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ArbG Düs­sel­dorf, Ur­teil vom 23.04.2010, 10 Ca 7038/09

   
Schlagworte: Diskriminierung: Behinderung
   
Gericht: Arbeitsgericht Düsseldorf
Aktenzeichen: 10 Ca 7038/09
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 23.04.2010
   
Leitsätze:

1. Für einen Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs 2 AGG wegen einer Benachteiligung im Rahmen einer Einstellung ist Voraussetzung, dass die Person objektiv für die zu besetzende Stelle in Betracht kommt und sich subjektiv ernsthaft bewirbt (BAG 17.12.2009 - 8 AZR 670/08) - Rn. 16).

2. Die für alle Bewerber vorgeschriebene Durchführung eines Assessment-Centers im Rahmen der Besetzung eines Arbeitsplatzes mit Führungsaufgaben kann - auch wenn Menschen mit bestimmten Behinderungen wegen ihrer Behinderung an diesem Auswahlverfahren nicht erfolgreich teilnehmen können - nach § 3 Abs 2 AGG gerechtfertigt sein. Für die fehlende Rechtfertigung trägt der Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast; allerdings finden die Grundsätze der abgestuften Darlegungslast Anwendung.

Vorinstanzen:
   

T A T B E S T A N D :

Die Par­tei­en strei­ten über Ansprüche des Klägers auf Scha­dens­er­satz und Entschädi­gung auf­grund ei­ner Be­nach­tei­li­gung we­gen der Be­hin­de­rung des Klägers.

Bei dem Kläger ist ein Grad der Be­hin­de­rung von 40 fest­ge­stellt. Er ist ei­nem Schwer­be­hin­der­ten gleich­ge­stellt. In der Zeit w. 02.05.2007 bis zum 30.04.2008 ar­bei­te­te der Kläger bei der Stadt C.. Das hierüber er­teil­te Zeug­nis (vgl. An­la­ge K 9, Bl. 41 der Ak­te) lau­tet aus­zugs­wei­se:

"Sehr ge­ehr­ter Herr N., 

Sie ha­ben in der Zeit w. 02.05.2007 bis zum 30.04.2008 in un­se­rem Amt für T. im Rah­men ei­ner Ar­beits­ge­le­gen­heit ge­ar­bei­tet. Die Maßnah­me wur­de durch­geführt, um für das In­te­gra­ti­ons­kon­zept der Stadt C. ei­ne tragfähi­ge Da­ten­ba­sis zu schaf­fen. Sie ha­ben Teil­zeit - wöchent­lich 20 St­un­den - ge­ar­bei­tet.

Zu Ih­ren Auf­ga­ben gehörte die Er­fas­sung und Ver­schlüsse­lung der "Ge­burts­or­te" aus dem Ein­woh­ner­mel­de­we­sen, die Re­cher­che der dar­aus ab­zu­lei­ten­den Her­kunftsländer. Außer­dem wur­de das Merk­mal "Art der deut­schen Staats­an­gehörig­keit" er­fasst und ver­schlüsselt. Die Ar­beit wur­de mit Hil­fe ei­ner Ac­cess-Da­ten­bank, die Re­cher­che mit Hil­fe des In­ter­nets und wei­te­rer Merk­ma­le aus dem Ein­woh­ner­mel­de­we­sen er­le­digt. Im Rah­men der Maßnah­me wur­de auch ei­ne Fort­bil­dung in Ac­cess-Da­ten­ban­ken (VHS) durch­geführt."

Im Jah­re 2008 schrieb das M. meh­re­re Stel­len für wis­sen­schaft­li­che Mit­ar­bei­te­rin­nen bzw. Mit­ar­bei­ter für Führungs­auf­ga­ben im Be­reich der amt­li­chen Sta­tis­tik im Zu­sam­men­hang mit der Vor­be­rei­tung und Durchführung des Zen­sus 2011 aus (vgl. An­la­ge 3 zum Schrift­satz des Be­klag­ten w. 25.01.2010, Bl. 53 der PKH-Ak­te). In die­ser Be­wer­bung ist aus­geführt:

"Der Auf­ga­ben­be­reich um­fasst: 

-Me­tho­di­sche und or­ga­ni­sa­to­ri­sche Vor­be­rei­tung, Durchführung, Steue­rung so­wie fach­li­che Be­treu­ung der Er­he­bung, Auf­be­rei­tung und Aus­wer­tung.

-Wei­ter­ent­wick­lung von Er­he­bungs-, Auf­be­rei­tungs-, Aus­wer­tungs- und Ana­ly­se­me­tho­den; Kon­zep­ti­on und Er­pro­bung neu­er Er­he­bungs­tech­ni­ken, Auf­be­rei­tungs­ver­fah­ren und In­for­ma­ti­ons­sys­te­me.

-Aus­wer­tung, Ana­ly­se, Veröffent­li­chung und Ver­mark­tung der Zen­sus­er­geb­nis­se so­wie ih­re Präsen­ta­ti­on in Aufsätzen und Fach­vorträgen.

Aus­bil­dungs­vor­aus­set­zun­gen: 

-Ab­ge­schlos­se­nes Stu­di­um an ei­ner Uni­ver­sität (Di­plom­prüfung II an Ge­samt­hoch­schu­len) oder ei­ner an­de­ren gleich­ste­hen­den Hoch­schu­le im Be­reich der Wirt­schafts- und So­zi­al­wis­sen­schaf­ten.

Fach­li­che und persönli­che An­for­de­run­gen: 

-Gu­te Kennt­nis­se der sta­tis­ti­schen Me­tho­den und Ver­fah­ren 

-Fähig­keit, schwie­ri­ge wis­sen­schaft­li­che Zu­sam­menhänge zu er­fas­sen, zu ana­ly­sie­ren und an­schau­lich dar­zu­stel­len

-Or­ga­ni­sa­ti­ons­ta­lent 

-Initia­ti­ve und Kon­takt­freu­dig­keit 

-Ein­satz­be­reit­schaft, Fle­xi­bi­lität und Be­last­bar­keit 

-Teamfähig­keit 

-Grund­kennt­nis­se der In­for­ma­ti­ons­tech­nik und Er­fah­rung im Um­gang mit dem PC 

-Gu­te eng­li­sche Sprach­kennt­nis­se 

Im Zu­sam­men­hang mit dem Zen­sus 2011 sind Ver­trags­lauf­zei­ten bis zum 31.12.2012 vor­ge­se­hen

Die Ein­stel­lung ist nach Ent­gelt­grup­pe 13 TV-L. Bei nach­ge­wie­se­ner Be­rufs­er­fah­rung in ent­spre­chen­den Auf­ga­ben wird ei­ne Ein­grup­pie­rung in die Ent­gelt­grup­pe 14 TV-L in Aus­sicht ge­stellt.

