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Kündigung des Arbeitsvertrags (Überblick)
Auf dieser Seite finden Sie Informationen zu der Frage, was eine Kündigung ist, ob man sie mit Bedingungen verbinden oder zurücknehmen kann und ob die Kündigung von Teilen des Arbeitsvertrages zulässig ist.
Außerdem finden Sie einen Überblick über die verschiedenen Arten von Kündigungen (ordentlich, fristlos, Änderungskündigung usw.) sowie dazu, was allgemeiner Kündigungsschutz und was Sonderkündigungsschutz heißt.
Schließlich können Sie hier nachlesen, warum eine Kündigung schriftlich erklärt werden muss, wann die Kündigungserklärung in der Welt ist und welche Personen für den Arbeitgeber Kündigungen aussprechen können.
von Rechtsanwalt Dr. Martin Hensche, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Berlin
- Was ist eine Kündigung und wann ist sie wirksam?
- Warum sollten sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber eine Kündigung vorher gut überlegen?
- Kann eine Kündigung zurückgenommen werden?
- Kann man einzelne Bestandteile des Arbeitsvertrages kündigen?
- Was ist eine Änderungskündigung?
- Sind bedingte Kündigungen zulässig?
- Was ist eine außerordentliche Kündigung?
- Was ist eine ordentliche Kündigung?
- Können Sie als Arbeitnehmer immer ordentlich kündigen?
- Können Sie als Arbeitgeber immer ordentlich kündigen?
- Was heißt allgemeiner Kündigungsschutz?
- Was heißt Sonderkündigungsschutz?
- Warum sind Kündigungsfristen wichtig?
- Muss eine Kündigung immer schriftlich erklärt werden?
- Muss eine Kündigung begründet werden?
- Wer kann für den Arbeitgeber kündigen?
- Wann ist eine Kündigung wirksam erklärt worden?
- Wenn es auf die Dauer des Arbeitsverhältnisses ankommt - entscheidet dann der Zeitpunkt der Kündigungserklärung oder der Ablauf der Kündigungsfrist?
- Wann beginnt die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage?
- Wann enden die Kündigungsfrist und die dreiwöchige Frist für eine Kündigungsschutzklage?
- Wo finden Sie mehr zum Thema Kündigung des Arbeitsvertrags (Überblick)?
- Was können wir für Sie tun?
Was ist eine Kündigung und wann ist sie wirksam?
Eine Kündigung ist eine einseitige, rechtlich gestaltende Erklärung, mit der eine Vertragspartei ein bestehendes Vertragsverhältnis beenden möchte.
Weil eine Kündigung eine einseitige Erklärung ist, braucht der andere Vertragspartner mit ihr nicht einverstanden zu sein, damit sie rechtlich wirksam ist. Eine Kündigung wirkt einfach dadurch, dass sie gegenüber dem gekündigten Vertragspartner erklärt wird.
Das unterscheidet eine Kündigung von dem Angebot, den bestehenden Arbeitsvertrag aufzuheben oder zu ändern. Ein Aufhebungs- oder Änderungsvertrag ist einseitig nicht möglich.
Warum sollten sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber eine Kündigung vorher gut überlegen?
Wenn Sie als Arbeitgeber eine Kündigung aussprechen, kann es passieren, dass die unwirksam ist, weil nicht alle Vorschriften des Kündigungsschutzes beachtet wurden.
Eine unwirksame Kündigung kann finanziell nachteilige Folgen haben, falls der gekündigte Arbeitnehmer mit Erfolg Kündigungsschutzklage erhebt und Sie infolgedessen das Gehalt weiterhin, d.h. über den Zeitpunkt der unwirksamen Entlassung hinaus, bezahlen müssen.
Arbeitgeber sollten daher vor Ausspruch einer Kündigung überprüfen, ob Kündigungsschutz besteht. Falls ja, muss die Kündigung nicht unbedingt rechtlich wasserdicht sein, aber zumindest "darstellbar" sein. In vielen Fällen ist der Angebot eines Aufhebungsvertrags eine gute Alternative zu einer Kündigung.
Wenn Sie als Arbeitnehmer eine Kündigung aussprechen, kann es passieren, dass Ihr Arbeitgeber verärgert reagiert. Möglicherweise ist dann das Zeugnis nicht so gut, wie Sie es sich vorstellen, oder eine Zielvereinbarungsprämie fällt kleiner aus als erwartet oder wird auf "null" festgesetzt, weil Sie Ihre persönlichen Ziele angeblich nicht erreicht haben.
Vor einer Kündigung sollten Arbeitnehmer daher Einvernehmen über mögliche Streitfragen herstellen. So kann man sich z.B. ein Zwischenzeugnis ausstellen oder den Grad der persönlichen Zielerreichung bestätigen lassen.
Nähere Informationen zu diesen Fragen finden Sie in unserem Handbuch zum Arbeitsrecht unter "Kündigungsschutz", "Kündigungsschutzklage", "Aufhebungsvertrag" und unter "Annahmeverzug des Arbeitgebers".
Kann eine Kündigung zurückgenommen werden?
Eine (wirksame) Kündigung beendet das Vertragsverhältnis, sobald sie der anderen Partei gegenüber erklärt wird. Daher kann sie nach Zugang be dem gekündigten Vertragspartner nicht einseitig "zurückgenommen" werden. Ist eine (wirksame) Kündigung einmal ausgesprochen hat, kann ihre rechtliche Wirkung, die Vertragsbeendigung, nicht nachträglich einseitig durch Kündigungsrücknahme beseitigen.
