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Befristete Arbeitsverträge an Schulen
03.01.2015. Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) müssen gemäß den Vorgaben des EU-Rechts effektive Maßnahmen gegen den Missbrauch befristeter Arbeitsverträge ergreifen.
Vor allem die immer erneute Befristung von Arbeitsverträgen mit denselben Arbeitnehmern ("Kettenbefristung") legt den Verdacht nahe, dass der Arbeitgeber trotz eines dauernden Beschäftigungsbedarfs Befristungen missbräuchlich einsetzt, um den Arbeitnehmern die Vorteile einer dauerhaften Beschäftigung vorzuenthalten.
In einem aktuellen Urteil hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) die jahrelangen Kettenbefristungen mit italienischen Lehrern als europarechtswidrig beanstandet: EuGH, Urteil vom 26.11.2014, C-22/13 u.a. (Mascolo).
- Gibt es sachliche Gründe, die Arbeitsverträge von Lehrern staatlicher Schulen immer erneut zu befristen?
- Streit in Italien über Kettenbefristungen von Lehrern an öffentlichen Schulen
- EuGH: Gibt es keinen Zeitplan für Besetzungsverfahren, ist die "Vertretung" für die Dauer solcher Besetzungsverfahren kein Sachgrund für eine Vertragsbefristung
Gibt es sachliche Gründe, die Arbeitsverträge von Lehrern staatlicher Schulen immer erneut zu befristen?
Unterschreibt der Arbeitnehmer einen befristeten Arbeitsvertrag, hat er gleichsam mit dem Vertrag auch schon die Kündigung erhalten, denn er genießt keinen Bestandsschutz, der über die vereinbarte Vertragslaufzeit hinausgehen würde. Zeitverträge sind daher mit sozialer Unsicherheit für die betroffenen Arbeitnehmer verbunden.
Aus diesem Grund sieht die im Jahre 1999 von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden auf europäischer Ebene getroffene „Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge" vor, dass die EU-Staaten Maßnahmen gegen den Missbrauch aufeinander folgender befristeter Arbeitsverträge ergreifen müssen (§ 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung). Die Vorgaben der Rahmenvereinbarung gehören zu den EU-Richtlinien, da die Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28.06.1999 die Rahmenvereinbarung in ihren Anhang aufgenommen und zum Richtlinieninhalt erhoben hat.
§ 5 Nr.1 der Rahmenvereinbarung gibt den Mitgliedsstaaten drei Mittel zu Auswahl vor, mit denen sie einen Missbrauch von befristeten Arbeitsverträgen verhindern können, nämlich
- die Festschreibung, dass sachliche Gründe für befristete Verträge erforderlich sind, (§ 5 Nr. 1 a) der Rahmenvereinbarung),
- die Festlegung einer Höchstdaure für aufeinander folgende befristete Verträge (§ 5 Nr. 1 b) der Rahmenvereinbarung),
- die Festlegung einer Höchstzahl von aufeinander folgenden befristeten Verträge (§ 5 Nr. 1 c) der Rahmenvereinbarung).
Fraglich ist, ob ein sachlicher Grund für die immer erneute Befristung von Arbeitsverträgen mit Lehrern darin liegen kann, dass Schülerzahlen stark schwanken und der Staat daher - auch aus finanziellen Gründen - die Anzahl fest angestellter Lehrer begrenzen möchte.
Streit in Italien über Kettenbefristungen von Lehrern an öffentlichen Schulen
Wer als Lehrer in Italien eine unbefristete Festanstellung haben möchte, muss sich eine gewisse Zeit lang mit befristeten Verträgen zufrieden geben. Denn dann wird er in eine Liste mit Kandidaten für eine Festanstellung aufgenommen und rückt dort immer weiter vor, je öfter er befristete Verträge übernommen hat.
Einer der sachlichen Gründe, die die Befristung von Arbeitsverträgen mit italienischen Lehrern rechtfertigen, ist das Freihalten von Stellen während der Dauer von Besetzungsverfahren, bei denen es um eine Festanstellung geht. Da solche Besetzungsverfahren längere Zeit in Anspruch nehmen, schließt die Schulverwaltung in der Zwischenzeit befristete Verträge ab.