Auf den Stel­len ist Teil­zeit­beschäfti­gung grundsätz­lich möglich. 

Frau­en wer­den bei glei­cher Eig­nung, Befähi­gung und fach­li­cher Leis­tung be­vor­zugt berück­sich­tigt, so­fern nicht in der Per­son ei­nes Mit­be­wer­bers lie­gen­de Gründe über­wie­gen.

Be­wer­bun­gen ge­eig­ne­ter schwer­be­hin­der­ter Men­schen so­wie gleich­ge­stell­ter be­hin­der­ter­Men­schen im Sin­ne des § 2 SGB IX sind erwünscht."

Der Kläger be­warb sich auf die­se Stel­len. In sei­ner Be­wer­bung wies er auf sei­ne Be­hin­de­rung hin. Mit Schrei­ben w. 20.11.2008 wur­de der Kläger zu ei­nem von meh­re­ren Vor­stel­lungs­ter­mi­nen ge­la­den (vgl. An­la­ge 1 zum Schrift­satz des Be­klag­ten w. 25.01.2010, Bl. 49 f der PKH-Ak­te). In dem Schrei­ben heißt es aus­zugs­wei­se:

"Rich­ten Sie sich bit­te dar­auf ein, dass der Vor­stel­lungs­ter­min mit vor­aus­sicht­lich fünf Be­wer­be­rin­nen bzw. Be­wer­bern ganztätig ge­plant ist. Da­bei ist zunächst ein Fach­vor­trag zu hal­ten, auf den Sie sich zu Be­ginn des Ter­mins vor­be­rei­ten können. Im An­schluss an die Vorträge fin­den fünf Dis­kus­si­ons­run­den zu all­ge­mei­nen The­men statt; hier­bei hat je­de Be­wer­be­rin bzw. je­der Be­wer­ber ein­mal die Auf­ga­be, ei­ne Dis­kus­si­on zu lei­ten. Ab­sch­ließend ha­ben Sie Ge­le­gen­heit zu ei­nem persönli­chen Gespräch mit ei­nem Mit­glied der Aus­wahl­kom­mis­si­on."

Der Kläger sag­te die­sen Vor­stel­lungs­ter­min ab, weil er an dem Tag zur Er­stel­lung ei­nes Gut­ach­tens ei­nen Arzt­ter­min wahr­neh­men muss­te. In Fol­ge des wei­ter­hin be­ste­hen­den Per­so­nal­be­darfs wur­de der Kläger mit Schrei­ben w. 25.03.2009 er­neut zu ei­nem Aus­wahl­ter­min, dies­mal am 21.04.2009, ein­ge­la­den. Mit E-Mail w. 06.04.2009 (vgl. An­la­ge K 4, Bl. 14 der Ak­te) wand­te sich der Kläger an die Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tung des M. Ei­ne in­halts­glei­che E-Mail ver­sand­te der Kläger an die zen­tra­le Post­stel­le von J. am 26.04.2009. In der E-Mail führt der Kläger aus­zugs­wei­se aus:

"Ich möch­te hier­mit erklären, war­um ich am Aus­wahl­ver­fah­ren am 21.04.2008 nicht teil­neh­men kann. Ich lei­de seit über 15 Jah­ren an De­pres­sio­nen, da­bei ist seit ei­ni­gen Jah­ren ei­ne im­mer stärker wer­den­de Zwangs­er­kran­kung hin­zu ge­kom­men, die es mir sehr schwer ermöglicht, am ge­sell­schaft­li­chen Le­ben teil­zu­neh­men. Der Grad der Be­hin­de­rung ist bei mir mit 40 % an­ge­setzt.

Trotz al­ler ge­sund­heit­li­chen Schwie­rig­kei­ten ha­be ich das Stu­di­um als Di­plom-Ma­the­ma­ti­ker vor et­wa 10 Jah­ren er­folg­reich ab­sol­viert. Lei­der ist es mir vor dem Hin­ter­grund mei­ner ge­sund­heit­li­chen Pro­ble­me fast unmöglich ge­we­sen, mich be­ruf­lich zu eta­blie­ren. Ich ha­be dann letzt­lich im Rah­men ei­ner Wie­der­ein­glie­de­rungs­maßnah­me ein Jahr im Amt g. in C. 20 St­un­den in der Wo­che ge­ar­bei­tet. Hier fühl­te ich mich zum ers­ten Mal in mei­nem Be­rufs­le­ben nicht über­for­dert, da die Amts­lei­tung ge­nau über mei­ne ge­sund­heit­li­chen Schwie­rig­kei­ten in­for­miert ge­we­sen war. Laut amtsärzt­li­chem Gut­ach­ten kann ich nämlich un­ter ge­wis­sen Ein­schränkun­gen den Be­ruf als Di­plom-Ma­the­ma­ti­ker ausüben. Ich ha­be nun neu­lich von Ih­nen ei­ne Ein­la­dung zu ei­nem ganztägli­chen Aus­wahl­ver­fah­ren er­hal­ten. Lei­der kann ich nicht an die­sen Aus­wahl­ver­fah­ren teil­neh­men, da da­durch die Gren­ze mei­ner ge­sund­heit­li­chen Be­last­bar­keit stark über­schrit­ten würde. Man muss nämlich da­bei be­den­ken, dass ein sol­ches Be­wer­bungs­for­mat auch für ei­nen ge­sun­den Men­schen sehr an­stren­gend ist (...)"

Nach An­ga­ben des Klägers im Kam­mer­ter­min be­ruh­te der In­halt der E-Mail un­ter an­de­rem auf sei­nen Er­fah­run­gen bei der Teil­nah­me an ei­nem As­sess­ment-Cen­ter beim Bun­des­amt für Sta­tis­tik im Frühjahr 2009. Nach aus sei­ner Sicht er­folg­rei­chem Ver­lauf des As­sess­ment-Cen­ters am Mor­gen hat­te der Kläger die Teil­nah­me am Aus­wahl­ver­fah­ren beim Bun­des­amt für Sta­tis­tik im wei­te­ren Ta­ges­ver­lauf ab­ge­bro­chen.