Trotzdem werden Kündigungen in der Praxis ziemlich oft "zurückgenommen", und solche Rücknahmeerklärungen sind auch nicht sinnlos. Die "Rücknahme" einer Kündigung ist nämlich rechtlich als ein Angebot zu werten, das gekündigte Arbeitsverhältnis einvernehmlich fortzusetzen, und zwar ohne Unterbrechung und zu den bisherigen Vertragsbedingungen.
Dieses Angebot muss der gekündigte Vertragspartner aber (selbstverständlich) nicht annehmen.
Für Arbeitgeber kann es sinnvoll sein, v.a. während eines Kündigungsschutzverfahrens, eine Kündigung "zurückzunehmen" und feierlich zu erklären, keine Rechte mehr aus ihr herzuleiten. Dadurch wird der Arbeitnehmer nämlich unter Zugzwang gesetzt.
Erklärt der Arbeitnehmer, dass er mit der Rücknahme der Kündigung durch den Arbeitgeber einverstanden ist, kann die Kündigungsschutzklage zurückgenommen werden. Gibt er keine solche Erklärung ab, wird die Klage abgewiesen, denn es besteht kein Feststellungsinteresse mehr an einer gerichtlichen Entscheidung.
Vor allem aber ist der Arbeitgeber infolge der Kündigungsrücknahme nicht (mehr) dazu verpflichtet, den Lohn für die Zeit ab der (möglicherweise unwirksamen) Entlassung zu zahlen. Denn ab der Kündigungsrücknahme hat der Arbeitnehmer ja die Möglichkeit, durch Wiederaufnahme der Arbeit einen Verdienst zu erzielen (bei seinem alten Arbeitgeber nämlich).
Nähere Informationen zu diesen Fragen finden Sie in unserem Handbuch zum Arbeitsrecht unter "Kündigung - Rücknahme der Kündigung", unter "Kündigungsschutzklage" und unter "Annahmeverzug des Arbeitgebers".
Kann man einzelne Bestandteile des Arbeitsvertrages kündigen?
Manchmal möchten Arbeitgeber nur einzelne Bestandteile des Arbeitsvertrages beseitigen, vor allem solche, die ihnen zu teuer geworden sind. Das können Sonderzahlungen sein, z.B. ein Urlaubsgeld, ein Weihnachtsgeld oder ähnliche Gratifikationen. In solchen Fällen sollen nach der Vorstellung des Arbeitgebers nur bestimmte Lohnbestandteile wegfallen, das Arbeitsverhältnis als solches soll aber weiter bestehen.
Dieses Ziel kann der Arbeitgeber nicht durch eine isolierte Kündigung einzelner Teile des Arbeitsvertrages erreichen. Teilkündigungen sind rechtlich unzulässig.
TIPP: Wollen Sie sich als Arbeitgeber oder als Arbeitnehmer von einzelnen Teilen des Arbeitsvertrages lösen, brauchen Sie dazu entweder das "freiwillige" Einverständnis Ihres Vertragspartners zu einer Vertragsänderung oder Sie müssen eine Änderungskündigung aussprechen. Informationen dazu finden Sie unter "Kündigung - Änderungskündigung".
Was ist eine Änderungskündigung?
Eine Änderungskündigung ist
- die (einseitige) Kündigung des gesamten Arbeitsverhältnisses,
- verbunden mit dem gleichzeitigen (Vertrags-)Angebot, das Arbeitsverhältnis einvernehmlich (durch vertragliche Übereinkunft) zu geänderten Bedingungen fortzusetzen.
Änderungskündigungen werden in der Praxis fast ausschließlich vom Arbeitgeber ausgesprochen. Aber auch Arbeitnehmer können den Arbeitsvertrag kündigen und dem Arbeitgeber die weitere Vertragsfortsetzung zu geänderten Bedingungen anbieten, z.B. zu einem erhöhten Gehalt.
Nimmt der gekündigte Vertragspartner das Änderungsangebot nicht an, kommt keine Änderung der Arbeitsbedingungen zustande. Es bleibt dann bei der Kündigung. Weitere Informationen dazu finden Sie unter "Kündigung - Änderungskündigung".
Sind bedingte Kündigungen zulässig?
Eine Kündigungserklärung, deren Wirkung von einer Bedingung gemacht wird, d.h. von einem zukünftigen ungewissen Ereignis, ist unwirksam.
Unzulässig wäre also zum Beispiel eine Kündigung, die der Arbeitgeber vorsorglich "für den Fall" ausspricht, dass sich der Arbeitnehmer in der Zukunft bestimmte Vertragsverstöße zuschulden kommen lässt.
Der Grund für die Unwirksamkeit einer bedingten Kündigung liegt darin, dass Kündigungen als rechtsgestaltende Erklärungen möglichst klar und eindeutig sein müssen, so dass der gekündigte Vertragspartner weiß, woran er ist.
Bei einer bedingten Kündigung wüsste man aber nie genau, ob die Bedingung eingetreten ist oder nicht, so dass man nie genau wüsste, ob das Arbeitsverhältnis nun gekündigt ist oder nicht.
Was ist eine außerordentliche Kündigung?
Bei einer außerordentlichen Kündigung hält der Kündigende die Kündigungsfristen im Normalfall nicht ein. Dafür braucht man gemäß § 626 Abs.1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) einen "wichtigen Grund". Das ist ein besonders schwerwiegender Anlass für eine Kündigung, der dem Kündigenden das Abwarten der Kündigungsfristen unzumutbar macht.
Eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses kann von beiden Vertragsparteien ausgesprochen werden. Außerordentlich kündigen kann nicht nur der Arbeitgeber, sondern auch der Arbeitnehmer.
Außerordentliche Kündigungen sind zwar in vielen, aber nicht in allen Fällen zugleich auch fristlose Kündigungen. Eine außerordentliche, aber nicht fristlose Kündigung liegt vor, wenn der Kündigende eine außerordentliche Kündigung mit einer Auslauffrist verbindet, z.B. bis zum Monatsende.
Weiterführende Informationen zu diesen Fragen finden Sie in unserem Handbuch zum Arbeitsrecht unter den Stichworten "Kündigung - Außerordentliche Kündigung", "Kündigung - Fristlose Kündigung" und "Kündigung - Fristlose Kündigung - Kündigungsgründe".
Was ist eine ordentliche Kündigung?
Bei einer ordentlichen Kündigung hält der kündigende Vertragspartner die gesetzlichen, vertraglichen oder in einem Tarifvertrag geregelten Kündigungsfristen ein.
Anders als bei einer außerordentlichen Kündigung braucht man für eine ordentliche Kündigung keinen wichtigen Grund. Vielmehr kann man im Prinzip ohne besonderen (wichtigen oder weniger wichtigen) Grund kündigen, also einfach deshalb, weil man das Vertragsverhältnis eben beenden möchte.
An dieser Stelle gibt es einen wichtigen Unterschied zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern:
Arbeitnehmer können im Prinzip immer ordentlich kündigen, d.h. sie haben Kündigungsfreiheit. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn die ordentliche Kündigung für eine bestimmte Zeit durch den Arbeitsvertrag ausgeschlossen ist.
Arbeitgeber haben dagegen nur dann Kündigungsfreiheit, wenn der Arbeitnehmer keinen Kündigungsschutz genießt.
Können Sie als Arbeitnehmer immer ordentlich kündigen?
Als Arbeitnehmer können Sie wie gesagt im Allgemeinen immer ordentlich kündigen, d.h. für Sie gilt Kündigungsfreiheit bei ordentlichen Kündigungen. Daher brauchen Sie sich über Kündigungsgründe keine Gedanken zu machen, sondern müssen nur die für Sie geltende Kündigungsfrist beachten. Nach Ablauf der Kündigungsfrist ist das Arbeitsverhältnis dann auf jeden Fall beendet.
ACHTUNG: Allzu lange vertragliche Kündigungsfristen, z.B. von drei oder mehr Jahren, können unwirksam sein, weil sie eine zu weitgehende Beschränkung der Kündigungsfreiheit der Arbeitnehmers beinhalten (wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 17/274 Dreijährige Kündigungsfrist ist unwirksam).
Eine Ausnahme von der Kündigungsfreiheit gilt bei befristeten Arbeitsverträgen. Gemäß § 15 Abs.3 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) kann ein befristetes Arbeitsverhältnis nämlich nur dann ordentlich gekündigt werden, wenn diese Möglichkeit einzelvertraglich oder in einem auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag vereinbart worden ist.
BEISPIEL: Ein Arbeitsverhältnis wird auf zwei Jahre befristet abgeschlossen. Fünf Wochen nach Vertragsbeginn möchte der Arbeitnehmer gerne vorzeitig aufhören. Das ist rechtlich aber nicht möglich bzw. nur dann, wenn der Arbeitgeber einverstanden ist oder wenn ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung durch den Arbeitnehmer im Sinne von § 626 BGB vorliegt.
Können Sie als Arbeitgeber immer ordentlich kündigen?
Wie erwähnt haben Arbeitgeber oft keine Kündigungsfreiheit. Das bedeutet: Arbeitgeber müssen auch bei einer ordentlichen Kündigung nicht nur die Kündigungsfrist einhalten, sondern außerdem den Kündigungsschutz beachten, der einseitig zugunsten des Arbeitnehmers gilt.
Dabei unterscheidet man zwischen dem allgemeinen Kündigungsschutz und Sonderkündigungsschutz.
Was heißt allgemeiner Kündigungsschutz?
Arbeitnehmer genießen allgemeinen Kündigungsschutz, wenn das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) auf das Arbeitsverhältnis anwendbar ist. Informationen dazu, wann das KSchG eingreift, finden Sie unter "Kündigungsschutz"
Besteht allgemeiner Kündigungsschutz, ist eine vom Arbeitgeber erklärte ordentliche Kündigung nur wirksam, wenn sie auf einen der Gründe gestützt werden kann, die im KSchG abschließend geregelt sind: Die Kündigung muss
- durch Gründe in der Person des Arbeitnehmers (z.B. lange Krankheitszeiten), und/oder
- durch Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers und/oder
- durch betriebsbedingte Gründe
gerechtfertigt sein.
Daher unterscheidet man bei ordentlichen Kündigungen des Arbeitgebers, der bei seiner Kündigung das KSchG beachten muss, zwischen
- personenbedingten Kündigungen,
- verhaltensbedingten Kündigungen und
- betriebsbedingten Kündigungen.
Der praktisch wichtigste Fall einer personenbedingten Kündigung ist die krankheitsbedingte Kündigung.