Der Haken dieses Befristungssystems besteht allerdings darin, dass in Italien zwischen 2000 und 2011, d.h. über elf (!) Jahre lang, gar keine regulären, auf eine Festanstellung gerichteten Besetzungsverfahren mehr durchgeführt wurden, letztlich aus finanziellen Gründen, d.h. um die Belastung öffentlicher Haushalte mit festen Personalkosten zu reduzieren.
Vor diesem Hintergrund zogen in den vergangenen Jahren viele italienische Lehrerinnen und Lehrer vor die Gerichte und klagten auf Festanstellung und auf Schadensersatz, unter ihnen Raffaella Mascolo, bei der die Gesamtdauer der Befristungen bereits über neun Jahr betrug.
Zwei der mit solchen Fällen befassten italienischen Gerichte legten dem EuGH die Frage vor, ob Regelungen von der Art der hier streitigen italienischen Befristungsvorschriften mit der Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge bzw. mit der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28.06.1999 vereinbar sind.
EuGH: Gibt es keinen Zeitplan für Besetzungsverfahren, ist die "Vertretung" für die Dauer solcher Besetzungsverfahren kein Sachgrund für eine Vertragsbefristung
Ebenso wie bereits der Generalanwalt beim EuGH Maciej Szpunar in seinen Schlussanträgen vom 17.07.2014 kam auch der Gerichtshof zu dem Ergebnis, dass die italienische Befristungspraxis gegen die Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge bzw. die Richtlinie 1999/70/EG verstößt.
Denn da der italienische Staat über elf Jahre gar keine regulären Stellenbesetzungen mehr durchführte, konnten die streitigen befristeten Verträge nicht mit dem Sachgrund gerechtfertigt werden, dass der Bedarf an den befristet beschäftigten Lehrern zeitlich beschränkt für die Dauer von Besetzungsverfahren besteht. Auch die Dauer der Kettenbefristungen, die in den Streitfällen zwischen fünf und neun Jahren betrug, sprach dafür, dass die italienische Schulverwaltung hier einen dauernden Beschäftigungsbedarf missbräuchlich durch immer erneute Vereinbarung befristeter Verträge abdeckte.
Im Ergebnis unternahm der italienische Staat daher im Bereich seiner Schulverwaltung gar nichts, um einem Missbrauch befristeter Verträge entgegenzuwirken, d.h. Italien ergriff hier keine der drei in § 5 Nr.1 der Rahmenvereinbarung genannten möglichen Maßnahmen.
Fazit: Ebenso wie bereits in seinem Urteil vom 26.01.2012 (C-586/10 - Kücük) betont der EuGH auch in dieser Entscheidung, dass größere Unternehmen oder Verwaltungsdienststellen infolge von Krankheit und Schwangerschaft einen ständigen Vertretungsbedarf haben und diesen auch durch befristete Verträge abdecken können: Die Tatsache, dass in größeren Unternehmen oder Dienststellen ständig jemand krank ist oder wegen Schwangerschaft oder Elternzeit fehlt, verpflichtet solche Arbeitgeber nicht dazu, eine fest angestellte Personalreserve von "Springern" vorzuhalten.
Das bedeutet umgekehrt aber nicht, dass beliebige "Vertretungsgründe" als Sachgrund für Vertretungsbefristungen herhalten können. Wenn gar keine regulären Besetzungsverfahren zum Zwecke von Festanstellungen durchgeführt werden (wie in Italien von 2000 bis 2011), kann von konkreten Vertretungsfällen bzw. Vertretungssituation nicht die Rede sein. Dann besteht in Wahrheit ein dauernder Beschäftigungsbedarf.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 26.11.2014, C-22/13 u.a. (Mascolo)
- Generalanwalt beim EuGH Maciej Szpunar, Schlussanträge vom 17.07.2014, C-22/13 u.a. (Mascolo)
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 26.01.2012, Rs. C-586/10 (Kücük)
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Letzte Überarbeitung: 11. Juli 2019
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