Der Kläger nahm an dem Vor­stel­lungs­ter­min am 21.04.2009 bei J. nicht teil. Nach te­le­fo­ni­schem Kon­takt mit dem Kläger schrieb das c. un­ter dem Da­tum des 27.05.2009 an ihn ein Schrei­ben (vgl. An­la­ge K 5, Bl. 15 f der Ak­ten), wel­ches aus­zugs­wei­se wie folgt lau­tet:

"Bit­te ha­ben Sie Verständ­nis dafür, dass für un­ter­schied­li­che Stel­len­be­set­zung ent­spre­chen­de Aus­wahl­kri­te­ri­en gel­ten müssen. Ne­ben den fach­li­chen An­for­de­run­gen liegt bei die­ser Stel­len­aus­schrei­bung der Schwer­punkt auf da­mit zu­sam­menhängen­den Führungs­auf­ga­ben. Führungs­po­si­tio­nen be­inhal­ten zu ei­nem ho­hen An­teil so­zia­le und kom­mu­ni­ka­ti­ve Auf­ga­ben. Die Aus­wahl­ver­fah­ren tra­gen die­sem Um­stand Rech­nung und be­inhal­ten da­her ne­ben dem Fach­vor­trag, die Lei­tung ei­ner Dis­kus­si­ons­run­de und die Teil­nah­me an Dis­kus­sio­nen.

Der Ab­lauf des Aus­wahl­ver­fah­rens ist et­wa wie folgt: 

Bis 08:30 Uhr­An­rei­se der Be­wer­be­rin­nen und Be­wer­ber 

08.30 - 09:00 Uhr­Be­grüßung, Dar­stel­lung des Ta­ges­ab­laufs, The­men­aus­wahl für den Kurz­vor­trag und für die Dis­kus­si­ons­lei­tung

09:00 - 10:00 Uhr­Vor­be­rei­tung der Kurz­vorträge 

10:00 - 11:00 Uhr­Hal­ten der Kurz­vorträge 

11:00 - 11:20 UhrIn­for­ma­tio­nen über J. durch die Aus­wahl­kom­mis­si­on 

11:20 - 11:30 Uhr­Be­ra­tung der Aus­wahl­kom­mis­si­on, Pau­se für die Be­wer­be­rin­nen und Be­wer­ber

11:30 - 12:20 Uhr­zwei Dis­kus­sio­nen 

12:20 - 13:00 Uhr­Mit­tags­pau­se 

13:00 - 14:10 Uhr­drei Dis­kus­sio­nen 

14:10 - 14:30 Uhr­Pau­se 

14:30 - 14:40 Uhr­Be­kannt­ga­be des Zwi­schen­er­geb­nis­ses 

14:40 - 15:00 Uhr Möglich­keit zum Feed­back­gespräch mit den Be­wer­be­rin­nen und Be­wer­bern, die bis­he­ri­gen Be­stand­tei­le des Ter­mins oh­ne Er­folg ab­sol­viert ha­ben

15:00 Uh­r­Ein­zel­gespräche ca. 20 Mi­nu­ten, wo­bei Wünsche zur Rei­hen­fol­ge nach Möglich­keit berück­sich­tigt wer­den.

Ich bin gern be­reit, Ih­re Be­wer­bung für wei­te­re Ein­stel­lungsmöglich­kei­ten vor­zu­mer­ken. Soll­ten Sie je­doch noch kei­ne Vor­mer­kung wünschen, bit­te ich Sie mir dies mit­zu­tei­len."

Der Kläger ant­wor­te­te mit E-Mail w. 01.06.2009 (vgl. Bl. 26 der Ak­te). Der Kläger führt in die­ser E-Mail aus:

"Sehr ge­ehr­te Da­men und Her­ren, 

ich dan­ke Ih­nen für Ihr Schrei­ben w. 27.05.2009, in dem Sie ih­re Po­si­ti­on dar­ge­legt ha­ben. Ich kann natürlich ver­ste­hen, dass das von Ih­nen an­ge­bo­te­ne Aus­wahl­ver­fah­ren da­zu dient, die of­fe­ne Stel­le mit dem ge­eig­nets­ten Kan­di­da­ten zu be­set­zen. Lei­der bin ich we­gen mei­nes ge­sund­heit­li­chen Zu­stan­des schnell über­for­dert und nei­ge leicht zu Erschöpfungs­zuständen. We­gen mei­ner Be­hin­de­rung ist es mir oft nicht möglich, am ge­sell­schaft­li­chen Le­ben teil­zu­neh­men. Ich ha­be oft St­un­den, bei de­nen es mir so schlecht geht, so dass ich auf An­ge­le­gen­hei­ten mei­ner Mit­men­schen nicht ein­ge­hen kann. Ein ganztäti­ges Aus­wahl­ver­fah­ren würde bei mir mit großer Wahr­schein­lich­keit zu ei­nem völli­gen Kol­laps führen.

Viel­leicht gibt es ja in der Zu­kunft in Ih­rem Haus ei­ne mit ei­nem an­de­ren An­for­de­rungs­pro­fil of­fe­ne Stel­le."