Weitere Informationen zum allgemeinen Kündigungsschutz finden Sie unter den Stichworten "Kündigungsschutz", "Kündigung - Personenbedingte Kündigung", "Kündigung - Krankheitsbedingte Kündigung", "Kündigung - Verhaltensbedingte Kündigung" und "Kündigung - Betriebsbedingte Kündigung".
Was heißt Sonderkündigungsschutz?
Bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern haben einen besonderen Kündigungsschutz (Sonderkündigungsschutz). Dieser Schutz besteht unabhängig von dem allgemeinen Kündigungsschutz und ergibt sich aus rechtlichen Vorschriften außerhalb des KSchG.
Arbeitnehmer mit Sonderkündigungsschutz sind nicht nur wie ihre "normalen" Kollegen, sondern noch stärker geschützt. Dazu gehören insbesondere
- Betriebsratsmitglieder,
- Schwangere und jungen Mütter in den ersten vier Monaten nach der Entbindung,
- Arbeitnehmer in Elternzeit und
- schwerbehinderte Menschen.
Weitere Informationen hierzu finden Sie in unserem Handbuch zum Arbeitsrecht unter dem Stichwort "Unkündbarkeit", "Betriebsrat - Kündigungsschutz", "Mutterschutz, "Elternzeit, Elterngeld" und "Schwerbehinderung, schwerbehinderter Mensch".
Warum sind Kündigungsfristen wichtig?
Kündigungsfristen schieben das Ende des Arbeitsverhältnisses nach Ausspruch einer Kündigung hinaus. Das Arbeitsverhältnis ist dann zwar schon gekündigt, besteht aber noch eine Weile weiter fort, eben bis zum Ablauf der Kündigungsfrist.
Daher müssen Arbeitnehmer bis zum Ende des Kündigungsfrist weiter zur Arbeit gehen, und Arbeitgeber müssen Löhne und Gehälter weiter bezahlen. Dadurch sichern Kündigungsfristen die beiderseitigen Ansprüche auf die vertraglichen Leistungen ab.
BEISPIEL: Ein Arbeitsverhältnis besteht seit fünf Jahren und drei Monaten. Der Arbeitgeber spricht am 4. März eine ordentliche Kündigung zum Monatsende aus, d.h. zum 31. März.
Ob diese Kündigung fristgemäß ist oder nicht, ergibt sich aus § 622 Abs.2 BGB. Danach verlängern sich die Kündigungsfristen, die der Arbeitgeber beachten muss, je nach der Dauer des Arbeitsverhältnisses. Und nach fünf Jahren kann der Arbeitgeber nur mit einer Mindestfrist von zwei vollen Monaten zum Monatsende kündigen (§ 622 Abs.2 Nr.2 BGB).
Der früheste Endzeitpunkt wäre daher hier im Beispiel, bei einer Kündigungserklärung am 4. März, der 31. Mai gewesen. Denn die Zweimonatsfrist nach Ausspruch der Kündigung (4. März) wäre zwar schon am 4. Mai abgelaufen, aber da der Endtermin immer der nächste Monatsletzte sein muss ("zum Monatsende"), ist der gesetzlich zulässige Endtermin hier der 31. Mai.
ACHTUNG: Viele Tarifverträge sehen längere oder kürzere Kündigungsfristen als das Gesetz vor, was rechtlich zulässig ist. Dagegen ist eine Verkürzung der gesetzlichen Kündigungsfristen zulasten des Arbeitnehmers durch arbeitsvertragliche Klauseln im Allgemeinen nicht möglich. Zulässig ist aber eine arbeitsvertragliche Verlängerung der Kündigungsfristen.
Eine Verlängerung der Kündigungsfristen, die der Arbeitnehmer bei einer Eigenkündigung zu beachten hat, sieht das Gesetz (§ 622 Abs.2 BGB) nicht vor. Demzufolge können Arbeitnehmer auch nach mehr als 20-jährigem Bestand des Arbeitsverhältnisses mit der Grundkündigungsfrist von vier Wochen zum 15. oder zum Monatsende kündigen, während Arbeitgeber eine Kündigungsfrist von sieben Monaten zum Monatsende beachten müssen (§ 622 Abs.2 Nr.7 BGB).
Es ist aber zulässig und auch üblich, die Verlängerung der Kündigungsfristen, die aufgrund von § 622 Abs.2 BGB einseitig zulasten des Arbeitgebers gilt, durch eine arbeitsvertragliche Klausel auch auf Kündigungen durch den Arbeitnehmer auszuweiten, d.h. Arbeitnehmer gleich zu stellen.
Zum Thema Kündigungsfristen gibt es einen speziellen Artikel: Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsfristen.
Muss eine Kündigung immer schriftlich erklärt werden?
Wer ein Arbeitsverhältnis kündigen möchte, muss die Kündigung aufgrund der zwingenden gesetzlichen Schriftform gemäß § 623 BGB ausnahmslos schriftlich erklären. Das Schriftformerfordernis gilt gleichermaßen für Arbeitgeber wie für Arbeitnehmer.
Entspricht eine Kündigungserklärung nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Schriftform, ist sie nichtig (§ 125 Satz 1 BGB). Das bedeutet: Sie ist von Anfang an unwirksam und hat keinerlei rechtliche Wirkungen.
Um die gesetzlich angeordnete Schriftform einzuhalten, muss die Kündigungserklärung einer Urkunde, d.h. auf Papier, festgehalten und vom Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift unterzeichnet werden. Möglich ist auch die Unterzeichnung mit einem notariell beglaubigten Handzeichen (§ 126 Abs.1 BGB).
