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Kün­di­gung we­gen Be­lei­di­gung ei­nes Vor­ge­setz­ten

Ei­ne frist­lo­se ver­hal­tens­be­ding­te Kün­di­gung ist bei krank­heits­be­ding­ten Be­lei­di­gun­gen aus­nahms­wei­se auch oh­ne Ver­schul­den des Ar­beit­neh­mers mög­lich: Lan­des­ar­beits­ge­richt Schles­wig-Hol­stein, Ur­teil vom 09.06.2011, 5 Sa 509/10
Rechte Hand mit roter Karte Be­lei­di­gun­gen ge­fähr­den im­mer den Job

11.08.2011. Ei­ne au­ßer­or­dent­li­che frist­lo­se Kün­di­gung wird meist we­gen ei­nes gra­vie­ren­den Fehl­ver­hal­tens aus­ge­spro­chen, d.h. als ver­hal­tens­be­ding­te Kün­di­gung. Das Fehl­ver­hal­ten kann z.B. in der Be­lei­di­gung ei­nes Vor­ge­setz­ten lie­gen.

Für ei­ne frist­lo­se Kün­di­gung muss die Be­lei­di­gung so grob sein, dass sie als "wich­ti­ger Grund" im Sin­ne von § 626 Abs. 1 Bür­ger­li­ches Ge­setz­buch - (BGB) an­zu­se­hen ist. Dann näm­lich ist dem Ar­beit­ge­ber das Ab­war­ten der Kün­di­gungs­frist nicht zu­zu­mu­ten und er kann frist­los kün­di­gen.

Bei der Fra­ge, ob das Ar­beit­ge­ber-In­ter­es­se am so­for­ti­gen Ver­trags­en­de schwe­rer wiegt als das Fort­set­zungs­in­ter­es­se des Ar­beit­neh­mers, kommt es auf al­le Um­stän­de des Ein­zel­falls an, u.a. dar­auf, ob der Ar­beit­neh­mer den Pflicht­ver­stoß ver­schul­det hat.

Denn in al­ler Re­gel ist ei­ne ver­hal­tens­be­ding­te Kün­di­gung nicht oh­ne Ver­schul­den zu­läs­sig. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt Schles­wig Hol­stein (LAG) hat vor kur­zem von die­ser Re­gel ei­ne Aus­nah­me ge­macht (Ur­teil vom 09.06.2011, 5 Sa 509/10).

Nach­dem ein Sach­be­ar­bei­ter mit ei­ner ma­ni­schen-de­pres­si­ven Per­sön­lich­keits­stö­rung be­reits we­gen gro­ber Be­lei­di­gun­gen ab­ge­mahnt wor­den war, hat­te er ei­ner Vor­ge­setz­ten öf­fent­lich se­xu­el­le Kon­tak­te mit ei­nem HIV-po­si­ti­ven Mann un­ter­stellt. Er konn­te zwar aus krank­heits­be­ding­ten Grün­den sein Ver­hal­ten nicht steu­ern, doch hat er den Be­triebs­frie­den da­mit so schwer be­las­tet, dass das Ar­beits­ge­richt Lü­beck (Ur­teil vom 09.09.2010, 2 Ca 646/10) und das LAG die frist­lo­se Kün­di­gung für wirk­sam hiel­ten.

Fa­zit: Das Ge­richt folg­te hier ei­nem Grund­satz­ur­teil des Bun­des­ar­beits­ge­richts vom 21.01.1999 (2 AZR 665/98). Da­nach ha­ben Ar­beit­ge­ber in Aus­nah­me­fäl­len die Mög­lich­keit, gra­vie­ren­de Ver­trags­stö­run­gen und/oder Stö­run­gen des Be­triebs­frie­dens durch ein ob­jek­tiv rechts­wid­ri­ges, aber schuld­lo­ses Fehl­ver­hal­ten mit ei­ner ver­hal­tens­be­ding­ten Kün­di­gung zu be­ant­wor­ten. Ar­beit­neh­mern ist da­her ab­zu­ra­ten, im Kün­di­gungs­schutz­pro­zess mit ei­ner psy­chi­schen Krank­heit zu ar­gu­men­tie­ren.

Nä­he­re In­for­ma­tio­nen fin­den Sie hier:

Hin­weis: In der Zwi­schen­zeit, d.h. nach Er­stel­lung die­ses Ar­ti­kels, hat das Ge­richt sei­ne Ent­schei­dungs­grün­de schrift­lich ab­ge­fasst und ver­öf­fent­licht. Die Ent­schei­dungs­grün­de im Voll­text fin­den Sie hier:

Letzte Überarbeitung: 3. August 2019

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