Mit Schrei­ben w. 09.07.2009 an das c. mach­ten die jet­zi­gen Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten des Klägers gel­tend, dass das "zwang­haf­te Durchführen ei­nes As­sess­ment-Cen­ters zur Stel­len­be­set­zung" ei­ne Dis­kri­mi­nie­rung im Sin­ne des all­ge­mei­nen Gleich­be­hand­lungs­ge­set­zes dar­stel­le. Es wur­den mit die­sem Schrei­ben da­her Scha­dens­er­satz- und Entschädi­gungs­ansprüche in Höhe von ins­ge­samt 100.000,-- € gel­tend ge­macht. Mit Schrei­ben w. 28.07.2009 (vgl. K 7, Bl. 23 f der Ak­te) ver­wei­ger­te das c. ei­ne sol­che Zah­lung. Mit sei­ner am 23.09.2009 bei Ge­richt ein­ge­gan­ge­nen Kla­ge macht der Kläger wei­ter­hin die Zah­lung von Scha­dens­er­satz und Entschädi­gungs­ansprüchen we­gen ei­ner un­ge­recht­fer­tig­ten Be­nach­tei­li­gung we­gen der Be­hin­de­rung gel­tend. Er ist der An­sicht, das Ant­wort­schrei­ben des c.es w. 27.05.2009 stel­le ei­ne Ab­leh­nung der Be­wer­bung dar. Er be­haup­tet, er erfülle die Vor­aus­set­zun­gen der aus­ge­schrie­be­nen Stel­le. Er ha­be die er­for­der­li­chen Führungs­kom­pe­ten­zen. Mit Schrift­satz w. 27.01.2010 (vgl. Bl. 62 f PKH-Ak­te) be­haup­tet der Kläger, er sei ins­be­son­de­re auch be­last­bar, die Be­last­bar­keit fin­de al­ler­dings ih­re Gren­zen in sei­ner Be­hin­de­rung. Er ist der An­sicht, die Stel­len­aus­schrei­bung mit den Wor­ten "Initia­ti­ve und Kon­takt­freu­dig­keit, Ein­satz­be­reit­schaft, Fle­xi­bi­lität und Be­last­bar­keit" sei im Lich­te des AGG aus­zu­le­gen. Der In­halt sei­ner E-Mail w. 01.06.2009 sei vor dem Hin­ter­grund der ei­ge­nen Krank­heit zu ver­ste­hen. Die Durchführung ei­nes As­ses­se­ment-Ver­fah­rens sei zur Be­set­zung der aus­ge­schrie­be­nen Stel­le nicht not­wen­dig. Dies fol­ge be­reits aus der - un­strei­ti­gen - Tat­sa­che, dass das nie­dersäch­si­sche Lan­des­amt ei­ne ent­spre­chen­de Stel­le aus­ge­schrie­ben ha­be und die­se Stel­le auf der Grund­la­ge von Ein­zel­gesprächen mit den Be­wer­bern be­setzt ha­be. Zwar sei der Kläger in O. den­noch nicht ein­ge­stellt wor­den, das ha­be aber an der "Che­mie" ge­le­gen. Der Kläger ist wei­ter der An­sicht, die Durchführung ei­nes ganztäti­gen As­ses­se­ment-Cen­ters sei auch des­halb nicht ge­recht­fer­tigt, weil die Stel­le auch als Teil­zeit­stel­le aus­ge­schrie­ben sei. In­so­weit ver­weist der Kläger auf sei­ne Tätig­keit für die Stadt C., wo er im Um­fang von 20 Wo­chen­stun­den tätig war. Der Kläger hat ei­nen ma­te­ri­el­len Scha­dens­er­satz­an­spruch in Höhe von zunächst 50.000,-- € gel­tend ge­macht. Er be­haup­tet, der best­qua­li­fi­zier­te Be­wer­ber zu sein. Im Hin­blick auf die Be­fris­tung der Stel­le bis zum 31.12.2012 hätte er 54.000,-- € brut­to er­zie­len können. Un­ter Berück­sich­ti­gung er­spar­ter Auf­wen­dun­gen er­ge­be sich wei­ter­hin ein Über­hang in Höhe von et­wa 1.000,-- € pro Mo­nat. Zusätz­lich sei zu berück­sich­ti­gen, dass der Kläger in die­ser Zeit Beiträge zur Ren­ten­kas­se ge­zahlt hätte. Der Kläger hätte zusätz­lich leich­ter auf­grund sei­ner Be­rufs­er­fah­rung ei­ne Fol­ge­an­stel­lung er­hal­ten. Durch die Nicht­berück­sich­ti­gung sei­en ihm höhe­re Einkünf­te in den Fol­ge­jah­ren in Höhe von ca. 10.000,-- € ent­gan­gen. Der Kläger legt At­test der Dr. Brit­ta Held w. 08.01.2010 vor (An­la­ge 10, Bl. 67 der PKH-Ak­te). In die­sem At­test heißt es:

"N., ge­bo­ren 1., wohn­haft in 4. C/. be­fin­det sich seit 2005 in hie­si­ger am­bu­lan­ter Be­hand­lung auf­grund ei­ner Zwangsstörung und ei­ner De­pres­si­on. Im Win­ter 2008/2009 hat Herr F. sich trotz sei­ner Er­kran­kung meh­re­re Be­wer­bungs­gespräche wahr­ge­nom­men, da Ar­beit für ihn zu ei­ner Sta­bi­li­sie­rung führt. Herr F. konn­te auf­grund sei­ner Grun­d­er­kran­kung am As­ses­se­ment-Cen­ter nicht teil­neh­men, wor­auf es zu ei­ner deut­li­chen Ver­schlech­te­rung der De­pres­si­on ge­kom­men ist mit ver­min­der­ten Selbst­wert­gefühl und we­ni­ger An­trieb und im­mer wie­der Zei­ten der Ar­beits­unfähig­keit."

Un­ter Hin­weis auf die­se Ver­schlech­te­rung sei­nes Zu­stands hat der Kläger zunächst ei­nen Entschädi­gungs­an­spruch in Höhe von min­des­tens 50.000,-- € für an­ge­mes­sen ge­hal­ten.

Nach Teil­kla­gerück­nah­me im Kam­mer­ter­min be­an­tragt der Kläger: 

1.Das c. zu ver­ur­tei­len, an ihn ei­nen Scha­dens­er­satz in Höhe von 5.000,-- € zu zah­len. 

2.Das c. zu ver­ur­tei­len, an ihn ei­ne an­ge­mes­se­ne Entschädi­gung - min­des­tens in Höhe von 5.000,-- € - zu zah­len.

Das c. be­an­tragt, 

die Kla­ge ab­zu­wei­sen. 

Es ist der An­sicht, der Kläger ha­be die Aus­schluss­fris­ten nicht ge­wahrt. Sei­ne Be­wer­bung sei zu kei­nem Zeit­punkt endgültig ab­ge­lehnt wor­den. Viel­mehr sei ihm an­ge­bo­ten wor­den, das As­sess­ment-Cen­ter un­ter er­leich­ter­ten Be­din­gun­gen durch­zuführen. Fer­ner weist das c. dar­auf hin, dass der Kläger sich ent­spre­chend der Ver­ein­ba­rung im Güte­ter­min zwi­schen­zeit­lich auch für ei­ne Stel­le im ge­ho­be­nen Dienst bei J. be­wor­ben ha­be. Hier sei ein Vor­stel­lungs­gespräch am 10.11.2009 durch­geführt wor­den. Die­ses ha­be je­doch er­ge­ben, dass dem Kläger auch im ge­ho­be­nen Dienst kei­ne Stel­le an­ge­bo­ten wer­den könne.

We­gen wei­te­rer Ein­zel­hei­ten des Sach- und Streit­stan­des wird auf die ge­wech­sel­ten Schriftsätze nebst An­la­gen so­wie auf den In­halt der Sit­zungs­pro­to­kol­le Be­zug ge­nom­men.

E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E 

Der Kla­ge­an­trag zu 1 ist be­reits un­zulässig. Der Kla­ge­an­trag zu 2 ist zulässig aber un­be­gründet.

I. 