Eine Kündigung per E-Mail, Fax, SMS oder WhatsApp-Nachricht ist daher unwirksam. Denn in solchen Fällen gibt es entweder gar keine schriftliche Kündigungserklärung (E-Mail, SMS) oder sie liegt der gekündigten Vertragspartei nicht im Original vor (Fax). Das führt zur Unwirksamkeit der Kündigung.
TIPP: Ärzte unterschreiben ihre Atteste oder Rezepte meist mit einem wilden Kringel oder Liniengewirr, und daran stört sich niemand. Solche Schnörkel sind allerdings nur Handzeichen ("Paraphen"), d.h. keine Unterschriften. Eine Unterschrift muss erkennen lassen, dass der Schreibende zumindest versucht hat, einzelne Buchstaben zu Papier zu bringen, auch wenn die Buchstaben mehr zu erahnen als zu lesen sind. Bei einem "Müller" z.B. sollten daher zumindest der Anfangsbuchstabe "M" und der Doppelbuchstabe "ll" zu erkennen sein.
Muss eine Kündigung begründet werden?
Die Kündigung muss im Allgemeinen nicht begründet werden, um wirksam zu sein.
Bei außerordentlichen Kündigungen muss der Kündigende dem anderen allerdings gemäß § 626 Abs.2 Satz 3 BGB "auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen". Auch diese Pflicht zur Mitteilung der Gründe ändert aber nichts daran, dass auch eine ohne Begründung ausgesprochene Kündigung wirksam ist, falls es für sie - objektiv - einen wichtigen Grund gibt.
Eine Ausnahme gilt für die Kündigung gegenüber einer Arbeitnehmerin, die durch das MuSchG vor Kündigungen in besonderer Weise geschützt ist, d.h. gegenüber schwangeren Mitarbeiterinnen und jungen Müttern in den ersten vier Monaten nach der Entbindung. Hier brauchen Arbeitgeber nicht nur die vorherige Zustimmung der obersten Landesarbeitsschutzbehörde zu einer Kündigung, sondern sie müssen der gekündigten Arbeitnehmerin auch den Kündigungsgrund im Kündigungsschreiben mitteilen (§ 17 Abs.2 Satz 2 MuSchG).
ACHTUNG: Auch wenn die gesetzliche Pflicht zur Begründung einer außerordentlichen Kündigung (§ 626 Abs.2 Satz 3 BGB) beim Ausspruch der Kündigung erst einmal ohne Rechtsnachteile für den Kündigenden missachtet werden kann, müssen Arbeitgeber spätestens dann (stichhaltige) Gründe nennen können, wenn sich der Arbeitgeber gegen de Kündigung mit einer Kündigungsschutzklage zur Wehr setzt.
Wer kann für den Arbeitgeber kündigen?
Wichtig ist bei arbeitgeberseitigen Kündigungen die Frage, wer das Kündigungsschreiben unterschreiben sollte. Denn die Wirksamkeit einer Kündigung kann daran scheitern, dass sie von jemandem erklärt wird, der dafür keine ausreichende Vertretungsmacht besitzt.
BEISPIEL: Ein Personalsachbearbeiter oder ein Rechtsanwalt erklärt für den Arbeitgeber - eine GmbH - eine Kündigung, d.h. er setzt seine Unterschrift unter das Kündigungsschreiben und macht dabei deutlich, dass er als Vertreter der GmbH handelt. Hier muss dem Kündigungsschreiben eine von dem oder den Geschäftsführer(n) der GmbH ausgestellte schriftliche Vollmacht beigefügt werden, denn sonst kann der gekündigte Arbeitnehmer die Kündigung aus diesem Grund unverzüglich zurückweisen (§ 174 Satz 1 BGB). Dann ist die Kündigung wegen des Fehlens der Vollmachtsurkunde und der deshalb erklärten Zurückweisung automatisch unwirksam.
TIPP: Arbeitgeber sollten daher darauf achten, dass Mitarbeiter der HR-Abteilung ausreichend viele Originalvollmachten des Arbeitgebers (z.B. des oder der GmbH-Geschäftsführer, des oder der AG-Vorstandsmitglieder) griffbereit zur Verfügung haben, um sie bei Ausspruch einer Kündigung als Originalvollmacht dem Kündigungsschreiben beizufügen.
Das Zurückweisungsrecht besteht aber nicht, wenn z.B. der Leiter der Personalabteilung die Kündigung unterschreiben hat. Hier gehen die Arbeitsgerichte davon aus, dass der Arbeitgeber den gekündigten Arbeitnehmer bereits durch die Position des Personalleiters in der Betriebshierarchie von der Bevollmächtigung zum Ausspruch von Kündigungen "in Kenntnis gesetzt" hat (§ 174 Satz 2 BGB).
TIPP: Arbeitnehmer sollten eine Kündigungserklärung ohne Vollmachtsurkunde möglichst sofort nach Erhalt anwaltlich überprüfen lassen, da das Recht zur Zurückweisung gemäß § 174 Satz 1 BGB nur "unverzüglich" ausgeübt werden kann. Und nach Rechtsprechung heißt "unverzüglich" im Normalfall, dass man maximal eine Woche Zeit für die Erklärung der Zurückweisung hat.
Nähere Informationen dazu finden Sie unter dem Stichwort Kündigung - Zurückweisung der Kündigung.
Wann ist eine Kündigung wirksam erklärt worden?
