung: 8. Mai 2017

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