Der Leis­tungs­an­trag zu Zif­fer 1 ist zu un­be­stimmt. Gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Kla­ge­schrift die be­stimm­te An­ga­be des Ge­gen­stan­des und des Grun­des des er­ho­be­nen An­spruchs so­wie ei­nen be­stimm­ten An­trag ent­hal­ten. Ei­ne Teil­kla­ge, die meh­re­re pro­zes­su­al selbständi­ge Ansprüche oder Ein­zel­po­si­tio­nen zum Ge­gen­stand hat, genügt dem Be­stimmt­heits­er­for­der­nis des § 253 ZPO nur, wenn der Kläger die Rei­hen­fol­ge an­gibt, in der das Ge­richt die­se Ansprüche prüfen soll. Sonst könn­te es zu unüber­wind­li­chen Schwie­rig­kei­ten bei der Be­stim­mung des Streit­ge­gen­stan­des und da­mit der ma­te­ri­el­len Rechts­kraft kom­men (BGH 19.06.2000 - II ZR 319/98 - zu C I.1 der Gründe, NJW 2000, 3718; Zöller/Gre­ger ZPO 26. Auf­la­ge, § 253 Rand­nr. 15, je­weils mwN). Die­sel­be Zu­ord­nung ist er­for­der­lich, wenn der Kläger nur ei­nen Teil sei­ner an­geb­lich höhe­ren Ge­samt­for­de­rung gel­tend macht (Tho­mas/Putzo/Reich­hold ZPO 29. Auf­la­ge § 253, Rand­nr. 9). Hier­auf hat das Ge­richt den Kläger aus­weis­lich des Pro­to­kolls w. 23.04.2010 hin­ge­wie­sen, nach dem die Kla­ge in Höhe von 45.000,-- € bezüglich des Scha­dens­er­satz­an­spruchs zurück­ge­nom­men wur­de. Dar­auf­hin hat der Kläger­ver­tre­ter zwar klar­ge­stellt, dass Ge­gen­stand des Zah­lungs­an­trags zu 1 nur der ent­gan­ge­ne Ver­dienst des Klägers sei. Die­ser ma­te­ri­el­le Scha­den war je­doch auf Sei­te 6 der Kla­ge­schrift w. 21.09.2009 mit 40.000,-- € be­zif­fert wor­den. Der Kläger hat in kei­ner Wei­se klar­ge­stellt, wel­che 5.000,-- von die­sen 40.000,-- € er mit sei­ner Kla­ge noch gel­tend macht. Die Kla­ge ist da­her be­reits als un­zulässig ab­zu­wei­sen (vgl. BGH aaO zu C II. der Gründe).

II. 

Der Leis­tungs­an­trag zu Zif­fer 2 ist zulässig, je­doch nicht be­gründet. 

1.Der An­trag ist aus­rei­chend be­stimmt. Nach § 15 Abs. 2 AGG kann ei­ne an­ge­mes­se­ne Entschädi­gung in Geld ver­langt wer­den. Dem Ge­richt wird da­mit hin­sicht­lich der Höhe der Entschädi­gung ein Be­ur­tei­lungs­spiel­raum ein­geräumt (vgl. BT-Drucks. 16/1780, Sei­te 38). Steht dem Ge­richt ein Be­ur­tei­lungs­spiel­raum hin­sicht­lich der Entschädi­gungshöhe zu, bzw. hängt die Be­stim­mung ei­nes Be­tra­ges w. bil­li­gen Er­mes­sen des Ge­richts ab, ist ein un­be­zif­fer­ter Zah­lungs­an­trag zulässig (BAG 22.01.2009 - 8 AZR 906/07 - Rand­nr. 22, NZA 2009, 945). Der Kläger muss al­ler­dings Tat­sa­chen, die das Ge­richt bei der Be­stim­mung des Be­tra­ges her­an­zie­hen soll, be­nen­nen und die Größen­ord­nung der gel­tend ge­mach­ten For­de­rung an­ge­ge­ben (BAG 16.09.2008 - 9 AZR 791/07 - Rand­nr. 18 NZA 2009, 79). Die­se Vor­aus­set­zun­gen sind erfüllt. Nach Teil­kla­gerück­nah­me hält der Kläger ei­nen Entschädi­gungs­be­trag in Höhe von 5.000,-- € für an­ge­mes­sen. Er hat gel­tend ge­macht, der bes­te Be­wer­ber ge­we­sen zu sein. Fer­ner hat er auf die Ausführun­gen im At­test der Fr. E. w. 08.01.2010 Be­zug ge­nom­men.

2.Der zulässi­ge An­trag ist je­doch nicht be­gründet. Der Kläger hat ge­genüber dem c. kei­nen An­spruch auf Zah­lung ei­ner Entschädi­gung gemäß § 15 Abs. 2 AGG. Selbst wenn man zu Guns­ten des Klägers da­von aus­geht, dass er den An­spruch recht­zei­tig gel­tend ge­macht hat, so schei­tert der An­spruch so­wohl an der feh­len­den ob­jek­ti­ven Eig­nung des Klägers für die Stel­le als auch am Feh­len ei­ner un­ge­recht­fer­tig­ten mit­tel­ba­ren Be­nach­tei­li­gung des Klägers durch das c..

a)Es spricht ei­ni­ges dafür, dass der Kläger ent­ge­gen der Rechts­an­sicht des c.es den Entschädi­gungs­an­spruch recht­zei­tig gel­tend ge­macht hat. Gemäß § 15 Abs. 4 AGG muss ein An­spruch nach Abs. 2 in­ner­halb ei­ner Frist von zwei Mo­na­ten schrift­lich gel­tend ge­macht wer­den. Die Frist be­ginnt im Fal­le ei­ner Be­wer­bung mit dem Zu­gang der Ab­leh­nung. Dem c. ist zu­zu­ge­ste­hen, dass der Kläger sei­nen An­spruch im We­sent­li­chen auf die Durchführung des As­sess­ment-Cen­ters stützt. Die Art und Wei­se der Durchführung der Vor­stel­lungs­ter­mi­ne wur­de dem Kläger tatsächlich be­reits mit dem ers­ten Ein­la­dungs­schrei­ben w. No­vem­ber 2008 zur Kennt­nis ge­bracht. In­so­fern wäre das an­walt­li­che Gel­tend­ma­chungs­schrei­ben w. 19.07.2009 ver­spätet. Es ist je­doch zu be­ach­ten, dass es dem Kläger in der Sa­che dar­um geht, dass die Be­klag­te nur sol­che Per­so­nen ein­stellt, die zu­vor er­folg­reich an dem Vor­stel­lungs­ver­fah­ren teil­ge­nom­men ha­ben. In­so­fern wäre auslösend für ei­nen Entschädi­gungs­an­spruch nicht die Durchführung ei­nes As­ses­se­ment-Cen­ters, son­dern die Ein­stel­lung von Be­wer­bern, die das As­ses­se­ment-Cen­ter er­folg­reich durch­lau­fen ha­ben. In­so­fern lässt sich dem Schrei­ben w. 27.05.2009 des c.es ent­neh­men, dass der Kläger in die­ser Ein­stel­lungs­run­de nicht berück­sich­tigt wur­de, weil er am Vor­stel­lungs­ter­min nicht teil­ge­nom­men hat. Auch wenn das c. in dem Schrei­ben zum Aus­druck bringt, dass der Kläger sich wei­ter auf die Stel­le be­wer­ben könne, so ist das Schrei­ben wohl da­hin­ge­hend zu ver­ste­hen, dass an­de­re Be­wer­ber auf­grund von Vor­stel­lungs­gesprächen im April 2009 ein­ge­stellt wur­den. Im Er­geb­nis kann die­se Fra­ge je­doch of­fen blei­ben, weil der An­spruch aus an­de­ren Gründen nicht ge­ge­ben ist.