Wird eine schriftliche Kündigung persönlich überreicht bzw. ausgehändigt, z.B. während eines Personalgesprächs im Betrieb, ist sie sofort wirksam erklärt, d.h. mit Übergabe. Das gilt auch dann, wenn der Kündigungsempfänger das Kündigungsschreiben nicht liest oder sogar wegwirft.
Eine andere Regelung gilt für die "verkörperte Erklärung unter Abwesenden", d.h. für den häufigen Fall, dass ein Kündigungsschreiben
- in den Hausbriefkasten des gekündigten Arbeitnehmers oder
- in den Firmenbriefkasten des Arbeitgebers
eingeworfen wird. Dann ist die Kündigung in dem Zeitpunkt wirksam erklärt, in dem sie dem Empfänger zugeht (§ 130 Abs.1 Satz 1 BGB). Zugang eines Kündigungsschreibens wiederum heißt,
- dass das Kündigungsschreiben in den Machtbereich des gekündigten Vertragspartners bzw. Erklärungsempfängers (z.B. einen Briefkasten) gelangt ist und
- dass der Empfänger unter normalen Umständen von der Kündigung Kenntnis nehmen kann.
Eine am Samstagabend um 22:00 Uhr in einen Haus- oder Firmenbriefkasten eingeworfene Kündigungserklärung geht daher erst am nächsten Montag zu, da man normalerweise zwischen Samstagnacht und Montagfrüh keine Post erwartet und dementsprechend auch nicht in seinem Briefkasten nachschaut. Folglich hat man "unter normalen Umständen" auch keine Möglichkeit, von dem in den Briefkasten eingeworfenen Schreiben Kenntnis zu nehmen.
Kündigungserklärungen, die in einen Briefkasten eingeworfen werden, gehen daher nicht immer am Tag des Einwurfs zu, sondern oft erst an einem späteren Tag zu, und zwar an dem Tag, an dem der Empfänger normalerweise in seinem Briefkasten nach der Post sieht.
In keinem Fall kommt es für den Zeitpunkt einer Kündigung auf das Datum an, das auf der Kündigungserklärung schriftlich vermerkt worden ist. Man spricht hier von dem Datum, "unter dem" die Kündigung ausgesprochen wurde. Dieses Datum ist rechtlich unerheblich.
Wenn es auf die Dauer des Arbeitsverhältnisses ankommt - entscheidet dann der Zeitpunkt der Kündigungserklärung oder der Ablauf der Kündigungsfrist?
Bei den gesetzlichen Kündigungsfristen und beim allgemeinen Kündigungsschutz kommt es auf die Dauer des Arbeitsverhältnisses an.
Denn die Kündigungsfristen, die der Arbeitgeber beachten muss, verlängern sich gemäß § 622 Abs.2 BGB mit der Dauer des Arbeitsverhältnisses zum Zeitpunkt der Kündigung. Nach zwei Jahren beträgt die Kündigungsfrist einen Monat zum Monatsende, nach fünf Jahren zwei Monate, nach sieben Jahren drei Monate usw. Und auch beim Thema Kündigungsschutz ist die Dauer des Arbeitsverhältnisses wichtig, denn allgemeinen Kündigungsschutz nach dem KSchG haben nur Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis "in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat" (§ 1 Abs.1 KSchG).
In diesen Fällen ist die Dauer des Arbeitsverhältnisses bei Ausspruch der Kündigungserklärung entscheidend, d.h. es kommt nicht darauf an, wie lange das Arbeitsverhältnis infolge der Kündigung, d.h. nach Ablauf der Kündigungsfrist, bestanden hat.
BEISPIEL: Ein Arbeitnehmer wird zum 1. Januar in einem Betrieb mit etwa 150 Arbeitnehmern eingestellt. Am 30. Juni händigt ihm der Arbeitgeber im Betrieb ein Kündigungsschreiben aus, dem zufolge er das Arbeitsverhältnis ordentlich mit einer Frist von vier Wochen zum 31. Juli (§ 622 Abs.1 BGB) kündigt. Einen Kündigungsgrund im Sinne von § 1 Abs.1 KSchG hat der Arbeitgeber nicht, d.h. er hat "aus dem Bauch heraus" gekündigt.
Die Kündigung ist in diesem Beispiel wirksam, denn das Arbeitsverhältnis hat zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung (am 30. Juni) noch nicht länger als sechs Monate bestanden. Dass das Arbeitsverhältnis am Ende doch, d.h. nach Ablauf der vierwöchigen Kündigungsfrist, sieben Monate bestanden haben wird, ist für die Anwendbarkeit des KSchG nicht wichtig.
Ebenso ist es bei der Berechnung der gesetzlichen Kündigungsfristen.
BEISPIEL: Ein Arbeitnehmer ist seit dem 01.01.2001 bei einem Arbeitgeber beschäftigt. Der Arbeitgeber spricht Mitte Dezember 2020 eine ordentliche Kündigung aus, d.h. nachdem das Arbeitsverhältnis 19 Jahre und gut elf Monate bestanden hat. Die Kündigung wird mit sechsmonatiger Frist zum Monatsende erklärt, d.h. zum 30. Juni 2021. Dabei beruft sich der Arbeitgeber bei der Fristberechnung auf § 622 Abs.2 Nr.6 BGB. Danach gilt eine Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Ende eines Kalendermonats, wenn das Arbeitsverhältnis mindestens 15 Jahre bestanden hat.