b)Die Vor­aus­set­zun­gen des § 15 Abs. 2 AGG lie­gen nicht vor. Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG kann der oder die Beschäftig­te we­gen ei­nes Scha­dens, der nicht Vermögens­scha­den ist, ei­ne an­ge­mes­se­ne Entschädi­gung in Geld ver­lan­gen. Der Entschädi­gungs­an­spruch setzt ei­nen Ver­s­toß ge­gen das Be­nach­tei­li­gungs­ver­bot gemäß § 7 Abs. 1 iVm § 1 AGG vor­aus. Dies stellt § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG zwar nicht aus­drück­lich klar, er­gibt sich aber aus dem Ge­samt­zu­sam­men­hang der Be­stim­mun­gen in § 15 AGG (BAG 17.12.2009 - 8 AZR 670/08 - Rand­nr. 14 mwN, NZA 2010, 383; BAG 22.01.2009 - 8 AZR 906/07 - Rand­nr. 28 mwN, NZA 2009, 945). Gemäß § 7 Abs. 1 Halb­satz 1 AGG dürfen Beschäftig­te nicht we­gen ei­nes der in § 1 AGG ge­nann­ten Merk­ma­le be­nach­tei­ligt wer­den.

aa) Der Kläger kommt ob­jek­tiv für ei­ne Beschäfti­gung auf den aus­ge­schrie­be­nen Stel­len bei dem c. nicht in Be­tracht. An­spruch­stel­ler nach § 15 Abs. 2 AGG kann ein Beschäftig­ter oder ei­ne Beschäftig­te sein, wo­bei als sol­che nach § 6 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 AGG auch Be­wer­ber und Be­wer­be­rin­nen für ei­ne Beschäfti­gungs­verhält­nis gel­ten. Nach der zu­tref­fen­den Recht­spre­chung des BAG ist ne­ben ei­ner Be­wer­bung zu
ver­lan­gen, dass die Per­son ob­jek­tiv für die be­set­zen­de Stel­le in Be­tracht kommt und sich sub­jek­tiv ernst­haft be­wirbt (BAG 17.12.2009 - 8 AZR 670/08 - Rand­nr. 16, NZA 2010, 383; 28.05.2009 - 8 AZR 536/08 - Rand­nr. 25, NZA 2009, 1016, je­weils mwN). Aus­weis­lich der Stel­len­aus­schrei­bung wird ge­for­dert ein ab­ge­schlos­se­nes Stu­di­um an ei­ner Uni­ver­sität im Be­reich der Wirt­schafts- und So­zi­al­wis­sen­schaf­ten. Der Kläger verfügt da­ge­gen über ein ab­ge­schlos­se­nes Hoch­schul­stu­di­um in Ma­the­ma­tik. Auf Nach­fra­ge des Ge­richts im Kam­mer­ter­min, war­um der Kläger den­noch ei­ne Ein­la­dung er­hal­ten ha­be, hat der Ver­tre­ter des c.es klar­ge­stellt, dass die Ein­la­dung we­gen der Be­hin­de­rung des Klägers er­folgt sei. Die Ein­la­dung er­folgt mit­hin of­fen­bar im Hin­blick auf § 82 Satz 2, 3 SGB IX. Das c. ging of­fen­bar da­von aus, dass ein Stu­di­um der Ma­the­ma­tik nicht zu dem of­fen­sicht­li­chen Feh­len der fach­li­chen Eig­nung führ­te. Dies ändert nach An­sicht der Kam­mer nichts dar­an, dass der Kläger ob­jek­tiv nicht die in der Stel­len­aus­schrei­bung ge­nann­ten Kri­te­ri­en erfüllt.

Ab­ge­se­hen da­von hat der dar­le­gungs- und be­weis­be­las­te­te Kläger nicht sub­stan­ti­iert dar­ge­legt, dass er die wei­te­ren persönli­chen An­for­de­run­gen erfüllt. Er hat pau­schal be­haup­tet, er verfüge über Initia­ti­ve und Kon­takt­freu­dig­keit so­wie Ein­satz­be­reit­schaft, Fle­xi­bi­lität und Be­last­bar­keit. Sein Vor­trag ist in­so­weit wi­dersprüchlich und un­sub­stan­ti­iert. Der Kläger hat mit E-Mail w. 01.06.2009 selbst vor­ge­tra­gen, er sei schnell über­for­dert und nei­ge leicht zu Erschöpfungs­zuständen. Es sei ihm oft nicht möglich, am ge­sell­schaft­li­chen Le­ben teil­zu­neh­men. Er ha­be oft St­un­den, in de­nen es ihm so schlecht ge­he, dass er auf An­ge­le­gen­hei­ten sei­ner Mit­men­schen nicht ein­ge­hen könne. Die­ser außer­ge­richt­li­che, nicht an­walt­li­che ge­fil­ter­te Vor­trag steht im kla­ren Ge­gen­satz zu der Be­haup­tung, kon­takt­freu­dig, fle­xi­bel, be­last­bar und teamfähig zu sein. Der bloße Hin­weis des Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten des Klägers, der In­halt der E-Mail w. 01.06.2009 sei ge­ra­de Zei­chen der Er­kran­kung des Klägers, genügt nicht, um die­sen Wi­der­spruch auf­zuklären. Eben­so we­nig hilft es wei­ter, wenn der Kläger im Schrift­satz w. 27.01.2010 vor­tra­gen lässt, er sei be­last­bar, die Be­last­bar­keit fin­de je­doch ih­re Gren­zen in sei­ner Be­hin­de­rung. Es wird nicht klar, was dies in Be­zug auf die An­for­de­run­gen der Stel­len­aus­schrei­bung be­deu­ten soll.

Im Rah­men der münd­li­chen Ver­hand­lung vor der Kam­mer ist deut­lich ge­wor­den, dass der Kläger die An­sicht ver­tritt, sol­che Ei­gen­schaf­ten, die auf sei­ner Be­hin­de­rung be­ruh­ten, dürf­ten im Hin­blick auf die ob­jek­ti­ve Eig­nung für die Stel­le nicht berück­sich­tigt wer­den. Dies sei ei­ne Dis­kri­mi­nie­rung für sich. In­so­fern ist der Kläger noch­mals dar­auf hin­zu­wei­sen, dass nicht je­der Ar­beits­platz für je­der­mann ge­eig­net sein muss. Dies hat der Ge­setz­ge­ber in § 8 AGG aus­drück­lich ge­re­gelt. Da­nach ist ei­ne un­ter­schied­li­che Be­hand­lung we­gen ei­nes in § 1 ge­nann­ten Grun­des - al­so auch we­gen der Be­hin­de­rung - zulässig, wenn die­ser Grund we­gen der Art der aus­zuüben­den Tätig­keit oder der Be­din­gun­gen ih­rer Ausübung ei­ne we­sent­li­che und ent­schei­den­de be­ruf­li­che An­for­de­rung dar­stellt, so­fern der Zweck rechtmäßig und die An­for­de­rung an­ge­mes­sen ist (vgl. zu die­ser Norm BAG 28.05.2009 - 8 AZR 536/08 - Rand­nr. 32 ff, NZA 2009, 1016).

bb) Selbst wenn der Kläger ob­jek­tiv für die aus­ge­schrie­be­nen Stel­len ge­eig­net ge­we­sen wäre, stünde ei­nem An­spruch nach § 15 Abs. 2 AGG ent­ge­gen, dass ei­ne Be­nach­tei­li­gung nicht vor­lag. Der Be­griff der Be­nach­tei­li­gung wird in § 3 AGG de­fi­niert.

aaa) Ei­ne un­mit­tel­ba­re Be­nach­tei­li­gung liegt nach § 3 Abs. 1 vor, wenn ei­ne Per­son we­gen ei­nes in § 1 ge­nann­ten Grun­des ei­ne we­ni­ger güns­ti­ge Be­hand­lung erfährt, als ei­ne an­de­re Per­son in ei­ner ver­gleich­ba­ren Si­tua­ti­on erfährt, er­fah­ren hat oder er­fah­ren würde. Die­se Kon­stel­la­ti­on liegt hier nicht vor. Der Kläger wird ge­nau­so be­han­delt, wie al­le an­de­ren Be­wer­ber.

bbb)Aber auch ei­ne mit­tel­ba­re Be­nach­tei­li­gung des Klägers ist nicht ge­ge­ben. Ei­ne sol­che liegt gemäß § 3 Abs. 2 AGG vor, wenn dem An­schein nach neu­tra­le Vor­schrif­ten, Kri­te­ri­en oder Ver­fah­ren, Per­so­nen we­gen ei­nes in § 1 ge­nann­ten Grun­des ge­genüber an­de­ren Per­so­nen in be­son­de­re Wei­se be­nach­tei­li­gen können, es sei denn, die be­tref­fen­den Vor­schrif­ten, Kri­te­ri­en oder Ver­fah­ren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sach­lich ge­recht­fer­tigt und die Mit­tel sind zur Er­rei­chung die­ses Ziels an­ge­mes­sen und er­for­der­lich. Da­bei mag zu Guns­ten des Klägers un­ter­stellt wer­den, dass er we­gen sei­ner Be­hin­de­rung an dem w. M. vor­ge­se­he­nen Aus­wahl­ver­fah­ren nicht teil­neh­men konn­te. Dies führt Frau E. in ih­rer Stel­lung­nah­me zur Vor­la­ge beim Amts­ge­richt w. 08.01.2010 so aus. Al­ler­dings ver­moch­te der Kläger im Kam­mer­ter­min selbst nicht im Ein­zel­nen zu erläutern, wel­che sei­ner Er­kran­kun­gen wel­chem Teil bzw. wel­chen An­for­de­run­gen des As­sess­ment-Cen­ters ent­ge­gen­ste­he.