Die Fristberechnung des Arbeitgebers in diesem Beispiel ist korrekt. Denn zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung (im Dezember 2020) bestand das Arbeitsverhältnis 19 Jahre und (volle) 11 Monate, d.h. noch keine 20 Jahre. Erst bei einem Kündigungsausspruch am 01.01.2021 oder später hätte der Arbeitgeber die auf sieben Monate verlängerte Kündigungsfrist gemäß § 622 Abs.2 Nr.7 BGB beachten müssen, denn erst dann hätte das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung (mindestens) 20 Jahre lang bestanden. Dass das Arbeitsverhältnis im Ergebnis, d.h. bei seiner Beendigung am 30.06.2021, 20 Jahre und sechs Monate bestanden haben wird, ist für die Berechnung der Kündigungsfristen nicht erheblich.
Wann beginnt die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage?
Wer als Arbeitnehmer gegen eine Kündigung klagen möchte, hat dazu drei Wochen Zeit (§ 4 Satz 1 KSchG). Andernfalls, d.h. bei Versäumung der Klagefrist, ist die Kündigung als wirksam anzusehen (§ 7 KSchG). Die Klagefrist beginnt mit Zugang der schriftlichen Kündigungserklärung.
Arbeitnehmer, die längere Zeit (z.B. wegen eines Urlaubs) abwesend sind und daher nicht täglich in ihrem Briefkasten nachsehen können, laufen daher Gefahr, die Klagefrist zu versäumen. Denn für den "Zugang" eines Kündigungsschreibens kommt es rechtlich darauf an, wann man es normalerweise lesen könnte.
BEISPIEL: Ein Arbeitnehmer ist für vier Wochen im Ausland und macht Urlaub. Der Arbeitgeber wirft am Nachmittag des ersten Abwesenheitstages (Montag) eine schriftliche Kündigung in den Briefkasten des Arbeitnehmers. Die Kündigung ist am Folgetag (Dienstag) zugegangen, denn dann hätte man "normalerweise" die Möglichkeit der Kenntnisnahme. Wenn der Arbeitnehmer nach vier Wochen wieder zu Hause ist, ist die Dreiwochenfrist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage (§ 4 Satz 1 KSchG) schon abgelaufen. Dann kann der Arbeitnehmer beantragen, dass seine Klage nachträglich zugelassen wird (§ 5 KSchG).
TIPP: Wenn Ihnen eine (schriftliche) Kündigungserklärung Ihres Arbeitgebers durch ein Einschreiben zugesandt wurde und Sie einen Benachrichtigungszettel der Post in Ihrem Briefkasten vorfinden, ist die Erklärung nach der Rechtsprechung im Allgemeinen erst zugegangen, wenn Sie das Einschreiben bei der Post auch abholen. Der Tag, an dem der Benachrichtigungszettel in Ihren Briefkasten geworfen wurde, spielt im Normalfall keine Rolle. Eine Ausnahme gilt allerdings nach der Rechtsprechung, wenn Sie mit einer Kündigung rechnen mussten.
BEISPIEL: Der Arbeitgeber spricht zwei schriftliche Kündigungen aus, eine betriebsbedingte und eine fristlose Verdachtskündigung. Von der betriebsbedingten Kündigung ist Herr Müller betroffen, der davon nichts ahnt, und von der fristlosen Verdachtskündigung Herr Meier, der in den Tagen zuvor mehrfach zu einem angeblichen Pflichtverstoß angehört wurde. Beide Kündigungen verschickt der Arbeitgeber mit der Post per Einschreiben (Rückschein). In beiden Fällen sind die gekündigten Arbeitnehmer nicht zu Hause, als der Briefträger die Einschreiben übergeben möchte, so dass der Briefträger einen Benachrichtigungszettel in den Briefkästen hinterlässt. Den Benachrichtigungszetteln ist zu entnehmen, dass ein Einschreiben zur Abholung bei der nächsten Poststelle bereitliegt. Weder Herr Müller noch Herr Meier holen "ihre" Einschreiben bei der Post ab, so dass diese eine Woche später wieder retour zum Arbeitgeber gehen.
In diesem Beispiel ist Herrn Müller die Kündigung nicht zugegangen, da er keinen Grund dafür hatte, eine Kündigung seines Arbeitgebers zu erwarten. Herr Meier dagegen musste (aufgrund der Anhörungen kurz zuvor) mit einer Kündigung rechnen, so dass die Arbeitsgerichte zugunsten des Arbeitgebers davon ausgehen würden, dass ihm die Kündigung zugegangen ist, und zwar am letzten Tag der möglichen Abholung des Einschreibens bei der Post.
Die Versendung von Kündigungserklärungen per Einschreiben ist daher eine recht unsichere Methode, wenn es darum geht, Kündigungstermine einzuhalten.
TIPP: Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die noch innerhalb eines bestimmten Zeitraums (z.B. bis zum Monatsletzten) eine schriftliche Kündigungserklärung abgeben wollen, sollten dazu einen Boten einschalten. Der Bote sollte sich in einem ersten Schritt eigenhändig eine Kopie des - vom Kündigenden unterschriebenen - Kündigungsschreibens anfertigen, das Kündigungsschreiben in ein Kuvert stecken und darauf die Anschrift des Kündigungsempfängers notieren. Dann muss der Bote den Haus- oder Firmenbriefkasten des Kündigungsempfängers persönlich aufsuchen und das Kuvert mit der Kündigung dort einwerfen. Auf der Kopie der Kündigungserklärung muss der Bote zuletzt Datum und Uhrzeit des Einwurfs der Kündigung notieren, um später notfalls als Zeuge den Einwurf der Kündigung bestätigen zu können.