Je­den­falls ist das w. M. vor­ge­se­he­ne Ein­stel­lungs­ver­fah­ren durch ein rechtmäßiges Ziel sach­lich ge­recht­fer­tigt. Der Ge­setz­ge­ber geht von ei­ner Dar­le­gungs- und Be­weis­last des Be­nach­tei­lig­ten für die feh­len­de Recht­fer­ti­gung aus (BT-Drucks. 16/1780, Sei­te 33). Die feh­len­de Recht­fer­ti­gung nach § 3 Abs. 2 AGG ist Tat­be­stands­vor­aus­set­zung ei­ner Be­nach­tei­li­gung (BAG 18.8.2009 - 1 ABR 47/08 - Rn. 30, NZA 2010, 454), für die der An­spruch­stel­ler nach § 22 AGG voll umfäng­lich be­weis­pflich­tig ist (Bau­er/Göpfert/Krie­ger AGG 2. Auf­la­ge § 3 Rand­nr. 37). Die Grundsätze über die ab­ge­stuf­te Dar­le­gungs- und Be­weis­last fin­den in die­sem Rah­men An­wen­dung (Bau­er/Göpfert/Krie­ger aaO; Be­ckOK/Ro­loff AGG Stand 01.03.2010 AGG § 3 Rand­nr. 22; Schleu­se­ner/Suckow/Voigt AGG 2. Auf­la­ge § 3 Rand­nr. 79). Das c. hat sich dar­auf be­ru­fen, dass es im Hin­blick auf das in der Stel­len­aus­schrei­bung fest­ge­leg­te An­for­de­rungs­pro­fil und des­sen ver­lang­ten Kom­pe­ten­zen für ei­ne Führungs­po­si­ti­on er­for­der­lich ist, die ein­zel­nen Mo­du­le des As­sess­ment-Cen­ters zeit­lich zu­sam­menhängend und von al­len Teil­neh­mern gleich ab­sol­vie­ren zu las­sen. Das Sys­tem des As­sess­ment-Cen­ters bei Per­so­nal­aus­wahl­ver­fah­ren sol­le ge­ra­de die Be­last­bar­keit der Be­wer­ber, die In­ter­ak­ti­on un­ter­ein­an­der und die Kom­mu­ni­ka­ti­onsfähig­kei­ten dif­fe­ren­ziert auf­zei­gen und Rück­schlüsse auf die in der Stel­len­aus­schrei­ben ge­for­der­ten Führungsfähig­kei­ten ermögli­chen. Die Idee der­ar­ti­ger Ver­fah­ren sei es, sich zei­gen zu las­sen, wie die Be­wer­ber bei un­ter­schied­li­chen Pro­blem­stel­lun­gen, die sich in Abhängig­keit des Ver­hal­tens an­de­rer Teil­neh­mer er­ge­ben, vor­ge­hen. Bei die­sen durch das c. an­geführ­ten Gründen han­delt es sich er­kenn­bar um ein rechtmäßiges Ziel. Dem ist der Kläger auch nicht sub­stan­ti­iert ent­ge­gen­ge­tre­ten. Das Ver­fah­ren ist auch im Sin­ne des § 3 Abs. 2 er­for­der­lich und an­ge­mes­sen. Dies setzt vor­aus, dass kein mil­de­res, gleich wirk­sa­mes Mit­tel zur Er­rei­chung des le­gi­ti­men Ziels zur Verfügung steht (vgl. Be­ckOK/Ro­loff, Stand 01.03.2010 AGG § 3 Rand­nr. 21). Der Kläger hat kein sol­ches Mit­tel dar­ge­tan. So­fern er sich dar­auf be­ruft, dass das M. O. ei­ne ähn­li­che Stel­le oh­ne As­sess­ment-Cen­ter ver­ge­ben ha­be, so ist mit die­sem Hin­weis nicht dar­ge­legt, dass das Aus­wahl­ver­fah­ren des M. O. ein gleich­wirk­sa­mes Mit­tel dar­stel­le. Da­bei ist zu berück­sich­ti­gen, dass es dem Ar­beit­ge­ber grundsätz­lich frei­steht, sei­ne An­for­de­rungs­pro­fi­le für ei­ne Stel­le zu de­fi­nie­ren (vgl. zum An­for­de­rungs­pro­fil bei der Stel­len­aus­schrei­bung durch den öffent­li­chen Ar­beit­ge­ber BAG 21.07.2009 - 9 AZR 431/08). Da­mit ist dem Ar­beit­ge­ber auch ei­ne Einschätzungspre­ro­ga­ti­ve in Be­zug auf die Er­for­der­lich­keit von Ver­fah­ren zur Er­mitt­lung des Vor­lie­gens der Stel­len­an­for­de­rung ein­zuräum­en. Der An­ge­mes­sen­heit des Ver­fah­rens steht im Übri­gen nicht ent­ge­gen, dass das c. die Stel­len grundsätz­lich auch als ge­eig­net für Teil­zeit­kräfte ein­stuft. Auch Teil­zeit­kräfte müssen die ge­nann­ten An­for­de­run­gen erfüllen. Die Vor­stel­lung des Klägers, ei­ne für Teil­zeit­kräfte aus­ge­schrie­be­ne Stel­le, dürfe auch nur mit ei­nem As­ses­se­ment-Cen­ter-Ver­fah­ren be­setzt wer­den, wel­ches ma­xi­mal ei­nen hal­ben Tag daue­re, ist nicht nach­voll­zieh­bar.

Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 91 Abs. 1 ZPO iVm § 269 Abs. 3 ZPO. 

Der Streit­wert wur­de gemäß § 63 Abs. 1 ArbGG im Ur­teil fest­ge­setzt. 

Gründe im Sin­ne des § 64 Abs. 3 ArbGG zur Zu­las­sung der Be­ru­fung la­gen nicht vor. 

Rechts­mit­tel­be­leh­rung 

Ge­gen die­ses Ur­teil kann von der kla­gen­den Par­tei 

B e r u f u n g 

ein­ge­legt wer­den. 

Für die be­klag­te Par­tei ist ge­gen die­ses Ur­teil kein Rechts­mit­tel ge­ge­ben. 

Die Be­ru­fung muss 

in­ner­halb ei­ner N o t f r i s t* von ei­nem Mo­nat 

beim Lan­des­ar­beits­ge­richt Düssel­dorf, Lud­wig-Er­hard-Al­lee 21, 40227 Düssel­dorf, Fax: (0211) 7770 - 2199 ein­ge­gan­gen sein.

Die Not­frist be­ginnt mit der Zu­stel­lung des in vollständi­ger Form ab­ge­fass­ten Ur­teils, spätes­tens mit Ab­lauf von fünf Mo­na­ten nach des­sen Verkündung

Die Be­ru­fungs­schrift muss von ei­nem Be­vollmäch­tig­ten un­ter­zeich­net sein. Als Be­vollmäch­tig­te sind nur zu­ge­las­sen:

1.Rechts­anwälte, 

2.Ge­werk­schaf­ten und Ver­ei­ni­gun­gen von Ar­beit­ge­bern so­wie Zu­sam­men­schlüsse sol­cher Verbände für ih­re Mit­glie­der oder für an­de­re Verbände oder Zu­sam­men­schlüsse mit ver­gleich­ba­rer Aus­rich­tung und de­ren Mit­glie­der,

3.Ju­ris­ti­sche Per­so­nen, de­ren An­tei­le sämt­lich im wirt­schaft­li­chen Ei­gen­tum ei­ner der in Nr. 2 be­zeich­ne­ten Or­ga­ni­sa­tio­nen ste­hen, wenn die ju­ris­ti­sche Per­son aus­sch­ließlich die Rechts­be­ra­tung und Pro­zess­ver­tre­tung der Mit­glie­der die­ser Or­ga­ni­sa­ti­on oder ei­nes an­de­ren Ver­ban­des oder Zu­sam­men­schlus­ses mit ver­gleich­ba­rer Aus­rich­tung ent­spre­chend de­ren Sat­zung durchführt und wenn die Or­ga­ni­sa­ti­on für die Tätig­keit der Be­vollmäch­tig­ten haf­tet.

Ei­ne Par­tei die als Be­vollmäch­tig­ter zu­ge­las­sen ist, kann sich selbst ver­tre­ten. 

* Ei­ne Not­frist ist un­abänder­lich und kann nicht verlängert wer­den. 

gez. L.

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