Wann enden die Kündigungsfrist und die dreiwöchige Frist für eine Kündigungsschutzklage?
Kündigungsfristen und die gesetzlich vorgeschriebene dreiwöchige Frist für eine Kündigungsschutzklage (§ 4 Satz 1 KSchG in Verb. mit § 7 KSchG) sind so zu berechnen, dass der letzte Tag der Frist bis 24:00 Uhr ausgeschöpft wird, d.h. der letzte Tag wird in vollem Umfang in die Frist einberechnet. Man rechnet immer in vollen Tagen, d.h. einen Fristablauf "um 13:15 Uhr" gibt es nicht. Kündigungsfristen und Klagefristen enden daher immer mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist um 24:00 Uhr.
Wie oben erwähnt beginnt die dreiwöchige Klagefrist mit dem Zugang der schriftlichen Kündigungserklärung. Genauer gesagt ist der Beginn der Frist der Tag, der auf den Tag folgt, an dem die Kündigung erklärt bzw. das Kündigungsschreiben zugegangen ist. Das ergibt sich aus § 187 Abs.1 BGB in Verb. mit § 130 Abs.1 BGB.
BEISPIEL: Der Arbeitgeber muss bei seiner Kündigung die reguläre (d.h. nicht verlängerte) Kündigungsfrist von vier Wochen zum 15. oder zum Monatsende einhalten, die sich aus § 622 Abs.1 BGB ergibt. Die Kündigungserklärung lässt er dem Arbeitnehmer am 02. Juni frühmorgens per Boten zukommen. Dieser Tag ist ein Samstag. Dann wird die Kündigung (gerade noch) zum 30. Juni (Samstag) wirksam, d.h. zum Monatsletzten.
In diesem Beispiel hat der Arbeitgeber die gesetzlich vorgeschriebene Kündigungsfrist von vier Wochen exakt eingehalten: Die Frist beginnt nämlich nicht am Samstag (= dem Tag des Zugangs der Kündigungserklärung), sondern gemäß § 187 Abs.1 BGB erst am Folgetag, d.h. am 03. Juni (Sonntag, 00:00 Uhr). Sie endet mit dem Ablauf des 30. Juni (Samstag, 24:00 Uhr), d.h. mit Ablauf des viertnächsten Samstags, der auf den Samstag folgt, an dem die Kündigungserklärung zugegangen ist. Das ergibt sich aus § 188 Abs.2 BGB.
Wie dieses Beispiel zeigt, kommt es bei der Berechnung einer Kündigungsfrist nicht darauf an, ob die Kündigungserklärung an einem Werktag, an einem Wochenende oder einem Feiertag zugeht. Es spielt auch keine Rolle, ob der letzte Tag der Frist auf einen Werktag, einen Wochenendtag oder einen Feiertag fällt. § 193 BGB ist nämlich auf Kündigungsfristen nicht anzuwenden. Diese Vorschrift lautet:
"Ist an einem bestimmten Tage oder innerhalb einer Frist eine Willenserklärung abzugeben oder eine Leistung zu bewirken und fällt der bestimmte Tag oder der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag, einen am Erklärungs- oder Leistungsort staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so tritt an die Stelle eines solchen Tages der nächste Werktag."
An dieser Stelle unterscheiden sich Kündigungsfristen von der dreiwöchigen Klagefrist, die das Gesetz für die Erhebung einer Kündigungsschutzklage vorsieht (§ 4 Satz 1 KSchG in Verb. mit § 7 KSchG). Denn ist die Kündigung erst einmal erklärt, tritt das Ende des Arbeitsverhältnisses nach Ablauf der Kündigungsfrist automatisch ein: Dafür müssen weder der Kündigende noch der Gekündigte etwas tun. Ein solches aktives Tun ist aber erforderlich, wenn sich der gekündigte Arbeitnehmer zu einer Kündigungsschutzklage entscheidet. Dann muss er nämlich seine Unterlagen zusammensuchen und zum Anwalt oder gleich zum Gericht gehen, und das ist unzumutbar, wenn der letzte Tag der Klagefrist
- ein Samstag ist, oder
- ein Sonntag oder
- staatlich anerkannter (!) allgemeiner Feiertag.
In diesen Fällen tritt gemäß § 193 BGB der nächste Werktag an die Stelle eines solchen Tages.
BEISPIEL: Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer am 02. Juni frühmorgens eine schriftliche Kündigungserklärung per Boten zukommen lassen. Dieser Tag ist ein Samstag.
In diesem Beispiel beginnt die dreiwöchige Klagefrist für eine Kündigungsschutzklage zwar am 03. Juni um 00:00 Uhr (Sonntag) und würde daher eigentlich gemäß § 188 Abs.2 BGB mit dem Ablauf des drittnächsten Samstags (23. Juni, 24:00 Uhr) enden. Hier hilft § 193 BGB dem Arbeitnehmer, denn aufgrund dieser Regelung tritt an die Stelle dieses Samstags (23. Juni, 24:00 Uhr) der folgende Werktag (= Montag, der 25. Juni, 24:00 Uhr).
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- Arbeitsrecht aktuell: 15/070 Aufhebungsvertrag mit Klageverzicht nach Drohung mit Kündigung
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Urteile und Kommentare: Kündigung des Arbeitsvertrags
Letzte Überarbeitung: 2. Februar 2023
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